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Die Urologie
Info
Verfasst von:
Roman Reindl-Schwaighofer und Rainer Oberbauer
Publiziert am: 24.11.2022

Niereninsuffizienz und Nierenersatztherapie

In diesem Kapitel werden fast ausschließlich Nierenerkrankungen des Erwachsenenalters besprochen. Die Darstellung der Nephropathien des Kindesalters ist in einem gesonderten Kapitel dieses Werks zu finden.
Die große Relevanz dieses Themas wird sofort ersichtlich, wenn man bedenkt, dass etwa 10 % aller Menschen eine eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen. Die Prävalenz der terminalen, ersatzpflichtigen Niereninsuffizienz beträgt 0.1 %. Der überwiegenden Mehrzahl dieser terminalen Nierenversagen liegen internistische Erkrankungen zugrunde. Nur in einem sehr kleinen Teil von entweder Kindern oder alten Patienten sind urologische Erkrankungen die Ursache für das terminale Nierenversagen.
Seit einigen Jahrzehnten ist es möglich den exkretorischen Teil der Nierenfunktion maschinell dauerhaft zu ersetzten, was bei den meisten anderen Organen nicht durchführbar ist. Trotzdem sind die Dialyseverfahren emotionell schlecht belegt, weil die Lebensqualität im Vergleich zum Stadium der CNI doch deutlich abnimmt.
Die Nierenersatztherapie bei Kindern wird in einem gesonderten Kapitel dieses Werkes präsentiert.

Internistische Erkrankungen, Niereninsuffizienz

In diesem Kapitel werden fast ausschließlich Nierenerkrankungen des Erwachsenenalters besprochen. Die Darstellung der Nephropathien des Kindesalters ist in gesonderten Kapiteln dieses Werks zu finden.
Die große Relevanz dieses Themas wird sofort ersichtlich, wenn man bedenkt, dass etwa 10 % aller Menschen eine eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen. Die Prävalenz der terminalen, ersatzpflichtigen Niereninsuffizienz beträgt 0,1 %. Der überwiegenden Mehrzahl dieser terminalen Nierenversagen liegen internistische Erkrankungen zugrunde. Nur in einem sehr kleinen Teil von entweder Kindern oder alten Patienten sind urologische Erkrankungen die Ursache für das terminale Nierenversagen.

Definiton und Kategorisierung der Nierenfunktionseinschränkung

Die Definition der Nierenerkrankung fußt auf zwei Säulen:
a)
der exkretorischen Nierenfunktion, die als glomeruläre Filtrationsrate (GFR) angegeben wird und
 
b)
auf der qualitativen und quantitativen Proteinausscheidung im Urin (Proteinurie)
 
Der Normalwert der GFR von Gesunden beträgt etwa 100 ± 20 ml/min/1,73 m2 und kann somit auch als Prozent Nierenfunktion leichter verständlich interpretiert werden.
Die GFR kann auch als Prozent der noch bestehenden Restnierenfunktion interpretiert werden. So entspricht bei einer chronischen Niereninsuffizienz eine GFR von 30 ml/min noch einer Restfunktion von ca. 30 %.
Die Quantifizierung der Proteinausscheidung erfolgt heutzutage vorrangig über die Bestimmung der Albumin/Kreatininratio durch Normierung der Albuminkonzentration im Spontanharn auf die konstante Kreatininausscheidung im Urin (1–1,5 g pro 24 h) und wird in mg/g Kreatinin angegeben. Diese entspricht weitestgehend der Proteinausscheidung im 24 h Sammelharn. Qualitativ ist die vor allem erhöhte Albuminausscheidung hinweisend auf einen glomerulären Ursprung der Proteinurie. Üblicherweise scheiden gesunde Menschen kein Protein (Albumin) im Urin aus. Nach starker körperlicher Aktivität oder fieberhaften Infektionen kann die Albuminurie bis auf maximal 30 mg/g Kreatinin ansteigen. Eine Albuminurie zwischen 30 mg/g Kreatinin und 300 mg/g Kreatinin wird als Mikroalbuminurie bezeichnet und spielt vor allem bei der Diagnostik und Verlaufskontrolle der diabetischen Nephropathie eine wichtige Rolle. Es handelt sich dabei weiters um einen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Endpunkte. Die routinemäßig verwendeten semiquantiativen Harnteststreifen zeigen in diesem Bereich nur eine geringe Sensitivität. Ab einer Albuminausscheidung von über 300 mg/g Kreatinin spricht man von einer Makroalbuminurie. Eine Proteinurie von über 3 g in 24 h ist mit dem nephrotischen Syndrom assoziiert.
Ein normaler Harnteststreifen zeigt bezüglich der Mikroalbuminurie nur eine geringe Sensitivität.
Definitionsgemäß spricht man von einer Nierenerkrankung, wenn entweder die GFR unter 60 ml/min ist oder eine Albuminurie von >30 mg/g Kreatinin vorliegt.
In Analogie zu anderen Fachgebieten, vor allem der kardiovaskulären Medizin (NYHA Stadien der Herzinsuffizienz), wurden auch in der Nephrologie die kontinuierlichen Nierenparameter GFR und Proteinurie in Kategorien eingeteilt. Die GFR wird in sechs Kategorien von G1-5 (G3a und b) und die Albuminurie in drei Kategorien von A1-3 eingeteilt (Abb. 1). Mit steigender Kategorie der GFR-Einschränkung und Albuminurie zeigt sich auch ein höheres Risiko für die Progredienz der renalen Erkrankung sowie eine erhöhte kardiovaskuläre und Gesamtmortalität.
Bei der Hämaturie, d. h. der Ausscheidung von Erythrozyten im Urin kann anhand der Morphologie der Erythrozyten bestimmt werden, ob eine intrinsische Nierenerkrankung oder ein postrenales Problem vorliegt. Da der Durchmesser der Erythrozyten mit etwa 7,4 μm um etwa drei Zehnerpotenzen größer ist als der Porradius der glomerulären Filtrationsschlitze (etwa 8 nm), werden die Erythrozyten beim Durchtritt deformiert. Diese dysmorphen Erythrozyten werden Akanthozyten genannt. Mehr als 5 % spezifische Akanthozyten oder mehr als 30 % allgemein dysmorphe Erythrozyten im Ausstrich des Urinsediments sind hinweisend für einen glomerulären Ursprung der Hämturie, da postglomeruläre hämaturische Erkrankungen keine deformierten Erthrozyten aufweisen. Wenn der Urin makroskopisch rot erscheint spricht man von einer Makrohämaturie, wenn nur im Sediment mehr als 5 Erythrozyten pro Gesichtsfeld oder mehr als 5 pro μl zu finden sind, von einer Mikrohämaturie. Man muss beachten, dass schon einige wenige Tropfen Blut einen Liter Urin deutlich rot erscheinen lassen und eine hämodynamisch wirksame Hämaturie den Urin dunkelbraun (kaffeeähnlich) einfärbt. In Abb. 2 sind die Größenverhältnisse nochmals grafisch dargestellt.

Akutes Nierenversagen – akute Nierenschädigung

Die Bandbreite des akuten Nierenversagens reicht von einer geringen Einschränkung der GFR bis zum vollständigen Funktionsverlust des Organes. Dementsprechend sind die Genese und auch die Prognose dieses Syndroms sehr heterogen. Stellt das akute Nierenversagen des ambulanten Patienten meist kein größeres Problem dar und zeigt sich zumeist reversibel, so ist das akute Nierenversagen des Intensivpatienten einer der stärksten Risikofaktoren für eine hohe Mortalität. Pathophysiologisch erstreckt sich das Feld von einer rein funktionellen Einschränkung der Nierenfunktion (prärenal) bis zur morphologischen und histologisch nachweisbaren Nierenschädigung (intrarenal) verursacht durch immunologische Erkrankungen, prolongierter Ischämie oder verschiedener Noxen. Klinisch muss eine postrenale Ursache immer ausgeschlossen werden.
Definition
Es gibt zwei validierte Klassifikationssysteme des akuten Nierenversagens: a) die RIFLE-Kriterien der Acute Dialysis Quality Initiative (ADQI), die als Akronym Risk, Injury, Failure, Loss und Endstage renal disease unterscheiden und so die langfristige und chronische Einschränkung der Niereninsuffizienz mit einschließen und b) die AKIN Kriterien des Acute Kidney Injury Networks, die einen besonderen Augenmerk auf den raschen Funktionsverlust in einem Zeitfenster von 48 h als Diagnosekriterium legen. Abgesehen davon sind die beiden Definitionen jedoch weitestgehend ident (siehe Definitionen in Tab. 1). Um den unterschiedlichen Ausprägungsgraden des akuten Nierenfunktionsverlustes Rechnung zu tragen, wurde in Konsensuskonferenzen sowohl des ‚Acute Kidney Injury Networks’als auch der ISN (International Society of Nephrology) der Begriff des akuten Nierenversagens (acute renal failure) durch akute Nierenschädigung (acute kidney injury) ersetzt.
Tab. 1
Definition der akuten Nierenschädigung (des akuten Nierenversagens)
Stadien der akuten Nierenschädigung
RIFLE-Stadium
AKIN-Stadium
Serumkreatinin
Urinvolumen
 
Risk
1
1,5- bis 2-facher Kreatininanstieg (RIFLE/AKIN) oder
Kreatininanstieg ≥0,3 mg/dl (AKIN)
<0,5 ml/kg/h für 6 h
 
Injury
2
2- bis 3-facher Kreatininanstieg
<0,5 ml/kg/h für 12 h
 
Failure
3
>3-facher Kreatininanstieg oder
Serumkreatinin >4 mg/dl mit einem akuten Anstieg ≥0,5 mg/dl
<0,3 ml/kg/h für 24 h oder Anurie für 12 h
 
Loss
Dauerhaftes Nierenversagen für >1 Monat
  
ESRD
Dauerhaftes Nierenversagen für >3 Monate
  
Die akute Nierenschädigung ist somit durch eine rasche Abnahme der Nierenfunktion (innerhalb von 48 Stunden) durch eines der folgenden drei Kriterien definiert:
a)
einem absoluten Anstieg des Serum-Kreatinins um ≥0,3 mg/dl
 
b)
einem prozentualen Anstieg des Serum-Kreatinins um ≥50 % (auf mindestens das 1,5-fache des Ausgangswertes)
 
c)
einer Verminderung der Urin-Ausscheidung auf <0,5 ml/kg/h über mehr als 6 Stunden
 
Epidemiologie der akuten Nierenschädigung
Die Anamnese ist ein wesentlicher Parameter für die Abschätzung der Prognose der akuten Nierenschädigung. Ambulant erworbene Nierenfunktionseinschränkungen entstehen meist auf der Basis von Dehydratation (Diarrhoe oder forcierte Diurese) und Medikamenten (RAS Blocker, Diuretika, NSAID) bei älteren Patienten. Oft liegt bereits eine chronische Nierenschädigung bei meist multimorbiden Patenten zu Grunde (akut auf chronisch). Die Ursache ist leicht identifizierbar und die Prognose hervorragend. Beim stationär erworbenen akuten Nierenversagen sind meist ebenfalls prärenale Ursachen in Kombination mit nephrotoxischen Substanzen wie Röntgenkontrastmittel oder Medikamenten (Chemotherapie, NSAID, einige Antibiotika wie z. B. Aminoglykoside, Virostatika) für die renale Funktionseinschränkung verantwortlich. In Abhängigkeit der Komorbiditäten (vorbestehende Nierenerkrankung und/oder Diabetes mellitus) ist die Prognose immer noch gut und zumeist kann das Ausgangskreatinin wieder erreicht werden. Im Gegensatz dazu ist das akute Nierenversagen auf der Intensivstation mit einer hohen Mortalität assoziiert. Es zeigt eine hohe Inzidenz und die Genese ist immer multifaktoriell. Trotz der Verfügbarkeit von maschinellen Nierenersatzverfahren wie der Hämodialyse oder Hämofiltration bleibt die Mortalität dieses Syndroms hoch. Es können zwar mit diesen Verfahren kleinmolekulare Substanzen wie BUN und Kreatinin sowie Elektrolyte (v. a. Kalium) aus dem Körper eliminieren und die Flüssigkeitsbilanz ausgeglichen werden, allerdings kann man die durch das Nierenversagen verursachte ‚distal organ injury‘ nicht beeinflussen. Die Nieren sind hier somit das Opfer des Multiorganversagens als auch deren perpetuierende Ursache (Tab. 2).
Tab. 2
Epidemiologie der akuten Nierenschädigung
 
Ambulant
Stationär
Intensivstation
Inzidenz
Niedrig (<1 %)
Moderat (5 %)
Hoch (20 %)
Ursache
Eine
Prä>post>renal
Eine oder mehrere
Prä>renal
Multifaktoriell
(MODS)
Prognose
Gut
Überleben >90 %
Mittel
Überleben >80 %
Schlecht
Überleben <60 %
MODS „multi organ dysfunction syndrome“
Die Ursachen der akuten Nierenschädigung werden nach der Genese in prärenal, intrinsisch renal und postrenal eingeteilt.

Prärenal akutes Nierenversagen

Entsprechend der Tab. 3 ist das prärenale Nierenversagen meist ambulant erworben und Folge von Ereignissen, in deren Folge die Nieren mitbeteiligt, intrinsisch aber nicht geschädigt sind. Man kann diese Situation auch als prärenales Syndrom bezeichnen. Klassische Ursachen sind die Dehydratation bei älteren oder multimorbiden Patienten als Folge von Diarrhoe oder diuretischer Therapie sowie das kardiorenale Syndroms bei Herzinsuffizienz mit erniedrigtem Herzzeitvolumen (HFREF … heart failure with reduced ejection fraction) oder das hepatorenale Syndrom bei Leberzirrhose mit vermehrtem Pooling des Blutes im Splanchnikusgebiet und systemischer Vasodilatation. Oft besteht eine Begleitmedikation mit z. B. RAS Blockern oder NSAIDs, die eine Kompensation der glomerulären Hämodynamik verhindern. Der transkapilläre, glomeruläre Filtrationsdruck sinkt dadurch unter eine kritische Grenze von etwa 20 mmHg mit konsekutiver Oligo-Anurie. Initial sind keine morphologischen Schäden an den Nieren zu beobachten. Wenn der Zustand allerdings mehrere Tage bestehen bleibt, kann es auch hier zu einer akuten Tubulusschädigung kommen, die aber meist reversibel ist.
Tab. 3
Medikamente mit potenzieller Nephrotoxizität
Effekt
Medikamentenklasse
Hämodynamik
Systemisch
RAS-Blocker
NSAID
Vasodilatoren
Lokal (renal)
RAS-Blocker
Calcineurininhibitoren (Cyclosporin, Tacrolimus)
NSAID
Direkt tubulotoxisch
Aminoglykoside
Cisplatin
Mannitol
Röntgenkontrastmittel (hochosmolare)
NSAID
Sulfonamide
Virostatika
Betalaktame
Glykopeptide
Sulfonamide
Gyrasehemmer
Diuretika
NSAID
Allopurinol
Protonenpumpenhemmer
NSAID nichsteroidale Entzündungshemmer, RAS Renin-Angiotensin-System.
Das prärenale akute Nierenversagen sollte besser prärenales Syndrom genannt werden, da die Nieren die zugrunde liegende Ursache durch Gegenregulation maximal zu kompensieren versuchen und somit nicht im eigentlichen Sinne ‚versagen‘.
Klinik
Das prärenale Syndrom ist in etwa ein Prozent aller zugewiesenen Patienten die Ursache für die stationäre Aufnahme. Die Patienten kontaktieren den Hausarzt üblicherweise wegen Kreislaufproblemen, der entweder anhand der Dehydratation und/oder erhöhtem BUN und Serumkreatininwerten die Einweisung ins Spital veranlasst.
Diagnose
Die beste Einschätzung des Volumenstatus gelingt immer noch durch die klinische Untersuchung basierend auf den Parametern Hautturgor, trockene Schleimhäute, Abschätzung des zentralen Venendrucks über den Füllungszustand der Halsvenen und Auskultation von Herz und Lungen. Gegebenenfalls kann zusätzlich die Bestimmung des Durchmessers der Vena Cava inferior beziehungsweise der Lebervenen mittels Ultraschall notwendig sein oder die Messung der Körperwasserverteilung mittels Impedanzmessung (BCM, body composition monitoring). Weiters findet sich bei hypovolämen Patienten meist eine Tachykardie und arterielle Hypotonie.
Die klinische Untersuchung (Zeichen der Dehydratation) und die Anamnese liefern fast immer die korrekte Ursache und ermöglichen eine gezielte Therapie des prärenalen akuten Nierenversagens.
Im Labor ist bei den dehydrierten Patienten sowie bei Patienten mit Herz- oder Leberinsuffizienz eine überproportionale Erhöhung von BUN im Vergleich zum Serumkreatinin zu finden, da in Zeiten des Volumenmangels und mangelnder Nierenperfusion die Nieren Salz und Flüssigkeit aktiv im proximalen Tubulus und Harnstoff passiv über Sympathikus und RAS Aktivierung rückresorbieren. Erhöhte BUN Werte können auch bei katabolen Zuständen oder oberen gastrointestinalen Blutungen sowie übermäßiger Proteinzufuhr bei sonst nierengesunden Menschen gefunden werden. Bei nicht anurischen Patienten ist initial eine hohe Urinosmolalität (>1,5-fache Plasmaosmolalität) und eine fraktionelle Urinnatriumausscheidung unter 1 % zu finden.
Therapie
Die Anamnese erklärt fast immer sofort die zugrunde liegende Ursache. Ebenso wie die leichte Diagnostik beschränkt sich die Therapie auf die Behebung der zugrunde liegenden Ursache, d. h. Absetzen der RAS-Blocker, Diuretika und NSAID, Rehydratation und Behandlung der etwaigen Diarrhoe. Da das prärenale Syndrom meist ältere und multimorbide Patienten betrifft, ist die Rehydratation mit Maß und Ziel einzuleiten, um extravasale Flüssigkeitsansammlungen zu vermeiden. Die Therapie des hepatorenalen Syndroms Typ 1 (akut) und Typ 2 (chronisch) und des kardiorenalen Syndroms Typ 1 (akut) und Typ 2 (chronisch) zielt auf die Optimierung der Grundkrankheit ab. Beim hepatorenalen Syndrom wird durch medikamentöse Vasokonstriktion zum Beispiel mit Vasopressinanaloga im Splanchnikusgebiet versucht die renale Perfusion zu verbessern. Beim kardiorenalen Syndrom wird mittels positiv inotroper Substanzen (z. B. Levosimedan) versucht das Herzzeitvolumen zu verbessern. Da die Auswirkungen dieser Intervention auf die Nierenfunktion nicht gesichert sind, wird diese Therapie nicht routinemäßig empfohlen.
Falls die Anurie trotz adäquater Hydratation über mehrere Tage besteht und Symptome wie Atemnot oder eine Hyperkaliämie über 6 mmol/l trotz medikamentöser Therapie besteht, kann in seltenen Fällen auch eine Nierenersatztherapie notwendig werden. Als Möglichkeiten bieten sich die Hämodialyse oder Hämofiltration sowie in manchen Fällen auch die Peritonealdialyse an. Harnstoffwerte unter 100 mg/dl sind nur dann eine Indikation für eine extrakorporale Nierenersatztherapie, wenn sie mit Symptomen wie Übelkeit/Erbrechen, Juckreiz, Gastroenteritis, Blutungen oder kognitiver Beeinträchtigung assoziiert sind. Bei einem BUN über 100 mg/dl wird meist ein Nierenersatzverfahren gestartet.
Verlauf/Nachsorge und Prognose
Der Verlauf des prärenalen Nierenversagens hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Da in der überwiegenden Mehrheit eine Kombination aus Dehydratation und Medikamenten für das prärenale Syndrom verantwortlich ist, können die Ursachen rasch behoben werden und die Nierenfunktionsverschlechterung ist meist innerhalb weniger Tage ohne Nierenersatztherapie reversibel. Eine Nachsorge ist nicht notwendig und die Prognose ausgezeichnet. Wenn allerdings eine Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose als Grund des prärenalen Syndroms vorliegt, gelingt meist nur eine temporäre Besserung der Nierenfunktion und die Prognose hängt von der Grundkrankheit ab.
Besondere Aspekte
Falls eine Indikation für eine Herz-, Lunge- oder Lebertransplantation besteht, ist es sehr oft schwer vorauszusagen, ob sich nach erfolgreicher Transplantation die Nierenfunktion wieder ganz erholt oder ob besser simultan eine Niere mittransplantiert werden soll. Daher gibt es in Eurotransplant (Administrationszentrum der Organallokation) die Möglichkeit, bis zu einem Jahr nach Herz-, Lunge- oder Lebertransplantation eine Spenderniere rasch zu bekommen (durch 400 ‚Bonuspunkte‘). Dieses Vorgehen verhindert eine etwaige nicht notwendige gleichzeitige Herz/Lunge/Leber- und Nierentransplantation, gewährleistet aber gleichzeitig dass Patienten nach Herz- oder Lebertransplantation anschließend dialysepflichtig bleiben müssen.

Intrinsisches (renales) akutes Nierenversagen (IRAN)

In Bezug auf die in Tab. 2 dargestellte Epidemiologie wird klar, dass der Begriff des intrinsischen (renalen) akuten Nierenversagens eine Reihe von sehr heterogenen Nierenschädigungen mit deutlich unterschiedlicher Prognose subsummiert. Das Spektrum des IRAN umfasst Erkrankungen mit einem „monokausalen Pathomechanismus“ wie die ischämische Nephropathie, verursacht durch einen Ischämie-/Reperfusionsschaden (Schockniere, akutes Transplantatnierenversagen, oder nach prolongiertem prärenalen Zustand bei zusätzlichen Risikofaktoren) oder eine Nierenschädigung durch Nephrotoxine einschließlich der Röntgenkontrastmittelnephropathie und der Medikamenttoxizität (z. B. Aminoglykoside, NSAID, Cisplatin). Diese sind mit dem morphologischen Korrelat der akuten Tubulusnekrose (ATN) assoziiert. Weiters kommen primär immunologische Erkrankungen wie die akuten Glomerulonephritiden oder eine Kombination aus beiden wie bei der akuten interstitiellen Nephritis (immunologische Reaktion auf ein toxisches Agens) in Frage. Weitere Ursachen sind „präglomeruläre“ Schädigungen der Mikrozirkulation der Niere (thrombotische Mikroangiopathie) wie beim hämolytisch urämische Syndrom (durch Shigatoxin produzierende E.coli Stämme oder durch Mutationen im Komplementsystem), bei der malignen Hypertonie und der Skerodermie, oder „tubuläre Verstopfungen“ wie bei der Myelomniere (Cast Nephropathie) oder im Sinne einer „Crushniere“ bei Rhabdomyolyse (jedoch auch direkt tubulotoxische Wirkung des Hämpigments). Am anderen Ende dieses Spektrums von IRAN befinden sich die multifaktoriellen Prozesse bei Patienten auf der Intensivstation (vor allem bei Sepsis), die schwierig zu therapieren sind und demnach eine außerordentlich hohe Mortalität aufweisen.
Diese weite Bandbreite macht eine exakte Definition der Ursachen von IRAN und der Demografie und Komorbiditäten der behandelten Patienten notwendig, um Studienergebnisse zu Krankheitsverläufen und Therapieerfolgen vergleichbar zu machen. Dies scheint trivial, ist aber leider bisher noch nicht der Fall. Somit wird auch verständlich, dass selbst bei scheinbar einfach zu beantwortenden und klinisch überaus relevanten Fragestellungen, ob die kontinuierlichen oder intermittierenden Nierenersatzverfahren bei IRAN vorteilhafter sind oder wie zeitig mit der Nierenersatztherapie begonnen werden soll bzw. wann diese wieder beendet werden kann, kein Konsens herrscht.
IRAN bei Patienten auf der Intensivstation (Sepsis)
Beim akuten Nierenversagen des Intensivpatienten sind die Nieren meist das Opfer einer oder mehrerer schwerer Erkrankungen und nur sehr selten isoliert, d. h. primär geschädigt. Die Nierenfunktion dient hier als sehr guter Indikator für den Schweregrad der Erkrankung und die Prognose des Patienten. Obwohl nach Verbesserung der Gesamtsituation das Nierenversagen potenziell reversibel ist, hat die Nierenbeteiligung/Schädigung des Intensivpatienten immer noch eine außerordentlich hohe Mortalität von über 50 %. Das Nierenversagen bei Intensivpatienten führt seinerseits zu einer Reihe von Problemen, die als ‚distant organ injury‘ subsummiert werden. Darunter versteht man, dass durch die deutlich funktionseingeschränkten Nieren Probleme in anderen Organsystemen verursacht und aufrechterhalten werden können.
Beim akuten Nierenversagen auf der Intensivstation sind die Nieren sowohl die ‚Opfer‘ der Multimorbidität, aber tragen auch durch die ‚distant organ injury‘ als ‚Täter‘ zur Verschlechterung der Gesamtsituation bei.
Definition
Die AKIN Kriterien teilen das IRAN in drei Stadien ein, die eng mit der Prognose korrelieren (Tab. 1). In einer Studie des ANZICS Netzwerkes mit über 120.000 Patienten auf der Intensivstation fanden die Autoren eine Mortalität von 9 % bei Patienten ohne Nierenversagen, 19 % bei AKIN Stadium 1,28 % bei Stadium 2 und 33 % bei Stadium 3 Patienten.
Das IRAN bei Patienten auf der Intensivstation ist der stärkste unabhängige Prädiktor der Mortalität. Dies unterstreicht die absolute Notwendigkeit jegliche diagnostische und therapeutische Intervention im Hinblick auf eine Interaktion mit der Nierenfunktion abzuwägen.
Epidemiologie
Da IRAN viele unterschiedliche Entitäten umfasst, ist keine einheitliche Definition der Epidemiologie möglich. Die höchste Inzidenz zeigt das akute Nierenversagen auf der Intensivstation mit etwa 20 %. Wie schon in der Tab. 2 dargestellt, ist die Genese multifaktoriell und daher ein monokausaler Therapieansatz nicht zielführend. Vielmehr beschränkt sich die Behandlung auf die Optimierung der Gesamtsituation der meist septischen Patienten.
Klinik
Das IRAN beim intensivpflichtigen Patienten beeinflusst alle anderen Organsysteme. Wie schon zuvor erwähnt, wurde dafür der Begriff der ‚distant organ injury‘ eingeführt. Die Sepsis stellt ein systemisches Inflammationssyndrom (SIRS) dar, das per se alle Organe betrifft und durch das Nierenversagen potenziert und perpetuiert wird. Beispiele hierfür sind die Lungen (Ödem, Pneumonie und Hämmorrhagien), das kardiovaskuläre System (Hyperzirkulation, Perikarditis, Cardiomyopathien), der Gastrointestinaltrakt (Ulzerationen, Erosionen, Colitis, Pankreatitis), das neuromuskuläre System (Neuropathien, Myopathien, Enzephalopathie), das Immunsystem (zelluläre und humorale Defizienz), metabolische Störungen (Katabolie) sowie hämatologische Veränderungen in allen drei Reihen (Anämie, Thrombopenie und – pathie sowie Immundefizienz), Immundefizienz und Gerinnungsstörungen.
Diagnostik
Die Diagnose wird durch Integration der Laborparameter BUN, Kreatinin und der Urinproduktion erhoben und der Schweregrad anhand der AKIN Kriterien klassifiziert (siehe Tab. 1).
Selbst eine geringe Abnahme der GFR ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert und somit von großer Bedeutung. Mit der GFR hat der behandelnde Arzt einen exzellenten Marker für die Gesamtprognose und sollte sensibel auf kleine Änderungen dieses Parameters reagieren.
Eine etwaige prärenale Komponente kann durch die Bestimmung der fraktionellen Natriumausscheidung (FE Na) im Urin differenziert werden. Eine FE Na von <1 % weist auf eine zusätzliche prärenale Komponente hin, wo hingegen eine deutlich höhere FE Na von über 3 % auf einen Tubulusschaden schließen lässt. Neben diesem indirekten Zeichen einer intrinsischen Nierenschädigung wären Marker, die einen Gewebsuntergang in den einzelnen Nephronabschnitten und des vaskulären und interstitiellen Kompartiments anzeigen, für die Diagnose und Prognoseabschätzung von großem Vorteil, da alle anderen etablierten Marker wie zum Beispiel das Kreatinin nur die GFR widerspiegeln. In der letzten Dekade hat es daher eine Vielzahl an Studien zu potenziell prognostischen und diagnostischen Biomarkern der IRAN gegeben, von denen es einige (KIM-1, NGAL, IL-18) rezent bis in die klinische Anwendung geschafft haben. Von einer Routineanwendung kann aber keine Rede sein, da die Testcharakteristika und im Speziellen der positive und negative Vorhersagewert für Endpunkt wie Mortalität oder die schwere des IRAN (positiv und negativ prädiktiver Wert – PPV, NPV) selbst bei diesen vielversprechendsten Biomarkern noch nicht optimal sind. Dies ist grundsätzlich schwierig, da diese Indikatoren von der Inzidenz der Erkrankung abhängen und daher nur in prospektiven Studien mit großen Populationen validiert werden können.
Eine Nierenbiopsie zur Diagnose (Schweregrad) und Prognose (Reversibilität) des IRAN ist selten notwendig und meist bei Intensivpatienten mit Thrombopathien und Gerinnungsproblemen auch nicht gefahrlos. Es zeigt sich histologisch zumeist auch eine Diskrepanz zwischen GFR und morphologischen Schäden. Speziell in der Restitutionsphase bei bereits wieder ansteigender GFR können noch beträchtliche morphologische Veränderungen des Nierenparenchyms weiter bestehen. Dies erklärt auch, warum sich die Situation nach Initial wieder gebesserter renaler Funktion rasch wieder ins Gegenteil umkehren kann.
Therapie
Abhängig vom Schweregrad und der klinischen Beeinträchtigung durch das IRAN reicht das Therapiespektrum von rein supportiver Therapie und Optimierung der Gesamtsituation bis zur Notwendigkeit der maschinellen Nierenersatztherapie. Da es keine gesicherte Standardtherapieempfehlung für alle Patienten gibt, muss eine individuelle Therapieoptimierung aller Komponenten, die zum IRAN beitragen, erfolgen. Dies beinhaltet eine Optimierung der Hämodynamik (z. B. Flüssigkeitssubstitution, Vasopressoren), eine adäquate antimikrobielle Therapie (frühzeitige Antibiose), sowie die Vermeidung von nephrotoxischen Substanzen. Wenn trotz dieser konservativen Maßnahmen eine Nierenersatztherapie notwendig wird, stehen mehrere Alternativen zur Auswahl.
Die Therapie des IRAN auf der Intensivstation muss individualisiert erfolgen. Dies betrifft sowohl die Wahl der Nierenersatztherapie als auch die Optimierung der zahlreichen Komorbiditäten. Eine gesicherte singuläre Therapie des IRAN gibt es nicht. Ziel ist die Verbesserung der Gesamtsituation und die Nierenfunktion ist ein hervorragender Indikator ob dies gelingt.
Der Beginn der Nierenersatztherapie richtet sich nach der klinischen Notwendigkeit. Ein therapierefraktäres Lungenödem mit vermehrtem Beatmungsaufwand durch die ‚fluid lung‘, und generalisierte Ödeme durch kapilläres Leakage sind vor allem bei oligo-anurischen, septischen Patienten ein rasch auftretendes Problem. Dies wird durch die initial zur Kreislaufstabilisierung oft notwendige liberale Flüssigkeitsgabe im Sinne einer „high volume resuscitation“ begünstigt, die nach aktuellen Studien aber zunehmend kritisch betrachtet werden muss und eine konservative Flüssigkeitstherapie nach initialer Stabilisierung des Patienten sowohl besser in Bezug auf die Mortalität als auch dem Auftreten eines akuten Nierenversagens ist. Hier kommt der Nierenersatztherapie (NET) beim septischen Patienten mit Nierenversagen (Oligurie) eine besondere Rolle im Volumenmanagement zu. Weitere absolute Indikationen für eine rasche Nierenersatztherapie sind nicht anders korrigierbare Elektrolytstörungen (initial vor allem die Hyperkaliämie) sowie ein BUN über 100 mg/dl. Einige gute Argumente sprechen für einen eher frühzeitigen Beginn der extrakorporalen Nierenersatztherapie, um so das Auftreten der systemischen Effekte des IRAN zu verhindern oder zumindest zu verzögern.
Die extrakorporale Therapie wird so lange fortgeführt bis sich die GFR deutlich gebessert hat und auch der klinische Zustand des Patienten eine Beendigung erlaubt. Meist ist dies der Zeitpunkt, wenn die Volumenregulation durch medikamentöse diuretische Therapie wieder möglich ist.
Die Gabe von Diuretika verbessert weder die Nierenfunktion noch beschleunigt sie die Erholung der Niereninsuffizienz. Sie erleichtert lediglich das Flüssigkeitsmanagement der Patienten.
Es besteht die Wahl zwischen kontinuierlichen und diskontinuierlichen Verfahren der Nierenersatztherapie. Zu den kontinuierlichen Verfahren zählt die CVVHF (continuous veno-venous hemofitration) aber auch die CPD (continuous peritonel dialysis), die allerdings beim akuten Nierenversagen fast ausschließlich bei Säuglingen und nur in Entwicklungsländern bei Erwachsenen zum Einsatz kommt. Diskontinuierliche Verfahren sind die Hämodialyse und die Hämodiafiltration. Bisher konnte keines der Verfahren als überlegen identifiziert werden. Bei hämodynamisch instabilen intensivpflichtigen Patienten mit Vasopressorentherapie wird sich eher die CVVHF anbieten. Als notwendige Antikoagulation für den exrakorporalen Kreislauf können sowohl fraktioniertes als auch unfraktioniertes Heparin, Natriumcitrat, direkte Thrombinhemmer (zum Beispiel Argatroban oder Bivalirudin) oder selten Prostaglandine (zum Beispiel Epoprostenol) verwendet werden.
Verlauf/Nachsorge und Prognose
Der Verlauf des Nierenversagens bestimmt wesentlich die Gesamtmortalität des Intensivpatienten. So ist bei Patienten nach Herzoperationen das Auftreten eines postoperativen Nierenversagens mit einer achtfach höheren Mortalität assoziiert als bei jenen, die kein Nierenversagen entwickeln. Im Vergleich dazu ist die Sterblichkeit nach einem perioperativen Herzinfarkt nur etwa fünffach erhöht. Diese eindrucksvollen Daten zeigen, dass unter allen Umständen versucht werden muss, die Nierenfunktion zu erhalten. Selbst bei Patienten, die initial eine Erholung der Nierenfunktion nach akutem, dialysepflichtigen Nierenversagen zeigen, entwickelt sich bei etwa 12 % der Patienten, die innerhalb der nächsten fünf Jahre ein chronisch-terminales Nierenversagens. Eine strukturierte Nachsorge dieser Patienten wird empfohlen, um eine etwaige erneute Verschlechterung der Nierenfunktion rechtzeitig zu entdecken.
Das ersatzpflichtige Nierenversagen ist bei Intensivpatienten der stärkste Risikofaktor für Mortalität.
Ischämisches IRAN, Ischämie/Reperfusionsschaden (IRI)
Im Gegensatz zur multifaktoriellen Genese des akuten Nierenversagens auf der Intensivstation liegt hier eine klar definierbare, singuläre Ursache vor. Am häufigsten tritt ein ischämisches IRAN mit morphologisch entsprechender akuter Tubulusnekrose während oder in Folge von abdominellen Gefäßoperationen oder nach Herzoperationen auf. Meist besteht schon ein beträchtlicher vaskulärer Vorschaden und es bedarf nur einer kurzen zusätzlichen Ischämiezeit von weniger als einer Stunde zum Beispiel im Rahmen der Ausklemmung bei Gefäßanastomosen. Auch ein verzögertes Einsetzen der renalen Funktion nach Nierentransplantation (delayed graft function) beruht auf diesem Pathomechanismus.
Die warme Ischämiezeit während der Anastomosierung der Transplantniere im Empfänger ist für die Entwicklung eines akuten Transplantatnierenversagens und einer „delayed graft function“ entscheidend. Eine kalte Ischämiezeit von bis zu 20 Stunden hat einen weit geringeren Einfluss auf die DGF Rate. Bei DCD Spendern (donation after cardio-circulatory death) ist die erste warme Ischämiezeit (agonale Phase) ein wesentlicher Prädiktor (siehe Kap. „Nierentransplantation“)
Pathophysiologie und Epidemiologie
Das größte Ausmaß der Schädigung entsteht erst nach der Reperfusion, wenn zelluläre und humorale Komponenten des Immunsystems die hypoxischen Endothelzellen attackieren. Wie bei Ischämie/Reperfusionsschäden anderer Organe (zum Beispiel nach PTCA bei Verschluss einer Koronararterie oder Reanimation nach Kreislaufstillstand) hängt das Ausmaß der Schädigung von der Organ- bzw. Körpertemperatur ab. Die milde Hypotherapie (ca 34 °C Kerntemperatur) nach Kreislaufstillstand hat inzwischen Eingang in alle Guidelines gefunden. Um auch die hypoxischen Schäden an Transplantatnieren nach Entnahme zu minimieren, werden die Organe mit kalter Perfusionslösung durchspült und auf Eis zum Empfänger transportiert (siehe auch Abschn. 1.4.4). So gelingt es, dass trotz kalten Ischämiezeiten von bis zu 20 Stunden die Mehrzahl aller Transplantate sofort funktioniert. In den letzten Jahren wurde die ex vivo Maschinenperfusion von Nieren und Leberspenderorganen sowohl im hypothermen als auch im normothermen Bereich mit großem Erfolg untersucht. Ein entscheidender Punkt bei der Nierentransplantation ist die Dauer der warmen Ischämie bei der Anastomosierung im Empfänger. Anastomosendauern von über 45 Minuten bei 37 °C sind fast immer mit einem mehrere Tage dauernden akuten Transplantatnierenversagen assoziiert. Die Evolution des postischämischen akuten Nierenversagens kann aus naheliegenden Gründen nur im Tierexperiment untersucht werden. Die sequenziellen morphologischen und funktionellen Änderungen sind in Abb. 3 dargestellt. Es ist erstaunlich, dass sich trotz beträchtlicher morphologischer Pathologie einige Tage nach dem Insult die exkretorische Nierenfunktion, hier als Kreatininverlauf dargestellt, bereits wieder normalisiert hat. Eindrucksvoll ist auch, wie die residualen morphologischen Schäden im Laufe der Zeit zu einer Verschlechterung der Morphologie im Sinne einer zystischen Degeneration führen.
Die molekularen Ereignisse als Folge der Ischämie sind in Abb. 4 dargestellt. Im Wesentlichen führt die ischämieinduzierte Entkoppelung der mitochondrialen Respiration zum Zelltod durch Apoptose und/oder Nekrose. Die inkomplette Beseitigung der nekrotischen Zellkomponenten kann zu weiteren Gewebsschäden durch Autoimmunität führen.
Diagnostik
Die Diagnostik des ischämischen IRAN ist fast immer eindeutig durch die Anamnese zu erheben. Nur in ausgewählten Situationen und um die Prognose abschätzen zu können ist eine Nierenbiopsie indiziert. Meist reicht der Verlauf von Serumparametern der Nierenfunktion und Nekrosemarkern wie CK und LDH für das Management aus. Wünschenswert wäre, wie schon vorher diskutiert, die Verfügbarkeit eines serologischen Biomarkers, der eine intrinsische Nekrose von renalen Tubuluszellen (in Analogie zum Troponin T des Myokardes) anzeigt. Es gibt inzwischen eine Auswahl an potenziellen renalen Biomarker, die aber noch validiert sind und erst etabliert werden müssen.
Seltene, isolierte Perfusionsdefekte zum Beisein nach Tromboembolien oder Cholesterinembolien können meist einfach durch duplexkodierte Ultraschalluntersuchungen oder mittels szintigrafischer Methoden diagnostiziert werden. Um eine akute Verschlechterung der Nierenfunktion auszulösen muss allerdings bereits ein Vorschaden vorliegen und ein beträchtlicher Teil der Nieren betroffen sein. Eine morphologisch genauere Diagnose bietet eine MRT Untersuchung. Allerdings ist die Verwendung des MR-Kontrastmediums Gadolinium bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion wegen der Gefahr der nephrogenen systemischen Fibrose mit großem Bedacht abzuwägen. Ähnliches gilt natürlich für die Röntgenkontrastmittel bei einer etwaigen Angiografie, obwohl neue Daten zeigen, dass bei adäquater Patientenvorbereitung und Nachbehandlung (i.e. Hydrierung, Vermeidung von hypotensiven Episoden, besondere Vorsicht bei vorbestehender chronischer Nierenschädigung) und der Verwendung geringer Volumina von nicht-ionischen, iso-osmolaren Kontrastmittel die in der älteren Literatur beschriebenen hohen Inzidenzraten heute bei weitem nicht mehr zutreffend sind.
Therapie
Für das ischämisch bedingte IRAN ist zuerst die Herstellung einer adäquaten renalen Perfusion notwendig. Das Ausmaß des Reperfusionsschadens kann man durch eine gezielte Hypothermie reduzieren, was bei der Nierentransplantation seit langem erfolgreich durchgeführt wird. Da die Inflammation in der Reperfusion den größten Schaden verursacht, wäre eine medikamentöse antiinflammatorische Therapie beziehungsweise Prophylaxe naheliegend. Klinisch Studien zu diesem Thema haben allerdings keine klaren Vorteile dieser Interventionen dokumentiert. Eine andere spezifische medikamentöse Prophylaxe oder Therapie gibt es nicht.
Verlauf/Nachsorge und Prognose
Die Prognose richtet sich klarerweise nach dem zugrunde liegenden Problem, der Dauer der Ischämie sowie der Organtemperatur bei Reperfusion und dem etwaig bestehenden Vorschaden des Organs. Wie man am Beispiel der Nierentransplantation sieht, tolerieren die Nieren eine längere kalte Ischämie erstaunlich lange, eine Ischämie bei Körpertemperatur hingegen führt schon nach weniger als einer Stunde zu beträchtlichen, allerdings potenziell reversiblen Schäden.
IRAN durch Nephrotoxine und akut interstitielle Nephritis
Definition
Während beim klassischen nephrotoxischen akuten Nierenversagen exogene Noxen (meist Medikamente) direkt die exkretorische Nierenfunktion verschlechtern, entsteht der interstitielle Schaden bei der akuten-interstitiellen Nephritis mehr durch die immunologische Begleitreaktion auf eine Noxe (meist ebenfalls ein Medikament).
Bei der interstitiellen Nephritis entsteht die Schädigung durch eine immunologische Reaktion auf eine Noxe
Epidemiologie
Die häufigsten Ursachen der nephrotoxischen akuten Nierenschädigung sind Medikamente und seltener Röntgenkontrastmittel bei dehydrierten Patienten mit einer akuten Begleitmorbidität (Infektion, Herzinsuffizienz, Leberversagen). Seltener sind wirkliche Toxine wie das Gift Orellanin aus den Pilzen der Gattung Cortinarius (Schleierlinge), Aristolochinsäure aus Osterluzeigewächse (pfefferartige Gewächse), die in chinesischen Kräutern vorkommen, oder Schwermetalle.
Diagnostik
Der Verlauf der Nierenschädigung wird von der Dauer und Dosis der Noxe sowie einer bereits vorliegenden Vorschädigung der Nieren bestimmt. Meist kommt man durch eine genaue Anamnese und sorgfältige Analyse, der in den letzten Tagen verabreichten Medikamenten auf eine mögliche Ursache. Bei multimorbiden und oft polypharmazeutisch behandelten Patienten ist die Identifikation einer isolierten Noxe hingegen oft schwierig. Manche Toxine wie zum Beispiel Orellanin können bei begründetem Verdacht in Speziallabors mittels HPLC (Chromatografie) im Plasma und kurz nach der Einnahme aus dem Urin bestimmt werden.
Ein kausaler Zusammenhang von Medikamenteneinnahme mit dem IRAN kann nur bestätigt werden, wenn nach Beendigung der in Frage kommenden Medikation eine Verbesserung der Nierenfunktion beobachtet wird. Wenn trotz Absetzen und Zuwarten von einigen Tagen keine Besserung der Nierenfunktion eintritt, oder das Nierenversagen mit einer Proteinurie vergesellschaftet ist, kann eine Nierenbiopsie zur Abklärung und Einschätzung der Prognose notwendig sein.
Verlauf/Nachsorge und Prognose
Abhängig von der Ursache kommt es bei den meisten nephrotoxischen IRANs zu einer Restitution der renalen Funktion, allerdings führen einige Noxen in Abhängigkeit der Dosis und Dauer der Exposition zu einer irreversiblen Schädigung, die meist in einer terminalen Niereninsuffizienz endet. Beispiele für Auslöser möglicher irreversibler Nierenschäden sind Orellanius Toxin, Aristolochinsäure, Aminoglykoside, Cisplatin, Mitomycin oder Amphotericin B. Die neunen Immuntherapeutika haben durchaus nephrotoxisches Potenzial (siehe auch Absatz zur Onkologie auf der nächsten Seite).
Kontrastmittelnephropahtie
Die früher oft thematisierte Kontrastmittelnephropathie ist heute nur mehr von untergeordneter Relevanz. Bei entsprechender Vorbereitung (Rehydrierung bei Hypovolämie) sowie durch die routinemäßige Verwendung von nicht-ionischen und iso-osmolaren Kontrastmitteln ist sie als Ursache einer akuten Nierenschädigung aus der klinischen Routine so gut wie verschwunden und eine eingeschränkte Nierenfunktion stellt bei klarer Indikation zur Kontrastmittelgabe keine Kontraindikation mehr dar.
Nach adäquater Vorbereitung (Hydrierung) und bei sparsamem Einsatz von nicht-ionischem, isoosmolarem Kontrasmittel bei strenger Indikationsstellung (Cave: Diabetiker, Herzinsuffizienz, vorbestehende Niereninsuffizienz) besteht nur ein sehr niedriges Risiko für eine Kontrastmittelnephropahtie.
Nephrotoxische Substanzen in der Onkologie
In den letzten Jahren haben Checkpoint-Inhibitoren die Therapie in der Onkologie revolutioniert. Es handelt sich dabei um monoklonale Antikörper gegen z. B. CTLA4-4 oder PD-1, wodurch die immunregulatorische Funktion dieser Moleküle gehemmt wird und ein gegen den Tumor (Neoantigene) gerichtete Immunantwort begünstigt wird. Als Nebenwirkung kann es jedoch auch zu Autoimmunphänomenen kommen, die sich in der Niere am häufigsten als akute interstitielle Nephritis manifestieren (aber auch glomeruläre Läsionen wurde beschrieben). Die Therapie beruht auf dem Absetzen der Checkpoint-Inhibitoren und der Gabe von Corticosteroiden.
Akute Glomerulonephritis (GN) und rapid progrediente GN
Die akute und rapid progressive Glomerulonephritis (RPGN) sind beschreibende Definitionen des klinischen Verlaufes von entweder systemischen Erkrankungen, bei denen die Nieren mitbeteiligt sind, oder isoliert die Nieren betreffende Autoimmunerkrankungen. Die RPGN ist eine Variante der akuten GN, die durch einen raschen Verlauf gekennzeichnet ist und entweder idiopathisch oder als Folge eines Autoimmunprozesses entsteht. Unterteilt wird sie in drei Typen (siehe Tab. 4).
Tab. 4
Klassifikation der akuten Glomerulonephritiden basierend auf Komplementverbrauch und Pathophysiologie
 
Primäre Nierenerkrankung
Systemische Erkrankung mit Nierenbeteiligung
Komplementsystem normal
RPGN
- idiopathisch
- Typ I (Anti-GBM)
- Typ II (Kollagenosen, Immunkomplex-Depots)
- Typ III (Pauci-immun, ANCA-assoziiert)
MPA (ANCA)
GPA (vormals Wegener-Granulomatose, ANCA)
Goodpasture-Syndrom (Anti-GBM mit Lungenbeteiligung)
IgA-Nephropathie (Berger-Nephropathie)
 
Komplementverbrauch
Poststreptokokken-GN
MPGN
- Typ I
- Typ II (DDD)
- Typ III
HSP
Abkürzungen (in internationaler Nomenklatur): ANCA „anti-neutrophil cytoplasmatic antibodies“, DDD „dense deposit disease“, GBM „glomeruläre Basalmembram“, GN Glomerulonephritis, GPA „granulomatosis with angiitis“, HSP Henoch-Schönlein-Purpura, IgA Immunglobulin A, MPGN membranoproliferative GN, MPA „microscopic polyangiitis“, RPGN „rapid progressive GN“, SLE systemischer Lupus erythematodes
Morphologisch ist die RPGN durch eine extensive Halbmondbildung in den Glomeruli gekennzeichnet.
Die als Halbmonde bezeichnete Morphologie repräsentiert organisierte Plasmaproteine (Fibrin) und Zellen im Bauman’schen Raum (zelluläre Halbmonde) und erscheint im späteren Stadium in Organisation als fibrozelluläre Halbmonde (Kollagendepot).
Generell können alle systemischen Vaskulitiden der mittleren und kleineren Gefäße eine Nierenbeteiligung aufweisen und akut verlaufen.
Entsprechend der 2012 revidierten ICHCC (internationale Chapel Hill Consensus Conference) Nomenklatur der Vaskulitis sind dies bei den mittleren Gefäßen die Polyarteritis nodose (PAN) und das Kawasaki Syndrom (KD). Bei den kleinen Gefäßen unterscheidet man die ANCA assoziierten Vaskulitiden, wie die mikroskopische Polyangiitis (MPA), die granulomatöse Polyangiitis (GPA, vormals Wegener Granulomatose) und die eosionophiler Granulomatose mit Polyangiits (EGPA, vormals Churg-Strauß-Syndrom) von den nicht ANCA assoziierten Vaskulitiden einschließlich der Henoch-Schönlein Purpura und den Vaskulitiden bei essenzieller Kryoglobulinämie.
Epidemiologie
Etwa 10 % aller GNs verlaufen akut. Die Ursachen der akuten GN sind letztlich Autoimmunerkrankungen, die durch einen exogenen Trigger manifest werden. Bei einigen dieser Erkrankungen wurden in den letzten Jahren genetische Mutationen als Basis des klinischen Phänotypes identifiziert. Um diesen Erkenntnissen Rechnung zu tragen, wurden einige histologisch-beschreibende Klassifikationen, insbesondere der Membranoproliferativen GN, um die ursächlichen Defekte im Komplementsystem erweitert.
Die vier Kategorien dieser Klassifikationen sind nicht wechselseitig exklusiv, da alle systemischen ANCA assoziierten Erkrankungen (in der rechten Spalte) als RPGNs Typ III und SLE und HSP auch als PGGN als Typ II verlaufen können. Das Goodpasture Syndrom kann auch isoliert die Nieren betreffen RPGN Typ I.
Klinik
Gemeinsam ist der ‚nephritische‘ Verlauf, gekennzeichnet durch einen raschen GFR Verlust, einem aktiven Harnsediment (Erythrozten- und oder Leukozytenzylindern oder sogenannten Hyalinen- oder Insuffizienzzylinder), eine deutliche Proteinurie sowie meist Lid- und Beinödeme. Die Definition von ‚rasch‘ ist hier sehr breit, gemeint sind Tage bis Wochen.
Ein aktives Harnsediment mit Erythrozyten- und Leukozytenzylindern, sowie eine Proteinurie sind Hinweise für einen „nephritischen“ Verlauf. Ein einfacher Harnteststreifen kann bei der Diagnostik wegweisend sein.
Diagnostik und Pathophysiologie
Der eindeutige Krankheitsverlauf und die im Vorabsatz beschriebenen klinischen Manifestationen weisen zumeist schon stark in Richtung der Diagnose einer akuten GN/RPGN. Eine Nierenbiopsie ist fast immer indiziert, um Diagnose, Therapie und Prognose zu objektivieren.
Therapie
Die Therapie beruht auf dem zugrunde liegenden Pathomechanismus und unterscheidet sich nach Krankheitsentität (siehe weiter unten). Primär unterscheidet man eine hoch dosierte Induktionstherapie gefolgt von einer Erhaltungstherapie. Seit Jahrzehnten besteht aber die Grundlage der Therapie der RPGN in einer Immunsuppression mit Cyclophosphamid oder durch antiproliferative Medikamente wie Azathioprin, Mycophenolat Mofetil oder Methotrexat in Kombination mit initial hoch dosierten Steroiden. In den letzten Jahren hat die Therapie mit Rituximab weiter an Bedeutung gewonnen. Insgesamt scheint das Nebenwirkungsprofil aber ähnlich einer Therapie mit Cyclophosphamid, so dass die Entscheidung immer im Einzelfall abgewogen werden muss. Durch die Identifikation von relativ spezifischen Autoantikörpern bei einigen Glomerulonephritiden (SUPAR, PLA2R, THSD7A etc) kann die Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten gut titriert werden.
Verlauf/Nachsorge und Prognose
Die Prognose ist variabel und abhängig von der Pathologie. Am besten lässt sich die Prognose anhand der morphologischen Schäden in der Nierenbiopsie einschätzen. Allgemein sind frische, zelluläre Halbmonde potenziell reversibel und daher ist eine potenziell toxische, hohe Dosis an Immunsuppression (z. B. Cyclophosphamid) in Kombination mit einer hohen Steroidtherapie gerechtfertigt. Wenn bereits fibrozelluläre Halbmonde in Organisation zu finden sind, ist die Prognose schlecht und die Abwägung des Nutzen/Risiko-Quotienten durch die Therapie oft eine Herausforderung. Es ist zu beachten, dass in der Frühphase der Behandlung mit hoch dosierten immunsuppressiven Medikamenten, die therapieassoziierte Mortalität über der krankheitsassoziierten Mortalität liegen kann.
Besondere Aspekte
Bei akuten GNs insbesondere der RPGN ist eine rasche Diagnose und sofortige Therapie entscheidend. Bei zögerlichem Handeln enden eine Mehrzahl der Patienten an der chronischen Nierenersatztherapie.
Im Folgenden wird ein Überblick über die einzelnen Formen der akuten GN gegeben.
Rapid progressive Glomerulonephritis (RPGN)
Die RPGN kommt idiopathisch und als Nierenmitbeteiligung systemischer Erkrankungen (ANCA positive Vaskulitiden, Goodpasture Syndrom, SLE, Kryoglobulinämie, HSP) vor.
Es werden drei Kategorien (mit der idiopathischen Form eigentlich vier) der RPGN unterschieden:
Die seltene Typ I – antibasalmembran-Antikörper positive Typ I (etwa 5 %)
Als Goodpasture Syndrom besteht auch eine Lungenbeteiligung („Reno-pulmonales Syndrom“). Diagnose: Nachweis der Antibasalmembran-Antikörper im Serum. Therapie: Elimination der Antikörper mit Immunadsorption oder Plasmapherese, Verhinderung der Nachbildung mit Cyclophosphamid, Steroiden und möglicherweise mit neueren anti-B-Zell Therapien (Rituximab). Cave: Pneumozystis Prophylaxe mit Sulfmethoxazol und Trimethoprim.
Die histologisch Immunkomplex-positive Typ II (50 %)
Als Antigene der Immunkomplexe können Streptokokkeninfektionen, Kollagenosen, ANAs (SLE), HSP, IgA (Nephropathie), Kryoglobuline (HCV) in Frage kommen.
Die Therapie besteht in der Behandlung der antigenliefernden Prozesse, mit der Ausnahme von Streptokokkeninfekten wird dies mit Immunsuppression erreicht. In Frage kommende Therapien sind Cyclophosphamid und Steroide bzw. antivirale Therapie bei HCV Infektionen.
Die ohne Immunkomplexe (pauci-immun) ANCA positive Typ III (40–50 %)
Über 90 % von Patienten mit MPA, GPA und Churg-Strauss Syndrom sind ANCA positiv. Das immunzytochemische Muster in den PMNs (polymorphkernige Granulozyten) von ANCAs kann entweder zytoplasmatisch (cANCA, gerichtet gegen proteinase 3 [PR3]) oder perinukleär (pANCAs, gerichtet gegen myeloperoxidas [MPO]) sein. cANCAs sind spezifisch für die GPA, pANCAs sind unspezifisch und können neben der MPA und dem Churg-Strauss Syndrom auch bei anderen Autoimmunerkrankungen nachgewiesen werden.
Etwa 25 % aller Patienten mit Immunkomplex GN mit Halbmondbildungen sind ANCA positiv, aber nur etwa 5 % der Patienten ohne Halbmonde.
Die Therapieoptionen bei GPA umfassen Rituximab und Cyclophsophamid als Induktionstherapie gefolgt von einer Erhaltungstherapie (Rituximab alle 6 Monate oder Azathioprin). Die Bedeutung des Plasmaaustausches bei der GPA ist durch rezente Studiendaten weiter in den Hintergrund gerückt. Aktuelle Therapieprotokolle beinhalten auch deutlich reduzieret Dosen an Corticosteroiden im Vergleich zu den etablierten Protokollen bei ähnlichen Ansprechraten.
Poststreptokokken GN
Dieses früher häufigere Krankheitsbild ist zunehmend seltener geworden, da potente Antibiotika und eine bessere medizinische Versorgung zur Verfügung stehen. Die Latenzperiode vom akuten Infekt bis zum Auftreten der Nephropathie beträgt etwa zwei Wochen. Typische klinische Zeichen sind die Makrohämaturie und Lidödeme.
Die Diagnostik beruht auf der Bestimmung von Streptokokken Antikörpern, die in 95 % der Fälle vorliegen, sowie dem Komplementverbrauch. Der Verlauf ist variabel, die Mehrzahl der Patienten erreicht aber eine vollständige Restitution.
Membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN)
Durch elektronenmikroskopische Untersuchungen und Erkenntnisse in der Pathophysiologie konnte die inital lichtmikroskopisch beschreibende Krankheitsentität der membranoproliferativen GN weiter differenziert werden. Grundlegend gemeinsam ist eine Aktivierung des Komplementsytems. Die Einteilung und Diagnose der drei Formen der MPGN erfolgt anhand der immunhistochemischen Färbung in der Nierenbiopsie, durch die Elektronenmikroskopie und das Komplementprofil. Komplement-Autoantikörper („Nephritisfaktoren“) mediieren den Komplementverbrauch, der als Hypokomplementämie in etwa 75 % zu finden ist. Die Spezifität dieser Antikörper für die MPGN ist allerdings gering, so können sie manchmal auch beim SLE nachgewiesen werden.
Typ I
In etwa einem Drittel sind zirkulierende Immunkomplexe zu finden. Die Lokalisation dieser Komplexe im Glomerulum ist mesangial und subendothelial, wo sie das Komplementsystem (classical pathway) weiter aktivieren und zur Proliferation dieser Zellen führen. Neben der idiopathischen Form gibt es auch sekundäre Formen durch zirkulierende Immunkomplexe am häufigsten in Folge einer chronischen Hepatitis C Infektion mit Typ II Kryoglobulinämie, aber auch bei Hepatitis B und HIV-Infektionen oder bei chronischen bakteriellen Infekten (z. B. Endocarditis), sowie bei Autoimmunerkrankungen (z. B. SLE).
Typ II (DDD)
Die DDD („dense deposit disease“) ist eine pathophysiologisch vollkommen unterschiedliche Erkrankung und wurde nur aufgrund der lichtmikroskopischen Erscheinung in die Gruppe der MPGNs inkludiert.
Bei der dense deposit disease handelt es sich um eine Dysregulation des alternativen Komplementsystems.
Elektronenmikroskopisch finden sich charakteristische kontinuierliche bandförmige Ablagerungen innerhalb der Basalmembran. Obwohl die genaue Genese unbekannt ist, scheint es sich um eine Erkrankung mit systemischer Beteiligung zu handeln, da die Ablagerungen des elektronendichten Materials auch in der Milz und in der Retina zu finden sind. Dies erklärt auch, warum die Erkrankung innerhalb weniger Tage nach einer Nierentransplantation das Transplantat schädigt und rasch zum Funktionsverlust führt. Pathophysiologisch besteht eine Überaktivierung des alternativen Komplementweges und es wurden zuletzt auch zugrunde liegende Mutation in Regulatorproteinen des alternativen Komplementsystems identifiziert. Die DDD bildet ein Kontinuum zu den sogenannten C3 Nephropathien (mit histologisch isolierten C3 Depots an der Basalmembran aber ähnlichem molekularen Pathomechanismus)
Typ III
Ähnlich wie beim Typ I finden sich die Immunkomplexe mesangial und subendothelial, jedoch zusätzlich auch subepithelial (zwischen Basalmembran und Podozyten). In der Immunhistochemie zeigen sich dann fast ausschließlich Komplementdepots des alternativen Weges (vor allem C3).
Eine etablierte Therapie dieser seltenen Erkrankungen gibt es nicht. Eine symptomatische Therapie bzw. die Therapie der systemischen Grunderkrankung (zum Beispiel antivirale Therapie der HCV assoziierten Typ II Kryoglobulinämie) stehen im Mittelpunkt. Bei der DDD bzw. der C3 Nephropathie besteht auch die Möglichkeit einer Inhibition der terminalen Komplementkaskade durch Eculizumab (ein monoklonaler Antikörper gegen den Komplementfaktor C5 und somit Verhinderung der Bildung des „Membranangriffskomplexes“).
Die Prognose aller drei MPGNs ist schlecht, wenngleich doch deutliche Unterschiede bestehen. Nach zehn Jahren sind etwa 50 % der Typ I Patienten terminal niereninsuffizient, allerdings fast 100 % der DDD Patienten. Der Verlauf der Typ III ist schlecht erforscht und nach 10 Jahren sind geschätzte 50–70 % nierenersatzpflichtig.
Thrombotische Mikroangiopathie (TMA)
Die TMA ist als histopathologische Diagnose vor allem durch Thromben in der Mikrozirkulation von Gehirn und Nieren, aber auch anderer Organsysteme definiert. Laborchemisch imponiert eine Thrombopenie sowie Zeichen einer intravasalen Hämolyse. Zwei klinische Entitäten wurden in Abhängigkeit der prädominanten Läsion unterschieden: die thrombotisch thrombozytopenische Purpura (TTP) mit vorrangig neurologischer Symptomatik und das hämolytisch urämische Syndrom, das sich durch eine akute Nierenschädigung im Sinne einer präglomerulären Pathologie manifestiert. Heute beruht die Einteilung jedoch auf der zugrunde liegenden unterschiedlichen Pathomechanismen und nicht mehr auf der klinischen Symptomatik: Das typisches HUS tritt vor allem bei Kindern auf und wird durch eine EHEC-Infektion (enterohämorrhagischer E. coli) verursacht. Beim atypischen HUS handelt es sich um eine komplementassoziierte Erkrankung. In den letzten Jahren konnten einige genetische Mutationen in Regulatorproteinen des alternativen Komplementsystems identifiziert werden, die mit familiären und sporadischen Formen eines HUS assoziiert sind.
Bei komplementassoziierten Erkrankungen wie der DDD oder dem aHUS besteht neben der Plasmaseparation auch die Möglichkeit einer Therapie mit Eculizumab, einem monoklonalen Antikörper gegen den terminalen Komplementfaktor C5.
Die TTP ist mit einem ADAMTS 13 Mangel assoziiert und führt vor allem zu cerebralen Läsionen mit neurologischer Symptomatik. Histologische Veränderungen in der Nierenbiopsie im Sinne einer TMA finden sich aber auch bei anderen Erkrankungen so zum Beispiel dem Antiphosphlipidsyndrom oder einer akuten Transplantatabstoßung, und sind auch mit einigen Medikamenten, vor allem Calcineurininhibitoren, assoziiert. Die Prognose des aHUS ist schlecht und eine Recurrence findet sich in einem sehr hohen Prozentsatz nach Nierentransplantation.
Seltene Ursachen
Seltenere Ursachen der akuten intrinsischen Nierenschädigung, die jedoch in speziellen klinischen Situationen differenzialdiagnostisch immer bedacht werden müssen, sind die Rhabdomyolyse („Crush Niere“) nach großem Trauma, das Tumorlysesyndrom (Uratnephropathie, Präzipitation von Calzium und Phophat im Tubulus), bakterielle Infekte wie eine Tuberkulose, durch Viren verursachte Schädigungen der Tubuluszellen (z. B. Hantavirus oder BK Virus bei Nierentransplantierten) oder die Cast Nephropathie bei Patienten mit multiplen Myelom. Es ergeben sich daraus auch spezifische Therapieoptionen. So ist zur Prävention der „Crush Niere“ bei Rhabdomyolyse eine forcierte Hydration indiziert. Bei histologisch gesicherter Cast Nephropathie besteht neben der hämatologischen Therapie auch die Möglichkeit eines speziellen Dialyseverfahrens mit einer „high cut-off“ Membran zur Elimination der freien Leichtketten. Aus Platzgründen kann hier nicht auf Details dieser Entitäten eingegangen werden. Selten kann auch ein primär nephrotisches Syndrom (siehe Abschnitt zu den primären Glomerulopahtien) einen Verlauf mit akuter Nierenschädigung im Sinne eines initial erhöhten und akut ansteigenden Serumkreatinins zeigen (vor allem bei älteren Patienten mit ausgeprägter Hypoalbuminämie).

Postrenales akutes Nierenversagen

Ein postrenales akutes Nierenversagen muss immer bildgebend (Ultraschall) ausgeschlossen werden.
Die postrenale Obstruktion ist eine sehr häufige Ursache des akuten Nierenversagens und die Ursache kann mittels bildgebenden Verfahren wie Ultraschall oder, wenn indiziert und notwendig, CT oder MRT meist leicht gefunden werden. Paradoxerweise ist vor allem bei stationären, älteren Patienten der triviale Grund eines verstopften oder geklemmten Dauerkatheters eine Hauptursache dieses Problems. Daneben können auch Harnkonkremente oder Blutkoagel (bei Makrohämaturie), bei Männern auch die Prostatahypertrophie, und seltener eine atone Blase oder Fremdkörper ursächlich sein. Tumore oder Hämatome (traumatisch oder spontan bei antikoagulierten Patienten), und seltener eine Retroperitonealfibrose (Morbus Ormond) können von außen die Harnleiter komprimieren. Letzten Endes ist das akute postrenale Nierenversagen aber die klare Domäne der Urologie und wird daher in diesem Buch im Kap. 8.1 gesondert und ausführlich behandelt.

Chronische Niereninsuffizienz (CNI)

Obwohl es keine genauen Zahlen zur Prävalenz der CNI gibt, liegen Schätzungszahlen im Bereich von 10 % der Bevölkerung vor. Genau Zahlen gibt es allerdings zur Prävalenz und Inzidenz des terminalen dialysepflichtigen Nierenversagens. In westlichen Industrieländern beträgt die Inzidenz etwa 100–200 pro Million Einwohner (PMP), die Prävalenz etwa 500–1000 PMP. Dies bedeutet, dass etwa jeder hundertste Mensch mit CNI die terminale Nierenerkrankung erreicht. Von den anderen 99 % sterben viele vorher an anderen, meist kardiovaskulären oder malignen Erkrankungen. Die Nierenersatztherapie mittels Dialyse ist teuer und mit einer deutlichen Einbuße an Lebensqualität vergesellschaftet. Daraus ergibt sich auch die große Bedeutung dieser Erkrankung sowohl für den „Public Health“ Bereich als auch für den individuellen Patienten.
Die Prävalenz der chronischen Niereninsuffizienz liegt bei etwa 10 %. Die Prävalenz des terminalen, nierenersatzpflichtigen Nierenversagen bei etwa 0,1 %.
Definition
Wie in der Einführung des Abschn. 1.2 schon in Abb. 1 ausgeführt, wird eine chronische Nierenschädigung anhand von zwei funktionellen Parametern, der GFR und der Proteinurie, sowie der Morphologie bestimmt. Per Definitionem spricht man von einer CNI wenn entweder die GFR für mindestens drei Monate unter 60 ml/min (entspricht den Prozent an Restnierenfunktion) ist oder die Proteinurie dauerhaft (in zumindest drei aufeinanderfolgenden Messungen) mehr als 30 mg/g Kreatinin beträgt, bzw. eine morphologische Schädigung nachgewiesen wurde. Die Stadieneinteilung in CKD Kategorien ist willkürlich, aber da sich die NYHA Kategorien zur Einteilung der Herzinsuffizienz-Stadien gut bewährt haben, erfolgt dies in Analogie dazu seit dem Jahr 2000 auch in der Nephrologie.
Eine chronische Niereninsuffizienz liegt vor, wenn die GFR über drei Monate <60 ml/min liegt, bzw. in drei aufeinanderfolgenden Messungen eine Proteinurie von >30 mg/g Kreatinin besteht.
Klinik
Obwohl unterschiedliche Ursachen für die Entstehung und Progredienz der CNI vorliegen, sind die Symptome als Folge der Nierenerkrankung recht einheitlich. Bei weiter fortgeschrittener CNI kommt es zur renoparenchymatösen arteriellen Hypertonie, ab einer GFR von etwa unter 15 ml/min zur Hypervolämie mit Dyspnoe und Ödembildung. Die mangelnde Elimination von Phosphat führt über die Komplexierung mit Kalzium zu extravasalen Mikropräzipitationen, was den sehr störenden Juckreiz verursacht. Liegt zusätzlich auch eine größere Proteinurie vor, kommt es schon früher zu Ödembildung, die morgens meist durch Lidödeme imponieren und im Laufe des Tages dann durch deutliche Beinödeme manifest werden. Da die Nieren neben der rein exkretorischen Funktion auch eine Reihe hormoneller Funktionen ausüben, kommt es auch zur Entstehung der renalen (normochrom, normozytären) Anämie (durch eine mangelnde Bildung von Erythropoeitin) sowie der Ausbildung eines sekundären Hyperparathyroidismus mit renaler Osteopathie. Diese wird auch durch die fehlende Konversion von 24,25(OH) Vitamin D in das bioaktive 1,25(OH) Vitamin D begünstigt. Die chronische Urämie ist ein Zustand erhöhter systemischer Inflammation und Katabolie, die zu Malnutrition und Verminderung der Aktivität führt. Weiters kommt es zu einer metabolischen Acidose, da Bikarbonat in der Niere nicht mehr ausreichend regeneriert werden kann. All diese Faktoren führen zur akzelerierten vaskulären Kalzifizierung (vor allem der Media im Gegensatz zur klassischen Atherosklerose als Erkrankung der Intima) und als Folge zur hohen kardiovaskulären Begleitmorbidität. Bei weiterer Einschränkung der Nierenfunktion besteht die Gefahr der potenziell vital bedrohlichen Hyperkaliämie.

Primäre Glomerulopathien

Im Vergleich mit den sekundären Glomerulopathien (Inzidenz etwa 50–100 PMP/Jahr) sind die primären GN mit einer Inzidenz von etwa 10 PMP/Jahr selten.
Die Einteilung der primären Glomerulopathien bereitet Schwierigkeiten, da nicht ein Parameter ausreicht, um die verschiedenen Glomerulonephritisformen zu klassifizieren. Am intuitivsten erscheint die Einteilung nach dem histologischen Schädigungsmuster der glomerulären Kapillare nach zentripedal (Abb. 5).
  • Podozyten – viszerale Epithelzellen:
  • subepithelial:
  • subendothelial:
    • MPGN (membranoproliferative GN, s. auch Abschn. 1.2.2.4);
  • mesenchymal:
    • mesangioproliferative GN.
Traditionell unterscheidet man anhand des klinischen Bildes das nephritische Syndrom mit aktivem Harnsediment (Leukozyturie, glomeruläre Hämaturie und Proteinurie) vom nephrotischen Syndrom mit großer Proteinurie, Hypoalbuminämie und Ödmen, aber ohne aktives Sediment, welches sich initial zumeist mit nur gering eingeschränkter renaler Funktion präsentiert. An einem Ende des Spektrums befinden sich die rein nephritischen Verlaufsformen (poststreptokokken GN, RPGN) und am anderen Ende die rein nephrotischen Erkrankungen (minimal change GN, Membranöse GN, FSGS). Dazwischen findet man Erkrankungen, die beide Verläufe aufweisen können oder Komponenten von beiden besitzen, wie die Membranoproliferative und die Mesangioproliferative GN (SLE, IgA).
Es wird ein nephritisches Syndrom mit aktivem Harnsediment (Leukozyturie, glomerulärer Hämaturie und Proteinurie) vom nephrotischen Syndrom (große Proteinurie >3 g/24 h, Hypoalbuminämie und Ödemen) unterschieden.
Nachfolgend wird die Reihenfolge nach der Lokalisation der morphologischen Schädigung nach zentripedal dargestellt.
Erkrankungen des Podozyten (viszerale Epithelzellen)
Minimal Change Nephritis (MCN)
Die MCN ist eine rein nephrotisch verlaufende, idiopathische Erkrankung der viszeralen Epithelzellen. Morphologisch ist ein Abflachen und Abheben der Podozyten von der GBM allerdings nur im Elektronenmikroskop zu sehen. Lichtmikroskopisch sind keine Pathologien zu finden, was dieser Erkrankung auch den Namen gab. Häufig sind Kinder von dieser GN betroffen. Die Ursache ist unklar, wenngleich auch von mehreren Forschern ein zirkulierender glomerulärer Permeabilitätsfaktor anschuldigt wird. Bei Kindern gelingt durch mehrwöchige hohe Steroidgabe fast immer eine Restitutio der Nierenfunktion, allerdings kommt es bei einigen wenigen zu häufigem Wiederauftreten („frequent relapser“). Im Erwachsenenalter kann es bei meist hämatoonkologischen Erkrankungen zu einem Auftreten einer sekundären MCN kommen. Hier führt die erfolgreiche Behandlung der Grunderkrankung auch zum Verschwinden der Proteinurie beziehungsweise zur Remission der MCN.
Primäre fokale, segmentale Glomerulosklerose (pFSGS)
Im Gegensatz zur sekundären FSGS, die als Endstadium vieler Nierenerkrankungen anderer Ursache zu finden ist, liegt bei der pFSGS keine andere Pathologie vor. Wie bei der MCN wird ein zirkulierender Permeabilitätsfaktor suszipiert. Bei entsprechender immunsuppressiver Therapie kommt es in der Mehrzahl der Patienten zur Remission. „Relapses“ können allerdings auftreten und ein rasches Wiederauftreten dieser Erkrankung im Transplantat („recurrence of disease“) nach Nierentransplantation ist sehr oft der Fall. Als potenzieller Biomarker für die primäre Form der FSGS wird das Protein suPAR (soluble urokinase-type plasminogen activator receptor) diskutiert, dass im Serum gemessen werden kann (Tab. 5).
Tab. 5
Einteilung der FSGS nach Ätiologie
Ursache
Primäre FSGS
idiopathisch oder HIV-assoziiert als „collapsing“ GN
Sekundäre FSGS (als funktionelle Adaptation)
 
Mit reduzierter Nephronzahl
Unilaterale Agenesie
Oligomeganephronie
Nierentransplantation
Großzügige Teilnephrektomie (Tumorenukleation)
Mit initial normaler Nephronanzahl
Diabetes mellitus
Indigene Bevölkerung Australiens oder Amerikas
Maligne Adipositas
Genetische GBM-Defekte
Subepitheliale Schädigung
Membranöse GN
Die Diagnose wird in der Nierenbiopsie mittels Lichtmikroskopie gestellt. Da im Gegensatz zur FSGS kein fokaler Befall, sondern alle Glomerula betroffen sind, reicht theoretisch ein Glomerulum zur Diagnose aus. In der Silberfärbung sieht man die ausgesparten Löcher in der Basalmembran, wo sich die nicht-färbbaren Immunkomplexe abgelagert haben.
In über 90 % der Fälle ist keine Ursache zu finden (idiopathisch). Bei einem kleinen Teil liegt meist eine maligne Grunderkrankung oder eine systemische Autoimmunerkrankung (z. B. SLE) zugrunde. Vor kurzem wurde bei der idiopathischen Form die Pathophysiologie geklärt und ein Antikörper gegen ein von den Podoyzten exprimiertes Oberflächenantigen, den Phospholipase-A2-Rezeptor Typ M (PLA2R), identifiziert. Die primäre Form wird heutzutage fast ausschließlich symptomatisch therapiert, da die Erfolgsraten einer immunsuppressiven Therapie eher gering sind. Metaanalysen zeigen eine NNT (number need to treat) von etwa 10, was bedeutet, dass von 10 behandelten Patienten nur einer von einer Therapie profitiert und ein Großteil keinen Benefit durch eine potenziell toxische Therapie erfährt. Weiters kommt es in etwa einem Drittel aller Patienten zur spontanen Verbesserung oder sogar zur Remission. Die Behandlung der sekundären Formen zielt auf die Therapie der Grunderkrankung ab. Bei Patienten mit PLA2R Antikörpern wird man eher eine Therapie mit Rituximab initiieren als bei Patienten ohne nachweisbare Antikörper.
Erkrankungen der glomerulären Basalmembran (GBM):
Anti-GBM Antikörper (Goodpasture Syndrom)
Das Goodpastue Syndrom ist eine sehr ernste Autoimmunerkrankung der alveolären und glomerulären Basalmembran. Autoantikörper gegen die NC1 Domäne der alpha 3 Kette des Typ 4 Kollagens führen zur rapiden Verschlechterung der Organfunktion, das klinische Substrat sind teilweise massive Hämoptysen und eine akute Nephritis (RPGN). Als Differenzialdiagnose kommen alle ANCA assoziierten RPGNs in Frage. Die Säulen der Behandlung sind die Entfernung der Antikörper mittel Immunadsorption oder Plasmapherese und die Hemmung der Nachproduktion mittels immunsuppressiver Therapie. Die Mortalität dieser Erkrankung war vor einigen Jahren noch dramatisch hoch. Durch die konsequente und frühzeitige Therapie überleben derzeit 80 % mindestens fünf Jahre und etwa 70 % der Patienten können vor der Dialysepflichtigkeit bewahrt werden.
Bei der klinischen Kombination aus Hämoptysen und Nierenschädigung ist immer an ein Goodpasture Syndrom zu denken. Diese Erkrankung zeigt oft einen rapiden Verlauf mit dramatischer Verschlechterung der Organfunktionen.
Alport Syndrom (Defekt der alpha 5 Kette des Typ 4 Kollagens)
Beim hereditären Alport Syndrom liegt eine Mutation der alpha 5 Kette des Typ 4 Kollagens vor. In über 90 % der Fälle handelt es sich um eine X-chromosomale Vererbung und daher erkranken nur die Männer manifest. Ab etwa der dritten Lebensdekade kommt es zur terminalen Niereninsuffizienz. Frauen weisen in höherem Alter eine diskrete Proteinurie und/oder Hämaturie auf, werden aber nie terminal nierenkrank. Nach einer Nierentransplantation wurde in ganz vereinzelten Fällen das Auftreten einer Goodpasture-artigen Nephritis beschrieben, da das in der Transplantatniere vorhandene Typ 4 Kollagen (die alpha 5 Kette) vom Immunsystem als Fremdepitop erkannt und attackiert wird. Extrarenale Manifestationen sind eine Innenohrschwerhörigkeit (in ca. 50 % der Fälle) sowie Augenveränderungen (bei ca. 10 %).
Subendotheliale Schädigung:
MPGN (Membranoproliferative GN
Die MPGN ist eine seltene Ursache der CNI. Eine detailliertere Beschreibung dieser Erkrankung ist im Kapitel zur akuten GN/RPGN (s. a. Abschn. „Akute Glomerulonephritis (GN) und rapid progrediente GN“) zu finden. Etwa 50 % aller MPGNs zeigen einen chronisch progredienten Verlauf bis zum terminalen Nierenversagen. Wesentliche Prädiktoren für einen chronisch progredienten Verlauf sind wie bei fast allen anderen CNIs eine höhergradige Proteinurie, eingeschränkte GFR, arterielle Hypertonie sowie höheres Lebensalter.
Mesangiale Schädigung:
Mesangioproliferative GN
Die glomeruläre mesangiale Matrix und die Mesangiumzelle sind wichtige strukturelle und funktionelle Elemente der glomerulären Kapillaren. Das Endstadium der mesangialen Proliferation (meist als Folge von Immundepots) ist die Ablagerung von extrazellulärer Matrix und in weiterer Folge die Fibrosierung. Etwa 10 % aller Glomerulonephritiden weisen eine diffuse oder fokale mesangiale Proliferation auf. Die Mehrzahl der Patienten präsentiert sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung mit einer Proteinurie im nephrotischen Bereich, einem nephritischen Sediment und einer arteriellen Hypertonie. Die mesangiale Proliferation ist keine eigene Krankheitsentität und kommt als histologische Beschreibung bei einer Vielzahl von glomerulären Schädigungen unterschiedlicher Genese vor. Patienten mit diffuser Proliferation des Mesangiums haben meist eine zugrunde liegende Systemerkrankung (Vaskulitis oder Kollagenose). Fokale Proliferation können bei anderen GN Formen wie der minimal change GN und der IgA Nephritis zu finden sein. Die Therapie und die Prognose hängen vom Ausmaß der bereits eingetretenen Fibrosierung ab, die nur mehr symptomatisch behandelt werden kann. Bei noch frischer, aktiver mesangialer Proliferation ist demgegenüber eine immunsuppressive, antiproliferative Therapie notwendig und sinnvoll.
IgA Neprhopahtie (Morbus Berger)
Die IgA Nephritis ist die häufigste Form einer primären Glomerulonephritis überhaupt. Klinisch präsentieren sich die Patienten typischerweise mit einer Makrohämaturie in Folge eines Infektes des oberen Respirationstraktes oder mit Proteinurie im Rahmen einer Routinekontrolle. Einige Patienten (10 %) zeigen jedoch auch einen akuten Verlauf im Sinne einer RPGN oder eines nephrotischen Syndroms. Aufgrund des zumeist gutartigen Verlaufs ist eine Nierenbiopsie nur in Fällen mit deutlicher Proteinurie über 1000 mg/g Kreatinin oder erhöhtem Serumkreatinin indiziert. Die Hypertonie gilt als ein prognostisch ungünstiger Marker. Histologisch zeigt sich in der Immunfloreszenzmikroskopie typischerweise eine ausgeprägte Ablagerung von IgA im Mesangium. Bei normaler Nierenfunktion erfolgt die initial eine konservative Therapie mit einem ACE Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker. Therapieziel ist neben einer Blutdruckeinstellung auch die Verzögerung der Progression der Nierenschädigung sowie ein Rückgang der Proteinurie. Eine Immunsuppressive Therapie mit Cortison ggf. auch in Kombination mit Azathrioprin ist nur bei einigen ausgewählten Patienten sinnvoll (RPGN mit Halbmonden in der Histologie, persistierende Proteinurie, steigendes Kreatinin). Etwaig kann auch ein Therapieversuch mit Budesonid als ‚targeted-release steroid‘ unternommen werden.

Sekundäre Glomerulopathien

Im Vergleich zu den primären Glomerulopathien, die nur in etwa 20 % der Fälle Ursache einer terminalen Niereninsuffizienz sind, stellen die sekundären Glomerulopathien und allen voran die diabetische Glomerulopathie den größten Teil der Ursachen einer dialysepflichtigen Niereninsuffizenz dar.
Dies ist nicht verwunderlich, da die Prävalenz des Diabetes mellitus global um 10 % liegt und somit enorme Ausmaße erreicht hat! Obwohl etwa 99 % aller Patienten mit Diabetes die terminale Niereninsuffizienz nicht erreichen, da sie vorher an einem meist kardiovaskulären Ereignis versterben, erreichen jährlich immer noch etwa 70 PMP die Dialysepflichtigkeit. Neben der individuellen Tragödie generiert diese Tatsache auch ungeahnte volkswirtschaftliche Probleme. In den meisten Industrieländern mit intakter Gesundheitsversorgung werden zwischen 3 und 7 % des gesamten Gesundheitsbudgets für die Behandlung der 0,1 % der Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz ausgegeben, also 30- bis 70-mal mehr als dem Aliquot entsprechend.
Diabetische Nephropahtie
Epidemiologie
Die häufigste Ursache einer chronischen Niereninsuffizienz ist die diabetische Nephropathie. Die globale Prävalenz des Diabetes mellitus wird auf bis zu 6 % geschätzt.
Obwohl nur etwa einer von 100 Patienten mit diabetischer Nephropahtie das Stadium der Dialysepflichtigkeit erreicht (die meisten sterben zuvor aufgrund der hohen cardio- und cerebrovaskulären Mortalität), beträgt die Inzidenz der dadurch verursachten dialysepflichtigen Niereninsuffizienz jährlich immer noch etwa 70 PMP mit damit verbundenen enormen Kosten für das Gesundheitssystem.
Bis vor etwa zwei Jahrzehnten waren noch mehr als die Hälfte aller diabetischen Dialysepatienten DM1 Patienten (trotz der viel geringeren Prävalenz von etwa 0,3 %). Der Grund dafür lag vor allem am sehr restriktiven Zugang zur Dialyse für die multimorbiden DM2 Patienten und der schon erwähnten hohen Mortalität. Durch die enormen Verbesserungen vor allem in der kardiovaskulären Versorgung dieser Patienten und dem heute viel liberaleren Zugang zur teuren Nierenersatztherapie sind aber mittlerweile deutlich mehr Patienten mit DM2 an der Dialyse.
Durch eine optimale Blutzuckereinstellung (funktionelle Insulintherapie) bei DM1 Patienten konnte die Inzidenz und auch Progredienz der diabetischen Nephropathie bei diesen Patienten auf fast die Hälfte reduziert werden.
Die Zunahme an DM2 Patienten an der Dialyse wird auch durch die Tatsache verstärkt, dass mehr als die Hälfte aller DM2 Patienten aufgrund ihrer Multimorbidität nicht für eine Nierentransplantation in Frage kommen und für DM1 Patienten zumeist die Möglichkeit einer simultanen Nieren-Pankreastransplantation besteht.
Diagnostik
Das vorrangige Symptom der diabetischen Nephropathie ist die Proteinurie, die abhängig vom Stadium von einer Mikroalbuminurie bis zum nephrotischen Syndrom reichen kann. Einmal jährlich sollte dementsprechend die Proteinurie quantifiziert werden (Albumin/Kreatinin Ratio).
Die diabetische Nephropathie ist durch eine Albuminurie von über 30 mg/g Kreatinin bei noch normaler GFR (>90 ml/min) und einer im weiteren Verlauf eingeschränkten GFR mit progredienter Albuminurie definiert. Makroskopisch sind die Nieren im Vergleich zu anderen chronischen Nierenerkrankungen meist normal oder sogar vergrößert
Das von den Bostoner Pathologen Paul Kimmelstiel und Clifford Wilson 1936 erstmals publizierte morphologische Substrat der diabetischen Nephropathie, die noduläre Glomerulosklerose, stellt eigentlich das Ende eines langen Prozesses dar. Bereits Jahre bevor kommt es initial zur Ablagerung von extrazellulärer Matrix und Verdickung der glomerulären Basalmembran sowie zur Expansion der mesangialen Matrix in die glomeruläre Kapillare.
Die Albuminurie ist nicht nur Zeichen einer mikrovaskulären Schädigung, sondern auch ein exzellenter Indikator für die kardiovaskuläre Gesamtmortalität. Diabetiker ohne Albuminurie und erhaltener GFR haben im Vergleich zu Gesunden nur eine gering erhöhte Mortalität, aber bei Patienten mit Albuminurie ist das Risiko an einem kardiovaskulären oder cerebrovaskulären Ereignis zu versterben auf das 40-fache erhöht.
Die Albuminurie ist ein hervorragender und unabhängiger Marker um die kardiovaskuläre Mortalität abschätzen zu können!
Da die Albuminurie im subnephrotischen Bereich keine klinischen Symptome verursacht, wird bei Diabetikern ein jährliches Screening empfohlen. Am besten erfolgt dies durch die Bestimmung der Albumin/Kreatininratio aus dem Spontanharn. Rund ein Drittel aller DM2 Patienten entwickeln eine Albuminurie. Wie lange es von der Diagnose des DM2 bis zum Auftreten einer terminalen Niereninsuffizienz dauert, kann nicht präzise gesagt werden, da meist nicht klar ist, wie lange die asymptomatische Albuminurie bereits bestand („lead time bias“). Nicht selten wird die diabetische Stoffwechsellage erst bei einer Routinekontrolle entdeckt, da die klinischen Symptome wie Polyurie, Durst und Mundtrockenheit nicht stark ausgeprägt sein müssen und daher von den Patienten oft negiert werden.
Aufgrund der hohen Prävalenz an vaskulärer Begleitmorbidität (Athersoklerose, Hypertonie), die zum einen durch die Nephropathie noch verstärkt wird und andererseits auch die Nierengefäße betreffen kann („vaskuläre Komponente“), ist der Verlauf der Nierenerkrankung bei rund einem Drittel aller Patienten mit DM2 nicht klassisch mit einer Makroalbuminurie oder Proteinurie im nephrotischen Bereich vergesellschaftet. Gegebenenfalls ist hier Nierenbiopsie indiziert, um die in etwa 10 % der Fälle zusätzlich vorliegende Nierenerkrankung anderer Genese zu diagnostizieren.
Große internationale Anstrengungen zielen derzeit bei DM1 und DM2 darauf ab, mittels neuer molekularbiologischer Methoden (die ‚omics‘ Revolution) Biomarker zu identifizieren, die eine individuelle Abschätzung der Prognose und Therapieeffizienz zusätzlich zu den klinischen Variablen präzisieren.
Therapie
Die Therapie der chronischen diabetischen Nephropathie wurde mittlerweile sehr gut standardisiert und beruht vor allem auch auf der Behandlung der begleitenden Risikofaktoren.
Die Wichtigkeit einer optimalen Blutzuckerkontrolle beim DM1 wird auch durch eine interessante Studie an acht Patienten bestätigt, die nach erfolgreicher simultaner Nieren-Pankreastransplantation über einen Beobachtungszeitraum von zehn Jahren euglykäm waren und eine Reversibilität der morphologischen Veränderungen in den Eigennieren zeigten. Beim DM2 ist die Blutzuckereinstellung speziell bei einer GFR von unter 45 ml/min deutlich weniger effizient als die Blutdruckeinstellung.
SGLT-2 („Sodium dependent glucose transporter“) Inhibitoren, welche die Glukoseaufnahme aus dem Tubuluslumen hemmen, stellen eine neue Gruppe von Antidiabetikern, die sowohl eine Verbesserung in Bezug auf renal Endpunkte (Dialyse) als auch die Gesamtmortalität gezeigt haben. Als weitere neue Wirkstoffgruppe stimulieren GLP-1- („Glucagon-like Peptid“) Rezeptoragonisten als so genannte Inkretine die Insulinausschüttung. Ein renoprotektiver Effekt bei Patienten mit diabetischer Nephropathie konnte bisher jedoch noch nicht nachgewiesen werden.
Da de facto alle DM2 Patienten mit Nephropathie hypertensiv sind, steht die Optimierung des Blutdruckes an erster Stelle. Bei über 50 % der Patienten ist dafür zumindest eine Dreifachkombination notwendig, wobei ein Thiaziddiuretikum und ein Blocker des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems (RAAS) dabei sein sollten. Seit den ersten großen Studien ist gesichert, dass sowohl Angiotensin Rezeptorblocker (AT-II Blocker) als auch ACE Hemmer die Progredienz der Proteinurie und auch die Mortalität senken können. Wie stark der Blutdruck konkret gesenkt werden soll ist nicht genau bekannt. Werte um 130/80 sind ein realistisch zu erreichendes Ziel. Ob bei normotensiven Patienten ohne Albuminurie und normaler GFR schon mit dieser Medikation begonnen werden soll, ist derzeit unklar.
Alle Patienten mit diabetischer Nephropathie sollten mit einem ACE Hemmer bzw. AT-II Blocker behandelt werden. Der Blutdruck sollte auf Werte um 130/80 mmHg gesenkt werden.
Beim DM2 ist in Anbetracht der hohen vaskulären Morbidität und Mortalität die Rationale zur Statinthearpie gegeben, wenngleich auch ab dem Stadium der Nierenersatztherapie alle Studien zu diesem Thema keine Senkung der Mortalität zeigen konnten. Beim DM1 hingegen ist noch nicht geklärt, ob die durch die zunehmende Proteinurie verursachte Hyperlipidämie mittels Statinen behandelt werden soll, um die Progredienz der Nierenerkrankung und etwaige kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern.
Eine Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmer (ASS) scheint vor allem bei Patienten mit fortgeschrittener vaskulärer Komorbidität sinnvoll.
Neueste Untersuchungen haben gezeigt, dass beim DM2 eine gesunde Ernährung definiert durch den Konsum von Gemüse und Obst und wenig Fleisch sowie geringer Alkoholkonsum sowohl die Inzidenz als auch die Progredienz der diabetischen Nephropathie verringern können. Die Reduktion der oralen Kochsalzzufuhr wurde auch immer wieder als Therapiemaßnahme empfohlen, wenngleich auch solide Interventionsstudien zu diesem Thema fehlen. Neben diesen diätetischen Interventionen ist vor allem ein „lifestyle councelling“ indiziert und Gewichtsreduktion, Raucherentwöhnung und körperliche Aktivität sollten unbedingt Teil des ärztlichen Beratungsgespräches sein.
Der Effekt von diätetischen Maßnahmen ist beim DM1 schlechter untersucht als beim DM2 Patienten. Wesentlich ist sicher die Vermeidung einer Adipositas. In Regionen mit hoher DM2 Inzidenz und prävalenter Adipositas wurden DM1 Patienten mit biochemischen Eigenschaften des DM2 gefunden (z. B. hohe Insulinresistenz) und diese Entität als „double Diabetes“ bezeichnet. Ob die selektive Reduktion der oralen Proteinzufuhr auf unter 0,5–0,8 g/kg Körpergewicht zu einer Progressionsverzögerung führt ist unklar. Insbesondere ist bei einer weiteren Proteinrestriktion die Gefahr einer Malnutrition gegeben.
Verlauf
In den ersten Monaten bis wenigen Jahren nach Diabetes Manifestation kommt es sogar zu einer Erhöhung der GFR (Hyperfiltration). Diese Tatsache ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass dieses Phänomen sonst nur in der Schwangerschaft und nach größerer alimentärer Proteinzufuhr zu beobachten ist. Anschließend besteht über lange Jahre eine normale GFR mit intermittierend auftretenden Episoden von Mikroalbuminurie (30–300 mg/g Albumin/Kreatinin). Nach etwa 10–15 Jahren wird das Ausmaß der Proteinurie größer und es kommt zu einem GFR Verlust von etwa 5–8 ml/min pro Jahr. Jene Patienten mit rascherer Progression erreichen dann nach weniger als einem weiteren Jahrzehnt die Nierenersatzpflichtigkeit (GFR<10 ml/min) (Abb. 6)
Wenn Patienten mit DM2 das Stadium der terminalen Niereninsuffizienz erreicht haben verschlechtert sich die Prognose dramatisch. Fast unabhängig von der Wahl des Nierenersatzverfahrens steigt die Mortalität in den fast zweistelligen Prozentbereich pro Jahr. Diese Dramatik macht klar, dass die frühzeitige, intensive und multifaktorielle Intervention bei diesen Patienten nicht nur lebensrettend ist, sondern auch die spätere Lebensqualität spürbar verbessert.
Vaskulitiden
Generell können alle systemischen Vaskulitiden der mittleren und kleineren Gefäße eine Nierenbeteiligung aufweisen und zu einer chronischen Niereninsuffizienz führen. Siehe auch Kapitel zur akuten GN und RPGN (Abschn. „Akute Glomerulonephritis (GN) und rapid progrediente GN“)
Lupusnephritis
Epidemiologie
Fast alle Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) zeigen eine Nierenbeteiligung, wenngleich diese häufig klinisch nicht manifest wird. Das Ausmaß der Nierenbeteiligung ist ein wesentlicher Prädiktor für die Prognose dieser Patienten. Vor der Verfügbarkeit effizienter immunsuppressiver Therapien war die Mortalität von SLE mit Nierenbeteiligung im zweistelligen Prozentbereich.
Diagnostik und Therapie
Zum diagnostischen Workup der SLE Patienten zählen neben den üblichen serologischen Nierenfunktionsparametern vor allem das Urinsediment (nephritisch/nephrotisch). Hier kann das Ausmaß der renalen Beteiligung und die Aktivität abgeschätzt und die Notwendigkeit einer Nierenbiopsie präzisiert werden. Zusätzlich sollte zur Einschätzung der systemischen Aktivität des LE die Komplementparameter (C3, C4 und ggf. CH50), ANAs, anti-Doppelstrang DNA Antikörper und Inflammationsparameter erhoben werden.
Die Nierenbiopsie und Histologie ist allerdings die einzige Methode, um das Schädigungsmuster zu erheben und in Abhängigkeit davon die langandauernde immunsuppressive Therapie zu beginnen oder zu modifizieren. Gegebenenfalls ist eine sequenzielle Biopsie manchmal notwendig. Die histologische Einteilung der Lupus Nephritis erfolgt nach der ISN/RPS Klassifikation 2003 in sechs Kategorien, die allerdings im Verlauf wechseln können (Tab. 6).
Tab. 6
Klassifikation der Lupusnephritis (LN)
Klasse
Morphologie
I
Minimale mesangiale LN
II
Mesangial proliferative LN
III
Fokale LN (aktiv und chronisch; proliferativ und sklerosierend)
IV
Diffuse LN (aktiv und chronisch; proliferativ und sklerosierend, segmental und global)
V
Membranöse LN
VI
Fortgeschrittene sklerosierende LN
Neueste Studien zu Therapieprotokollen mit Rituximab als Induktionstherapie und Mycophenolat-Mofetil als Erhaltungstherapie, aber ohne Langzeit-Kortikosteroidtherapie berichten über eine partielle oder vollständige Remission der Nephritis in 90 % der Patienten über 5 Jahre.
Neueste Studien zu Therapieprotokollen mit Rituximab als Induktionstherapie und Mycophenolat Mofetil als Erhaltungstherapie, aber ohne Langzeit-Kortikosteroidtherapie berichten über eine partielle oder vollständige Remission der Nephritis in 90 % der Patienten über fünf Jahre.
Die Prognose des SLE ist streng mit der renalen Beteiligung assoziiert. Zur Optimierung des Managements sind ggf. auch sequenzielle Nierenbiopsien notwendig.
Verlauf
Die Prognose der Lupus Nephritis und damit streng assoziiert auch das Überleben hängen derzeit vom erfolgreichen Ansprechen auf die Immunsuppression ab.
Auch andere (seltene) systemische Erkrankungen zeigen eine sekundäre renale Beteiligung mit teils völlig unterschiedlichen zugrunde liegenden pathophysiologischen Mechanismen (z. B. Sklerodermie, Sarkoidose, Amyloidose, Mb Fabry). Eine detaillierte Beschreibung dieser Krankheitsentitäten würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen und der Leser wird auf Lehrbücher der Inneren Medizin verwiesen.

Vaskuläre-hypertensive Nephropathie

Die Begriffe vaskuläre und hypertensive Nephropathie oder auch Nephrosklerose werden hier synonym verwendet. Die Nephropathie ist in diesem Fall nicht nur Folge der hypertensiven Athero- und Arteriolosklerose, sondern perpetuiert als renoparenchymatöse Nephropathie auch die Hypertonie.
Epidemiologie
Aufgrund der hohen Prävalenz der arteriellen Hypertonie (etwa 50 % aller 50 jährigen) kann letztendlich ein kausaler Zusammenhang zwischen Hypertonie und Nephropathie zwar leicht postuliert, aber letztendlich nur schwer überprüft werden. Auch wird die Auswirkung der „normalen“ arteriellen Hypertonie auf das Entstehen und die Progredienz einer Nierenerkrankung oft überschätzt. Eine der größten Kohortenstudien mit über 300.000 Teilnehmern, die MRFIT Studie, zeigte, dass erst bei exzessiver Hypertonie (>180/110 mmHg) die Inzidenz der terminalen Niereninsuffizienz nach 20 Jahren mit 0,75 % aller Patienten im Vergleich zur normotensiven Vergleichsgruppe (I0, 25 %) erhöht war. Bei den seltenen Fällen der malignen Hypertonie in denen die renale Autoregulation versagt, können morphologisch sogar fibrinoide Gefäßnekrosen gefunden werden.
Klinisch präsentiert sich die vaskuläre Nephropahtie meist nur mit einer geringen Proteinurie. Sonografisch sind deutlich verkleinerte Nieren auffällig.
Klinik
Klinisch ist die hypertensive Nephrosklerose meist ohne höhergradige Albuminurie, aber durch einen raschen GFR Verlust gekennzeichnet. Eine Nierenbiopsie ist fast nie notwendig, da schon im Ultraschall die korrekte Diagnose durch die im fortgeschrittenen Stadium deutlich verkleinerten Organe („Schrumpfnieren“) gestellt werden kann.
Therapie
Erstaunlicherweise kann sich durch eine konsequente mehrfache antihypertensive Therapie über Monate selbst bei bereits fortgeschrittener Niereninsuffizienz ein regredienter Verlauf zeigen.
Die renovaskuläre Hypertonie
Gesondert davon muss die renovaskuläre Hypertonie besprochen werden. Der sogenannte Goldblatt-Hypertonus, der eigentlich vom Österreicher John Loesch im Februar 1933 in der deutschsprachigen Zeitschrift „Zentralblatt für Innere Medizin“ und somit ein Jahr früher als von Goldblatt publiziert wurde, besteht im klinischen Setting nur in ganz seltenen Fällen (Loesch emigrierte 1924 in die USA).
Eine radiologisch gesicherte Nierenarterienstenose ist nur in seltenen Fällen die (isolierte) Ursache einer arteriellen Hypertonie (isoliert renovaskulär), meist besteht auch eine (hochprävalente) primäre Hypertonie.
Die meisten Patienten mit einer bildgebend oder angiografisch gesicherten Nierenarterienstenose haben auch eine arterielle Hypertonie, da diese eine hochprävalente Erkrankung ist. Nicht notwendigerweise ist die Hypertonie daher die Folge der Nierenarterienstenose. Die Kausalität kann letztlich individuell nur retrospektiv erhoben werden, wann nach einer erfolgreichen PTA der Blutdruck (auf Normalwerte) sinkt, was nur selten gelingt. Selbst bei der nicht atherosklerotischen isolierten Nierenarterienstenose ohne Begleitmorbidität, der fibromuskulären Dysplasie, ist eine Dilatation der Nierenarterie durch PTA nur selten erfolgreich. Auch findet sich, was die Progredienz der Niereninsuffizienz betrifft, zwischen den konservativ behandelten und den intervenierten Patienten bei fast allen Studien zu diesem Thema kein Unterschied.
Ursächlich dafür dürfte sein, dass sich bei Patienten mit Stenosen in den größeren Arterien fast immer auch schon ein beträchtlicher mikrovaskulärer Vorschaden in der Niere findet. Dies wird durch die histologisch nachweisbaren segmentalen oder globalen Sklerosen in den glomerulären Kapillarschlingen bestätigt. Eben diese irreversiblen Sklerosen in den kleinen Gefäßen erklären, warum trotz erfolgreicher PTA an den Nierenarterien selten eine Besserung der Hypertonie eintritt. Nach Abwägung des Risiko/Nutzen Quotienten in der Entscheidungsanalyse wiegt ein terminales Nierenversagen, das möglicherweise durch eine Intervention mit geringem Risiko verhindert werden hätte können, dennoch schwerer als eine möglicherweise ineffektive PTA und sollte somit bei bestehendem klinischen Verdacht für eine sekundäre Genese des Hypertonus auch versucht werden.
Die folgende Übersicht zeigt Indikationen für die PTA einer Nierenarterienstenose, da eine hämodynamisch wirksame Komponente vermutet werden kann. Die hier beschriebenen Indikationen sind eigene Erweiterungen der Richtlinien des American College of Cardiology (ACC) und der American Heart Association (AHA) aus dem Jahre 2006.
Indikationen für eine interventionelle Abklärung (und PTA) einer Nierenarterienstenose
  • Hypertonie vor dem 30. Lebensjahr bei fehlender Familienanamnese
  • Plötzlicher Beginn einer schweren Hypertonie nach dem 55. Lebensjahr
  • Therapierefraktäre Hypertonie (mindestens 3 Medikamente, eines davon ein Diuretikum)
  • Akuter Blutdruckanstieg bei ansonsten stabiler Hypertonie
  • Maligne Hypertonie (Endorganschaden: Herz, Augen, Nieren, Gehirn, Gefäße)
  • Rezidivierende Episoden von akutem Lungenödem
  • Akutes Nierenversagen nach ACE-Hemmer- oder ARB-Therapie
  • Unterschiedlich große Nieren (Längendifferenz >1,5 cm)
  • Progressiver Abfall der GFR >5 ml/min/Jahr (keine chronische Niereninsuffizienz, Grenze: ca. 40 ml/min)
  • Erhaltener diastolischer Fluss in der Dopplersonografie (niedriger peripherer Resistance Index, RI)
  • Fibromuskuläre Dysplasie (Angioplastie meist ohne Stenting)
  • Stenosegrad über 90 % in der Angiografie
  • Bilaterale Stenosen
  • Restenosen nach vorangegangener Angioplastie

Medikamentös-toxische CNI

In Zeiten der Polypharmazie bei immer älter werdenden Patienten mit mehreren Komorbiditäten gewinnt dieses Thema zunehmend an Bedeutung. Hinzu kommt, dass im 21. Jahrhundert die Prävalenz der Einnahme von oft rezeptfrei erhältlichen NSAID („pain killer“) bereits unglaubliche Ausmaße angenommen hat. So ist es durchaus möglich, dass das heute nicht mehr existente Krankheitsbild der Analgetikanephropahtie, das früher zumeist mit der Einnahme von Phenacetin in Verbindung gebracht und in bis zu 10 % aller terminalen Nierenversagen als Ursache angeschuldigt wurde, wieder mehr an Bedeutung gewinnt.
Die zugrunde liegende Genese des toxischen Nierenversagens reicht von einer direkten Nierenschädigung über eine Überdosierung bei bereits eingeschränkter Nierenfunktion bis zur interstitiellen Nephritis als immunologische Antwort auf eine Noxe (am häufigsten), die einen akuten oder chronische Verlauf zeigen können (für weitere Details und eine Auflistung der nephrotoxischen Substanzen siehe auch Tab. 3 im Kapitel zur akuten Nierenschädigung).
Aufgrund der hohen Prävalenz der Einnahme von NSARs in der Bevölkerung besteht die Gefahr der deutlichen Zunahme der medikamentös toxischen chronischen Niereninsuffizienz.

Infektiöse Ursachen von CNI

Sowohl bakterielle als auch virale Infektionen können mit Nierenbeteiligung verlaufen. Der Verlauf kann dabei sowohl akut als auch chronisch sein. Unter den bakteriellen Infektionen sind die poststreptokokken GN (siehe Abschnitt über akute GN) sowie die Tuberkulose (sterile Leukozyturie) die häufigsten Ursachen. Virale Infektionen können sich durch einen direkten Befall der renalen Tubulusepithelzellen wie bei Hantaanviren (hämorrhagisches Fieber mit akutem Nierenversagen) oder Polyomaviren (chronische BK-Nephropathie bei nierentransplantierten Patienten) manifestieren, aber auch indirekt im Sinne einer Immunkomplexerkrankung (siehe ebenfalls Abschnitt über akute GN).
Eine HBV und HCV Infektion kann fast alle Formen der Immunkomplexnephritis verursachen (MCGN, membranöse GN, MPGN Typ I, mit einer Kryoglobulinämie assoziierte RPGN Typ II).
HIV ist histologisch meist bei Afrikanern mit einer speziellen Form der FSGS, der sogenannten „collapsing GN“ assoziiert, die eine schlechte renale Prognose aufweist. Eine andere renale Beteiligung bei HIV-Patienten ist die akut interstitielle Nephritis, wo histologisch eine massive Infiltration mit polyklonalen Plasmazellen und T- oder B-Lymphozten zu finden ist. Wenn es nicht gelingt die Infektion zu eliminieren ist meist ein chronisch progredienter Verlauf der Niereninsuffizienz vorprogrammiert. Bei Virusinfektionen ist zu bedenken, dass die Mehrzahl der zur Verfügung stehenden antiviralen Therapien auch potenziell nephrotoxisch sind und daher zumindest eine genaue Dosisanpassung notwendig macht. Konkret sind das Cidofovir (CMV und BK Infektionen sowie selten HPV – human Papilloma Virus), Ribavirin und Adefovir (HCV und HBV). Die bei HIV-Infektionen verwendeten reversen Transkriptasehemmer (Tenofovir, Zidovudine, Lamiudine, Abacavir oder Emtricitabine) sind ebenso potenziell nephrotoxisch. Weiters können Vertreter der Klasse der Proteasehemmer (Ritonavor) zur Präzipitation in den Nieren führen. Diese ist aber immer reversibel. HIV-Statika ohne bekannte Nephrotoxzität sind Vertreter der Klasse der Fusionshemmer (Enfuvirtide und Maraviroc), sowie Integrase-Inhbitoren (Raltegravir).

Hereditäre CNI

Autosomal dominanten polyzystischen Nierenerkrankungen (ADPKD)
Epidemiologie
Die autosomal dominante polyzystische Nierendegeneration ist die häufigste vererbte Erkrankung überhaupt. Vom ADPKD Typ 1 ist etwa eine von 500 bis 800 Lebendgeburten betroffen und der Großteil wird bis zum vierten Lebensjahrzent nierenersatzpflichtig.
ADPKD Typ 2 Patienten entwickeln erst in der zweiten Lebenshälfte eine CNI und erreichen bei normaler Lebenserwartung fast nie das terminale Nierenversagen. Die ADPKD Typ 1 zeigt eine fünffach höhere Inzidenz als der Typ 2. Die Mutation die zum Phänotyp der Polyzystischen Nierenerkrankung führen, liegen im Chromosom 16 (Polycystin 1 und 2). Die komplette Struktur des PKD1 Proteins wurde erstmals 1995 vom europäischen PKD Konsortium publiziert.
Klinik
ADPKD ist, anders als der Name vermuten lässt, eine Systemerkrankung (Ziliopathie), da eine Vielzahl anderer Organe mitbetroffen ist und teilweise zystische Veränderungen aufweisen. Pankreas und Leber sind fast immer beteiligt, Milz und Ovarien können mitbeteiligt sein. Weiters besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für Aneurysmen im Circulus arteriosus cerebri (Wilisii), gelegentlich findet man eine Herzbeteiligung (Aortenklappe). Fast alle Zellen im Körper besitzen Zilien, feine Härchen an der Außenseite der Zellmembran, mit der das umgebende Milieu und Bewegungen sensorisch wahrgenommen werden. Eine große Bedeutung kommt den Zilien an den Zellen entlang des Nephrons zu. Im Sammelrohr führt der Defekt im Polycystin 1 und 2 zum fehlerhaften Zusammenbau der Zilien und Kalziumkanäle und subsequent zur Ausbildung von flüssigkeitsgefüllten („Primärharn“) Zysten.
Diagnose
Isolierte, benigne Nierenzysten kommen häufig vor und bleiben im Gegensatz zur ADPKD meist ohne klinische Bedeutung. Die ADPKD Erkrankung muss daher von benignen Zysten klar abgegrenzt werden. Da Spontanmutationen nur in etwa 5 % aller PKD Erkrankten vorkommen, haben fast alle Patienten einen Familienangehörigen der Vorgeneration, der nierenersatzpflichtig ist. Die Diagnose wird mittels Ultraschall gestellt, wobei die Anzahl der Zysten nach Lebensalter als Kriterium dient. Eine genetische Analyse der PKD1 und PKD2 Loci ist nicht sinnvoll, da die Mutationen nicht streng konserviert, sondern sehr heterogen über das ganze Gen verteilt sind. Derzeit findet man nur bei etwa 70 % aller ADPKD1 erkrankten Personen eine pathogenetische Mutation.
Therapie
Eine sinnvolle Therapie zur Progressionsverzögerung gibt es nicht. Die minimalen Effekte des Vasopressinrezeptor 2 Hemmers Tolvaptan stehen unserer Meinung nach in keiner Relation zu den Nebenwirkungen (Hypotonie, Hypokaliämie, stärkere Diurese, etwaiges Leberversagen) und vor allem zum Preis des Medikamentes.
Verlauf und Prognose
Spontan oder nach Traumata können diese Zysten, die bis zu 10 cm groß werden, rupturieren und eine akute Klinik mit Flankenschmerz, Hämaturie und gelegentlich Fieber verursachen. Im Alter zwischen 30 und 60 Jahren erreichen fast alle Patienten die terminale Niereninsuffizienz. Das vorrangige klinische Problem ist meist die versiegende exkretorische Funktion der Nieren. Bei Patienten mit Leberzysten kann oft durch die Zystengröße zusätzlich ein Platzproblem entstehen, die Leberfunktion bleibt aber bei fast allen Patienten in ausreichendem Maße erhalten.
Andere Hereditäre Nierenerkranungen
Eine Übersicht von ausgewählten hereditären Nephropathien ist in Tab. 7 zu finden. Das Alport Syndrom wurde bereits im Abschnitt zu den primären Nephropahtien diskutiert.
Tab. 7
Inzidenz und genetische Ursache einer Auswahl von relevanten hereditären Nierenerkrankungen (OMIM-Datenbank – Online Mendelian Inheritance in Man)
Erkrankung (in alphabetischer Reihenfolge)
Protein
Gene
Locus
Phänotyp
OMIM#
Polycystin 1
PKD1
16p13.3
173900
ADPKD 2
Polycystin 2
PKD2
4q21-q23
613095
Alport-Syndrom, X-chromosomal
Kollagen Typ IV, α5-Kette
COL4A5
Xq22
303630
Alport-Syndrom, autosomal-dominant
Kollagen Typ IV, α3-Kette
COL4A3
2q36.3
104200
Alport-Syndrom, autosomal-rezessiv
Kollagen Typ IV, α4-Kette
COL4A4
2q36.3
203780
NaK2Cl-Cotransporter
SLC12A1
15q21.1
601678
Bartter-Syndrom Typ 2
ROM-Kaliumkanal
KCNJ1
11q24.3
241200
Bartter-Syndrom Typ 3
Chloridkanal ClC-Kb
CLCNKB
1p36.13
607364
Fabry-Syndrom
GLA,
Xq22.1
301500
NaCl-Cotransporter
SLC12A3
16q13
263800
TSC1-Tuberin
9q34.13
191100
Tuberöse Sklerose Typ 2
TSC2-Tuberin
16p13.3
613254
Tumorsuppressor VHL
3p26-p25
193300
Wilms-Tumor
Transkriptionsfaktor WT1
11p13; 11p15.5
194070
OMIM Online Mendelian Inheritance in Man

Andere Ursachen der CNI

Chronisch rezidivierende, aszendierende Harnwegsinfekte und vesikourethrale Refluxerkrankungen können im Laufe von Jahren zur CNI führen. Da vor allem die Refluxnephropathie eine Domäne der Urologie und insbesondere der Kinderurologie ist, wird diese detailliert in anderen Kapiteln des Werks besprochen.
Ebenso können auch chronisch rezidivierende Konkrementabgänge zu einer Ureterstriktur und in weiterer Folge zum chronischem Nierenversagen führen. Diese Nephro- und Uretrerolithiasis als postrenale Ursachen des Nierenversagens sowie die Lithotripter-Therapie werden in Kap. 8.1 diskutiert.
Harnwegsinfekte (HWI) als Ursache des CNI
Definiert wird der HWI als eine durch ein exogenes Pathogen verursachte Infektion der urinableitenden Wege. Der unkomplizierte, ambulant erworbene HWI ist mit einer Inzidenz von etwa 10 % eine der häufigsten Infektionserkrankungen der Frau. Risikofaktoren sind das Lebensalter, anatomische Gegebenheiten wie zum Beispiel ein Descensus uteri, sexuelle Aktivität und Komorbiditäten wie ein Diabetes mellitus. Durch adäquate kalkulierte und nach Antibiogramm gegebenenfalls adaptierte antibiotische Therapie ist ein ambulant erworbener HWI in der Regel gut therapierbar. Etwas schwieriger gestaltet sich die Behandlung von stationär erworbenen Harnwegsinfekten durch nosokomiale Keime (meist als Folge von Dauerkathetern), die öfter Antibiotikaresistenzen aufweisen.
Komplexer ist Situation bei chronisch rezidivierenden HWIs. Hier ist entweder eine anatomische Ursache wie ADPKD, Reflux, Blasenentleerungsstörungen oder eine Operation an den urinableitenden Wegen (zum Beispiel Urostomie) oder eine rezidivierende manuelle Kontamination vorliegend. Patienten mit eingeschränkter Immunabwehr wie zum Beispiel Patienten mit immunsuppressiver Therapie oder chronischer Nieren- oder Leberinsuffzienz haben verständlicherweise ebenfalls ein höheres Infektionsrisiko. Wenn es zur Aszension der Pathogene in die Nieren und damit zur Pyelonephritis oder Sepsis kommt, ist dies ein eindeutiger Risikofaktor für zumindest die Progredienz einer schon vorbestehenden Nierenschädigung. Rezente Daten legen allerdings nahe, dass vor allem Kinder mit rezidivierenden HWIs aber ohne strukturelle Nierenpathologie kein wesentlich höheres Risiko für die Entstehung einer CNI aufweisen.
Trotzdem ist bei chronisch rezidivierenden HWIs eine penible Erforschung der Ursache(n) notwendig. Anatomische/strukturelle Probleme müssen, wenn möglich, behoben werden und vor antibiotischer Ersttherapie Urin und gegebenenfalls Blutkulturen abgenommen werden. Anhand des Keimspektrums und des Antibiogramms kann man manchmal auf die Ursache schließen (Reinfektion vs Relaps). Eine konsequente Behandlung bis zur vollständigen Sterilität des Urins ist notwendig. Einige wenige Patienten (oftmals Patienten nach Nierentransplantation) benötigen eine Dauerprophylaxe. Hier muss besonders auf die Vermeidung von Keimresistenzen geachtet werden.

Nierenersatztherapie (NET)

Definition der terminalen Niereninsuffizienz („endstage renal diseaese“, ESRD)
Bisher wurden Patienten mit einer GFR unter 15 ml/min als ESRD kategorisiert. Die KDIGO 2012 Richtlinien verwenden diesen Begriff nicht mehr, sondern bezeichnen das CKD Stadium 5 (GFR<15 ml/min) als Nierenversagen, da die meisten Patienten erst ab einer GFR von unter 10 ml/min mit einer Nierenersatztherapie behandelt werden müssen (siehe Abb. 1). Da sich der Begriff ESRD allerdings international etabliert hat und inzwischen als Synonym für ein irreversibles, nierenersatzpflichtiges Organversagen etabliert hat, wird er hier auch verwendet.
Epidemiologie
Die Inzidenz der terminalen, dialysepflichtigen Niereninsuffizienz beträgt rund 150 PMP und die Prävalenz liegt bei etwa 1000 PMP. Allerdings ist dies neben der individuellen Tragödie für den einzelnen Patienten auch mit ungeahnten volkswirtschaftlichen Problemen verbunden.
In den meisten Industrieländern mit intakter Gesundheitsversorgung werden zwischen 3 und 7 % des gesamten Gesundheitsbudgets für die Behandlung dieser 0,1 % der Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz ausgegeben, also 30- bis 70-mal mehr als dem Aliquot entsprechend.
Die Lösung dieses Problems besteht in der Nierentransplantation, die einerseits wieder ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben mit guter Qualität ermöglicht, und andererseits auch im Vergleich zu den Dialyseverfahren deutlich kosteneffizienter ist.
Durch die rasche Zunahme der Lebenserwartung in der Gesamtbevölkerung kommt es auch zur deutlichen Zunahme von geriatrischen Patienten an der NET. Dies stellt eine besondere Herausforderung dar, da Dialysezugänge (Dialyseshunts) bei schlechter Gefäßsituation aber auch die Implantation von Peritonealdialysekatheter bei abdominellen Verwachsungen schwieriger sind. Die Urämie bedingt meist eine zusätzliche kognitive Beeinträchtigung und oftmals muss im Beisein von Angehörigen oder Vertrauenspersonen die Information und Aufklärung mehrmals erfolgen, bevor diese umfassend verstanden wird.
Vorbereitung zur Nierenersatztherapie/supportive Therapie
Patienten mit ESRD sollten schon in einem frühen Stadium der CNI (Stadium 3) einem Nephrologen zugewiesen werden, um ein strukturiertes Vorgehen in der Planung zur NET zu ermöglichen. Dazu zählen die obligate Hepatitisserologie und gegebenenfalls Impfung. Es ist eigentlich als unverzeihlich zu werten, wenn Patienten ohne Impfschutz an die NET kommen.
Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz sollten frühzeitig, noch vor Erreichen der präterminalen Niereninsuffizienz, einem Nephrologen zugewiesen werden, um ein strukturiertes Vorgehen in der Planung der Nierenersatztherapie zu ermöglichen: In Abhängigkeit der gewünschten Nierenersatztherapie muss die rechtzeitige Anlage eines Zugangs entweder für die Hämodialyse oder die Peritonealdialyse bzw. Abklärung der Verfügbarkeit eines altruistischen Lebendnierenspenders erfolgen.
Sowohl in der Phase der chronischen „präterminalen“ Niereninsuffizienz als auch an der Dialyse selbst ist eine supportive medikamentöse Therapie unverzichtbar. Anhand der Parameter Transferrin, Transferinsättigung (TSAT) und Ferritin sowie Hämoglobin und MCHV ist die Behandlung der renalen Anämie mittels Eisensubstitution und ESA (Erythropoetin Stimulating Agents) Medikation notwendig. ESA Therapie soll nach Korrektur der Eisendepletion ab einem Hämoglobin zwischen 9 und 10 g/dl begonnen, aber ab einem Hb von über 11,5 g/dl nicht mehr fortgeführt werden. Intravenöse Eisengabe sollte bei TSAT≤30 % oder Ferritin ≤500 ng/ml initiiert werden. Der Ausgleich der metabolischen Acidose (HCO3- Zielwert über 20 mmol/l) verhindert größere Schäden an Knochen und die gefürchtete akzelerierte vaskuläre Kalzifizierung. Dazu ist auch die Substitution des bioaktiven 1,25(OH) Vitamin D notwendig sowie die Kontrolle der enteralen Phosphataufnahme durch orale Phosphatbinder. Sollte durch diese Interventionen keine adäquate Kontrolle des sekundären Hyperparathyroidismus gelingen (PTH Ziel ist das zwei- bis neunfache des oberen Referenzwertes [meist 60 pg/ml]) besteht bei Patienten, die bereits an der Dialyse sind auch die Möglichkeit einer Therapie mit einem Kalziumsensitizer (Cinacalcet, Etecalcetide). De facto alle Patienten im CKD Stadium 4 weisen eine höhergradige arterielle Hypertonie auf, die meist einer dreifach-antihypertensiven Therapie bedarf, ohne jedoch die Restnierenfunktion zu kompromittieren. In den prä-ESRD Ambulanzbesuchen wird anhand des klinischen Wohlbefindens sowie der Laborwerte von BUN, Kreatinin (eGFR), Kalium, Bikarbonat, Albumin und Cholesterin als Nutritionsmarker sowie CRP als Inflammationsmarker ein Start der NET festgelegt. Ein Ultraschall der Nieren zur Beschreibung der Größe und Morphologie ist obligat, auch im Hinblick auf die Planung bzw. einer Listung zur Nierentransplantation.
Indikationen für die Nierenersatztherapie (NET)
Obwohl der Begriff „Nierenersatztherapie“ suggeriert, dass die Dialyseverfahren alle Funktionen der Nieren (exkretorische und endokrine) maschinell ersetzten, können nur die kleinmolekularen Stoffe mit einem Molekulargewicht unter 10.000 bis 20.000 Dalton (Harnstoff, Kreatinin, Elektrolyte, „Urämietoxine“?) sowie Flüssigkeit aus dem Blut entfernt und Bikarbonat zugeführt, nicht aber die endokrinen Funktionen ersetzt werden. Die komplexe Regulation des Knochenstoffwechsels, der Blutbildung, des Blutdrucks sowie der Glukoneogenese muss so gut es geht medikamentös unterstützt werden (siehe supportive Therapie).
Absolute Indikationen für die NET können sowohl klinische Symptome der ESRD als auch laborbiochemische Parameter sein. Zu den klinischen Symptomen zählen das konservativ nicht mehr beherrschbare Lungenödem, der hämodynamisch wirksame urämische Perikarderguss, die urämische Enzephalopathie, ein intraktabler Juckreiz sowie die Katabolie und körperliche Schwäche. Laborchemisch ist ein trotz diuretischer Therapie und Acidoseausgleich chronisch deutlich erhöhtes Serumkalium von über 6 mmol/l eine absolute Dialyseindikation. Relative Indikationen sind ein BUN über 100 mg/dl und eine deutliche Hyperphosphatämie trotz oraler Phosphatbinder und Therapie des Hyperparathyroidismus. Wann nun genau der richtige Zeitpunkt der „Andialyse“ ist und welche Form der NET in Frage kommt, muss individuell mit dem Patienten schon frühzeitig besprochen werden, da rechtzeitig Vorkehrungen für die NET getroffen werden müssen (Zugang für die Hämodialyse oder Peritonealdialyse sowie etwaige Verfügbarkeit eines altruistischen Lebendnierenspenders). Bis vor einigen Jahren herrschte die Meinung vor, dass möglichst frühzeitig mit der Dialyse begonnen werden soll, um der Katabolie und Malnutrition besonders bei Patienten mit Diabetes vorzubeugen. In der bisher einzigen adäquaten Studie zu diesem Thema wurde aber dann im Jahr 2010 gezeigt, dass ein Beginn der chronischen Dialysebehandlung bei einer GFR um 8 ml/min am sinnvollsten erscheint. Dies bedeutet aber nicht, dass bei klarer Rationale individuell nicht auch deutlich früher gestartet werden kann.
Das Management der ESRD kann auf vier unterschiedliche Arten erfolgen, die allerdings jederzeit bei Bedarf gewechselt werden können. Jedem Patienten sollten mehrmals alle Möglichkeiten erklärt und vorzugswese auch vorgeführt werden. Nicht unwesentlich ist bei geriatrischen oder jüngeren multimorbiden Patienten die Besprechung der Möglichkeit auch einer konservativen Therapie des ESRD. Hämodialyse und Peritonealdialyse sind äquivalente Verfahren. Letztendlich bleibt die Entscheidung für eines der beiden Verfahren nach ausführlicher Beratung durch den Arzt und das Pflegepersonal dem Patienten selbst überlassen.

Konservative NET

Das konservative Management von Patienten mit ESRD und hoher Begleitmorbidität und dadurch bedingter kurzer Lebenserwartung zielt auf die symptomatische Verbesserung der Lebensqualität, nicht aber auf die Verlängerung der Lebensdauer ab. Beispiele sind Patienten mit einer weit fortgeschrittenen malignen Erkrankung oder terminaler Herzinsuffizienz.
Nach Initiierung einer extrakorporalen Nierenersatztherapie ist die Mortalität in den ersten Monaten deutlich höher als bei vergleichbaren, konservativ behandelten Menschen. Bedingt ist dies durch die notwendigen Vorbereitungen (Operationen), die dafür meist notwendigen stationären Aufnahmen, Infektionen und einer höheren Rate an kardiovaskulären Ereignissen. Selbst bei prinzipieller Festlegung auf ein konservatives Vorgehen können intermittierend manchmal einige Hämodialysebehandlungen über einen zentralvenösen Katheter notwendig sein, vor allem, wenn Symptome wie die Dyspnoe konservativ nicht mehr ausreichend korrigiert werden können. Ebenso kann natürlich auf Patientenwunsch die chronische Dialysetherapie jederzeit beendet werden. Studien an geriatrischen Patienten mit ESRD zeigen, dass Patienten die sich für das konservative Management ihrer ESRD entschieden haben, die letzten Lebensmonate hauptsächlich in ihrer gewohnten Umgebung verbringen und auch dort versterben, Dialysepatienten hingegen mehrere stationäre Aufnahmen im gleichen Zeitraum aufweisen und signifikant häufiger im Spital versterben.

Hämodialyse und Hämodiafiltration (als intermittierendes Verfahren)

Vor etwa 50 Jahren wurden erstmals chronische Hämodialysen durchgeführt. Seither wurde sowohl technisch als auch medizinisch eine Vielzahl von Verbesserungen durchgeführt, so dass heute die chronische Hämodialyse als äußerst sicheres und effizientes Verfahren zur Behandlung der terminalen Niereninsuffizienz zur Verfügung steht.
Prinzipien der Hämodialyse und Hämofiltration – Diffusion und Konvektion
An der Kapillare wird das Blut je nach Verfahren durch zwei unterschiedliche physikalisch Vorgänge von kleinmolekularen „Urämietoxinen“ gereinigt: der Diffusion (Hämodialyse) und der Konvektion (Hämofiltration).
Bei der Dialyse diffundieren an der semipermeablen Dialysatorkapillare entlang dem Konzentrationsgradienten kleinmolekulare Substanzen wie BUN und Kreatinin und Elektrolyte vom Blut ins Dialysat und umgekehrt Bikarbonat aus dem Dialysat ins Blut. Da das Patientenblut während einer Dialysesitzung mit etwa 150 Litern Dialysatwasser in Berührung kommt, sind die Anforderungen in Bezug auf Sterilität und Reinheit hoch. Ultrareines Dialysatwasser wird durch eine Umkehrosmose bereitgestellt.
Bei der Filtration erfolgt durch einen hydrostatischen Druckgradienten ein Flüssigkeitsentzug aus dem Blut und kleinmolekulare Substanzen folgen im Sinne der Konvektion nach (solvent drag). Je nach gewünschter Bilanz kann Flüssigkeit entfernt werden und durch Substituat ersetzt werden.
Eine Kombination beider Verfahren ist die Hämodiafiltration, die heute als Standardbehandlung bei allen Dialysepatienten verwendet werden sollte.
Da im Zuge dieser Behandlungen auch die wasserlöslichen Vitamine B1, B2, B3 (Nicotinamid), B5 (Pantothensäure), B6, B7 (Biotin), B9 (Folsäure) und C verloren gehen, müssen diese oral ersetzt werden.
Dialysezugang
Für die Hämodialyse ist zur Blutentnahme die Anlage eines Gefäßzugangs notwendig. Hier besteht einerseits die Möglichkeit eines temporären (akute Dialysenotwendigkeit bei AKI, z. B. auf der Intensivstation) bzw permanenten zentralvenösen Katheters (vor allem bei schlechter peripherer Gefäßsituation) oder vorzugsweise über einen zuvor chirurgisch angelegten Dialyseshunt (hierbei wird eine periphere Vene mit einer Arterie kurzgeschlossen). Mit zunehmender Dauer der Dialysepflichtigkeit kann bei einigen Patienten die Anlage eines neuen Dialysezugangs zunehmend schwierig werden (zentralvenöse Verschlüsse durch frühere Katheter, keine Gefäße zur Anlage eines Shunts). Neue Methoden wie die inside-out Technik zur Katheteranlge ermöglichen auch einen Gefäßkatheter bei Patienten mit zentralvenösen Verschlüssen an der oberen Hohlvene (hier wird der Führungsdraht zur Katheterinsertion von innen nach außen durch den Verschluss gelegt).
Behandlungsablauf
Über den Dialysezugang wird kontinuierlich (ca. 3–5 h/Sitzung) Blut entnommen um über eine großflächige Kapillar (1,2 bis 1,9 m2) geleitet zu werden, die von Dialysatflüssigkeit umspült wird, bevor das Blut wieder zum Patienten rückgeführt wird. Bei der Hämodiafiltration wird noch eine Substitutionsflüssigkeit zugesetzt. Eine extrakorporale Antikoagulation ist obligat. Der Blutfluss muss etwa im Bereich von 250–300 ml/min liegen um eine effiziente Entgiftung des Körpers zu gewährleisten. Da die kleinmolekularen Substanzen wie BUN erst langsam entlang des Konzentrationsgradienten aus dem Gewebe und Interstitium ins Blut diffundieren, ist eine Dialysedauer von zumindest vier Stunden dreimal pro Woche notwendig (Abb. 7 und 8).
Berechnung der ‚Entgiftung‘
Die Nephrologie hat den großen Vorteil, dass die meisten Qualitätsparameter der Therapie quantitativ erfasst werden können und damit keine Spekulationen über die Behandlungseffizienz wie bei anderen medizinischen Verfahren notwendig sind.
Als Maß für die effiziente Entgiftung hat sich der Term Kt/V etabliert. In dieser Formel ist (t) die Behandlungsdauer und (V) das Verteilungsvolumen des Harnstoffes im Körper (= Körperwasser), (K) die Harnstoffclearance des Dialysators (in der Regel etwa 200 ml/min). Das Produkt aus K und t ist jenes Volumen, dass bei der Behandlung von Harnstoff gereinigt wird, zum Beispiel in einer vierstündigen Behandlung 200 ml/min*240 min = 48l. Bezogen auf V, das Harnstoffverteilungsvolumen ergibt sich der dimensionsloser Quotient Kt/V. Wenn dieser Quotient 1 ist, bedeutet dies, dass ein Blutvolumen im Ausmaß des Verteilungsvolumens von BUN (= Körperwasser entsprechend 60 % des Körpergewichtes) gereinigt wurde. Entsprechend internationaler Richtlinien sollte Kt/V über 1,2 liegen, um eine adäquate Entgiftung zu gewährleisten.
Als leichter verständlicher und mathematisch korreliertes Maß der Dialyseeffizienz hat sich der Quotient aus BUN (Harnstoff im Blut) gemessen nach und vor der Behandlung etabliert (URR oder urea removal rate). Der mathematische Zusammenhang von Kt/V und URR ist:
$$ \textrm{Kt}/\textrm{V}=-\ln \left(1-\textrm{URR}\right) $$
$$ -\textrm{e}{-}^{\left(\textrm{Kt}/\textrm{V}\right)}+1=\textrm{URR} $$
Somit ist eine URR von 0,71 (oder 71 %) gleich einer Kt/V von 1,2
Für das Wohlbefinden des Patienten und eine Vermeidung von kardiovaskulären Komorbiditäten ist die Kooperation des Patienten wesentlich. Besonders bei anurischen Patienten ist die intradialytische Flüssigkeitsrestriktion wesentlich, wenngleich oft auch schwer zu erreichen. Eine tolerable intradialytische Gewichtszunahme sollte unter 3 % des Körpergewichts sein, auch weil mehr als 500–800 ml Flüssigkeitsentzug pro Stunde an der Dialyse hämodynamisch schlecht toleriert wird. Obligat ist weiters eine medikamentöse Therapie mit Phosphatbindern und bioaktivem Vitamin D (Ausnahme bei Patienten mit adynamen Knochen).
Auf spezielle Aspekte der extrakorporalen Therapie wie das Shuntmonitoring, die Formen der Antikoagulation, und die nächtliche Langzeit- oder Heimdialyse wird hier nicht eingegangen.

Peritonealdialyse

Obwohl mit der Peritonealdialyse (PD) schon vor über 90 Jahren experimentiert wurde, dauerte es dann doch bis ins letzte Drittel des vorigen Jahrhunderts um dieses Therapieverfahren als adäquate Alternative zur Hämodialyse zu implementieren.
Hämodialyse und Peritonealdialyse sind bezüglich der Effektivität vergleichbare Verfahren. Dennoch ist das Verhältnis von HD zu PD in etwa 10:1.
Prinzip der Peritonealdialyse
Über einen flexiblen Plastikkatheter im Peritoneum wird hyperosmolare Flüssigkeit (Glukoselösung) in die Bauchhöhle eingebracht und verweilt dort für einige Zeit. Die Peritonealmembran fungiert als Diffusionsbarriere und Filtrationsfilter, kleinmolekulare Substanzen diffundieren vom Blut in das flüssigkeitsgefüllte Peritoneum. Je nach Transportcharakteristik des Peritoneums erfolgt eine Equilibration und das harnstoffbeladene Dialysat wird wieder herausgeleitet (entleert) (siehe Abb. 9).
Es gibt zwei Varianten der Peritonealdialyse, die CAPD und die APD. Bei der CAPD (continuous ambulatory peritoneal dialysis) wird etwa zwei bis zweieinhalb Liter des Dialysates über den Tenckhoff Katheter in die Bauchhöhle eingebracht, verweilt dort für etwa vier Stunden und wird dann wieder entleert und der nächste Einlauf beginnt. Üblich sind vier Beutelwechsel pro Tag.
Die APD (automated peritoneal dialysis) wird meist nachts durchgeführt, da mittels einer Maschine, dem Cycler, das Dialysat eingefüllt wird und je nach Einstellung (Tidalvolumen) etwa 6 bis 10 Zyklen des Dialysatwechsels innerhalb von 10–12 Stunden erfolgen. In dieser Zeit ist man natürlich nicht mobil.
Qualität der Behandlung
Die Qualität der Entgiftung, wird in Analogie zur Hämodialyse über die Harnstoffentfernung am Parameter Kt/V gemessen. Da es sich aber im Gegensatz zur Hämodialyse um ein kontinuierliches Verfahren handelt, kann nicht die Kt/V pro Sitzung, sondern pro Zeiteinheit, konventionsgemäß pro Woche angegeben werden. Die wöchentliche Kt/V sollte über 1,7 sein. Dies zeigt auch, dass die Entfernung des Harnstoffes an der PD nicht so effizient erfolgt wie an der Hämodialyse. Weiters ist zu beachten, dass entsprechend der Transportcharakteristika des Peritoneums (low – intermediate – high transporter), die sich auch im Laufe der Zeit ändern kann, das Verfahren entsprechend adaptiert werden muss. Diese Charakteristika werden im PET Test bestimmt (peritoneal equilibration test.) Bei ‚high transportern‘ ist rasch ein Equilibrium von Blut und Dialysat erreicht und daher muss die Verweilzeit des Dialysates kürzer sein (Umstellung auf APD) als bei ‚low transportern‘. Natürlich sind beide Verfahren kombinierbar, Patienten können tagsüber Beutelwechsel im Sinne der CAPD und nachts APD am Cycler machen. Zur höheren Utrafiltration wird bei CAPD Patienten die letzte Abendfüllung mit einem nicht-resorbierbaren Icodextrin gemacht, welches dann die ganze Nacht in der Bauchhöhle verweilt und morgens entleert wird.
Voraussetzungen
Spezielle Voraussetzungen für die PD sind nicht nötig und jedem Patienten sollten alle Verfahren erklärt werden. Die individuell beste Lösung ist dann zu bevorzugen, wobei dies nicht nur medizinische, sondern vor allem auch soziale und infrastrukturelle Aspekte betrifft.
Bei der PD müssen einige Bedingungen den Wohnraum betreffend erfüllt sein: So ist es notwendig ausreichend Stauraum für die Dialysatbeutel und eventuell den Cycler zur Verfügung zu haben. Weiters sollte der Beutelwechsel in einem geschlossenen Raum ohne andere Personen und mit Mundschutz und desinfizierten Händen durchgeführt werden.
Vor allem in kleinen Mehrpersonenwohnungen sind diese Voraussetzungen oft nicht gegeben. Wenn der Patient kognitiv oder manuell nicht in der Lage ist die Beutel unter sterilen Bedingungen mit dem PD Katheter zu konnektieren, kann auch ein geschulter Angehöriger oder eine andere Person im selben Haushalt diese Tätigkeit übernehmen (Tab. 8).
Tab. 8
Absolute und relative Kontraindikationen der Peritonealdialyse
Relative Kontraindikationen
Absolute Kontraindikationen
• Blindheit/Sehschwäche
• Massive intraabdominale Verwachsungen
• Fehlende Restnierenfunktion
• Stomaträger
• Hohes Körpergewicht
 
• Incompliance (inkonsequente PD)
 
Demenz
 
• Entzündliche Darmerkrankung (IBD)
 
 
• Rezidivierende Hernien
 
Komplikationen
Die wichtigste Komplikation ist die Peritonitis, die leicht anhand der Klinik, des trüben Dialysatauslaufes und der hohen Leukozytenzahl im Dialysat diagnostiziert werden kann. Die mikrobiologische Aufarbeitung des infizierten Dialysates vor dem Start der antibiotischen Therapie ist obligat. Fast alle Peritonitiden können gut antibiotisch behandelt werden und die PD als NET muss nicht beendet werden. Eine Empfehlung zum antibiotischen Regime ist in den ISPD 2012 Richtlinien beschrieben. Zur Abdeckung des Gram-positiven Spektrums werden entweder Erstgenerations Cephalosporine oder Vancomyzin (bei MRSA) und zur Abdeckung des Gram-negativen Bereichs Drittgenerationscephalosporine oder Aminoglykoside (nur kurz und mit Spiegelbestimmung!) verwendet.
Die wichtigste Komplikation bei der Peritonealdialyse ist die Peritonitis.
Akzeptabel ist in etwa eine Peritonitisepisode pro eineinhalb Jahren. Wenn Peritonitiden häufiger auftreten muss eine penible Ursachenerforschung und -behebung erfolgen. In seltenen Fällen kann es auch notwendig sein, den Tenckhoff Katheter zu wechseln oder die PD überhaupt zu beenden und auf eine Hämodialysebehandlung zu wechseln.

Nierentransplantation

Auf die chirurgischen Aspekte der Nierentransplantation wird in einem gesonderten Kapitel eingegangen.
Die Nierentransplantation ist für Patienten mit ESRD zweifellos die beste Form der Nierenersatztherapie, da sie die Lebensqualität wiederherstellt, die hohe kardiovaskuläre Mortalität senkt und gleichzeitig kosteneffizient ist. Es profitieren jedoch nicht alle Patienten von einer Nierentransplantation, da es zum Beispiel bei geriatrischen Patienten im Median fast ein Jahr dauert bis sich ein Überlebensvorteil gegenüber der Hämodialyse einstellt. Entsprechend den Richtlinien soll aber jeder Patient hinsichtlich der Eignung für eine mögliche Transplantation unvoreingenommen untersucht werden und im Laufe der Transplantationsgeschichte (vom experimentellen Verfahren zur klinischen Routinetherapie) hat sich die Akzeptanz von Patienten mit mehrfachen Risikofaktoren deutlich erhöht. Die KDIGO Guidelines zur Evaluation und dem Management von Transplantkandidaten wurden 2020 aktualisiert: es gibt nur wenige absolute Kontraindikationen wie einem aktivem Malignom oder terminaler Leber- bzw Herzerkrankungen (hier ist aber ggf. eine kombinierte Transplantation möglich).
Spenderaufkommen
Trotz der kontinuierlichen Bestrebungen das Aufkommen von Spenderorganen von Verstorbenen zu erhöhen, bleibt die Rate (Inzidenz) an Transplantationen in den letzten Jahren relativ konstant und reicht von etwa 10 PMP (Deutschland) bis ca 50 PMP (Spanien). Die unterschiedliche Legislative in den einzelnen europäischen Staaten ist als eine Ursache für die national stark unterschiedliche Rate an postmortem Organspenden zu nennen. Daneben stellt aber auch die Logistik der Koordination eines deceased-donor Programms eine große Herausforderung dar und hier bieten sich Möglichkeiten das Spenderaufkommen zu verbessern. Zentral ist hier vor allem das Melden von potenziellen Spendern durch Intensivmediziner. Eine langsame, aber kontinuierliche Zunahme von Lebendspendern ist in den meisten europäischen Staaten zu sehen, das Niveau der skandinavischen Länder mit einem 80 %igen Anteil an Lebendnierenspenden wird aber in den nächsten Jahren im deutschsprachigen Europa nicht erreicht werden können.
Lebendspende
Die Lebendspende hat den großen Vorteil, dass sie meist präemptiv erfolgen kann (und soll) und so die Dialysetherapie mit all ihren Komorbiditäten vermieden werden kann. Der wesentlichste Faktor ist allerdings die meist bessere Organqualität als bei Leichenspendernieren, die daher zu einer deutlich längeren Transplantatfunktionszeit als bei Leichennieren führt.
Mehr als 50 % aller Patienten nach einer Lebendspendernierentransplantation haben nach 15 Jahren noch eine adäquate Transplantatfunktion.
Wichtig ist eine genaue Evaluation des potenzielle Lebendspenders und ein Abwägen des Risikos des Spenders gegenüber dem Nutzen für den Empfänger. Hierbei können Risikoprädiktionsmodelle wie z. B. das iPREDICTLIVING Tool hilfreich sein. Insgesamt ist aber das Risiko für den Spender nach Nierenspende selbst eine terminale Niereninsuffizienz zu erleiden nur äußerst gering und daher nach ausreichender Aufklärung auch ethisch/moralisch gerechtfertigt.
Erweiterung des Spenderpools
Früher noch unbekannte Risikofaktoren und später undenkbare Konstellationen bei Nierentransplantationen sind inzwischen in fast allen Zentren Standard geworden. Konkret ist in der letzten Dekade die Wichtigkeit der humoralen Komponente der Alloimmunantwort bestätigt worden und durch die neuen ‚solide phase‘ Technologien wie Luminex die Identifikation von singulären spenderspezifischen HLA Antikörpern (DSA oder ‚donor specific antibodies‘) möglich. Neue Daten zeigen auch eine ähnliche Relevanz von genomweiten Polymorphismen in Transmembranproteinen, die aber noch keinen Einzug in die klinische Routine gefunden haben. Durch entsprechende Vorbehandlung und Nachsorge (DSAs und morphologisches Monitoring von Managementbiopsien) ist inzwischen auch die Transplantation bei sensibilisierten Empfängern möglich. In Analogie ist die Blutgruppen AB0 inkompatible Transplantation inzwischen mit einer wenig invasiven Vorbehandlung (Immunadsorption und Rituximab) möglich.
Bei HLA inkompatiblen Lebendspenderkonstellationen besteht nunmehr in vielen Ländern die Möglichkeit an der Teilnahme an so genannten „kidney paired donation“ (KPD) Programmen. Hierbei wird versucht Paare oder auch größere Ketten zu bilden, bei denen Konstellationen ohne Inkompatibilitäten zustande kommen (Niere von Spender A wird Empfänger B transplantiert und umgekehrt).
Bei „deceased donors“ wurde der Spenderpool um so genannte DCD („donation after cardio-circulatory death“) Spender erweitert, bei denen nach einem Herzkreislaufstillstand die Nieren entnommen werden (im Gegensatz zur bisher üblichen Organspende nach Hirntod bei noch schlagendem Herzen). Hierdurch können auch Organe von Spendern transplantiert werden, die nach Einstellung der Intensivtherapie versterben. Diese Regelung ist in wenigen Ländern wie z. B. Deutschland gesetzlich nicht gestattet macht aber in anderen Ländern wie England oder Holland schon mehr als 50 % der Leichenspender aus.
Verlauf einer Nierentransplantation
In den meisten Zentren wird die Niere nach Entnahme und Spülung mit kalter Perfusionslösung auf Eis in einem Plastiksack oder in etwa 10 % der Fälle in einer gekühlten Perfusions/Präservationsmaschine zum Empfänger transportiert. Die ex vivo Organperfusion hat in den letzten Jahren einen zunehmenden Stellenwert bekommen. Neben der kalten Perfusion (hyotherm), stehen nunmehr auch normotherme Perfusionssyteme zur Verfügung. Studien zeigen eine mögliche Reduktion der Rate von „delayed graft function“ (DGF = verzögerter Funktionsbeginn des Transplantats mit Notwendigkeit einer Dialyse in der ersten Woche nach Transplantation). In Zukunft könnte an der extrakorporalen Perfusion die Organqualität evaluiert und ggf. sogar eine spezifische therapeutische Intervention initiiert werden.
Die derzeitigen Allokationsalgorithmen berücksichtigen drei HLA Antigene (A, B und DR). Inkompatibilitäten zeigen vor allem eine Korrelation mit dem Auftreten einer frühen (innerhalb der ersten drei Monate) akuten Transplantatabstoßung (T-zelluläre Abstoßung, sieh weiter unten). Mit den heute zur Verfügung stehenden Immunsuppressionsregimen konnte aber das Risiko für eine T-zelluläre Abstoßung in dieser Phase deutlich reduziert werden. Wichtig für das Langzeitüberleben des Transplantats sind Inkompatibilitäten in den Klasse II Antigenen (hier vor allem DR und DQ). Bei jüngeren Patienten ist auch eine mögliche Sensibilisierung durch inkompatible Konstellationen relevant, da häufig eine weitere Transplantation benötigt wird.
Ein neues Konzept der Quantifizierung der immunologischen Inkompatibilität stellt das Epitop- oder Eplet-Matching dar. Hier werden basierend auf hochauflösender HLA Sequenzierung strukturelle Merkmale der einzelnen HLA Moleküle quantifiziert, die zwischen Spender und Empfänger unterschiedlich sind, und gegen die eine Antikörperreaktion gerichtet ist. Vor allem in Hinblick auf die Entwicklung von DSA als Mediatoren einer chronischen humoralen Abstoßung zeigen diese Eplet-Mismtaches eine gute Prädiktion. Immunologisches Matching geht aber zumeist auf Kosten einer längeren kalten Ischämiezeit: Ein langer Transport eines besser gematchten Organs im Gegenzug zu kurzen Transportwegen bei Organen eines lokalen Organs bei dem auf immunologische Kompatibilitäten nicht Rücksicht genommen wird.
Nach einer kalten Ischämiezeit von unter 20 Stunden wird die Niere im Empfänger an die Beckengefäße anastomosiert. Je nach Organqualität, Vorschädigung und Dauer der warmen Ischämiezeit entwickeln etwa 30 % ein postischämisches akutes Transplantatversagen und bedürfen noch für ein bis drei Wochen einer intermittierenden Hämodialyse (DGF). Vor allem bei DCD Spendern findet sich häufig eine prolongierte DGF. Regelmäßige Biopsien (nach 7 Tagen und danach wöchentlich) sind indiziert, um den akuten Tubulusschaden im Rahmen des Transplantationsprozesses von einer möglichen Abstoßung mit Indikation zur spezifischen Therapie zu unterscheiden. Sollte es zu keiner Transplantatunktion kommen spricht man von einer so genannten „primary non function“ und eine Re-Listung zur neuerlichen Transplantation ist notwendig.
Akute Transplantatabstoßung
Die Rate an akuter T-Zell-mediierter Abstoßung (TCMR) in der Frühphase nach Transplantation ist in den letzten Jahren auf einen einstelligen Bereich gesunken. Dies ist vor allem der hoch effektiven Induktionstherapie und auf eine Suppression der T-Zellen fokussierten Immunsuppression zurückzuführen. Hier kommt es durch direkte Allorecognition (das nicht-selbst HLA Molekül des Spenderorgans wird vom T-Zellrezeptor des Empfängers erkannt) zu einer Infiltration von zytotoxischen T-Zellen, die das Transplantat schädigen. Das Wort Abstoßung klingt destruierend und führt oft zu unbegründeten Sorgen bei den Patienten. Die frühen akuten Transplantatabstoßungen können leicht diagnostiziert werden (frühzeitige Biopsie bei eingeschränkter Nierenfunktion) und unter Therapie kann die initiale Transplantatfunktion fast immer wiederhergestellt werden. Dementsprechend ist die akute Abstoßung kein Risikofaktor für das Transplantatüberleben.
Anhand der Histologie werden nach den Banff Kriterien eine interstitielle Abstoßung (mit vor allem tubulo-interstitieller Infiltration von T-Zellen = BANFF 1) und eine vaskuläre Abstoßung (mit Arteriitis = BANFF 2) unterschieden. Bei Veränderungen, die nicht den diagnostischen Threshold einer BANFF 1 Abstoßung erfüllen, aber sich doch eine Infiltration durch T-Zellen zeigt, wird von einer so genannten „borderline“-Läsion gesprochen. Molekulare Analysen zeigen, dass es sich bei etwa der Hälfte dieser „borderline“ Veränderungen um tatsächliche T-zelluläre Abstoßungen handelt. Die Therapie von BANFF 1 Läsionen beruht in einer Cortisonstoßtherapie über drei Tage. Bei vaskulärer Abstoßung oder therapierefraktären BANFF 1 Läsionen ist eine Therapie mit Antithymozytenglobulin (ATG) notwendig.
Neben der zellulären Immunantwort können auch präformierte (inkompatible Transplantation) oder de novo gebildete anti-HLA Antikörper eine akute humorale oder Antikörper-mediierte Abstoßung verursachen (ABMR). Hier kommt es vor allem zu einer Inflammation in den peritubulären Kapillaren. Als Zeichen einer Komplementaktivierung durch die Antikörper findet sich in der Histologie in der Mehrzahl der Fälle Ablagerungen von C4d. Serologisch sind oft DSA nachweisbar. Die Therapie beruht auf einer Elimination der Antikörper durch extrakorporale Verfahren und Erhöhung der Immunsuppression (z. B. Immunasadsorption).
Chronische Abstoßung
Besser verstanden sind nunmehr auch die chronischen immunologischen Prozesse, die Maßgeblich zum Verlust der Transplantatfunktion im Langzeitverlauf beitragen (nur ca. 50 % der Transplantate zeigen nach 15 Jahren noch eine adäquate Funktion): Ähnlich der akuten ABMR findet sich auch hier eine Schädigung des Transplantates durch anti-HLA und nicht-HLA DSAs. Eine etablierte Therapie hierfür gibt es für die chronische ABMR derzeit noch nicht.
Insgesamt stellt die Biopsie bei Transplantatdysfunktion (steigendes Kreatinin) nach wie vor den Goldstandard in der Diagnostik dar. Biomarker wie „donor-derived cell free DNA“ sind derzeit noch in Evaluation und es ist unklar in wieweit dieser Test Information über den zugrunde liegenden Pathomechamismus der Schädigung hinaus Aufschluss geben kann. Andere spezifische Biomarker (wie z. B. tracking von alloimmunen T-Zellen oder spezifische mRNA oder metabolische Signaturen in Blut oder Urin) können in Zukunft vielleicht eine „liquid biopsy“ ermöglichen, sind aber derzeit noch im experimentellen Stadium.
Immunsuppressive Therapie
Heutzutage steht dem Transplantmediziner glücklicherweise ein ganzes Armamentarium an effizienten Methoden und Medikamenten zur Verfügung. Früher wurde, auch in Ermangelung an Alternativen, die Immunsuppression nach Transplantation nie geändert. Seither hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden und heutzutage soll eine individualisierte und zeitlich adaptierte Immunsuppression erfolgen, sowohl was die Auswahl der Medikamente als auch die Dosierung in Abhängigkeit der Zeit nach Transplantation und der Transplantatfunktion betrifft. Als Standardtherapie ist derzeit nach Induktionstherapie eine Dreierkombination mit Tacrolimus, Mycophenolat Mofetil und Steroiden etabliert. Daneben stehen aber exzellente Medikamente wie mTOR-Inhibitoren oder Kostimulationsblocker (Belatacept) mit guten Studiendaten zur Verfügung um die Therapie zu individualisieren. Eine Steroidreduktion nach einigen Monaten ist bei selektierten Patienten aufgrund der damit assoziierten Komorbiditäten wie dem post-transplant Diabetes oder der Osteoporose zu überlegen.
Durch Induktionstherapie kann das Risiko einer frühen akuten T-Zellulären Abstoßung deutlich reduziert werden. Man unterscheidet hier allgemein eine depletierende Indukationstherapie durch z. B. ATG von einer nicht-depletierenden mit dem Il-2 Rezeptor Antikörpern Basiliximab. Bei ATG handelt es sich um polyklonale Antikörpern gegen Lymphozyten, das aus dem Blut von Pferden oder Kaninchen hergestellt wird. Durch Bindung an vor allem T-Lymphozyten, aber auch B-Zellen oder NK-Zellen, kommt es zur Lyse dieser Zellen und dadurch Depletion. Als wichtigste Nebenwirkungen sind ein Zytokin-Freisetzungsyndrom, aber auch eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen (z. B. CMV Reaktivierung) beschrieben. ATG findet vor allem bei Patienten mit hohem immunologischem Risiko eine Anwendung. Bei Basiliximab wird durch Blockierung des Il-2 Signalweges die T-Zellproliferation gehemmt. Das Medikament ist im Allgemeinen sehr gut verträglich mit einem dadurch guten Risiko/Nutzen-Profil und hat sich vor allem in Europa als Standardtherapie bei immunologischen „low-risk“ Patienten durchgesetzt.
Calcineurin-Inhibitoren (CNI) wie Tacrolimus (und früher Cyclosporin A) stellen die Basis der derzeitige Immunsuppression nach Nierentransplantation dar. Sie hemmen Calcineurin als zentrales Enzym, welches den Transkriptionsfaktor NF-AT (nucelar factor of activated T-cells) aktiviert, und somit die T-Zell Aktivierung hemmt. Wichtige Nebenwirkungen sind die Nephrotoxizität (vor allem initial bei hohen Talspiegeln) und eine erhöhte Inzidenz eines posttransplant Diabetes mellitus (PTDM).
Antimetabolite werden in der Regel zusätzlich zu CNIs genommen. Hier gehört vor allem Mycophenolat mofetil (MMF) zur Standardtherapie. Das früher verwendete Azathioprin wird meist nur mehr bei gastrointestinaler Unverträglichkeit von MMF verwendet. Beide können als Nebenwirkung eine Leukopenie verursachen. Insgesamt kann aber durch MMF aber die Rate an akuten Abstoßungen signifikant gesenkt.
Als Alternative zu den CNI oder auch in Kombination mit low-dose CNI Anstelle des Antimetaboliten gibt es noch mTORi. Rezente Daten zeigen keine Inferiorität gegenüber einer CNI basierten Therapie. Vor allem bei Patienten mit gleichzeitiger CMV Infektion scheinen mTORi einen Vorteil gegenüber anderen Immunsuppressiva zu haben, allerdings auch mit potenziell anderen Nebenwirkungen.
Belatacept stellt die neueste zugelassene Entwicklung an Immunsuppressiva nach Transplantation dar. Als so genannter Ko-Stimulationsblocker inhibiert es ebenso die T-Zell Aktivierung. Studien zeigen eine bessere GFR im Vergleich zu CNI basierter Therapie.
In den meisten europäischen Zentren ist eine begleitende Steroidtherapie Standard. In den letzten Jahren hat sich jedoch bei low-risk Patienten ein schnelleres Absetzten auch als machbar erwiesen.
Nachdem die erste Nierentransplantation an haploidenten Zwillingen 1954 an der Harvard Medical School erfolgreich durchgeführt worden war, stellte die Organtransplantation unbestrittenermaßen die medizinische Erfolgsgeschichte des 20. Jahrhunderts dar. Die einzigartige wissenschaftliche Kooperation von Immunologen, Nephrologen, Chirurgen, Urologen, Blutgruppenserologen und vielen anderen zur Erreichung dieses hehren Zieles beweist, dass eine gemeinsame große Idee einen ‚Spirit‘ und Teamgeist generieren kann, der vieles unmöglich und unerreichbar scheinende überwinden kann. Eine Vision als Motivation!

Zusammenfassung

  • Die Einteilung des akuten Nierenversagens erfolgt nach Lokalisation der Noxe in prä-, intra- und postrenal.
  • Das ambulant erworbene prärenale Nierenversagen ist zumeist durch eine Exsikkose in Verbindung mit Diuretika assoziiert
  • Die akute Nierenschädigung vor allem auf der Intensivstation ist ein ernstes Problem, da sie mit einer stark erhöhten Mortalität assoziiert ist.
  • Im Gegensatz zu prä- und postrenal ist das intrinsische Nierenversagen (vor allem auf der Intensivstation) oft multifaktoriell und daher ebenso zu behandeln.
  • Bei älteren, meist multimorbiden Patienten ist die Polypharmazie oft die Ursache einer akuten Nierenschädigung
  • Die CNI ist eine hoch prävalente Erkrankung, etwa 10 % der Bevölkerung weisen eine GFR<60 ml/min auf.
  • Die Mehrzahl dieser Menschen ist asymptomatisch und die eingeschränkte GFR meist ein Zufallsbefund.
  • Unbehandelt verlieren diese Patienten im Median 5–10 % Nierenfunktion pro Jahr.
  • Symptome wie Müdigkeit, Juckreiz, Atemnot oder Ödeme treten je nach Progressionsgeschwindigkeit ab etwa 15–20 % Restnierenfunktion auf.
  • Primäre Nierenerkrankungen sind selten, meist ist die Niere durch eine Systemerkrankung mitbetroffen. Mehr als die Hälfte aller Patienten mit terminalem, chronischem Nierenversagen leiden an Diabetes mellitus.
  • Nur etwa 1 % dieser prävalenten Patienten mit CNI entwickelt eine terminale Niereninsuffizienz.
  • Diese ist allerdings mit einer hohen Mortalität assoziiert (siehe nächstes Kapitel).
  • Die Nierenersatztherapie rettet Leben.
  • Die Hämodialyse und Peritonealdialyse sind qualitativ äquivalente Verfahren, die individuell angepasst werden.
  • Unbestritten ist die Nierentransplantation die Therapie der Wahl bei ESRD.
  • Inzwischen gibt es nur noch wenige absolute Kontraindikationen zur Transplantation.
  • Durch wissenschaftliche Forschung und klinische Expertise ist die Nierentransplantation inzwischen ein Routineeingriff und die Einjahresfunktionsraten über 95 %.
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