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Die Urologie
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Publiziert am: 06.12.2022

Physiologie und Pathophysiologie der Nieren und Harnleiter

Verfasst von: Markus Ritter und Martin Jakab
Die Nieren dienen der homöostatischen Einstellung und Aufrechterhaltung eines bedarfsadäquaten Wasser-, Salz-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts. Sie eliminieren einerseits harnpflichtige Substanzen und bewahren andererseits wichtige Substrate vor der Ausscheidung. Die renale Ausscheidung wird durch die fein aufeinander abgestimmten Prozesse der Filtration, Resorption und Sekretion bestimmt. Die Nieren erbringen Stoffwechselleistungen, bilden Hormone und greifen umfassend in die endokrine Regulation des Organismus ein. Sie spielen eine zentrale Rolle für die Regulation des Blutdrucks, der intra- und extrazellulären Flüssigkeitsbalance, des Mineralhaushalts, der Blutbildung, des Metabolismus und des Immunsystems. Fehlfunktionen können alle Aufgabenbereiche der Nieren betreffen und führen in der Regel durch pathophysiologische Dysregulationen zu breit gefächerter klinischer Symptomatik und Krankheit. Ein Ausfall der Nierenfunktion ist letal und erfordert zwingend eine Nierenersatztherapie.

Aufgaben und Funktionen der Niere

Die Nieren dienen der homöostatischen Aufrechterhaltung und Einstellung eines bedarfsadäquaten Wasser-, Salz-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts. Sie eliminieren Wasser, harnpflichtige endo- und exogene Substanzen (wie die Stickstoffendprodukte Ammonium, Harnstoff und Harnsäure, Toxine, Medikamente und deren Metaboliten) und konservieren Substrate (wie Glukose oder Aminosäuren). Sie erbringen Stoffwechselleistungen (wie Glukoneogenese oder Argininsynthese), bilden selbst Hormone (wie Erythropoetin), sind an deren Synthese beteiligt (Vitamin-D3-Hormon; 1,25-(OH)2-Cholecalciferol, Calcitriol) und greifen umfassend in die endokrine Regulation des Organismus ein (etwa durch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System). Sie spielen daher eine zentrale Rolle in der Regulation des Hydratationszustandes, der intra- und extrazellulären Flüssigkeitsbalance, des Blutdrucks, des Mineralhaushalts, der Blutbildung, des Metabolismus und des Immunsystems.

Strukturelle Organisation, funktionelle Architektur und Feinbau der Niere

Die Niere eines erwachsenen Menschen weist eine Länge von 10–12 cm und eine Breite von 5,0–7,0 cm auf und wiegt 120–300 g. Makroskopisch lässt sich die hellere Nierenrinde (Kortex) vom dunkleren Nierenmark (Medulla) unterscheiden. Letzteres untergliedert sich in ein äußeres und inneres Mark. Das Nierenmark weist Markstrahlen (Pars radiata) auf, die radiär in Richtung Kapsel weisen und sich zu Nierenpyramiden (Pyramides renales) formieren. Deren Spitzen bilden die Nierenpapillen (Papillae renales), die zum Hilum hin konvergieren und in die Nierenkelche (Calices renales) des Nierenbeckens münden. Unter dem Hilum versteht man die Konvergenz aller Arterien, Venen, Lymphgefäße und Nerven, die in das Organ eintreten bzw. aus diesem austreten. Hier formiert sich auch der Ureter, der als 25–30 cm lange Röhre zu seiner Mündung in die Harnblase führt. Niere und Nervensystem kommunizieren über den Plexus renalis, der aus dem benachbarten Plexus coeliacus hervorgeht. Die Nerven verlaufen entlang der Gefäßstrukturen. Sympathische Nervenfasern aus dem Nervus splanchnicus innervieren die intrarenalen Gefäße bis zum glomerulären Gefäßpol. Aktivierung dieser Fasern führt zur Vasokonstriktion und Abnahme des renalen Blutflusses. Die Nieren erhalten gleichfalls parasympathische Fasern über die Branchi renales des N. vagus. Die Funktion der parasympathischen Innervation ist unklar. Das vasomotorische Zentrum für die Regulation der Nierengefäße liegt am Boden des vierten Gehirnventrikels. Sensorische Innervation erhält die Niere aus den Spinalsegmenten T10–T11. Die zugeordneten Dermatome erfassen die Region der Flanken. Abb. 1 zeigt eine synoptische Darstellung von wesentlichen anatomischen und physiologischen Gegebenheiten der Niere.

Das Nephron

Die funktionelle Einheit der Niere ist das Nephron. Jede Niere beherbergt hiervon etwa 1,2 Millionen. Dies ist etwa dreimal so viel, wie für eine uneingeschränkte Funktion notwendig wäre. Ein Nephron ist 4,5–6,5 cm lang. Es besteht aus dem Nierenkörperchen (Malpighi-Körperchen) mit dem Glomerulum und dem daraus hervorgehenden Nierenkanälchen (Tubulus) sowie den dieses System speisenden und umgebenden kapillären Gefäßstrukturen. Der Durchmesser eines Glomerulums beträgt rund 0,2 mm und der des Tubulus im Schnitt 0,05 mm. Ein Tubulus wird von einer einlagigen Schicht spezialisierter Epithelzellen gebildet und ist strukturell und funktionell in verschiedene Abschnitte gegliedert. Tab. 1 gibt in vereinfachter Form die gebräuchlichen Bezeichnungen der einzelnen Abschnitte eines Nephrons wieder.
Tab. 1
Nomenklatur des Tubulussystems. Die anatomisch-morphologische Einteilung ist nicht immer deckungsgleich mit der physiologisch-funktionellen Einteilung. Angegeben sind neben den gebräuchlichen deutschsprachigen Bezeichnungen auch die englische Nomenklatur, die in der Literatur durchgängig verwendeten englischen Abkürzungen sowie die Bezeichnungen der den jeweiligen Tubulussegmenten zuzurechnenden Zelltypen
Anatomisch
Funktionell
Hauptabschnitte
Segmente
Abkürzung
Zelltypen
Proximales Konvolut
Proximaler Tubulus
Pars convoluta – Proximales Konvolut – proximal convoluted tubule
PCT
S1
S2
Henle-Schleife
Pars recta – proximal straight tubule
PST
S3
Intermediärer Tubulus
Pars descendens – Henle-Schleife, dünner absteigender Teil – descending thin limb
DTL
Typ 1
Typ 2
Typ 3
Pars ascendens – Henle-Schleife, dünner aufsteigender Teil – ascending thin limb
ATL
Typ 4
Distaler Tubulus
 
Pars recta – distal straight tubule – thick ascending limb
TAL
TAL
Macula densa – MD
MD
MD
Distales Konvolut
früh distal
Pars convoluta – distal convoluted tubule
DCT
DCT + IC
Sammelsystem
spät distal
Verbindungsstück – connecting tubule
CNT
CNT + IC
Sammelrohr
Kortikales Sammelrohr – cortical collecting duct
CCD
PC + IC
Medulläres Sammelrohr – outer medullary collecting duct
OMCD
Medulläres Sammelrohr – inner medullary collecting duct
IMCD
PC
S Segment; IC intercalated cell (Schaltzelle); PC principal cell (Hauptzelle)
Die Epithelzellen der Tubuli weisen eine polarisierte Organisation auf mit einer apikalen Seite, welche die Wand des Harn transportierenden Tubuluslumens bildet und einer basolateralen Seite, die dem Interstitium und den die Tubuli umflechtenden Blutkapillaren zugewandt ist. Die apikale Membran des proximalen Tubulus ist bürstenartig mit Mikrovilli besetzt, die zur Vergrößerung der Membranfläche dienen (Bürstensaummembran). Die basolaterale Membran ist durch tiefe Membraneinfaltungen gekennzeichnet (basales Labyrinth).
Die Nephrone sind longitudinal in Richtung Papille arrangiert, wobei deszendierende und aszendierende Abschnitte eines Tubulus in unmittelbarer Nachbarschaft liegen und antiparallel verlaufen. Nach der Lage der Nephrone unterscheidet man oberflächliche kortikale von tiefen medullären Nephronen. Kortikale Nephrone reichen bis an die Mark-Rinden-Grenze und medulläre Nephrone bis tief ins Mark und die Papille (Abb. 1). Der schematische Aufbau des Tubulussystems ist in Abb. 2 dargestellt.

Renales Gefäßsystem und Nierendurchblutung

Die Nierenarterien (Aa. renales) entspringen der Aorta descendens in der Höhe L1–L2. Die Äste einer A. renalis zweigen sich in Aa. segmentales und weiter in die Aa. interlobares auf. Diese ziehen zwischen benachbarten Markpyramiden ins Parenchym und bilden an der Mark-Rinden-Grenze die Aa. arcuatae. Ihnen entspringen die radiär zur Rinde ziehenden Aa. interlobulares. Aus ihnen zweigen die Arteriolae glomerulares afferentes (afferente Arteriolen, Vasa afferentia) ab, die im Glomerulum ein knäuelartiges Kapillargeflecht bilden (glomeruläres Kapillarnetz), um sich dann wieder zu Arteriolae glomerulares efferentes (efferente Arteriolen, Vasa efferentia) zu vereinigen. Im glomerulären Kapillarnetz findet die Filtration der Plasmaflüssigkeit ins Glomerulum und somit die Bildung des Primärharns statt. Aus den Vasa efferentia der kortikalen Nephrone formiert sich ein peritubuläres Netzwerk, dessen Kapillaren die kortikalen Nephrone eng umflechten und deren Effluat in die Vv. interlobulares und die Vv. arcuatae mündet. Die efferenten Arteriolen juxtamedullärer Glomeruli dienen als Ursprung der Arteriolae rectae, welche parallel zu den medullären Nephronen ins Nierenmark verlaufen und diese mit einem dichten Kapillarnetz umspinnen. Die Venulae rectae leiten das Blut dann zu den Vv. arcuatae und weiter über die Vv. interlobares zur V. renalis. Die Nierenvenen münden direkt in die V. cava inferior. Das Gefäßsystem der Niere ist somit ein Pfortadersystem mit zwei hintereinander geschalteten Kapillarnetzwerken (Abb. 1).
Der intrarenale Verlauf des arteriellen Mitteldruckes ist von einem ersten Abfall in den Vasa afferentia von ca. 115 auf 60 mmHg und einem weiteren Abfall im Bereich der Vasa efferentia von ca. 50 auf 25 mmHg gekennzeichnet. Im Bereich der Glomerulumkapillaren sowie der peritubulären Kapillaren kommt es aufgrund des großen Gesamtgefäßquerschnittes kaum zu einem Druckabfall. Die Strömungswiderstände von Vasa afferenia und Vasa efferenia bestimmen die Durchblutung und die Druckverhältnisse in den Glomerulumkapillaren. Sie unterliegen einer ausgeprägten Autoregulation und bestimmen entscheidend die Nierendurchblutung und glomeruläre Filtration (Abschn. 3).
Etwa alle 4–5 min passiert das gesamte Blutvolumen einmal die Nieren. Pro Minute gelangen etwa 1,2–1,3 l Blut über die Nierenarterien in die Nieren. Da die glomeruläre Filtration das Plasma, nicht jedoch das Gesamtblut betrifft, ist die physiologisch relevante Größe der renale Plasmafluss (RPF). Er beträgt etwa 500–600 ml/min. Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ist das Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit von der Gesamtheit aller Glomeruli filtriert wird. Sie beträgt etwa 20 % des RPF, also 120 ml/min (rund 170 l/Tag). Der Anteil der GFR am RPF (GFR/RPF) wird als Filtrationsfraktion (FF) bezeichnet. Pro Minute verlassen somit 1–2 ml Flüssigkeit die Nieren als Urin über die Harnleiter.
Der Sauerstoffverbrauch der Nieren ist mit insgesamt 1,2 l/min sehr hoch, was den hohen Anteil der Nieren am Herz-Zeit-Volumen von ca. 20–25 % erklärt. Dabei besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Rinden- und Markdurchblutung, wobei auf die Rindendurchblutung etwa 90 % und auf die des Marks etwa 10 % entfallen. Die Durchblutung in der Rinde beträgt 5 ml/g, im äußeren Mark 2 ml/g und im inneren Mark 0,5 ml/g (Abb. 1). Der Sauerstoff-Partialdruckgradient von der Rinde ins Mark weist daher einen beträchtlichen Gradienten auf. Als Konsequenz daraus ergibt sich, dass aktiver Transport nur in der Nierenrinde und im äußeren Mark möglich ist, im inneren Mark können hingegen nur passive Transportprozesse ablaufen. Zusätzlich zum basalen Verbrauch für die Strukturerhaltung verbraucht die Niere umso mehr Sauerstoff, je höher die NaCl-Transportleistung ist, was durch den hohen Bedarf an Adenosintriphosphat (ATP) für die Aktivität der Na+/K+-ATPase (siehe unten) zu erklären ist. Trotz des hohen Sauerstoffverbrauchs ist aufgrund der hohen renalen Durchblutung die Sauerstoffausschöpfung relativ gering. Im Nierenvenenblut beträgt die Sauerstoffsättigung immer noch ca. 90 %.

Nierenstoffwechsel

Zur Deckung ihres Energiebedarfs und Bildung von ATP bedienen sich die proximalen Tubuluszellen des Abbaus freier Fettsäuren und der Ketonkörper β-Hydroxybutyrat und Azetazetat. Glykolyse findet in diesen Zellen nicht statt. Distale Tubuli und Sammelrohre sind hingegen zur aeroben und anaeroben Glykolyse befähigt.
Die proximalen Tubuluszellen spielen eine wichtige Rolle im Glukosestoffwechsel. Einerseits sind sie in der Lage, die Aminosäuren Alanin und Serin zu bilden, welche in der Leber zur Glukoneogenese herangezogen werden können und so der indirekten Glukosebereitstellung für den Gesamtorganismus zu dienen. Bei azidotischer Stoffwechsellage hingegen nehmen die proximalen Tubuluszellen die aus der Leber stammende Aminosäure Glutamin auf (18 in Abb. 4B) und bilden mit Hilfe der mitochondrialen Glutaminase sowie der Glutamatdehydrogenase (20 und 21 in Abb. 4B) α-Ketoglutarat (2-Oxoglutarat). Dieses wird schließlich zu Glukose metabolisiert und ins Blut abgegeben. Auf diese Weise kann die Niere bei Azidose etwa die Hälfte des Gesamtbedarfs an Glukose decken. Die dabei anfallenden NH4+-Ionen gelangen ins Tubuluslumen und dienen der renalen Säureelimination (Abschn. 4.2.1, „Ausscheidung von Ammonium“). Laktat kann ebenfalls zur Glukoneogenese herangezogen werden.
Die Zellen des proximalen Tubulus sind außerdem wichtigster Bildungsort für die Aminosäure Arginin, welche aus Aspartat und Citrullin gebildet wird. Eine wichtige Rolle kommt ihr auch beim Abbau von Proteinen und Peptiden zu (Abschn. 4.2.1, „Transport von Aminosäuren, Peptiden und Proteinen“). Ist beispielsweise im Rahmen einer Niereninsuffizienz der Abbau von Hormonen betroffen, so zieht dies weitreichende endokrine Störungen nach sich.

Bau und Funktion des glomerulären Filters

Die Nierenrinde beherbergt die sphärischen Nierenkörperchen (Malpighi-Körperchen), welche aus dem Glomerulum und der Bowman-Kapsel bestehen. Ein Glomerulum weist einen Gefäßpol auf, an welchem Vas afferens und Vas efferens in die Kapsel ein- bzw. austreten und einen Harnpol, an dem das Tubulussystem seinen Ursprung nimmt. Das Nierenkörperchen wird somit aus einer doppellagigen Epithelzellschicht gebildet, welche sich als Fortsetzung aus dem Tubulusepithel bildet. Sie bekleidet mit ihrem inneren viszeralen Blatt die 30–40 Kapillarschlingen, welche sich aus Vas afferens und Vas efferens formieren und bildet mit ihrem äußeren parietalen Blatt die Abgrenzung zum umliegenden Gewebe. Zwischen den beiden Blättern befindet sich der Bowman-Kapselraum, in welchen der Primärharn als Ultrafiltrat des Blutplasmas durch die Kapillarschlingen abgepresst wird. Das Kapillarendothel ist teilweise durch Poren mit einem Durchmesser von 50–100 nm fenestriert und liegt einer geschlossenen Basalmembran auf. Deren gegenüberliegende Seite wird von Podozyten bekleidet, die mit ihren sogenannten Fußfortsätzen die Basalmembran flächig bedecken. Dabei greifen die Fußfortsätze benachbarter Podozyten wie Puzzleteile so ineinander, dass dabei Filtrationsschlitze entstehen. Zwischen diesen ist eine Schlitzmembran ausgespannt, die Schlitzporen mit einem Durchmesser von 3–5 nm aufweist. Der glomeruläre Filter wird also durch Kapillarendothel, Basalmembranen, Podozyten und Schlitzmembran gebildet. Die Strukturen des glomerulären Filters tragen durch ihren Besatz mit Proteoglykanen negative Fixladungen, eine Eigenschaft, die für die Selektivität für die zu filtrierenden Stoffe essenziell ist. Die dadurch bedingte Retention negativ geladener Teilchen auf der Blutseite des Filters bedingt eine elektrische Potenzialdifferenz von etwa 1,5 mV, wodurch die Filtration von Kationen begünstigt und jene von Anionen benachteiligt wird (Permselektivität). Weiterhin befindet sich zwischen den Kapillarschlingen das intraglomeruläre Mesangium. Es wird aus Mesangialzellen gebildet, welche zur Phagozytose fähig sind, kontraktile Eigenschaften haben und an der Bildung der Extrazellulärmatrix mitwirken. Am Gefäßpol befindet sich ausgespannt zwischen Vas afferens und Vas efferens extrazelluläres Mesangium, dessen Zellen Teil des juxtaglomerulären Apparates sind.
Der juxtaglomeruläre Apparat ist eine Funktionseinheit, die einem einzelnen Nephron die Möglichkeit zur Kommunikation zwischen Glomerulum und zugehörigem distalen Tubulus ermöglicht. Die Elemente des juxtaglomerulären Apparates sind das extraglomeruläre Mesangium, die Zellen des Polkissens und die Macula densa. Unter dem Polkissen versteht man präglomeruläre granulierte Zellen um das Vas afferens, die myoepitheliale Eigenschaften aufweisen, sympathisch innerviert und zur Bildung und Freisetzung der Peptidase Renin befähigt sind (Abschn. 6.2.1). Unter der Macula densa versteht man jenen Teil des distalen Tubulus, der mit dem ihm zugehörigen Glomerulum am Gefäßpol in Kontakt tritt und über spezialisierte Zellen eine Rückmeldung und Anpassung des glomerulären Filtrations- und tubulären Transporterfolgs gestattet. Abb. 3 zeigt den schematischen Aufbau des Nierenkörperchens (Glomerulum) und des juxtaglomerulären Apparates.
Die Filtrierbarkeit eines Stoffes hängt nicht nur von dessen Molekülradius, sondern auch von seiner elektrischen Ladung ab. Stoffe bis zu einem Molekülradius von <1,8 nm (10 kDa) sind frei filtrierbar wie etwa Elektrolyte, Glukose, Aminosäuren, Kreatinin, Inulin, Polysaccharide bis zu einer Größe von 55 Molekülen oder Peptide bis zu einer Länge von etwa 75 Aminosäuren. Hinsichtlich niedermolekularer Substanzen hat der Primärharn, also das Ultrafiltrat des Glomerulums, nahezu die gleiche Zusammensetzung, Osmolarität und pH-Wert wie das Blutplasma (isoton, pH 7,4), ist frei von Zellen und enthält nur in sehr geringem Ausmaß Peptide und kleinmolekulare Proteine. Stoffe mit einem Molekülradius von >4,4 nm (50 kDa) wie beispielsweise Globuline sind praktisch nicht filtrierbar. Auch kleinmolekulare Moleküle, die an Plasmaproteine gebunden sind, wie Fe2+ oder Ca2+, können den glomerulären Filter nicht passieren. Kleinere filtrierte Plasmaproteine werden fast vollständig tubulär resorbiert (Abschn. 4.2.1). Physiologischerweise beträgt die tägliche Proteinausscheidung mit dem Harn weniger als 150 mg. Für Stoffe mit einem Molekülradius zwischen 1,8 und 4,4 nm, wie Serumalbumine oder Myoglobin, ist die Filtration ladungsabhängig. Wie oben erwähnt, lassen die fixen negativen Wandladungen an Epithelzellen, Basalmembranen und Podozyten negativ geladene Makromoleküle bei gleichem effektivem Molekülradius schlechter passieren als neutrale oder positiv geladene (Permselektivität). Ein Verlust dieser negativen Ladungen, der beispielsweise bei entzündlichen Erkrankungen des Glomerulums vorkommt, begünstigt daher die Ausscheidung negativ geladener Proteine wie Albumin oder Myoglobin (selektive Proteinurie).
Pathophysiologie
Proteinurie und nephrotisches Syndrom
Gelangen durch Schädigung des glomerulären Filters vermehrt Plasmaproteine in die proximalen Tubuli, so wird rasch deren Resorptionskapazität überschritten und es kommt zur Proteinausscheidung mit dem Harn. Eine Proteinurie liegt dann vor, wenn die Eiweißausscheidung mit dem Harn 150 mg (20 mg davon Albumin) pro Tag überschreitet. Beträgt die Albuminausscheidung 20–300 mg pro Tag, so liegt eine Mikroalbumiunurie vor, ein charakteristisches Frühsymptom der hypertensiven und diabetischen Nephropathie. Der Verlust kleinerer Mengen an Protein kann dabei durch gesteigerte Proteinsynthese in der Leber kompensiert werden. Ab einem Proteinverlust von etwa 3 g/Tag entwickelt sich ein nephrotisches Syndrom. Es ist gekennzeichnet durch renalen Verlust von großmolekularen Proteinen mit den Folgen Hypoproteinämie, hypalbuminämische Ödeme durch Senkung des intravasalen onkotischen Drucks, Hypercholesterinämie und Hypertrigyceridämie durch gesteigerte hepatische Synthese von Lipoproteinen, Thromboseneigung durch Mangel an Antithrombin III, defekter Immunabwehr durch Verlust von Faktoren des Komplementsystems und von Immunglobulinen, mikrozytärer Anämie durch Mangel an Transferrin und allenfalls endokrinen Störungen durch Mangel an hormonbindenden Transportproteinen.
Glomerulonephritis, Goodpasture Syndrom
Durch lösliche Antigen-Antikörper-Komplexe, die im glomerulären Filter hängen bleiben und zur Komplementaktivierung führen, oder durch Autoimmunreaktionen gegen die Basalmembranen des Filtrationsapparates kann es zu lokalen Entzündungsreaktionen mit Granulozytenaktivierung und Schädigung der Glomeruli kommen. Im ersteren Fall spricht man von einer Immunkomplexnephritis, die durch Pharmaka oder Erreger wie Streptokokken (postinfektiöse Nephritis) ausgelöst werden kann. Masugi-Nepritis oder das Goodpasture-Syndrom (siehe unten) sind durch Autoantikörper ausgelöste Nephritiden. In jedem Fall kommt es im Zuge der Erkrankung zum Abbau negativ geladener Proteoglykane der Basalmembranen durch Glykosaminoglykan spaltende Enzyme aus Entzündungszellen, zu einer Störung der Permselektivität des glomerulären Filters und folglich zur selektiven Proteinurie und in weiterer Folge zum nephrotischen Syndrom. Als Folge der Entzündungsprozesse kommt es durch Verdickung der Basalmembranen, vermehrter Synthese von Matrixproteinen und Proliferation von Endothelzellen, Mesangiumzellen und Epithelzellen zu einer Sklerosierung (Nephrosklerose). Die funktionelle Konsequenz ist eine reduzierte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) als Folge eines verringerten Filtrationskoeffizienten (Abschn. 3.1). Folge der Sklerosierung ist auch eine Einengung des glomerulären Gefäßbettes mit einer Steigerung des Gefäßwiderstandes und reduziertem renalen Blutfluss (RBF; Abschn. 3.1). Dies wiederum kann über eine gesteigerte Reninausschüttung und Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS; Abschn. 6.2) zur renalen Hypertension führen.
Beim Goodpasture-Syndrom finden sich Immunglobulin-G (IgG)-Anlagerungen entlang der Kapillaren mit Komplementaktivierung und Aktivierung von Granulozyten, Makrophagen und Thrombozyten. Durch Freisetzung von ROS („reactive oxygen species“) und Zytokinen aus Immunzellen sowie Proteasen kommt es dabei zur Schädigung der Basalmembranen mit Lungenbeteiligung (Alveolarbasalmembran).

Regulation der renalen Hämodynamik und der glomerulären Filtration

Renaler Blut- und Plasmafluss, Clearance, GFR und Filtrationsfraktion

Mit knapp unter 25 % des Herzzeitvolumens sind die Nieren gemessen am Organgewicht sehr stark durchblutet (renaler Blutfluss, RBF). Die ausreichende Sauerstoffversorgung (Abschn. 2.2 und 2.3) ist zur Gewährleistung der Transportprozesse essenziell. Da in der Niere wie in allen Kapillaren des Körpers Blutplasma gefiltert wird, ist der renale Plasmafluss (RPF) eine relevante Größe und errechnet sich wie folgt:
$$ RPF= RBF\times \left(1-H\ddot{a} matokrit\right) $$
Der Anteil des RPF, der pro Zeiteinheit filtriert wird, wird als glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bezeichnet und liegt bei ca. 120 ml/min korrigiert auf die Körperoberfläche (1,73 m2), also bei 20–25 % des RPF. Das Verhältnis GFR/RPF wird als Filtrationsfraktion (FF) bezeichnet.
Zur Bestimmung des RPF eignet sich jede Substanz, die in der Niere exkretiert, weder im Organ gebildet noch abgelagert oder metabolisiert wird und deren Konzentration im renal-arteriellen und renal-venösen Plasma bestimmbar ist. Idealerweise handelt es sich dabei um Substanzen, die im Zuge einer Nierenpassage praktisch vollständig dem Plasma entzogen werden. Eine Substanz, die diese Eigenschaft nahezu perfekt erfüllt, ist Para-Amminohippursäure (PAH), deren Exkretion rund 90 % beträgt. In diesem Fall entspricht die Clearance dieser Substanz, also jenes Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit vollständig von der Substanz geklärt wird, dem RPF. PAH wird infundiert und dessen Plasma (PPAH)- und Urinkonzentration (UPAH) sowie das Urinzeitvolumen (VU) gemessen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei Infusion in geringen Dosen unterhalb der Nierenschwelle durchschnittlich 90 % des PAH während einer Nierenpassage aus dem arteriellen Blut entfernt wird, kann die PAH-Clearance und damit der effektive RPF (ERPF in ml/min) aus der folgenden Formel berechnet werden:
$$ ERPF=\frac{U_{PAH}\times {V}_U}{P_{PAH}\times 0,9} $$
Bei einem mittleren systemischen arteriellen Blutdruck von 100 mmHg liegt der Blutdruck in den Glomerulumkapillaren bei ca. 50 mmHg, wobei der größte präkapilläre Druckabfall in den afferenten Arteriolen stattfindet. Der hydrostatische Druck entlang der Kapillaren als Triebkraft für die Filtration wird über einen weiten Bereich arterieller Mitteldrücke von 75–200 mmHg mittels Autoregulation (s. unten) konstant gehalten, so dass der Druckabfall in diesem Bereich mit 1–3 mmHg gering ist. Ein weiterer Druckabfall erfolgt postkapillar entlang der efferenten Arteriolen auf rund 8 mmHg in den peritubulären Kapillaren.
Die Unabhängigkeit des glomerulokapillären Blutdrucks über einen weiten Bereich systemischer Mitteldrücke sichert eine konstante Filtrationsleistung (GFR) und beruht auf einer Regulation der Nierendurchblutung über die Gefäßweite, vor allem von Vas afferens und Vas efferens, durch neuronale, humorale und lokale Faktoren (Tab. 2). Widerstandsänderungen im Vas afferens führen zu gleichsinnigen Änderungen des RBF (RPF) und der GFR, d. h. eine Vasokonstriktion senkt den Blutfluss und führt über einen erniedrigten glomerulokapillären hydrostatischen Druck zu einer Reduktion der GFR und umgekehrt. Hingegen haben Widerstandsänderungen im Vas efferens gegensinnige Effekte auf Perfusion und GFR, d. h. eine Vasokonstriktion senkt zwar den RPF, führt aber über einen erhöhten Druck in der vorgeschalteten Glomerulumkapillare zu einer gesteigerten GFR und umgekehrt.
Tab. 2
Faktoren der Regulation der renalen Hämodynamik und glomerulären Filtration.
Auslöser
Wirkungsweise
Mediator
Rezeptoren
Antwort (Wirkort)
Effekt
RBF (RPF)
GFR
FF
Blutdruckanstieg
Myogen
Cai
 
VK (Va)
Blutdruckabfall
Myogen
Cai
 
VD (Va)
πPlasma
 
πPlasma
 
UK/UO
 
Perizytenkontraktion
 
GK
Lokale Faktoren
Parakrin
Adenosin
A1
VK (Va)
Humoral
ANP
ANPRA, ANPRB
VD (Va), VK (Ve)
Lokal und humoral
ATII
AT1
VK (Va und Ve)
Lokal
ATP
P2X1
VK (Va)
Lokal und humoral
Endothelin-1
ETA, ETB
VK (Va und Ve)
Lokal
 
VD (Va)
Lokal
PGE2, PGI2
PG-R
VD (Va)
Lokal
Urodilatin
ANPRA, ANPRB
    
Parasympathikus
Neuronal
ACh
M2
VD (Va)
Lokal/humoral
Dopamin (niedrig dosiert)
D1, D2
VD (Va und Ve)
Humoral
Dopamin (hoch dosiert)
α1
VK (Va und Ve)
Humoral
Adrenalin
α1
VK (Va und Ve)
Neuronal über Sympathikus
Noradrenalin
β1
Reninausschüttung (Erhöhung der basalen Ausschüttung)
 
α1
VK (Va und Ve)
↓/↓↓
–/↓
↑/–
Reninausschüttung (Verschiebung der Schwelle zu höheren Blutdruckwerten)
 
ACh Acetylcholin; ANP atriales natriuretisches Peptid; ATII Angiotensin II; Cai intrazelluläre Kalziumkonzentration; FF (= GFR/RPF) Filtrationsfraktion; GFR glomeruläre Filtrationsrate; GK Glomerulumkapillaren; NO Stickoxid; PGE Prostaglandin E; PGI2 Prostacyclin; PG-R G-Protein-gekoppelte Prostaglandinrezeptoren; πPlasma onkotischer (kolloidosmotischer) Druck des Plasmas (Plasmaproteinkonzentration); RBF, RPF renaler Blut-, Plasmafluss; Va/Ve Vas afferens/efferens; UK/UO Ureterkonstriktion/Obstruktion; VD Vasodilatation; VK Vasokonstriktion; Anstieg; Abfall; ↓↓ starker Abfall; − keine Änderung
Renale Autoregulation ist auch in denervierten oder isolierten Organen zu beobachten und beruht zum Teil auf einer direkten myogenen Antwort der glatten Gefäßmuskelzellen des Vas afferens (Bayliss-Effekt). Sie wird durch dehnungsaktivierte (mechanosensitive) Kationenkanäle und einen Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration (Cai) vermittelt. Dadurch erhöht sich der Arteriolentonus proportional zum Perfusionsdruck und gewährleistet einen konstanten hydrostatischen Druck in der nachgeschalteten Glomerulumkapillare.
Ebenfalls an der afferenten Arteriole greift das tubuloglomeruläre Feedback (TGF) an, das über die Zellen der Macula densa (MD) des juxtaglomerulären Apparates (Abb. 3) vermittelt wird und zu einer Konstriktion des Vas afferens mit Reduktion der Filtration am selben Nephron führt. Ausgelöst wird der Rückkopplungsmechanismus durch eine erhöhte spätproximale Durchflussrate und/oder Kochsalzmenge bei erhöhter Filtration. Sie zielt auf eine Koordination der Einzelnephron-GFR und der tubulären Resorption ab. So wird ein Überfahren der Transportkapazitäten im proximalen Nephron, wo der Großteil der NaCl- und Wasserresorption abläuft, verhindert. Da die distalen Nephronabschnitte proximale Verluste nicht vollständig kompensieren könnten, verhindert das TGF auf diese Weise massive Salz- und Wasserverluste über die Nieren. Weiterhin wird über das TGF der RPF von Nephronen mit reduzierter Resorptionsleistung auf solche mit uneingeschränkter Transportleistung umverteilt. Parakrine Mediatoren, die von den MD-Zellen ausgeschüttet werden und zur Kontraktion der glatten Muskelzellen des Vas afferens führen, sind u. a. Adenosin, ATP und Angiotensin II (ATII). Initialer Schritt zur Auslösung des TGF ist die Aufnahme von Na+- und Cl-Ionen in die MD-Zellen über Na+/K+/2Cl-Kotransporter NKCC (vgl. Abb. 4E und Tab. 3). So ergibt sich die massive diuretische Wirkung der Schleifendiuretika (NKCC-Blocker wie Furosemid) einerseits durch die Hemmung der NaCl-Resorption im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife und damit einer verringerten Harnkonzentrierung (Abschn. 5.6) und einer gleichzeitigen Unterbindung des TGF.
Tab. 3
Tubuläre Transportproteine und genetische Transportdefekte. In dieser Tabelle sind die gebräuchlichen funktionellen Bezeichnungen, approbierten Proteinnamen, Gennamen und Solute-Carrier-Familiennamen (SLC-Nomenklatur) sowie eine Kurzbeschreibung von Funktion und Wirkungen der Proteine, Faktoren, die zu deren Aktivierung (+) und/oder Hemmung(−) führen und allfällig bekannte Gendefekt-Syndrome bzw. Krankheiten und deren Online-Mendelian-Inheritance-in-Man-Klassifikation (OMIM) angeführt. Die Nummerierung in dieser Tabelle korrespondiert mit jener in Abb. 4A-H (Abb. 4a, b)
Lokalisation der Zelle gemäß Abb. 2
Nr.
Bezeichnung
Gen
SLC-Name
Protein
Funktion und Wirkung
Aktivierung (+) und
Hemmung(−)
Gendefekt-Syndrom/Krankheit oder funktioneller Defekt
OMIM-Klassifikation
A
1
Natrium-Kalium-ATPase
ATP1A1, 2.3.4; ATP1B1, 2.3.4
ABC10; α-, β-, γ-Untereinheit
Primär aktiver zellulärer Export von Na+-Ionen und Import von K+-Ionen; treibende Kraft für alle Resorptions- und Sekretionsprozesse; Na+-Resorption
(−) Energiemangel; endogenes Ouabain; Dopamin; Azidose; Digitalis-Glykoside
Bei Hemmung Salzverlustsyndrom, Zellschwellung, Zelltod
182310 (ATP1A1)
182340 (ATP1A2)
182350 (ATP1A3)
607321 (ATP1A4)
A
2
Kaliumkanal
KCNK5
TASK-2a (K2P5.1)
Regulation des Zellmembranpotenzials Vm
(+) Hypokaliämie (Hyperpolarisation von Vm)
(−) Hyperkaliämie (Depolarisation von Vm)
Hemmung (Depolarisation von Vm) oder Steigerung (Hyperpolarisation von Vm; hypokalämische Alkalose) der proximal tubulären HCO3 Resorption
603493
A
3
Natrium-Protonen-Austauscher Typ 3
SLC9A3
NHE3
Transport von H+-Ionen ins Lumen im Austausch gegen Na+-Ionen; Na+-Resorption (50 %); H+-Ionen titrieren luminales HCO3, HPO42− und NH3; ermöglicht Bicarbonatresorption und Säureausscheidung als H2PO4 und NH4+
(+) Angiotensin II; Azidose
(−) Dopamin; Amilorid (hohe Konzentration)
Proximale renal-tubuläre Azidose Typ 2 (RTA II); Bicarbonaturie
182307
A
4
Carboanhydrase
CA2, CA4
Carboanhydrase Typ II (luminal) und Typ IV (intrazellulär)
Katalyse CO2 + H2O ↔ HCO3 + H+
(−) Azetazolamid (Diurese, Bicarbonaturie)
CA II: Rezessive gemischte proximal-distale renale Tubuläre Azidose Typ III (RTA III); Osteopetrose
611492 (CA2)
114760 (CA4)
A
5
  
Zelluläre CO2-Aufnahme
  
107776
A
6
H2O-Kanäle
AQP1
Aquaporin; Colton-Blutgruppen-Antigen
Wassertransport, zelluläre CO2-Aufnahme
 
Störung des Wasserhaushalts
107776
A
7
Natrium-Bicarbonat-Kotransporter
SLC4A4
kNBC, NBC1
Basolateraler Na+-, HCO3-Kotransporter. Stöchiometrie: 1Na+:3HCO3
(+) Angiotensin II
(−) Depolarisation von Vm
Proximale renal-tubuläre Azidose Typ 2 (RTA II) mit okulären Abnormitäten
604278
A
8
Natruim-Protonen-Austauscher Typ 1
SLC9A1
NHE1
Na+/H+-Antiporter; intrazelluläre pH-Regulation, Zellvolumenregulation
(+) intrazelluläre Azidose, Volumenmangel; Zellschrumpfung, Insulin
(−) intrazelluläre Azidose; Zellschwellung; Amilorid (hohe Konzentration)
Hemmung der proximal tubulären HCO3-Resorption (Volumenmangel) mit Volumendepletionsalkalose; Salurese
107310
A
9
Natrium-Phosphat-Kotransporter Typ 2
SLC34A1, SLC34A3, SLC20A2
NaPi-IIa, NaPi-IIc, Pit-2
Luminale Aufnahme von 3Na+/1HPO42− (NaPi-IIa), 2Na+/1HPO42− (NaPi-IIc) und 2Na+/1H2PO4 (Pit-2)
(+) intrazelluläres H+, Alkalose, Hyperkalzämie, Phosphatmangel, niedriges Parathormon
(−) hohes Parathormon; FGF 23; extrazelluläres H+; Klotho (NaPi-IIa)
Renaler Phosphatdiabetes; Phosphatotonie; Nephrolithiasis, hypophosphatämische Osteopetrose Typ 1; Fanconi-renotubuläres Syndrom 2 (SLC34A1); hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalzurie (SLC34A3); idiopathische Basalganglienkalzifizierung (SLC20A2)
182309 (SLC34A1)
609826 (SLC34A3)
158378 (SLC20A2)
A
10
Lysosomale H+-ATPase (V-Typ-H+-ATPase)
ATP6V1B2; ATP6V1B1
ATP6V1B2 und ATP6V1B1
Proximal tubuläre H+-Sekretion
(+) Angiotensin II
Renal-tubuläre Azidose mit progressiver Taubheit (ATP6VB1)
192132 (B1); 606939 (B2)
A
11
Phosphat-Anionen-Kanäle
      
A
12
Phosphat-Anionen-Austauscher
      
A
13
Natrium-Sulfat-Kotransporter
SLC13A1
NaS1
Luminale Aufnahme von SO42−
(−) Selen-Thiosulfat; Molybdän, Zitrat, Succinat
 
606193
A
14
Sulfat-Anionen-Transporter 1
SLC26A1; SLC26A6; SLC26A7
Sat1; Anionen-Transporter 1, Pendrin-like Protein 1
Basolateraler Austausch von SO42− mit Anionen; Cl/HCO3-Austausch; Cl /OH-Austausch; Anionen/Oxalat-Austausch
(+) cAMP
 
610130 (SLC26A1)
610068 (SLC26A6)
608479 (SLC26A7)
A
15
Transepitheliales Potenzial
  
Parazelluläre Resorption von Cl (lumen-negatives transepitheliales Potenzial) und Na+, Ca2+, Mg2+ (lumen-positives transepitheliales Potenzial), Harnstoff
(+) Aktivierung basolateraler K+-Kanäle durch Alkalose
(−) Hemmung basolateraler K+-Kanäle durch Azidose
  
A
16
Claudin 16 (Paracellin-1) und Claudin 19
CLDN16 und CLDN19
Proteine der Tight Junctions
Regulation des parazellulären Transports
 
Familiäre (primäre) Hypomagnesiämie und Nephrolithiasis; renale Hypomagnesiämie mit okulärer Beteiligung
603959 (CLDN16)
610036 (CLDN19)
A
17
Solvent Drag
  
Parazelluläre Resorption von H2O und Soluten, die durch den Wasserstrom mitgerissen werden
(−) Hyperkalzämie
  
B
18
Na+-Glutamin-Kotransporter
SLC38A3
SN1
Luminale Na+-gekoppelte Aufnahme von Glutamin (Aminosäure-Transporter-System N, vgl. Protein 42 und 35–38 in Abb. 5)
  
604437
B
19
Nichtionische NH3-Diffusion
  
Diffusion von NH3 ins Tubuluslumen
   
B
20
Mitochondriale Glutaminase
Glutaminase
GLS
Katalyse Glutamin → NH4+ + Glutamat
   
B
21
Glutamatdehydrogenase
Glutamatdehydrogenase
GLUD
Katalyse Glutamat → NH4+ + 2-Oxoglutarat
   
B
22
Na+-Dicarboxylat-Transporter
SLC13A2
NaDC1
Aufnahme von 2-Oxoglutarat (= α-Ketoglutarat)
 
Hypozitraturie, Nephrolithiasis
604148
B
23
Organischer Anionen-Transporter Typ 1 und 3
SLC22A6 und SLC22A8
OAT1 und OAT3
Export von 2- Oxoglutarat (= α-Ketoglutarat), basolaterale Abgabe von Dicarboxylaten und Aufnahme von endogenen (Urat, Oxalat, Hippurat) und exogenen (Para-Aminohippurat, Phenolrot) organischen Anionen und Pharmaka (Penicillin, Barbiturate, Diuretika)
(−) α-Ketoglutarat, Probenicid (OAT1) Furosemid, Indomethacin
 
607582 (SLC22A6)
607581 (SLC22A8)
B
24
Organischer Anionen-Transporter
  
Luminale Abgabe organischer Anionen durch erleichterte Diffusion
   
B
25
Natrium-Glukose-Kotransporter
SLC5A2
SGLT2
Niedrigaffine luminale Glukoseresorption
(−) Phlorizin, Dapagloflozin, Canagliflozin
Familiäre renale Glukosurie Typ A (Defekt der maximalen Transportrate); Typ B (Defekt der Affinität für Glukose); Typ 0 (vollständiges Fehlen der Glukoseresorption)
182381
B
26
Glukose-Transporter Typ 2
SLC2A2
GLUT2
Basolaterale Glukoseabgabe
 
138160
B
27
Fruktose-Transporter
SLC2A5
GLUT5
Luminale Aufnahme und basolaterale Abgabe von Fruktose
  
138230
C
28
Luminale Proteinbindung und Endozytose
LRP2 und CUBN
Megalin und Cubilin
Bindung und Endozytose filtrierter Proteine
 
Donnai-Barrow-Syndrom (Megalin), megaloblastische Anämie mit Low-molecular-weight-Proteinurie (Cubilin)
600073 (LRP2)
602997 (CUBN)
C
29
Lysosomale V-Typ-H+-ATPase
ATP6V1C1
ATP6V1C1
Aktive lysosomale H+-Aufnahme, Ansäuerung und Proteolyse
  
603097
C
30
Lysosomaler Chloridkanal; 2Cl/H+-Austauscher
CLCN5 oder CLC5
CLC5
Cl-begleitete lysosomale H+-Aufnahme
 
Dent-Krankheit; Hypophosphatämische Rachitis; Nephrolithiasis Typ 1; Low-molecular-weight-Proteinurie mit hyperkalzurischer Nephrokalzinose
300008
C
31
Di/Tripeptid H+-Kotransporter
SLC15A1 und SLC15A2
PEPT1 und PEPT2
Kotransport von Di- und Tripeptiden mit H+, Resorption von β-Laktam-Antibiotika
  
600544 (SLC15A1)
602339 (SLC15A2)
C
32
Intrazelluläre Peptidase
DPP und TPP
Dipeptidyl- und Tripeptidyl-Peptidase
Spaltung von Di- und Tripeptiden
   
C
33
Bürstensaum-Peptidase
SLC15A2
PepT2
Aufspaltung filtrierter Peptide
  
602339
C
34
Heterodimeres Aminosäure-Transportsystem b0,+ rBAT
SLC7A9 und SLC3A1 (rBAT)
SLC7A9
Luminaler Austausch von Arginin, Lysin, Ornithin und Cystin mit anderen AS
 
Cystinurie A (Cystinurie Typ 1, SLC3A1; rBAT) und Cystinurie B (Cystinurie Non-Typ 1, SLC7A9); Nephrolithiasis
604144 (SLC7A9)
104614 (SLC3A1)
C
35
Aminosäure-Transportsystem XAG
SLC1A1
EAAC1 (EAAT3)
Luminaler Kotransport negativer AS und Na+ oder H+
 
Dicarboxyl- (saure) Aminoazidurie
133550
C
36
Aminosäure-Transportsystem B
SLC6A19 und SLC6A18
B0AT1 und B0AT3
Luminaler Kotransport von neutralen AS und Na+, Transport von Osmolyten (Taurin, Betain) und Kreatinin
 
Hartnup-Krankheit, Hyperglycinurie, Nikotinsäuremangel; Iminoglycinurie (SLC6A19); Hyperglycinurie; Iminoglycinurie (SLC6A18)
608893 (SLC6A19)
610300 (SLC6A18)
C
37
Aminosäure-Transportsystem IMINO
SLC36A1 und SLC36A2
PAT1 und PAT2
Luminaler Kotransport Glycin, Alanin, Prolin und Hydroxyproline mit H+
 
Hyperglycinurie, Iminoglycinurie (SLC36A2)
608331 (SLC36A2)
606561 (SLC36A1)
C
38
Prolin-IMINO-Transporter
SLC6A20
XT3
Luminaler Kotransport Prolin mit Na+, Cl
 
Hyperglycinurie, Iminoglycinurie
605616
C
39
T-Typ-Aminosäure-Transporter 1 und L-Typ-Aminosäure-Transporter 4
SLC16A10 und SLC43A2
TAT1 und LAT4
Basolateraler Aromatische-Aminosäuren-Transporter
  
607550 (SLC16A10)
610791 (SLC43A2)
C
40
Heterodimeres L-Typ-Aminosäure-Antiportsystem 8
SLC7A8 und SLC3A2
LAT2 und 4F2hc
Basolateraler Antiport neutraler und zwitterionischer Aminosäuren (SLC7A8) sowie neutraler und dibasischer AS (SLC3A2)
  
604235 (SLC7A8)
158070 (SLC3A2)
C
41
Heterodimeres Kationische-Aminosäure-Antiportsystem y+L
SLC7A7 und SLC3A2
y+ LAT1 und 4F2hc
Basolateraler Antiport intrazellulärer positiver gegen extrazelluläre negative Aminosäuren
 
603593 (SLC7A7)
C
42
Na+-Aminosäure-Kotransportersystem N
SLC38A3
NAT1
Basolateraler Kotransport von Glutamin, Histidin, Asparagin und Alanin mit Na+
  
604437
C
43
Na+-Monocarboxylat- und Dicarboxylat-Kotransporter
SLC13A2 und SLC13A3
NaDC1 und NaDC3
Luminale Aufnahme von Mono- und Dicarboxylaten
  
604148 (SLC13A2)
606411 (SLC13A3)
C
44
Na+-Monocarboxylat-Kotransporter 8
SLC5A8
SLC5A8
Luminaler hochaffiner Na+-Laktat-Kotransporter, Laktatabsorption
  
608044
C
45
H+-Monocarboxylat-Transporter
SLC16A1
MCT1
Basolaterale Abgabe von Monocarboxylaten im Symport mit H+
 
Erythrozyten-Laktat-Transporterdefekt; familiäre insulinämische Hypoglykämie
600682
C
46
ATP-binding cassette, sub-family C (CFTR/MRP), member 2; Multi-Drug-Resistance-Protein Typ 2
ABCC2
ABCC2 (MRP2; CMOAT)
Primär-aktive Konjugatpumpe zur Ausscheidung amphiphiler Konjugate
 
601107
D
47
Chlorid-Basen-Austauscher
SLC26A4
Pendrin
Luminaler Export von Formiat-, Oxalat-, HCO3 und OH im Austausch gegen Cl
 
Pendred-Syndom; autosomal-rezessive Taubheit Typ 4
605646
D
48
K+/Cl Kotransporter
SLC12A4 und SLC12A6
KCC1 und KCC3
Basolateraler Cl-Ausstrom
 
Agenesie des Corpus callosum mit peripherer Neuropathie (SLC12A6)
604119 (SLC12A4)
604878 (SLC12A6)
D
49
Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator
CFTR
ABCC7
Chloridkanal, basolateraler Cl-Ausstrom
 
602421
D
50
Verschiedene Chlorid- und Anionenkanäle
SLC26A7; ANO1
AE7; SUT2; TMEM16A/Anoctamin; Swell1/LRRC8
Luminler Chloridkanal, pHi-Sensor, Zellvolumenregulation
(+) intrazelluläre Azidose erhöht Cl-Selektivität; Zellschwellung
  
D
51
Organische-Kationen-Transporter 1 und 2
SLC22A1 und SLC22A2
SLC22A1 und SLC22A2 (OCT1 und OCT2)
Basolaterale (OCT1) Aufnahme organischer Kationen durch erleichterte Diffusion; Sekretion von Kreatinin (OCT2)
  
602607 (SLC22A1)
602608 (SLC22A2)
D
52
Organische-Kationen-H+-Austauscher
  
Luminaler Export organischer Kationen im Austausch mit H+
   
D
53
ATP-binding cassette, sub-family B (MDR/TAP), member 1
ABCB1
MDR1
Primär aktiver luminaler Export endogener (Cholin, Katecholamine, biogene Amine) und exogener (zahlreiche Pharmaka) organischer Kationen
 
Colchicin-Resistenz
171050
D
54
Harnsäure-Transporter 1 (Urat-Anionen-Austauscher)
SLC22A12
URAT1
Luminale Aufnahme von Harnsäure im Austausch gegen Anionen (Laktat, β-Hydroxybutyrat, α-Ketoglutarat, HCO3)
(−) Östrogene, Urikosurika, Dehydratation, Ketoazidose, Diuretika, Salicylate, Alkohol
Renale Hypourikämie Typ 1
607096
D
55
ATP-binding cassette, sub-family C (CFTR/MRP), member 4 (Multi-Drug-Resistance-Protein-Typ 4)
ABCC4
ABCC4 (MRP4)
Primär aktiver Export von Harnsäure
  
605250
D
56
Glucose-facilitated transporter 9 long, Urat-Transporter
SLC2A9
GLUT9
Basolateraler Hexose-Transporter, basolaterale Abgabe von Glukose, Fruktose und Harnsäure
 
Renale Hypourikämie Typ 2
606142
D
57
Glucose-facilitated transporter 9 short
SLC2A9
GLUT9 (GLUT9ΔN)
Apikaler Hexose-Transporter, luminale Aufnahme von Glukose, Fruktose und Harnsäure
  
606142
D
58
Na+-Glukose-Kotransporter Typ 1
SLC5A1
SGLT1
Hochaffine luminale Aufnahme von Glukose und Galaktose
 
182380
D
59
Glukose-Transporter Typ 1
SLC2A1
GLUT1
Basolaterale Glukoseresorption
 
GLUT1-Defizienz-Syndrom 1 und 2; Dystonie Typ 9
138140
E
60
Na+/K+/2Cl-Kotransporter
SLC12A1
NKCC2
Luminale Aufnahme von Na+-, K+- und 2Cl-Ionen; NaCl-Resorption
(+) ADH
(−) Prostaglandin E2; Schleifendiuretika; Hyperkalzämie (via CaSR)
Bartter-Symdrom Typ 1; bei Hemmung Salurese, Diurese, Kaliurese, Hypokaliämie
600839
E
61
Luminaler K+-Kanal
KCNJ1
ROMK, Kir1.1
Ausstrom von K+-Ionen zur Rezirkulation via NKCC2
(+) Aldosteron; ADH; Aktivierung des Calcium-Sensing-Receptors CaSR; Klotho
(−) Prostaglandin E2; intrazelluläre Azidose; Hypokaliämie reduziert K+-Rezirkulation über NKCC2
600359
E
62
Basolateraler Chloridkanal
CLCN5; CLCNKA; CLCNKB
CLCK2 (CLC-K2,CLCN5); CLCK1 (CLCNKA,CLC-K1); CLCKB (CLCNKB)
Basolateraler Ausstrom von Cl
(+) ADH
CLCN5: Dent-Krankheit Typ 1; Low-molecular-weight-Proteinurie mit Hyperkalzurie und Nephrokalzinose; X-linked Nephrolithiasis; CLCNKA: Bartter-Syndrom, Typ 4b; CLCNKB: Bartter-Syndrom Typ 3 und 4b
300008 (CLCN5)
602024 (CLCNKA)
602023 (CLCNKB)
E
63
Barttin
BSND
Barttin
Essenzielle β-Untereinheit für Cl Kanäle
 
Bartter-Syndrom Typ 4a (digenisch mit CLCKA/hClC-Ka oder Barttin); sensorineurale Taubheit mit milder renaler Dysfunktion
606412
E
64
Cl/HCO3-Austauscher
SLC4A2
AE2
Basolaterale Rezirkulation von Cl-Ionen, intrazelluläre pH-Regulation, Zellvolumenregulation
 
Renale tubuläre Azidose
109280
E
65
Natrium-Protonen-Austauscher Typ 4
SLC9A4
NHE4
Basolaterale Aufnahme von NH4+; intrazelluläre pH-Regulation, Zellvolumenregulation
(+) Zellschrumpfung
 
600531
E
66
Luminler K+/NH4+-Austauscher
 
vgl. 6a, 7 und 63
Luminale elektroneutrale Aufnahme von NH4+
(−) Verapamil, ADH
  
E
67
Luminaler Ca2+-Kanal
FXYD2
TRPV5/ECAC1
Luminaler Einstrom von Ca2+
(+) Parathormon; niedriges intrazelluläres Ca2+; Klotho; luminales Kallikrein; alkalischer luminaler pH-Wert
(−) saurer luminaler pH-Wert
 
606679
E
68
Kalziumbindendes Protein
CALB2
Calbindin D29K
Intrazellulärer Ca2+ Transport
(+) Calcitriol, Östrogene
Familiäre Hypomagnesiämie, Hyperkalzurie, Nephrokalzinose
114051
E
69
Na+/Ca2+-Austauscher
SLC8A1
NCX1
Sekundär aktiver Export von Ca2+
(+) Calcitriol, Östrogene
 
182305
E
70
Ca2+-ATPase
ATP2B1
PMCA1(b)
Primär aktiver Export von Ca2+
(+) Calcitriol, Östrogene, intrazelluläres Ca2+
 
108731
F
71
Thiazid-sensitiver Na+/Cl-Kotransporter
SLC12A3
TSC, NCCT
NaCl-Resorption
(+) Aldosteron, ADH
(−) WNK-Kinasen; Thiazid-Diuretika
Gitelman-Syndrom; Gordon-Syndrom (bei genetischem Defekt der WNK-Kinasen)
600968
F
72
Na+/K+-ATPase γ-Untereinheit
FXYD2
ATP1G1
γ-Untereinheit der Na+/K+-ATPase
 
Renale Hypomagnesiämie Typ 2 (isolierter renaler Magnesiumverlust)
601814
F
73
Basolateraler K+-Kanal
KCNJ10 und KCNJ16
Kir4.1 und Kir5.1
  
SESAME-Syndrom (KCNJ10)
602208 (KCNJ10)
605722 (KCNJ16)
F
74
CLC-Chloridkanal (s. auch 63)
CLCNKB
CLCNB, hClC-Kb
  
Bartter-Syndrom Typ 3, Bartter-Syndrom Typ 4b (digenisch mit CLCKA/hClC-Ka)
602023
F
75
Magnesium-Kanal (Transient receptor potential cation channel, subfamily M, member 6)
TRPM6
Melastatin-related TRP cation channel 6
Luminale Resorption von Mg2+
(+) Parathormon; ADH; Aldosteron; Calcitonin; Prostaglandin E2; Amilorid
(−) Azidose; Hypokaliämie; Hypophosphatämie
Intestinale Hypomagnesiämie Typ 1
607009
F
76
Apikaler K+-Kanal
KCNA1
Kv1.1
Kolokalisation mit epithelialem Magnesiumkanal-TRPM6
 
Episodische Ataxie Typ 1; Myokymie Typ 1; Myokymie Typ 1 mit Hypomagnesiämie
176260
F
77
Na+/Ca2+-Austauscher
Na+/Mg2+-Austauscher
Unbekannt
Unbekannt
Basolaterale Resorption von Ca2+ und Mg2+ im Austausch gegen Na+
   
F
78
Ca2+-ATPase
Mg2+-ATPase
Unbekannt
Unbekannt
Basolaterale primär aktive Ca2+- und Mg2+-Resorption
   
F
79
Unselektiver Kationenkanal
TRPV4
Osmosensitive transient receptor potential channel 4
Osmosensor
(−) Zellschrumpfung
(+) Zellschwellung
Serum sodium level quantitative trait locus syndrome (Hyponatriämie)
605427
G
80
Epithelialer Na+-Kanal
SCNN1A, B und G
ENaC
Na+-Resorption; treibt apikalen K+-Ausstrom an
(+) ADH
(−) Amilorid
Pseudohypoaldosteronismus, Typ 1; Liddle-Syndrom
600228 (SCNN1A)
600760 (SCNN1B)
600761 (SCNN1G)
G
81
Rhesus-Blutgruppen-Antigen
RHCG
Rh Family, C-Glykoprotein
Basolaterale Aufnahme und luminale Abgabe von NH4+
  
605381
G
82
AQP2-Wasserkanäle (in der apikalen Membran und Vesikeln)
AQP2
AQP2 (Vasopressin V2 Rezeptor AVPR2)
ADH-stimulierte Fusion von AQP2-haltigen Membranvesikeln
(+) ADH
X-chromosomaler nephrogener Diabetes insipidus (AVPR2); nephrogener Diabetes insipidus (autosomal; AQP2)
107777
G
83
H2O-Kanäle
AQP3 und AQP4
Aquaporin 3 und 4
Basolaterale Aquaporine
  
600170 (AQP3)
600308 (AQP4)
G
84
Polycystin 1
PKD1
PC1, TRPP1
 
(+) Harnfluss
Polyzystische Nierenerkrankung Typ 1 (autosomal-dominant)
601313
G
85
Polycystin 2
PKD2
PC2, TRPP2
Ca2+-permeabler nichtselektiver Kationenkanal
(+) Harnfluss
Polyzystische Nierenerkrankung Typ 2 (autosomal-dominant)
613095
G
86
Urea-Transporter Typ A
SLC14A2
UT-A
Luminale Aufnahme (UT1) und basolaterale Abgabe (UT4) von Harnstoff
(+) ADH
 
601611
H
87
Natrium-Bicarbonat-Kotransporter
SLC4A7
NBC3
Azidifizierung des Harns, Bicarbonat-Resorption, intrazelluläre pH-Regulation
 
Distale renale tubuläre Azidose
109270
H
88
H+-ATPase
ATP6V0A4 (ATP6N1B; V0-Untereinheit); ATP6V1B (Vi-Untereinheit)
V-Typ (vakuoläre) H+-ATPase
Luminale Protonensekretion (Typ-A-Zelle); basolaterale Protonenresorption (Typ-B-Zelle)
 
Distale renale tubuläre Azidose mit Taubheit (ATP6V1B); mit normalem Hörvermögen (ATP6N1B)
192132 (ATP6V1B1)
H
89
Renale (colonische) H+/K+-ATPase
ATP12A
ATP1AL1
Luminale Protonensekretion (Typ-A-Zelle); basolaterale Protonenresorption (Typ-B-Zelle); Kaliumhaushalt
(+) Azidose; Hypokaliämie
(−) luminales Kallikrein
Distale renale tubuläre Azidose
182360
H
90
Basolateraler Chlorid-Bicarbonat-Transporter
SLC4A1
AE1, Bande-3-Protein
Basolateraler Chlorid-Bicarbonat-Austauscher
 
Distale renale tubuläre Azidose
109270
H
91
Basolateraler K+/Cl-Kotransporter
SLC12A7
KCC4
Basolateraler Cl- und K+-Export
 
Distale renale tubuläre Azidose
604879
Ein gesteigerter Sympathikotonus bei leichtem Blutdruckabfall führt zu einer α1-adrenerg vermittelten Konstriktion von Vas afferens und Vas efferens und damit zu einem reduzierten RBF (RPF). Dennoch kann dabei die GFR unverändert gehalten werden, so dass die FF ansteigt (Tab. 2). Das beruht darauf, dass die efferenten Arteriolen einen geringeren basalen Durchmesser haben und dadurch eine Vasokonstriktion dort einen rund dreifach höheren Anstieg des Widerstandes zur Folge hat, was den filtrationsrelevanten hydrostatischen Druck in der vorgeschalteten Glomerulumkapillare ansteigen lässt. Über den vasokonstriktorischen Effekt hinaus beeinflusst Noradrenalin in der Niere die Ausschüttung von Renin aus den myoepithelialen Zellen des Vas afferens und führt so zu einer Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS), wobei Noradrenalin über β1-Rezeptoren die basale Reninausschüttung steigert und über α1-Rezeptoren die Schwelle zur Ausschüttung zu höheren Blutdruckwerten hin verschiebt.
Pathophysiologie
Bei starkem Blutdruckabfall (etwa bei Blutverlust) und drohendem Kreislaufschock führt die sympathikusvermittelte Vasokonstriktion der Nierengefäße zu einer stark reduzierten Nierendurchblutung. Unter diesen Bedingungen sinkt die GFR ab, was zu Oligurie führt. Bei fortschreitendem Blutdruckabfall auf unter 50 mmHg wird bedingt durch die Minderperfusion kein Filtrat mehr gebildet. Es kommt zur renalen Ischämie und Anurie (Schockniere).

Triebkräfte der glomerulären Filtration

Wie an allen Kapillaren wird das filtrierte Volumen pro Zeit (Qf) auch an den Nierenkapillaren durch den effektiven Filtrationsdruck (Peff) und den Filtrationskoeffizienten (Kf) bestimmt.
$$ {Q}_f={K}_f\times {P}_{eff} $$
Kf ist das Produkt aus kapillärer Austauschfläche und der Wasserdurchlässigkeit des Kapillarendothels. Peff errechnet sich aus der Differenz filtrativer Kräfte (hydrostatischer Druck in der Glomerulumkapillare PGK und kolloidosmotischer Druck in der Bowman-Kapsel πBK) und resorptiver Kräfte (kolloidosmotischer Druck in der Kapillare πGK und hydrostatischer Druck in der Bowman-Kapsel PBK). Da Plasmaproteine für den glomerulären Filter unpassierbar sind, ist πBK im Normalfall Null und Peff ergibt sich aus:
$$ {P}_{eff}={P}_{GK}-\left({\pi}_{GK}+{P}_{BK}\right) $$
Am Kapillaranfang beträgt PGK rund 50 mmHg, πGK rund 25 mmHg und PBK rund 12 mmHg, so dass sich ein effektiver Filtrationsdruck von rund 13 mmHg ergibt. Entlang der Glomerulumkapillaren sinkt PGK aufgrund der ausgeprägten Autoregulation (s. oben) nur geringfügig auf etwa 48 mmHg, πGK steigt aber durch die Aufkonzentrierung der Plasmaproteine als Folge der Filtration von Plasmaflüssigkeit kontinuierlich an. Dadurch verringert sich die filtrative Kraft zunehmend und die Filtration erliegt (Peff = 0), wenn πGK rund 38 mmHg erreicht. Dieses Filtrationsgleichgewicht (Nettofiltration = 0) stellt sich aufgrund des hohen Filtrationskoeffizienten Kf der Glomerulumkapillaren normalerweise schon vor dem Kapillarende ein. Bis dahin werden 20–25 % des RPF filtriert, was einer GFR von rund 120 ml/min × 1,73 m2 entspricht (Filtrationsfraktion FF, s. oben).
Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich, wie in Tab. 2 angeführt, dass eine Erhöhung des kolloidosmotischen Drucks im Blutplasma (πPlasma) durch eine erhöhte Plasmaproteinkonzentration zu einer Reduktion der GFR und FF führt, und umgekehrt. Durch Kontraktion von Perizyten (Mesangiumzellen), die die glomerulären Kapillarschlingen umgeben, ausgelöst etwa durch lokale Faktoren wie Thromboxane, kommt es zu einer Verringerung der Filtrationsfläche und somit des Filtrationskoeffizienten (Kf), was bei unverändertem RPF eine Verringerung der GFR und damit der FF mit sich bringt.
Pathophysiologie
Eine Konstriktion des Ureters, oder Obstruktion durch Konkremente führt zu einer Steigerung des hydrostatischen Drucks in der Bowman-Kapsel (PBK). Dies wirkt der Filtration entgegen, senkt die GFR bei verringerter FF und bringt im Extremfall die Filtration zum Erliegen.

Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate

Die GFR ist das direkte Maß für die Filtrationsleistung der Nieren und damit von zentraler Bedeutung in der Nierenfunktionsdiagnostik. Die Messung der GFR erfolgt mit Hilfe von Indikatorsubstanzen, die an den Glomeruli frei filtriert, entlang der Tubuli aber weder resorbiert noch sekretiert oder metabolisiert werden. Da Substanzen, die frei filtriert werden, im Filtrat die gleiche Konzentration wie im Blutplasma aufweisen, ist die filtrierte Menge das Produkt aus der Plasmakonzentration der Substanz (PX) und dem pro Zeit filtrierten Plasmavolumen, also der GFR. Die filtrierte Menge pro Zeit (PX × GFR) wird auch als das „Load“ einer Substanz bezeichnet. Wird diese Substanz weder resorbiert noch sekretiert oder verstoffwechselt, so entspricht die ausgeschiedene Menge (das Produkt aus der Urinkonzentration der Substanz, UX, und dem Urinzeitvolumen, VU) der filtrierten Menge, also dem Load. Das heißt:
$$ {U}_X\times {V}_U={P}_X\times GFR $$
Bestimmt man UX, VU und PX, lässt sich die GFR berechnen, die in diesem speziellen Fall der Clearance der Indikatorsubstanz (CX; jenes Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit vollständig von der Substanz geklärt wurde) entspricht:
$$ GFR=\frac{U_X\times {V}_U}{P_X} $$
Wird eine Substanz zusätzlich zur Filtration ins Tubuluslumen sekretiert (z. B. PAH), so steigt die Clearance dieser Substanz mit zunehmendem Ausmaß der Sekretion an; d. h. ein größeres Plasmavolumen wird von der Substanz geklärt. Bei einer Filtrationsfraktion von 20–25 % ist die Clearance von PAH demnach etwa 5 × GFR und entspricht somit dem RPF (s. oben, Bestimmung des renalen Plasmaflusses). Umgekehrt ist es bei Substanzen, die entlang des Nephrons resorbiert werden (z. B. Na+, Wasser, HCO3, Glukose, Aminosäuren; Clearance = 0 bei vollständiger Resorption). Das Verhältnis der Clearance einer bestimmten Substanz X und der GFR wird als fraktionelle Clearance (fraktionelle Ausscheidung) bezeichnet.
Das pflanzliche Polysaccharid Inulin und 51Cr-EDTA zeigen die genannten Eigenschaften und eignen sich daher zur exakten Bestimmung der GFR, müssen dazu aber i.v. infundiert werden. Einfacher ist die Bestimmung mittels endogener im Plasma vorhandener Substanzen wie Kreatinin oder Cystatin C. Voraussetzung ist, dass diese endogenen Indikatoren in Steady-state-Konzentrationen im Blut vorliegen, d. h. die pro Zeit produzierte Menge der ausgeschiedenen Menge entspricht und die Ausscheidung praktisch ausschließlich über die Nieren erfolgt. Bei konstanter Produktion des Indikators ist das Produkt aus GFR und PX somit konstant und PX steigt mit sinkender GFR an.
Die Bestimmung der Kreatininclearance (CKREA) als Maß für die GFR nach obiger Formel führt zu einer Überschätzung der GFR (CKREA > GFR), da Kreatinin z. T. im proximalen Tubulus über einen Kationentransporter (OCT2, 51–53, Abb. 4D) basolateral aufgenommen und luminal sezerniert wird und somit die ausgeschiedene Menge um 10–20 % größer als die filtrierte Menge ist. Pathophysiologisch bedeutsam ist, dass eine erhöhte Sekretion von Kreatinin schon früh im Verlauf eines Nierenversagens einsetzt und so eine verringerte GFR unerkannt bleiben kann.
Die in der klinischen Praxis gebräuchliche Abschätzung der GFR anhand der Plasmakreatininkonzentration (PKREA) ist aus mehreren Gründen fehlerbehaftet. Kreatinin wird in der Muskulatur ständig gebildet und aus den Muskelzellen ins Blut abgegeben. Allerdings ist die Produktion nicht konstant, sondern u. a. abhängig von der Muskelmasse und damit von Lebensalter und Geschlecht. Daraus ergibt sich ein breiter Streubereich von Plasmakreatininkonzentrationen. Eine reduzierte GFR kann daher leicht übersehen werden, wenn gleichzeitig die Kreatininprodukion verringert ist und damit die Plasmakonzentration nicht zwingend über den Normbereich von 80–110 μmol/l (0,9–1,2 mg/dl) ansteigt. So kann die GFR bereits um bis zu 50 % reduziert sein, ehe PKREA über die Norm ansteigt, was einen weiten „blinden“ Bereich bei der Diagnose einer eingeschränkten Nierenfunktion bedingt.
Um eine möglichst zuverlässige Abschätzung der GFR aus PKREA zu ermöglichen, wurden Formeln erstellt und weiterentwickelt, die Parameter wie Alter, Geschlecht und Körpergewicht in die Berechnung mit einbeziehen (Cockcroft-Gault-Formel, Modification of Diet in Renal Disease (MDRD) Study Formel, Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration (CKD-EPI-) Formel, Schwartz-Formel).

Regulation der renalen Hämodynamik

Die Durchblutung der Niere wird systemisch durch das vegetative Nervensystem sowie humorale Faktoren reguliert. Darüber hinaus ist eine Vielzahl lokal gebildeter, auto- und parakrin wirkender Faktoren an der Durchblutungsregulation und der Koordination von Filtrations- und Resorptionsleistung des Tubulussystems beteiligt. Diese lokalen Faktoren zeigen überlappende Effekte und haben im Wesentlichen autoregulatorische- und renoprotektive Wirkungen. Faktoren, welche die renale Hämodynamik regulieren, sind in Tab. 2 und Abb. 6 angeführt.
Angiotensin II (ATII) wird bei Aktivierung des RAAS in Folge eines systemischen Blutdruckabfalls (etwa bei Hypovolämie) und Sympathikusaktivierung (Abschn. 6.2) unter Einwirkung des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE) aus Angiotensin I gebildet. An den Nierenarteriolen wirkt es über AT1-Rezeptoren stark vasokonstriktorisch und trägt so wie Noradrenalin dazu bei, dass die GFR trotz reduzierter Nierendurchblutung bei Blutdruckabfall aufrechterhalten werden kann.
Im Blutstrom zirkulierendes sowie lokal in der Niere gebildetes Endothelin-1 (ET-1) beeinflusst die Nierenfunktion durch seine starke vasokonstriktorische Wirkung, die eine Reduktion des RBF und der GFR mit sich bringt. Es gibt Hinweise darauf, dass die drosselnde Wirkung von ET-1 auf die renale Perfusion an der Pathogenese des Nierenversagens beim akuten Leberversagen beteiligt sein könnte.
A-Typ-natriuretisches Peptid (atriales natriuretisches Peptid, ANP, Atriopeptin) und B-Typ-natriuretisches Peptid („brain natriuretic peptide“, BNP) werden bei erhöhtem zentralem Venendruck (Hypervolämie) aus den Myokardzellen der Herzvorhöfe freigesetzt. Sie wirken systemisch vasodilatorisch und haben einen direkten Einfluss auf die renale Hämodynamik, indem sie die Nierenarteriolen relaxieren und so den RPF und die GFR steigern. Darüber hinaus steigern ANP und BNP die Na+-Ausscheidung vor allem durch Hemmung des aldosteronsensitiven epithelialen Na+-Kanals (ENaC) in den Hauptzellen des Sammelrohrs (Abschn. 4.2.4, „Sammelrohr“). Außerdem hemmen natriuretische Peptide die Ausschüttung von Renin und antidiuretischem Hormon (ADH; Gauer-Henry-Reflex; siehe Abb. 6) und führen in Summe zu einer gesteigerten Na+- und Wasserausscheidung (Natriurese und Diurese).
Urodilatin ist ein weiteres natriuretisches Peptid, das lokal in den Nierentubuluszellen gebildet und luminal sekretiert wird (Tab. 2 und Abb. 6). Es wird aus dem selben Prohormon wie ANP gebildet, ist strukturell eng mit diesem verwandt und entfaltet seine natriuretische und diuretische Wirkung vermutlich durch Bindung an dieselben Rezeptoren. Im Unterschied zu ANP ist Urodilatin resistent gegen den intratubulären Abbau durch Endopeptidasen, so dass seine Konzentration und damit Wirksamkeit am distal tubulären Wirkort höher sein könnte als jene von ANP. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass die Na+-Ausscheidung stärker mit der Urodilatinexkretion variiert als mit dem Plasmaspiegel an ANP. Die physiologische Rolle von Urodilatin scheint somit die eines intrarenalen, parakrinen Regulators der Na+- und Wasserausscheidung zu sein.
Dopamin wird lokal im proximalen Tubulus aus im Plasma zirkulierendem L-Dopa gebildet. Es wirkt über D1- und D2-Rezeptoren parakrin vasodilatorisch und über eine Hemmung des apikalen Na+/H+-Austauschers und der basolateralen Na+/K+-ATPase im proximalen Tubulus natriuretisch (Abschn. 4.2.1). In niedrigen Dosen infundiert, führt es zu einer Dilatation sowohl der afferenten als auch der efferenten Arteriole, was eine starke Durchblutungssteigerung bei unveränderter bis geringfügig erhöhter GFR mit sich bringt. Aufgrund der fraglichen Effektivität und der möglichen schädigenden Nebenwirkungen wird Dopamin in niedrigen („renalen“) Dosen zur Erhaltung der Nierenfunktion bei Patienten mit Oligurie und Risiko für akute posttraumatische tubuläre Nekrose (ATN) nicht mehr verwendet. In hohen Konzentrationen wirkt Dopamin über α1-adrenerge Rezeptoren vasokonstriktorisch mit entsprechender Reduktion des RPF und der GFR.
Prostaglandine werden durch das Enzym Cycloxygenase (COX) aus Arachidonsäure gebildet. In der Niere wirken sie parakrin auf die Hämodynamik und auf tubuläre Transportprozesse. Die Tubuluszellen synthetisieren hauptsächlich PGE2, in den Glomeruli wird sowohl PGE2 als auch PGI2 (Prostacyclin) gebildet. Neben Prostaglandinen entsteht über den Lipoxygenasepfad eine Reihe weiterer Arachidonsäurederivate wie Thromboxane. Während PGE2 und PGI2 vasodilatorisch wirken und über einen erhöhten RPF die GFR steigern, verursachen Thromboxane eine Vasokonstriktion. Sie können eine Kontraktion von Mesangiumzellen auslösen und so letztlich die GFR senken (Abschn. 3.2).
Pathophysiologie
Durch den weitverbreiteten Gebrauch nichtsteroidaler Entzündungshemmer (NSAID, NSAR), die klassischerweise unspezifische Hemmer der beiden Cycloxygenaseisoformen 1 und 2 (COX-1 und COX-2) sind, haben die intrarenalen Effekte der Prostaglandine eine hohe klinische Relevanz. Diese Relevanz ergibt sich daraus, dass die Sekretion vasodilatorischer Prostaglandine vor allem in den Glomeruli bei hohen Spiegeln an Vasokonstriktoren wie ATII, Noradrenalin, Endothelin und ADH erhöht ist, was einer überschießenden neurohumoral vermittelten Vasokonstriktion und einer damit drohenden renalen Ischämie entgegenwirkt. So kann die Einnahme von Prostaglandinsynthesehemmern durch Personen mit hypovolämischen Störungen (Flüssigkeitsverluste, Ödeme mit vermindertem zirkulierendem Blutvolumen) und dementsprechend erhöhten Spiegeln an Vasokonstriktoren zu einer renalen Ischämie und Niereninsuffizienz führen.

Tubulussystem und tubulärer Transport

Tubulärer Transport im Überblick

Grundsätzlich können Substanzen durch Diffusion, primär, sekundär oder tertiär aktiven Transport sowie durch „solvent drag“ transportiert werden. Die treibenden Kräfte sind dabei chemische, elektrische und osmotische Gradienten, welche über die basolateralen und apikalen Zellmembranen oder das Tubulusepithel herrschen. Der transepitheliale Transport kann einerseits transzellulär durch die Zellen hindurch oder parazellulär zwischen den Zellen hindurch erfolgen. Primär aktive Transportprozesse verbrauchen direkt Stoffwechselenergie durch Hydrolyse von Adenosintriphosphat (ATP). Sekundär und tertiär aktive Transportprozesse bedienen sich eines existenten chemischen und/oder elektrischen Gefälles, um zugleich mit Ionen andere Ionen oder kleinmolekulare Substanzen entweder mit sich in gleicher Richtung (substratgekoppelter Kotransport, Symport) oder in entgegengesetzter Richtung (substratgekoppelter Austausch, Antiport) zu transportieren. Einige Stoffe wie beispielsweise Bicarbonat werden beim transzellulären Transport chemisch umgewandelt. Werden beim Substrattransport elektrische Nettoladungen transportiert, so fließt hierdurch elektrischer Strom über die jeweilige Zellmembran oder das Tubulusepithel, der sich auf die transmembranären oder transepithelialen elektrischen Potenziale auswirkt. Solche Transportprozesse werden als elektrogen oder rheogen bezeichnet. Werden keine Nettoladungen transportiert, so handelt es sich um elektroneutrale Transportprozesse. Von überragender Bedeutung ist die Na+/K+-ATPase. Sie transportiert pro Mol ATP 3 Mol Na+-Ionen. Tatsächlich ergibt sich jedoch durch das transepitheliale Potenzial (TEP) und die dadurch ermöglichte parazelluläre Resorption von Na+ und anderen Ionen eine Stöchiometrie von 5 Mol Na+ pro Mol ATP. Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des TEP ist aber die Tätigkeit der Na+/K+-ATPase, die wiederum eine ausreichende O2-Versorgung (Perfusion) erfordert. Zu beachten ist der O2-Partialdruckgradient zwischen Rinde und Mark (Abb. 1).
Abb. 5 zeigt überblicksweise, wie sich das transepitheliale Potenzial (TEP, Abb. 5b) sowie Stoffmengen und Konzentrationen wesentlicher Plasma- bzw. Harnkonstituenten (Abb. 5c und d) entlang des Nephrons (Abb. 5a) durch tubuläre Resorptions- und Sekretionsprozesse verändern. In Abb. 5c wird die in einem bestimmten Abschnitt des Nephrons vorherrschende Stoffmenge einer Substanz in Bezug zu jener von Inulin gesetzt. Inulin ist ein Fruktosepolymer, das frei filtriert und entlang seiner tubulären Passage weder resorbiert noch sezerniert oder metabolisiert wird (Abschn. 3.3). Seine relative Stoffmenge ändert sich daher nicht; jedes filtrierte Inulinmolekül erscheint im Endharn und wird somit ausgeschieden. Annähernd ähnliche Eigenschaften hat wie oben beschrieben auch die körpereigene Substanz Kreatinin. Abb. 5d zeigt die im jeweiligen Tubulusabschnitt vorherrschende Konzentration einer Substanz in Bezug auf deren Konzentration im Primärharn. Wie am Beispiel von Inulin ersichtlich, steigt die relative Konzentration durch den Entzug von Wasser um das etwa Hundertfache an. Substanzen wie PAH, die während ihrer Nierenpassage nicht nur durch Filtration, sondern zusätzlich durch Sekretion vollständig aus dem Nierenblut entfernt werden, steigen daher naturgemäß in ihrer luminalen Konzentration. Hingegen sind am Ende des proximalen Tubulus bereits 60–70 % des filtrierten NaCl und H2O resorbiert, HCO3 sogar zu ca. 90 % (die restlichen 10 % werden in der dicken aufsteigenden Henle-Schleife resorbiert). Somit treten von den filtrierten 120 ml/min nur etwa 40 ml/min in die Henle-Schleife ein. Glukose und Aminosäuren werden praktisch zu 100 % resorbiert. Die Tubulusflüssigkeit, die den proximalen Tubulus verlässt, ist plasmaisoton (Verhältnis der Osmolarität der Tubulusflüssigkeit zur Plasmaosmolarität TF/P = 1). Der pH-Wert des Filtrats liegt bei 7,4 und fällt spätproximal auf ca. 6,6. Die endgültige Einstellung der Wasserausscheidung erfolgt im Sammelrohr. Je nach Einwirkung des Hormons ADH (Abschn. 5.2) werden in diesem Tubulussegment Wasserkanäle (Aquaporine, Abb. 4G) in die luminale Zellmembran eingebaut, welche es dem Wasser ermöglichen, dem vorherrschenden osmotischen Gradienten folgend resorbiert zu werden. Ionen wie Na+, K+, aber auch Cl, HCO3 und H+ werden im Verlauf der Tubuluspassage teilweise sowohl resorbiert als auch sezerniert. Die bedarfsadäquate quantitative Feineinstellung von deren Ausscheidung mit dem Endharn erfolgt im distalen Tubulus und im Sammelrohr. Kleinmolekulare Substanzen wie Glukose, Aminosäuren oder Laktat werden bereits im proximalen Tubulus vollständig resorbiert. Ihr Erscheinen im Endharn deutet somit auf ein Überschreiten der tubulären Transportkapazität durch übermäßig hohes Angebot (beispielsweise Glukosurie bei Diabetes mellitus), oder eine eingeschränkte tubuläre Transportrate (etwa bei Aminoazidurien) hin.

Tubulärer Transport im Detail

Die wichtigsten tubulären Transportprozesse sind in Abb. 4A-H dargestellt. Abb. 4A, B, C und D repräsentieren Zellen vom früh- bis zum spätproximalen Tubulus, Abb. 4E des dicken aufsteigenden Teils der Henle-Schleife, Abb. 4F des distalen Tubulus, Abb. 4G und H der Zellen des Sammelrohres (g Hautzellen, h Typ-A- und Typ-B-Schaltzellen). Deren Lokalisation im Nephron ist in Abb. 2 gekennzeichnet. Die wichtigsten an den tubulären Transportprozessen beteiligten Ionentransporter, Ionenkanäle, Enzyme oder Triebkräfte sind numerisch fortlaufend mit arabischen Ziffern in Klammern gekennzeichnet. Deren gebräuchliche funktionelle Bezeichnungen, approbierte Proteinnamen, Gennamen und Solute-Carrier-Familiennamen (SLC-Nomenklatur) sowie eine Kurzbeschreibung von Funktion und Wirkungen der Proteine, Faktoren, die zur deren Aktivierung (+) und/oder Hemmung (−) führen und allfällig bekannte Gendefekt-Syndrome bzw. Krankheiten und deren Online-Mendelian-Inheritance-in-Man-Klassifikation (OMIM) sind in der korrespondierenden Tab. 3 beschrieben. Die numerischen Bezeichnungen in Abb. 4A-H beziehen sich auf jene in Tab. 3.

Proximaler Tubulus

Die wesentlichen treibenden Kräfte für die Transportprozesse am proximalen Tubulus sind in Abb. 4A-D dargestellt. Wie an allen anderen Tubulusabschnitten bestehen durch die elektrochemischen und osmotischen Gradienten Triebkräfte für die zu transportierenden Ionen und Substrate. Zum Aufbau dieser Gradienten bedarf es der in aller Regel zuallererst der Aktivität der Na+/K+-ATPase (1), die als primär aktiver Transporter gegen die vorherrschenden chemischen Gradienten pro Transportzyklus 2 Na+-Ionen aus dem Intrazellularraum (IZR) in den Extrazellularraum (EZR) und im Gegenzug 3 K+-Ionen aus dem EZR in den IZR transportiert. Hierdurch entsteht im IZR ein im Vergleich zum EZR, also der basolateralen Blutseite sowie der luminalen Primärharnseite, inverses Milieu mit niedriger intrazellulärer Na+-Konzentration (ca. 4 mmol/l) bei gleichzeitig hoher extrazellulärer Na+-Konzentration (ca. 140 mmol/l) und hoher intrazellulärer K+-Konzentration (ca. 150 mmol/l) bei niedriger extrazellulärer K+-Konzentration (ca. 5 mmol/l). Beide Gradienten sind für nahezu alle weiteren Transportvorgänge von zentraler Bedeutung. K+-Ionen verlassen den IZR durch spezifische K+-Kanäle an der basolateralen Membran (2), wodurch ein in Bezug auf den IZR negatives elektrisches Membranpotenzial von etwa −70 mV generiert wird. Dieses Potenzial ist direkt oder indirekt die wichtigste treibende Kraft für fast alle Transportprozesse am proximalen Tubulus.
Resorption von Bicarbonat
Bicarbonat (Hydrogencarbonat; HCO3)-Ionen werden frei filtriert. 98–99 % des filtrierten Loads werden bereits im proximalen Tubulus zur Aufrechterhaltung des Säure-Basen-Haushalts resorbiert. HCO3 ist eine sog. Schwellensubstanz. Seine Exkretion steigt bei metabolischer Alkalose durch verminderte Resorption im proximalen Tubulus und vermehrte Sekretion durch die Typ-B-Zwischenzellen im Sammelrohr (Abschn. 4.2.4).
Filtrierte HCO3-Ionen reagieren im proximalen Tubuluslumen mit H+-Ionen zu CO2 und Wasser. Die H+-Ionen stammen aus dem IZR und werden über die luminale (apikale) Membran sekundär aktiv durch einen Typ-3-Na+/H+-Austauscher (3) ins Tubuluslumen transportiert. Treibende Kraft hierfür ist der steile Gradient für Na+-Ionen vom Tubuluslumen in den IZR, der durch die Aktivität der Na+/K+-ATPase (1) an der basolateralen Membran aufrechterhalten wird. Über diese werden die importierten Na+-Ionen in das peritubuläre Blut exportiert. Da die Reaktion HCO3 + H+ ↔ H2CO3 ↔ CO2 + H2O kaum spontan abläuft, bedarf sie der Katalyse durch das Enzym Typ-II-Carboanhydrase (4). Das gebildete CO2 gelangt durch Diffusion (5) und über Aquaporin-1-Kanäle (6) in das Zellinnere. Hier kehrt sich die Reaktion um und CO2 reagiert unter Katalyse durch die Typ-IV-Carboanhydrase (4) und Bildung von H+-Ionen mit H2O zu HCO3. Dieses wird gemeinsam mit Na+-Ionen durch einen Na+/HCO3-Kotransporter (7) ins Blut transportiert. Die treibende Kraft hierfür ist das Zellmembranpotenzial der basolateralen Membran. Die gebildeten H+-Ionen verlassen die Zelle wieder über den Na+/H+-Austauscher (3) ins Tubuluslumen. Durch diesen Transportzyklus wird der überwiegende Teil des filtrierten Bicarbonats gemeinsam mit Na+ resorbiert. Da die basolateralen K+-Kanäle (2) durch H+-Ionen gehemmt werden, wird die HCO3-Resorption auch durch den intrazellulären pH-Wert reguliert. Intrazelluläre Alkalose begünstigt und intrazelluläre Azidose hemmt die HCO3-Resorption. Zur Regulation des intrazellulären pH-Werts sowie auch des Zellvolumens befindet sich an der basolateralen Zellmembran ein Typ-1-Na+/H+-Austauscher (8).
Resorption von Phosphat und Sulfat
Phosphat wird an der luminalen Zellmembran über einen Na+/Phosphat-Kotransporter (9) aufgenommen. Das filtrierte Phosphat liegt im frühproximalen Tubulus (pH-Wert 7,4) überwiegend als HPO42− und im spätproximalen Tubulus (pH-Wert 6,8) je zur Hälfte als HPO42− und H2PO4 vor. Die Ansäuerung der Tubulusflüssigkeit erfolgt durch eine primär aktive H+-ATPase (10), welche H+-Ionen aus der Zelle ins Tubuluslumen exportiert. An der basolateralen Seite verlassen die HPO42−- und H2PO4-Ionen die Zelle über Phosphat/Anionen-Kanäle (11) und einen Phosphat/Anionen-Austauscher (12). Auch Phosphat ist eine Schwellensubstanz. Ab einer Phosphatkonzentration von ca. 1,5 mmol/l ist der Na+/Phosphat-Kotransporter gesättigt und es kommt zur Phosphaturie und somit zur renalen Säureausscheidung. Bei Phosphatmangel wird der Na+/Phosphat-Kotransporter vermehrt in die Zellmembran eingebaut, wodurch die Resorption gesteigert wird. Hormonell wird die Phosphatresorption in erster Linie durch die Hormone Parathormon (Parathyrin, PTH) und Calcitonin, aber auch durch Fibroblast growth factor 23 (FGF-23) und Klotho reguliert (s. auch Abschn. 7.3). PTH und Calcitonin senken die maximale Transportrate des Na+/Phosphat-Kotransporters. PTH bewirkt dies durch Endozytose und lysosomalen Abbau des Na+/Phosphat-Kotransporters. FGF-23 und Klotho dienen der Regulation des Phosphattransports. FGF-23 wirkt einerseits phosphaturisch und somit PTH-agonistisch, andererseits hemmt es die Bildung von Calcitriol und wirkt somit PTH-antagonistisch. Als weitere Faktoren wirken sich Azidose, Hypokalzämie, Hypervolämie und Glukokortikosteroide stimulierend und Alkalose, Hyperkalzämie, Calcitriol, Insulin, Wachstumshormon und die Schilddrüsenhormone hemmend auf die Phosphatausscheidung aus. Nicht resorbiertes HPO42− dient als Puffer für sezernierte H+-Ionen, wobei die entstehenden H2PO4-Ionen im Urin als titrierbare Säure ausgeschieden werden. Der renale Phosphattransport spielt daher eine wichtige Rolle in der Regulation des Säure-Basen-Haushalts (Abschn. 5.5).
Sulfat wird hauptsächlich in Form von SO42− resorbiert, wobei es über einen Na+/Sulfat-Kotransporter (13) in die Zelle gelangt. Ein Sulfat-Anionen-Transporter (14) befindet sich sowohl in der luminalen als auch in der basolateralen Membran und gestattet den luminalen Einstrom und basolateralen Ausstrom von Sulfat.
Ausscheidung von Ammonium
Die Konzentrationen von Ammoniak (NH3) und Ammonium (NH4+) sind normalerweise sehr gering. Aufgrund des hohen pKa-Wertes des Säure-Basen-Paares NH3/NH4+ von 9,2 liegen bei einem normalen pH-Wert von 7,4 etwa 98 % als NH4+ vor. Die proximalen Tubuluszellen generieren NH4+ aus der Aminosäure Glutamin. Dieses stammt überwiegend aus der Leber und wird über einen basolateralen Na+/Glutamin-Kotransporter (18) in die proximalen Tubuluszellen aufgenommen. In diesen wird NH4+ durch die Enzyme mitochondriale Glutaminase (20) und Glutamatdehydrogenase (21) gebildet. NH4+ dissoziiert nun zum Teil in H+ und NH3. Da NH3 ungeladen ist, kann es durch nichtionische Diffusion (19) in das Tubuluslumen gelangen, um dort wiederum durch die vorhandenen H+-Ionen, welche durch den Typ-3-Na+/H+-Austauscher (3) und über eine H+-ATPase (10) ins Lumen gelangen, zu NH4+ protoniert zu werden. Da der pH-Wert im Blut bei 7,4 und im proximalen Tubuluslumen bei 6,8 liegt, wird der NH3-Strom in Richtung Lumen dirigiert. NH4+ kann teilweise auch über den Typ-3-Na+/H+-Austauscher (3) ins Tubuluslumen sezerniert werden. Im weiteren Verlauf wird NH4+ im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife resorbiert und in den Sammelrohren sezerniert (Abschn. 4.2.4). Bei metabolischer Azidose steigt die Konzentration an Glutamin aufgrund gesteigerter hepatischer Glutaminsynthese. Gleichzeitig wird die renale mitochondriale Glutaminase (20) stimuliert, wodurch die proximal tubuläre Produktion von NH3 und in weiterer Folge die Ausscheidung von NH4+ stimuliert wird. Beim Glutaminabbau fällt das Dicarboxylat α-Ketoglutarat (=2-Oxoglutarat) an, das auch über einen basolateralen Na+/Dicarboxylat Transporter (22) in die Zelle aufgenommen und an der basolateralen Seite im Austausch gegen organische Anionen (23) exportiert werden kann. α-Ketoglutarat reagiert mit H+-Ionen, um Glukose zu bilden. Die H+-Ionen stammen aus der Reaktion CO2 + H2O ↔ HCO3 + H+. Durch die Bildung von Glukose aus α-Ketoglutarat werden also zusätzlich H+-Ionen verbraucht und HCO3-Ionen generiert. Die über den Dicarboxylat/Anionen-Austauscher (23) in die Zelle gelangten organischen Anionen können diese über einen luminalen Anionen-Transporter (24) verlassen. Die Ausscheidung von Ammonium spielt in der Regulation des Säure-Basen-Haushalts eine wesentliche Rolle (Abschn. 5.5).
Sekretion von H + -Ionen (Protonen)
Die Sekretion von H+-Ionen im proximalen Tubulus erfolgt primär aktiv über die H+-ATPase (10) und sekundär aktiv über den Na+/H+-Austauscher NHE3 (3). Der pH-Wert sinkt dadurch im Verlauf des proximalen Tubulus von 7,4 auf ca. 6,6. Die Sekretion von Protonen in freier Form ist jedoch <1 %. Sie werden daher überwiegend in neutraler Form durch titrierbare Säure eliminiert (bestimmbar durch Rücktitration des Urins auf pH 7,4 mit NaOH). Es sind dies zu etwa 80 % Phosphat, 20 % Harnsäure und zu geringeren Anteilen Citrat und andere fixe Säuren. Des Weiteren werden H+-Ionen indirekt als NH3 bzw. NH4+ ausgeschieden (s. oben). Schließlich kann eine Feineinstellung des pH-Wertes des Endurins durch H+-Sekretion oder HCO3-Sekretion in den Sammelrohren erfolgen (Abschn. 4.2.4 und 5.5).
Transport von Kohlehydraten
Die Aufnahme von Glukose und Galaktose erfolgt frühproximal über sekundär aktive Na+-gekoppelte Kotransporter. In der Pars convoluta werden über SGLT2 (25) Na+ und Glukose bei niedriger Affinität im Verhältnis 1:1 transportiert. Im Lumen verbliebene Glukose wird spätproximal in der Pars recta zum Teil durch einen apikalen Hexose-Transporter (57), insbesondere jedoch durch den hochaffinen Transporter SGLT1 (58) im Verhältnis 1:2 vollständig resorbiert. Der Endharn ist somit glukosefrei. Intrazellulär akkumulierte Glukose und Galaktose verlassen die Zelle an der basolateralen Membran durch erleichterte Diffusion frühproximal über die Glukose-Transporter GLUT2 (26) und spätproximal über GLUT1 (59). Fruktose hingegen wird passiv in die Zelle über den Transporter GLUT5 (27) luminal aufgenommen und basolateral abgegeben. Die pharmakologische Hemmung der SGLT2 Transporter erzeugt eine Glukosurie und wird zur Behandlung des Diabetes mellitus angewendet (SGLT2 Inhibitoren).
Transport von Aminosäuren, Peptiden und Proteinen
Trotz der niedrigen Filtrierbarkeit gelangen geringe Mengen an Plasmaproteinen und Peptiden in den Primärharn. Albumin, Lysozym, α1- und β1-Mikroglobulin werden durch rezeptorvermittelte Endozytose (28) aufgenommen und in Lysosomen abgebaut. Die zur Proteindenaturierung erforderliche Azidifizierung erfolgt durch lysosomale V-Typ-H+-ATPasen (29). Aus Gründen der Elektroneutralität müssen die in die Lysosomen gepumpten H+-Ionen von Cl-Ionen begleitet werden. Dies geschieht über Cl-Kanäle bzw. 2Cl/H+-Austauscher (30). Ein Defekt dieser Kanäle führt zur Dent-Erkrankung. Di- und Tripeptide können durch die Di-/Tripeptid/H+-Kotransporter PEPT1 und PEPT2 (31) luminal aufgenommen und sodann durch eine intrazelluläre Peptidase (32) hydroliysiert werden. Oligopeptide werden an der luminalen Membran durch die Bürstensaum-Peptidasen (33) in einzelne Aminosäuren gespalten und als freie Aminosäuren resorbiert.
Die meisten Aminosäuren (AS) werden ähnlich der Glukose durch Na+-gekoppelten, sekundär aktiven Transport luminal aufgenommen. Hinsichtlich der Substratspezifität der einzelnen Aminosäuretransporter lassen sich diese einteilen in das
  • System b0,+ rBAT (34): luminaler Austausch von Arginin, Lysin, Ornithin und Cystin mit anderen AS
  • System XAG (35): luminaler Kotransport negativer AS mit Na+- oder H+-Ionen
  • System B (36): luminaler Kotransport neutraler AS mit Na+-Ionen
  • System IMINO (37): luminaler Kotransport von Glycin, Alanin, Prolin und Hydroxyprolin mit H+-Ionen
  • System Prolin-IMINO (38): luminaler Kotransport von Prolin mit Na+- und Cl-Ionen
  • System T (39): basolateraler Transport aromatischer AS
  • System L (40): basolateraler Antiport neutraler, zwitterionischer und dibasischer AS
  • System y + L (41): basolateraler Antiport intrazellulärer positiver gegen extrazelluläre negative AS
  • System N (42): basolateraler Kotransport von Glutamin, Histidin, Asparagin und Alanin mit Na+- und H+-Ionen
Transport organischer Anionen (OA )
Carboxylate wie Pyruvat, α-Ketoglutarat (= 2-Oxoglutarat), Citrat, Succinat oder Laktat werden frei filtriert und im proximalen Tubulus über luminale Na+/Monocarboxylat- und Dicarboxylat-Kotransporter (43, 44) effizient resorbiert. Monocarboxylate verlassen die Zelle basolateral im Symport mit H+-Ionen (45). Dicarboxylate gelangen im Austausch gegen organische Anionen durch die Organische-Anionen-Transporter (OAT) Typ 1 und 3 (23) auf die Blutseite. Diese Transporter weisen eine sehr breite Substratspezifität auf und führen zur zellulären Aufnahme von körpereigenen Stoffwechselprodukten wie Oxalat, Urat, Hippurat, aber auch von Medikamenten wie Penicillin, Diuretika, Barbituraten und Indikatorsubstanzen wie Para-Aminohippursäure (PAH) oder Phenolrot. Gleichfalls werden Konjugate mit Glucuronat, Sulfat und Glutathion transportiert. Probenicid ist ein sehr effizienter OAT-Hemmer. Der luminale Export von OA erfolgt durch erleichterte Diffusion, aktiv mit Hilfe des Multi-Drug-Resistance Proteins MRP2 (46). Formiat, Oxalat, HCO3 und OH können im Austausch gegen Cl die Zelle verlassen (47). Cl, HCO3 und andere Anionen werden durch K+/Cl-Kotransporter (48), das CFTR-Protein (49) und eine Reihe weiterer Cl- und Anionen-Kanäle (50) transportiert. Diese Ionentransporter dienen auch der Regulation des intrazellulären pH-Werts und des Zellvolumens.
Transport organischer Kationen (OK + )
Organische Kationen werden basolateral über den Organische-Kationen-Transporter (OCT) Typ 1 (51) passiv in die Zelle aufgenommen. Luminal verlassen die OK+ die Zelle über einen tertiär aktiven OK+/H+-Austauscher (52) und über den primär aktiven MDR1 (53). Zu den organischen Kationen zählen körpereigene Substanzen wie Adrenalin, Histamin, Serotonin oder Cholin, aber auch Medikamente wie Atropin, Cimetidin, Morphin oder Chinin.
Transport von Harnsäure
Harnsäure ist das Endprodukt des Purinabbaus. Sie ist im Blut nur schlecht löslich und wird größtenteils an Serumproteine gebunden. Gelöste Harnsäure ist frei filtrierbar und wird im proximalen Tubulus durch den Harnsäure-Transporter Typ 1 (URAT1) im Austausch gegen Anionen wie Laktat, β-Hydroxybutyrat, α-Ketoglutarat, oder HCO3 aufgenommen (54). Über das Protein MRP4 kann Harnsäure primär aktiv ins Tubuluslumen gepumpt werden (55). Die basolaterale Resorption erfolgt über einen Hexose-Transporter (56) und über OAT Typ 1 und 3 (23). Ein luminaler Austausch von Harnsäure kann auch über einen apikalen Hexose-Transporter (57) erfolgen.
Pathophysiologie
Eine Erhöhung der Harnsäure (Hyperurikämie) kann sich durch verminderte renale Elimination, gesteigerte endogene Produktion (Enzymdefekte von Purinsynthese oder -abbau), erhöhten Nukleinsäureumsatz (Leukämie, Hämolyse, zytostatische Therapie, Radiotherapie) oder purinreiche Kost (Fleisch, Innereien) entwickeln. Durch die geringe Löslichkeit von Harnsäure, die sich in saurem Milieu und bei Kälte noch verschlechtert, kommt es zum Ausfallen und zur Ablagerung von Uratkristallen in Gelenken, Schleimbeuteln, Sehnen und Unterhaut. Die Phagozytose der Uratkristalle bewirkt die Freisetzung von Entzündungsmediatoren, welche zur Synoviitis und dem klinischen Bild der Gicht führen. Harnsäureausfällungen im Nierenmark führen zu interstitieller Nephritis und Uratsteinen (Abschn. 5.6). Durch Verlegung der Sammelrohre kann es zur akuten Uratnephrophathie mit Nierenversagen kommen. Medikamentös kann die renale Harnsäureausscheidung durch Urikosurika wie Probenizid oder Benzbromaron gesteigert werden. Diese hemmen den Harnsäure-Transporter URAT1 (54) und somit die tubuläre Harnsäureresorption.
Durch die genannten tubulären Transportprozesse entsteht im frühproximalen Tubulus ein lumen-negatives transepitheliales Potenzial (TEP, 15; Abb. 4A und 5b), welches Cl-Ionen aus dem Lumen ins Blut treibt. Weiterhin sinkt die Osmolarität der Tubulusflüssigkeit, wodurch ein osmotisch getriebener Wasserstrom entsteht. Er führt transzellulär über Aquaporine (6) und parazellulär zwischen den Zellen durch die Tight Junctions (16) hindurch. Im Strom des Wassers, dem Solvent Drag (17), werden dabei andere Ionen und kleinmolekulare Substanzen wie Na+, K+, Ca2+, Mg2+ und Harnstoff mitgerissen. Aufgrund der Wasserresorption steigt trotz der parazellulären Resorption von Cl-Ionen deren Konzentration mit zunehmender Distanz im Tubuluslumen an. Es entsteht ein chemischer Gradient von Cl-Ionen zur Blutseite, welcher deren Resorption bewirkt. Diese Cl-Resorption führt zur Potenzialumkehr in ein spätproximales lumen-positives TEP (15, Abb. 4B-D und 5b). Dieses wiederum begünstigt die Resorption von Kationen wie Na+, K+, Ca2+ und Mg2+. Quantitativ werden mehr als 50 % des filtrierten Natriums durch das TEP und den Solvent Drag passiv resorbiert (Abschn. 5.3).

Henle-Schleife

Die Henle-Schleife (Abb. 4E) besteht aus einem dünnen absteigenden, einem dünnen aufsteigenden und einem dicken aufsteigenden Teil. Im Gegensatz zu den beiden ersten Abschnitten, welche für Wasser und NaCl permeabel sind, kommt dem letzten Teil aufgrund seiner Undurchlässigkeit für Wasser und somit seiner Fähigkeit zum Aufbau von osmotischen Gradienten eine entscheidende Rolle bei der Harnkonzentrierung (Abschn. 5.6) zu. Die Transportvorgänge in den dünnen Abschnitten der Henle-Schleife sind passiv.
Im dicken aufsteigenden Teil werden über den luminalen Na+/K+/2Cl-Kotransporter NKCC2 (60) pro Transportzyklus ein Na+-Ion, ein K+-Ion und zwei Cl-Ionen in die Zelle aufgenommen. Treibende Kraft für diesen Transport ist der steile Gradient für Na+-Ionen, der durch die Na+/K+-ATPase (1) aufrechterhalten wird. Die über den NKCC in die Zelle gelangten K+-Ionen verlassen diese wieder über K+-Kanäle (61) ins Lumen und stehen so zur Rezirkulation zur Verfügung. Die Cl-Ionen verlassen die Zelle an der basolateralen Membran über ClC-Cl-Kanäle (62), welche die essenzielle Untereinheit Barttin (63) für deren Funktion benötigen. Ein Defekt der ClC-Kanäle oder von Barttin führt zum Bartter-Syndrom (s. Tab. 3 und 4). Cl-Ionen, welche die Zelle verlassen, können im Austausch gegen HCO3 (64) wieder in die Zelle aufgenommen werden.
Tab. 4
Genetische Transportdefekte. Die Nummern in eckigen Klammern korrespondieren mit der Nummerierung in Tab. 3 und Abb. 4.
Krankheit
Transportdefekt
Hemmung(−) und Aktivierung (+)
Wichtigste Effekte
– Glukose-Transport (SGLT-1) [58]
Glukoseverlust, osmotische Diurese mit Hypovolämie
– Glukose-Transport (SGLT-2) [25]
Glukoseverlust, osmotische Diurese mit Hypovolämie
– Resorption von Na+, Glukose, Aminosäuren, Phosphat, HCO3, etc. im proximalen Tubulus [3, 9, 13, 25, 34–42, 58]
Osteomalazie, Hypokaliämie, Hypovolämie, proximal tubuläre Azidose
– Resorption von Lysin, Arginin, Ornithin, Zystin (u. a. rBAT) [34]
Nierensteine
– Resorption neutraler Aminosäuren [36]
Schädigungen des Nervensystems, Nikotinsäuremangel
Iminoglycinurie
– Resorption von Glycin, Prolin, Hydroxyprolin [37, 38]
Keine Symptome
Familiäre Proteinintoleranz
– Resorption basischer Aminosäuren (LAT) [34]
Erbrechen, Durchfall
Lowe-Syndrom
– Resorption neutraler und basischer Aminosäuren [34, 36]
Katarakt, Azidose, Schwachsinn
Hypophosphatämische Rachitis
+ Hyperkalziurie
+ tubuläre Proteinurie
– Phosphatresorption (PHEX)
– Phosphatresorption (NaPi-II [9]
Vesikelazidifizierung (ClC-5) [30]
Vitamin-D-resistente Rachitis
+ Hyperkalziurie (Nierensteine)
+ Proteinurie
Pseudohypoparathyreoidismus
+ Phosphatresorption durch defektes G-Protein
Hypokalziämie
Hyperkalziurie
– Ca2+-Kanal (ECAC)
+ Ca +-Rezeptor
Kalziumsteine
Hypokalziurische Hyperkalziämie
– Ca2+-Rezeptor
Hyperparathyroidismus
Proximal-tubuläre Azidose
– Carboanhydrase II [4]
Azidose, Hyperkaliämie
Distal-tubuläre Azidose
– H+-ATPase [88]
– Cl/HCO3-Austauscher [90]
Azidose, Hyperkaliämie, Nierensteine, Osteomalazie, Rachitis
Bartter-Syndrom
– NaCl-Resorption in Pars ascendens der Henle-Schleife (NKCC-2 [60], ROMK [61], ClCKb [62])
Volumenmangel, Hypokaliämie, Reninismus, Alkalose, massive Prostaglandinbildung
– NaCl-Resorption im frühdistalen Tubulus (NCC [71])
Wie Bartter-Syndrom, aber milder
Pseudohypoaldosteronismus
– Na+-Kanal (ENaC [80])
– Mineralkortikoidrezeptor
Hypovolämie, Hyperkaliämie, Azidose
+ Na+-Kanal (ENaC [80])
Hypertonie, Hypokaliämie
– Wasserkanal Aquaporin-2 (AQP2 [82])
Hypertone Hypovolämie
Der NKCC-Transporter ebenso wie die K+-Kanäle können anstelle von K+-Ionen auch NH4+-Ionen aufnehmen. Diese können an der luminalen Seite auch über den Na+/H+-Austauscher NHE3 (3) sowie über einen K+/NH4+-Austauscher (66) aufgenommen werden. An der basolateralen Seite können sie über den Na+/H+-Austauscher NHE4 (65) die Zelle verlassen. Beim vorherrschenden pH-Wert dissoziiert ein geringer Anteil von NH4+ in NH3 und H+-Ionen. Während das ungeladene NH3 die Zelle durch Diffusion (19) verlässt, werden die H+-Ionen hauptsächlich durch den Na+/H+-Austauscher NHE3 (3) luminal eliminiert. Im Tubuluslumen wird NH3 wieder zu NH4+ protoniert, das aufgrund seiner Ladung nicht mehr in die Zelle zurückgelangt. Auf diese Weise kann NH4+ im Nierenmark beträchtlich akkumuliert werden.
Der Ausstrom von K+- und Cl-Ionen erzeugt ein lumen-positives transepitheliales Potenzial (15, s. auch Abb. 5b). Hierdurch wird die parazelluläre Resorption von Kationen wie Na+, Ca2+ und Mg2+ ermöglicht. Eine Hemmung des NKCC zieht auch eine verminderte Resorption dieser Kationen nach sich, wobei sich eine zu geringe Mg2+-Resorption aufgrund fehlender distal gelegener Resorptionsmöglichkeiten besonders auswirkt.
Die Resorption von Ca2+-Ionen kann auch transzellulär erfolgen, wobei die zelluläre Aufnahme über luminale Ca2+-Kanäle (67) erfolgt. Intrazellulär wird Kalzium an das Protein Calbindin (68) gebunden. An der basolateralen Membran kann Ca2+ die Zelle sekundär aktiv über einen Na+/Ca2+-Austauscher (69) oder primär aktiv über eine Ca2+-ATPase (70) ins Blut transportiert werden.

Distaler Tubulus

Der distale Tubulus (Abb. 4F) schließt sich an die Macula densa mit einer Pars convoluta an, welche über ein Verbindungsstück in das Sammelrohr übergeht. Die Zellen des frühen distalen Tubulus stehen im Dienst der NaCl-, Ca2+ und Mg2+-Resorption.
NaCl wird über einen Na+/Cl-Kotransporter (71) zellulär aufgenommen. Dieser ist durch Thiaziddiuretika blockierbar. Treibende Kraft für den NaCl-Einstrom ist wiederum die Aktivität der Na+/K+-ATPase (1), die hier für ihre Funktion eine γ-Untereinheit (72) benötigt und das resorbierte Na+ an der basolateralen Seite exportiert. Die im Gegenzug aufgenommenen K+-Ionen verlassen die Zelle wieder über basolaterale K+-Kanäle (73) und stehen der Na+/K+-ATPase zur Rezirkulation zur Verfügung. Cl-Ionen verlassen die Zelle über ClC-Kanäle (62, 74), welche wiederum Barttin (63) als essenzielle Untereinheit benötigen. Mutationen der ClC-Kanäle oder von Barttin führen zum Bartter-Syndrom (s. Tab. 3 und 4).
Mg2+-Ionen werden an der luminalen Membran über einen Mg2+-Kanal (75) aufgenommen, welcher mit einem K+-Kanal (76) kolokalisiert. Die Mg2+-Ionen verlassen die Zelle an der basolateralen Seite über einen sekundär aktiven Na+/Mg2+-Austauscher (77) und über eine primär aktive Mg2+-Pumpe (78).
Ca2+-Ionen werden über einen unselektiven Kationenkanal (79) aufgenommen, der auch für Mg2+-Ionen permeabel ist. Dieser Kanal ist mechanosensitiv und dient als Osmosensor, der bei Zellschwellung aktiviert und bei Zellschrumpfung gehemmt wird. Basolateral gelangen die Ca2+-Ionen über einen sekundär aktiven Na+/Ca2+-Austauscher (77) und eine Ca2+-ATPase (78) auf die Blutseite.

Sammelrohr

Das Sammelrohr setzt sich aus drei verschiedenen Zelltypen zusammen: den Na+-resorbierenden Hauptzellen (Abb. 4G), den H+-Ionen sezernierenden A-Typ-Zwischenzellen (Abb. 4H, obere Hälfte) und den HCO3 sezernierenden B-Typ-Zwischenzellen (Abb. 4H, untere Hälfte).
Hauptzellen
An der basolateralen Zellmembran befinden sich K+-Kanäle (73), welche die Hyperpolarisation der Membran gewährleisten. In der luminalen Membran der Hauptzellen befinden sich K+-und Na+-Kanäle. Die K+-Kanäle (61) gestatten die luminale Sekretion von K+-Ionen. Treibende Kraft für diesen Ausstrom ist das transepitheliale Potenzial, das wiederum vom Ausmaß der Depolarisation der luminalen Zellmembran und somit durch die dort befindlichen ENaC (Na+)-Kanäle (80) dirigiert wird. Je mehr Na+-Ionen über diese Kanäle resorbiert werden, desto ausgeprägter ist die Depolarisation des luminalen Membranpotenzials, des transepithelialen Potenzials (15 und Abb. 5b) und somit die K+-Sekretion. Die Expression von ENaC-Kanälen wird durch Aldosteron stimuliert und durch kaliumsparende Diuretika wie Amilorid blockiert. Der basolaterale Ausstrom von Na+-Ionen erfolgt wiederum über die Na+/K+-ATPase (1) und den Na+/H+-Austauscher NHE1 (8).
Die Hauptzellen des Sammelrohrs spielen eine wesentliche Rolle bei der NN4+-Ausscheidung. Wie oben beschrieben, führen die NH3/NH4+-Transportprozesse im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife zu einer Akkumulation von NH4+-Ionen im Nierenmark. Das Sammelrohr ist für NH3/NH4+ gut permeabel und stellt so eine effektive Ausscheidung von NH4+ sicher. NH4+ kann dabei an Stelle von K+ an der basolateralen Seite von der Na+/K+-ATPase (1) aufgenommen werden. NH4+ dissoziiert in H+-Ionen und NH3. Die H+-Ionen werden basolateral über den Na+/H+-Austauscher NHE1 (8) ausgeschleust. NH3 gelangt durch Diffusion (19) und über das Rhesus-Blutgruppen-Antigen RHCG (81) ins Lumen. Zu einem geringen Teil kann NH3 auch durch RHCG von basolateral in die Zelle aufgenommen werden (81). Im Lumen wird NH3 zu NH4+ protoniert und mit dem Urin ausgeschieden.
Eine wichtige Bedeutung kommt den Hauptzellen des Sammelrohrs bei der Messung der Strömungsgeschwindigkeit des Harns zu. Die Zellen tragen an ihrer luminalen Membran primäre Zilien, die je nach vorherrschendem Harnfluss verbogen werden. Durch diese Deformation werden zwei in der Zilienmembran befindliche Proteine, Polycystin 1 (84) und Polycystin 2 (85), aktiviert. Polycystin 2 fungiert als unselektiver Kationenkanal, der strömungsabhängig den Einstrom von Ca2+-Ionen ermöglicht. Dies führt direkt und vermutlich auch über einen Ca2+-induzierte Freisetzung von Ca2+-Ionen aus intrazellulären Speichern zu einer Erhöhung der intrazellulären Ca2+-Konzentration. Diese reguliert als Second Messenger andere Ionenkanäle und kontrolliert u. a. die Proliferation der Zellen. Defekte von Polycystin führen zur polyzystischen Nierenerkrankung (s. unten).
Während im proximalen Tubulus Harnstoff hauptsächlich durch Solvent Drag (17) sowie durch para- und transzelluläre Diffusion resorbiert wird, sind der dicke aufsteigende Teil der Henle-Schleife, der distale Tubulus und das kortikale Sammelrohr für Harnstoff kaum permeabel. Hingegen verfügen die dünnen absteigenden Teile der Henle-Schleife sowie das medulläre Sammelrohr über Harnstofftransporter (86), deren Einbau durch ADH reguliert ist. Sie spielen bei der Harnkonzentrierung eine wichtige Rolle (Abschn. 5.6).
Schaltzellen
Zwischen den Hauptzellen des Sammelrohrs befinden sich Schaltzellen vom Typ A, welche H+-Ionen sezernieren („acid-secreting intercalated cells“) und solche vom Typ B, welche HCO3-Ionen sezernieren („base-secreting intercalated cells“) können (Abb. 4H). In beiden Zelltypen werden HCO3-Ionen über einen luminalen oder basolateralen Na+/HCO3-Kotransporter (87) in die Zelle transportiert. Ebenso werden in beiden Zellen mit Hilfe der Carboanhydrase (4) aus CO2 und H2O ad libidum HCO3- und H+-Ionen generiert. In den Typ-A-Zellen werden die H+-Ionen über eine H+-ATPase (88) oder eine H+/K+-ATPase (89) ins Lumen transportiert. In den Typ-B-Zellen erfolgt dieser Transport an der basolateralen Membran. Die HCO3-Ionen gelangen in den Typ-A-Zellen über den Cl/HCO3-Austauscher AE1 (90) ins Blut, in den Typ-B-Zellen über den Cl/HCO3-Austauscher Pendrin (47) ins Lumen. Das akkumulierte Cl verlässt in beiden Zelltypen die Zelle über basolaterale Cl-Kanäle (50) und durch einen K+/Cl-Kotransporter (91). Durch das lumen-negative transepitheliale Potenzial (15) können Cl-Ionen auch parazellulär resorbiert werden.
Pathophysiologie
Polyzystische Nierenerkrankung
Mutationen von Polycystin 1 oder 2 führen zur autosomal-dominant vererbten polyzystischen Nierenerkrankung, bei der es zur Bildung von raumfordernden flüssigkeitsgefüllten Zysten kommt, welche gesundes Nierengewebe verdrängen und zur Niereninsuffizienz führen.
Renale Transportdefekte
Einzelne oder mehrere renale Transportprozesse können durch eine Reihe von genetischen Defekten, endokrinen Störungen, Pharmaka oder Toxinen gestört sein (Tab. 3). Die wichtigsten genetischen Defekte sind in Tab. 4 dargestellt.

Die Niere im Dienst der Wasser- und Salzhomöostase

Flüssigkeitskompartimente, Flüssigkeitsverteilung und Wasserbilanz

Der quantitativ bedeutsamste Baustoff unseres Körpers ist Wasser. Es dient als strukturgebendes Mittel, ist Lösungsmittel, erfüllt Transportfunktionen für Substanzen und Zellen, dient dem Wärmehaushalt und ist Edukt oder Produkt biochemischer Reaktionen. Der Gesamtwassergehalt (GWG) des Körpers ist abhängig von Geschlecht, Alter und Fettgehalt. Er beträgt bei normalgewichtigen erwachsenen Frauen etwa 50 %, bei Männern etwa 60 % und bei Säuglingen 75 % des Körpergewichts (KG). Zwei Drittel des GWG (40 % KG) befinden sich intrazellulär und ein Drittel extrazellulär (20 % KG). Die extrazelluläre Flüssigkeit verteilt sich auf den interstitiellen Raum (15 % KG), die intravasale Flüssigkeit (= Plasmavolumen, 5 % KG) und die transzellulären Flüssigkeitsräume in verschiedenen Hohlräumen des Körpers (z. B. Gastrointestinaltrakt, Nierentubuli, Harnblase, Zerebrospinalraum, Peritonealraum, Synovialspalten, Pleura).
Der tägliche Wasserverlust des Körpers beträgt etwa 5 % des GWG und kommt durch obligate Wasserverluste (ca. 2 l), die Wasserabgabe durch Verdunstung und Diffusion über die Haut (Perspiratio insensiblis), die Ausatmung wasserdampfgesättigter Luft (ca. 900 ml), das im Stuhl enthaltene Wasser (ca. 100 ml) und das mindestens notwendige Wasservolumen zur Lösung von Stoffwechselendprodukten und harnpflichtigen Substanzen im Urin (ca. 1 l) zustande. Fakultativ wird die Wasserabgabe durch Schweißproduktion erhöht. Die Verluste des GWG müssen obligatorisch ersetzt werden. Dies erfolgt über die Nahrung (ca. 900 ml) und Trinken (ca. 800 ml). Im Zuge des Stoffwechsels entsteht ebenfalls Wasser (Oxidationswasser, ca. 300 ml). Überschüssig aufgenommenes Wasser wird rasch über die Niere ausgeschieden, so dass der Wasserhaushalt davon weitgehend unbeeinflusst bleibt.

Wasserresorption entlang des Nephrons

Proximal tubulär ist die Wasserresorption quantitativ eng an die Na+-Resorption gebunden. Durch die vom Lumen ins Interstitium gerichteten Transportvorgänge entsteht ein leichter osmotischer Gradient, der zu einem sowohl parazellulären als auch transzellulären Wasserfluss führt. Im parazellulären Wasserstrom werden dabei andere gelöste Teilchen mitgerissen und auf diese Weise resorbiert (Solvent Drag; 17 in Abb. 4A-D). Im absteigenden Teil der Henle-Schleife wird H2O ebenfalls resorbiert, wodurch es in diesem Abschnitt zu einer Angleichung der tubulären an die interstitielle Osmolarität kommt. Im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife ist die Wasserleitfähigkeit des Tubulusepithels extrem gering. Durch die ausgeprägte Resorption von NaCl in diesem Segment wird der Harn stark verdünnt und erreicht als hypotone Flüssigkeit den distalen Tubulus. In diesem und in den anschließenden Sammelrohren ist die basale H2O-Permeabilität ebenfalls gering, so dass bei ausreichendem Hydratationszustand Wasser ausgeschieden wird (Diurese). Ist jedoch die Plasmaosmolarität erhöht oder/und das Extrazellulärvolumen erniedrigt, kommt es zur Ausschüttung des antidiuretischen Hormons (ADH, Arg-Vasopressin), welches dazu führt, dass vermehrt Aquaporine Typ 2 (AQP2; 82 in Abb. 4G) in die luminale Membran der Sammelrohrzellen eingebaut werden, wodurch die H2O-Leitfähigkeit um das 30- bis 40-Fache ansteigt. H2O kann so dem vorherrschenden osmotischen Gradienten folgend im Interstitium resorbiert werden und wird so vor der Ausscheidung bewahrt (Antidiurese).
ADH bewirkt dies durch Fusion von intrazellulären Membranvesikeln, die bereits AQP2 (82) in ihrer Membran tragen, mit der luminalen Sammelrohrmembran. Längerfristig stimuliert ADH auch die AQP2-Synthese. Die Wirkung von ADH wird durch Bindung an den apikalen Vasopressin -Typ-2(V2)-Rezeptor vermittelt. In den basolateralen Membranen der Sammelrohre befinden sich die Aquaporine 3 und 4 (83), die jedoch nicht durch ADH reguliert werden. ADH trägt auch zum Aufbau des osmotischen Gradienten im Nierenmark bei. Es stimuliert im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife die Resorption von NaCl. In einigen Nephronabschnitten fördert das Hormon den Einbau von Harnstofftransportern, welche in die luminalen Membranen der Sammelrohre und die apikalen Membranen der dünnen absteigenden Henle-Schleife eingebaut werden und dadurch die Rezirkulation von Harnstoff begünstigen.
Pathophysiologie
ADH-Mangel – Diabetes insipidus
Beim Diabetes insipidus (DI) scheiden die Nieren große Volumina (bis zu 20 und mehr Liter pro Tag) an hypotonem (<300 mosmol/l) Harn aus (Polyurie). Der Flüssigkeitsverlust muss durch Trinken kompensiert werden. Die Patienten haben dementsprechend starken Durst (Polydipsie). Unterbleibt die Flüssigkeitszufuhr, führt dies zur hypertonen Hypovolämie (s. Abschn. 6). Die Ursachen eines DI können eine gestörte Bildung oder Freisetzung von ADH, etwa als Folge eines Traumas, eines chirurgischen Eingriffs, eines Tumors oder einer Entzündung sein (zentraler DI). Seltener liegt der Grund in einer Mutation des Prä-Propressophysin-Gens. Der zentrale DI kann durch Gabe von ADH behandelt werden. Liegen die Ursachen eines DI im fehlenden Ansprechen der Sammelrohrzellen auf das Hormon, spricht man von einem renalen (nephrogenen) DI, der auf Mutationen des V2-Rezeptors oder AQP2 beruhen kann, oder die Folge von Schädigungen der Nierentubuli durch Entzündung (Nephritis) sein kann. Eine Hyperkalzämie und einige Medikamente wie Lithium können ebenfalls die Wirkung von ADH unterdrücken.
Syndrom der inappropriaten Sekretion von ADH, SIADH
Bei einer Reihe von Erkrankungen kann der ADH-Spiegel für die vorherrschende Plasmaosmolarität zu hoch sein. Mögliche Ursachen sind ADH-produzierende Tumoren (z. B. kleinzelliges Bronchialkarzinom), aber auch Erkrankungen von Lunge und ZNS, Hypothyreose oder Medikamente. Durch den ADH-Überschuss wird zu wenig Wasser ausgeschieden. Die drohende Hypervolämie wird kompensiert, wenn die anderen volumenregulierenden Mechanismen (RAAS und natriuretische Peptide) intakt sind. Es entwickelt sich jedoch ein Natriummangel, da zur Ausscheidung von Wasser die Natriumausscheidung gesteigert wird, was eine Hypoosmolarität des Plasmas zur Folge hat. Diese führt zur Zellschwellung (intrazelluläres Ödem) mit der Gefahr eines Hirnödems.

Natrium- und Chloridtransport entlang des Nephrons und interne NaCl-Balance

Die Wasserresorption ist eng an den tubulären Transport von Na+ und Cl gekoppelt. Im proximalen Tubulus wird Na+ insbesondere durch das Zusammenspiel von Na+/K+-ATPase und den sekundär aktiven Transportmechanismen, wie Na+-gekoppelter Antiport und Kotransport von H+, HCO3, Glukose, Aminosäuren, Phosphat oder Sulfat, resorbiert. Das frühproximale lumen-negative und mittel- bis spätproximale lumen-positive transepitheliale Potenzial (TEP) treiben die parazelluläre Resorption von Cl bzw. Na+ und anderen Kationen an.
Im dünnen aufsteigenden Teil der Henle-Schleife wird NaCl passiv resorbiert, während im dicken aufsteigenden Teil Na+ gemeinsam mit K+ und 2Cl-Ionen durch den Na+/K+/2Cl-Kotransporter NKCC2 sekundär aktiv resorbiert wird. Das resorbierte K+ gelangt über K+-Kanäle wieder ins Lumen und rezirkuliert über NKCC. Na+ wird durch die Na+/K+-ATPase und Cl durch Cl-Kanäle und einen Cl/HCO3-Austauscher ins Blut exportiert. Netto wird hier also NaCl resorbiert. Durch die Resorptionsvorgänge wird ein lumen-positives TEP erzeugt, das die Resorption von Na+, aber auch von Ca2+ und Mg2+ parazellulär antreibt. NKCC wird durch Schleifendiuretika blockiert.
Im distalen Tubulus wird NaCl durch den Na+/Cl-Kotransporter NCC luminal aufgenommen und verlässt basolateral die Zellen über die Na+/K+-ATPase und durch Cl-Kanäle. NCC wird durch Thiaziddiuretika gehemmt.
Im Sammelrohr strömt Na+ über luminale ENaC-Kanäle in die Hauptzellen. Durch die damit einhergehende Depolarisation des luminalen Membranpotenzials entsteht ein lumen-negatives TEP, welches die Sekretion von K+-Ionen in das Tubuluslumen antreibt. Je höher die Na+-Resorption, desto höher ist daher die K+-Sekretion ins Sammelrohr. Die Hormone ADH und Aldosteron stimulieren, atriales natriuretisches Peptid (ANP) und K+-sparende Diuretika wie Amilorid hemmen die ENaC-Kanäle. Cl folgt dem elektrischen Gradienten des TEP und wird parazellulär resorbiert. Außerdem kann es über die Typ-B-Schaltzellen über einen luminalen Cl/HCO3-Austauscher und basolaterale Cl-Kanäle resorbiert werden.

Kaliumtransport entlang des Nephrons und interne Kaliumbalance

Bei einer Plasmakaliumkonzentration von 3,4–4,8 mmol/l befinden sich nur rund 2,5 % des K+-Bestandes des Körpers im Extrazellulärraum, der allerdings für die Regulation des K+-Haushalts maßgeblich ist. Nachdem die tägliche K+-Zufuhr den extrazellulären K+-Bestand weit übersteigen kann, geschieht die Regulation der K+-Resorption bzw. -Sekretion hauptsächlich in Abhängigkeit der diätischen K+-Aufnahme. Die kurzfristige Regulation erfolgt durch Verschiebung des aufgenommenen K+ in den Intrazellulärraum, was über eine Stimulation der Na+/K+-ATPase durch Insulin, Aldosteron und Adrenalin erreicht wird. Letztlich erfolgt die Regulation des K+-Haushalts aber über die Nieren. Im proximalen Tubulus und im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife wird K+ gemeinsam mit anderen Kationen wie Na+, Mg2+ oder Ca2+ parazellulär, angetrieben durch die in diesen Nephronabschnitten anliegenden lumen-positiven transepithelialen Potenziale, resorbiert. Im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife erfolgt die Resorption auch transzellulär über den luminalen NKCC-Kotransporter und die basolaterale Na+/K+-ATPase (Abschn. 4.2). In den distalen Tubulusabschnitten wird K+ bei geringer K+-Zufuhr über H+/K+-ATPasen der Typ-A-Schaltzellen des Sammelrohrs zusätzlich resorbiert. Bei hoher diätischer K+-Zufuhr, Hyperkaliämie, Aktivierung des RAAS bei Hypovolämie/Hyponatriämie wird K+ durch die Hauptzellen des Sammelrohrs aldosteronabhängig bedarfsgerecht vermindert resorbiert oder sekretiert (Abschn. 4.2.4). So liegt die K+-Exkretion über die Nieren bei 3–150 % der filtrierten Menge.

Die Niere im Dienst des Säure-Basen-Haushalts

Die Aufrechterhaltung und exakte Einstellung eines adäquaten pH-Wertes in den verschiedenen Körperflüssigkeiten ist von eminenter Wichtigkeit für eine Vielzahl von Funktionen. Der pH-Wert entspricht dem negativen dekadischen Logarithmus der H+-Ionenkonzentration (pH = −log [H+]). Er beträgt im Blut 7,35–7,45. Die H+-Ionenkonzentration bei einem normalen pH-Wert von 7,4 beträgt also 40 nmol/l (= 4 × 10−8 mol/l). Die Konzentration an H+-Ionen ist im Vergleich zu anderen Ionen extrem niedrig und muss innerhalb engster Grenzen konstant gehalten werden. Bei einer Erniedrigung unter 7,35 liegt eine Azidose vor, bei einer Erhöhung über 7,45 eine Alkalose. Werte unter 7,0 und über 7,8 sind nicht mit dem Leben vereinbar. H+-Ionen beeinflussen die Struktur von Proteinen und spielen daher in so gut wie allen Funktionen entscheidende Rollen. Beispiele sind Enzymaktivitäten (Stoffwechsel, Signaltransduktion, DNA-Synthese, Zellteilung, Tumorgenese), die Kraft kontraktiler Strukturen (Skelettmuskel, Herz, glatte Muskulatur von Gefäßen, Bronchien oder Darm), die Ionenleitfähigkeit erregbarer Gewebe (Skelettmuskel, Herz, Nerven, endokrine Zellen) sowie von transportierenden Epithelien (Niere, Darm, Leber), die Leitfähigkeit von Zell-Zell-Verbindungen (Gap Junctions, Tight Junctions), die Bindungsfähigkeit von Transportproteinen (Hämoglobin), Hormonwirkungen (Katecholamine), die Einstellung von Elektrolytkonzentrationen und deren Verteilung, Abwehrfunktionen im Immunsystem (Granulozytenfunktion), die Einstellung und Regulation des Zellvolumens oder die Knochenmineralisierung.
Täglich fallen ca. 60 mmol an H+-Ionen an. Säure muss daher effizient eliminiert werden. Um den pH-Wert in seinem Normbereich zu halten, bedarf es daher der exakten Regulation durch die Puffersysteme des Körpers sowie des metabolischen Zusammenspiels von Organen wie Nieren, Lunge, Leber, Gastrointestinaltrakt und Knochen.
Die wichtigsten Puffersysteme im Blut sind das CO2/HCO3-Puffersystem (Bicarbonat-Puffersystem), das Proteinat-Puffersystem (vor allem Hämoglobin aber auch Plasmaproteine) und der Phosphatpuffer. Die gesamte Pufferkonzentration im Blut beträgt etwa 48 mmol/l.
Das Bicarbonat-Puffersystem ist für die Regulation des Säuren-Basen-Haushalts von besonderer Bedeutung. Es hat ca. 50 % Anteil an der gesamten Pufferkonzentration. Da CO2 über die Atmung reguliert werden kann und H+- und HCO3-Ionen in der Niere resorbiert oder ausgeschieden werden können, handelt es sich hierbei um ein offenes Puffersystem. Entsprechend der Henderson-Hasselbalch-Gleichung
$$ pH=6,1+\mathit{\log}\frac{\left[{HCO}_3^{-}\right]}{\left[{CO}_2\right]} $$
liegt ein pH-Wert von 7,4 dann vor, wenn das Verhältnis von [HCO3]:[ CO2] gleich 20:1 ist. Dies ist der Fall bei einer CO2-Konzentration von 1,2 mmol/l (bei einem CO2-Gas-Partialdruck von 40 mmHg) und einer HCO3-Konzentration von 24 mmol/l. Lunge, Leber und Niere kooperieren eng, um das [HCO3]:[ CO2]-Verhältnis bei 20:1 zu halten.
Die für die Regulation des Säure-Basen-Haushalts wesentlichen renalen Ionentransportprozesse sind in Abschn. 4 beschrieben und in Abb. 4A-H sowie in Tab. 3 dargestellt.
Im proximalen Tubulus sind HCO3-Resorption und H+-Ionen-Sekretion, Resorption von Phosphat und Sulfat sowie die Ausscheidung von Ammonium eng aneinander gekoppelt. Bei Alkalose sinkt die proximal tubuläre HCO3-Resorption, so dass es zur Bicarbonaturie kommen kann. Bei Azidose hingegen wird Bicarbonat vollständig tubulär resorbiert. Der Schwellenwert für die renale Bicarbonat-Ausscheidung ist vom CO2-Gas-Partialdruck (pCO2) abhängig. Bei einem normalen pCO2 (40 mmHg) liegt sie bei 24 mmol/l. Ist der pCO2 erniedrigt (respiratorische Alkalose), sinkt sie auf etwa 20 mmol/l und es kommt zur Bicarbonaturie. Bei erhöhtem pCO2 (respiratorische Azidose) steigt die Schwelle auf etwa 30 mmol/l, HCO3 wird also eigespart. Steigt bei nichtrespiratorischer (metabolischer Alkalose) die HCO3-Konzentration im Blutplasma auf über 24 mmol/l an, kommt es zu einer Bicarbonaturie.
Eine wichtige Rolle kommt der H+-Ausscheidung durch das HPO42−/H2PO4-Puffersystem zu. HPO42− wird mit zunehmend saurem luminalen pH-Wert zu H2PO4 protoniert. Dieses kann nicht resorbiert werden und fungiert somit als Vehikel für sezernierte H+-Ionen. Die H2PO4-Ionen werden im Urin als titrierbare Säure ausgeschieden. Ebenso werden über das NH3/NH4+-System H+-Ionen luminal zur Ausscheidung gebracht. NH3 fällt beim Abbau von Aminosäuren an. Es ist toxisch, wird in der Leber gebildet und dort unter Verbrauch von Bicarbonat zur Synthese von Harnstoff verwendet. Bei Azidose herrscht ein Mangel an HCO3, wodurch die Harnstoffbildung aus NH3 eingeschränkt wird. NH3 wird nun stattdessen an Glutamat gekoppelt, woraus Glutamin entsteht. Dieses gelangt über das Blut in die Niere, wird von den Zellen des proximalen Tubulus aufgenommen, in welchen daraus wiederum NH4+ und α-Ketoglutarat gebildet wird. Bei Alkalose wird in der Leber NH4+ nicht an Glutamin gebunden, sondern gemeinsam mit HCO3 zur Harnstoffsynthese herangezogen. Durch den gesteigerten HCO3-Verbrauch und die forcierte renale HCO3-Ausscheidung wird so der Alkalose effektiv entgegengewirkt.
Im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife werden ebenfalls H+-Ionen über den Na+/H+-Ionen-Austauscher NHE3 (3) luminal eliminiert. Die H+-Ionen stammen dabei im Wesentlichen aus der Dissoziation von NH4+ zu NH3 und H+. Da in diesem Tubulussegment ein lumen-positives TEP vorliegt, wirkt die zelluläre H+-Ionen-Sekretion einer parazellulären Resorption von H+-Ionen und somit einer Alkalinisierung des Harns entgegen. Durch den sauren pH-Wert der Tubulusflüssigkeit kann NH4+ im Nierenmark akkumuliert werden.
Sowohl Typ-A- als auch Typ-B-Schaltzellen der Verbindungstubuli und Sammelrohre verfügen über eine H+-ATPase und eine H+/K+-ATPase sowie über Na+/HCO3-Kotransporter und Cl/HCO3-Austauscher (Abschn. 4.2.4). Ihre Anordnung in den luminalen und basolateralen Membranen der Typ-A- und Typ-B-Zellen ist im Wesentlichen spiegelbildlich. Die Typ-A-Zellen sind in der Lage, durch luminale Säuresekretion den pH-Wert des Endharns auf Werte bis 4,5 zu senken. Herrscht hingegen eine alkalotische Stoffwechsellage vor, so können die Typ-A-Zellen zu Typ-B-Zellen umgebaut werden. Dies geschieht zum Teil durch seitenverkehrten Einbau der erwähnten Ionentransporter in die luminalen und basolateralen Membranen. Somit können Typ-B-Zellen HCO3 sezernieren und den Endharn alkalinisieren.

Harnkonzentrierung und Regulation der Urinosmolarität

Die Harnkonzentrierung dient dazu, die Osmolarität der extrazellulären Flüssigkeiten und somit die Flüssigkeitsverteilung in den Kompartimenten des Körpers innerhalb bestimmter Grenzen unabhängig von äußerer Flüssigkeitszufuhr und obligaten Wasserverlusten konstant zu halten. Von zentraler Bedeutung hierfür ist die hohe Osmolarität des Interstitiums des Nierenmarks, wo Werte bis 1200 mosmol/l erreicht werden. Die hydraulische Leitfähigkeit der Sammelrohre und die Markosmolarität bestimmen das pro Zeit resorbierte Wasservolumen und die Osmolarität des Endharns. Die Wasserleitfähigkeit der Sammelrohre, welche durch den ADH-gesteuerten Einbau von AQP2-Wasserkanälen reguliert wird, bestimmt, ob Wasser über diese Segmente resorbiert oder ausgeschieden wird. Bei hoher Leitfähigkeit der Sammelrohre für Wasser (hohe ADH-Spiegel) kann dieses dem vorherrschenden osmotischen Gradienten folgend resorbiert werden. Bei niedriger Wasserleitfähigkeit (niedrige ADH-Spiegel) hingegen wird Wasser ausgeschieden. Die Osmolarität des Endharns reicht von 50 mosmol/l bei maximaler Wasserdiurese bis zu 1200 mosmol/l bei Antidiurese (Durst, Exsikkose; Abb. 1; Abschn. 5.2).
Damit im Nierenmark eine entsprechend hohe Osmolarität aufgebaut werden kann, bedarf es wesentlicher anatomischer und funktioneller Voraussetzungen. Mit den in unmittelbarer Nachbarschaft angeordneten Nephronsegmenten, nämlich dem zur Nierenpapille hin gerichteten Verlauf von Pars recta des proximalen Tubulus, des dünnen absteigenden Teils der Henle-Schleife und des Sammelrohrs sowie den zur Nierenrinde hin ziehenden Abschnitten von Pars ascendens und dickem aufsteigenden Teil der Henle-Schleife ist die Voraussetzung für ein Gegenstromprinzip geschaffen. Die dicken Schenkel der Henle-Schleifen verlaufen dabei in der Nierenrinde und der äußeren Markzone, während die dünnen Abschnitte in die innere Markzone und die Papille reichen. Die einzelnen Segmente der Nephrone weisen dabei unterschiedliche Leitfähigkeiten für Wasser, NaCl und Harnstoff auf. Während die Partes rectae der proximalen Tubuli und die Sammelrohre (in Anwesenheit von ADH) für Wasser gut permeabel sind, sind die aufsteigenden Teile der Henle-Schleife hierfür impermeabel. Da in diesen Abschnitten jedoch NaCl resorbiert wird, resultiert hieraus ein hypertones Interstitium und damit hypertones Blut in den Vasa recta. Gleichzeitig wird die Tubulusflüssigkeit hypoton. In den distalen Tubuli und in den Sammelrohen steigt sodann durch Wasserentzug die luminale Osmolarität wiederum an. In den dünnen Schleifenteilen erfolgt passive NaCl-Resorption, in den dicken aufsteigenden Teilen hingegen wird durch Na+/K+/2Cl-Kotransporter (NKCC2, Abschn. 4.2.2 und 60 in Abb. 4E) NaCl sekundär aktiv entzogen. Diese Abschnitte des Tubulussystems bilden den primären Motor für die Harnkonzentrierung. Da dem in Richtung Papille strömenden Harn ständig Wasser entzogen wird, wird bei Antidiurese ein zur Papille hin zunehmend hypertones Mark aufgebaut.
Die Durchlässigkeit der dicken Teile der Henle-Schleifen, der distalen Tubuli und der kortikalen Sammelrohre für Harnstoff ist sehr gering. Die luminale Konzentration von Harnstoff ist in diesen Tubulusabschnitten daher niedrig. Die dünnen aufsteigenden Anteile der Henle-Schleife sind zwar für Wasser schlecht permeabel, Harnstoff kann das Tubulusepithel hingegen gut passieren und wird hier sezerniert. Die Zellen des medullären Sammelrohrs und der dünnen absteigenden Teile der Henle-Schleife verfügen über Harnstoff-Transporter (86 in Abb. 4G), deren Einbau in die luminale Zellmembran ebenfalls durch ADH gefördert wird. Sie ermöglichen, dass Harnstoff durch transzelluläre Resorption seinem chemischen Gradienten folgend ins Interstitium und die Vasa recta des Nierenmarks gelangen kann, um dort wiederum in das Tubuluslumen der absteigenden dünnen Teile der Henle-Schleifen aufgenommen zu werden. Da die Vasa recta lange, bis ins tiefe Mark reichende Kapillarschleifen mit geringer Strömungsgeschwindigkeit darstellen, können NaCl und Harnstoff nicht ausreichend rasch abtransportiert werden und verweilen auf diese Weise im Nierenmark. Hierdurch steigt die Harnstoffkonzentration auf das ungefähr Zehnfache an. Somit wird bei Antidiurese ein steiler osmotischer Gradient für Harnstoff mit Werten bis zu maximal 600 mosmol/l vom Tubuluslumen ins Interstitium generiert. Die hohe Osmolarität im Interstitium entzieht dabei dem absteigenden dünnen Teil der Henle-Schleife Wasser und bewirkt eine Konzentrierung von luminalem NaCl im dicken aufsteigenden Teil. Dies wiederum erzeugt einen steilen NaCl-Gradienten, der vom Lumen ins Interstitium gerichtet ist und somit im dicken aufsteigenden Teil die Resorption von NaCl antreibt. Die Konzentration an NaCl kann im Nierenmark ebenfalls auf bis zu 600 mosmol/l ansteigen. Die totale Osmolarität, die im Nierenmark durch NaCl und Harnstoff somit erzielt werden kann, beträgt rund 1200 mosmol/l. Eine Steigerung der renalen Durchblutung durch einen Anstieg des Perfusionsdrucks über den durch die Autoregulation konstant gehaltenen Bereich (Abschn. 3.4) kann über eine gesteigerte Markdurchblutung zur Senkung der interstitiellen Osmolarität führen und so eine Diurese bewirken (Druckdiurese).
Pathophysiologie
Urolithiasis
Zu den Substanzen, die zu einer Steinbildung im Harntrakt führen können (lithogene Harnbestandteile), zählen Kalziumoxalat, Kalziumphosphat, Magnesium-Ammonium-Phosphat (Strucit), Harnsäure, Cystin sowie Xanthin. Werden diese Substanzen vermehrt mit dem Harn ausgeschieden und wird deren Löslichkeitsgrenze überschritten, so kommt es durch Ausfallen der jeweiligen Salze zur Bildung von Konkrementen, welche aus einem kristallinen Anteil und einer Matrix (Uromukoid) bestehen. Am häufigsten (ca. 80 %) kommt es zur Bildung von Kalziumoxalat- und Kalziumphosphatsteinen. Meist handelt es sich um Mischsteine. Begünstigt wird die Steinbildung durch Hyperkalzurie, Phosphaturie und alkalischen (Phosphatsteine) oder sauren (Harnsäuresteine) pH-Wert des Urins. Vermehrte Ausschüttung von ADH (Dehydratation, Hypovolämie, Stress, SIADH) begünstigt durch die Harnkonzentrierung eine Urolithiasis.
Prärenal bedingte Ursachen für Steinbildung sind Hyperkalzurie und Phosphaturie als Folge gesteigerter enteraler Kalziumresorption oder Mobilisation von Kalzium und Phosphat aus dem Knochen, wie bei Immobilisation, primärem Hyperparathyreoidismus oder Überschuss an Calcitriol. Eine Hyperoxalurie entwickelt sich als Folge einer übermäßigen alimentären Zufuhr, gesteigerter enteraler Resorption, beispielsweise bei entzündlichen Darmerkrankungen, oder eines Defekts im Aminosäurestoffwechsel. Eine Hyperurikämie kann sich bei übermäßiger exogener Zufuhr, gesteigerter Synthese oder vermehrtem Abbau von Purinkörpern entwickeln. Liegt gleichzeitig eine gesteigerte Bildung von Purinen und Hemmung des Xanthinabbaus durch Harnsäure vor, können sich Xanthinsteine bilden (selten). Renal bedingte Ursachen für Urolithiasis liegen in einer gestörten tubulären Resorption von Kalzium oder in einer renal-tubulären Azidose. Cystinsteine entstehen im Rahmen einer Cystinurie (Abschn. 4.2 und Tab. 4). Bei Harnwegsinfektionen durch gramnegative Bakterien (außer E. coli) entstehen durch die bakterielle Urease-Aktivität aus Harnstoff NH3 und CO2. Als Folge steigen die Konzentrationen von NH4+ und HCO3, der Urin wird alkalisch, Magnesium-Ammonium-Phosphat fällt aus und bildet Steine, welche die Bakterien einschließen (Infektsteine). Eine Erniedrigung der Harnstromstärke bei Abflusshindernissen erhöht die Verweildauer der lithogenen Substanzen im Urin und fördert deren Kondensation.
Pyrophosphat, Magnesium und Zitrat binden Kalzium und haben daher eine hemmende Wirkung auf die Steinbildung. Das in den proximalen Tubuluszellen gebildete saure Glykoprotein Nephrokalzin hemmt die Bildung von Kristallisationskernen und das im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife gebildete Tamm-Horsfall-Protein unterdrückt die Bildung von Kalziumoxalatsteinen.

Harntreibende Substanzen: Diuretika, Saluretika und Osmodiuretika

Eine gesteigerte Ausscheidung von Wasser (Diuretika) oder Natrium (Saluretika) kann einerseits durch Hemmung bestimmter renaler Transportprozesse und andererseits durch Verabreichung von Substanzen, die renal nicht oder nur unzureichend resorbiert werden können (Osmodiuretika), erzielt werden.

Hemmung renaler Tranportprozesse (Diuretika und Saluretika)

Carboanhydrase-Hemmer
Im proximalen Tubulus kann durch Hemmung des Enzyms Carboanhydrase (4 in Abb. 4) beispielsweise durch Azetazolamid die Resorption von Na+ und HCO3 blockiert werden (3 und 7 in Abb. 4A). Wird hierdurch im Verlauf der weiteren Tubuluspassage die Resorptionskapazität für eines oder beide Ionen überschritten, so bedingt dies deren Ausscheidung und die des an sie osmotisch gebundenen Wassers. Kompensatorisch kann es zu vermehrter Resorption von Wasser im distalen Tubulus, Cl-Retention und K+-Verlust kommen. Der Verlust von HCO3, Hypokaliämie und Hyperchlorämie birgt die Gefahr einer metabolischen Azidose in sich. Der diuretische Effekt ist insgesamt gering, jedoch eignen sich Carboanhydrase-Hemmer zur Harnalkalinisierung.
Schleifendiuretika
Die am stärksten wirkenden Diuretika greifen am dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife und an der Macula densa an, wo sie den Na+/K+/2Cl-Kotransporter (NKCC2, 60 in Abb. 4E und Abschn. 4.2.2) hemmen. Zu diesen Diuretika gehören Substanzen wie Furosemid, Bumetanid, Piretanid, Torasemid oder Etacrynsäure. Sie gelangen nicht nur durch glomeruläre Filtration, sondern auch durch proximal-tubuläre Sekretion ins Tubuluslumen, wodurch im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife Konzentrationen erzielt werden, die deutlich über sonst toxisch wirkenden Plasmakonzentrationen liegen (cave: Innenohrtaubheit). Durch die Hemmung des Na+/K+/2Cl-Kotransporters steigt das distal tubuläre Angebot an Na+, was wiederum eine gesteigerte K+-Sekretion und somit die Gefahr der Hypokaliämie nach sich zieht (Abschn. 4.2 und 5.3). Ebenso wird in den Sammelrohren die H+-Ionen-Sekretion stimuliert (88 und 89 in Abb. 4H), was zur metabolischen Alkalose führen kann. Alkalose und Hypokaliämie verstärken sich gegenseitig. Verstärkt wird die diuretische Wirkung der Schleifendiuretika durch Blockierung des tubuloglomerulären Feedbacks (TGF, Abschn. 3.1), das unter physiologischen Bedingungen renalen Salz- und Wasserverlusten entgegenwirkt.
Frühdistal wirkende Diuretika
Auf einer Hemmung des Na+/Cl-Kotransporters im distalen Tubulus (NCC, 71 in Abb. 4F) beruht die Wirkung von Thaziddiuretika, wie Hydrochlorothiazid, Chlorothiazid, Benzthiazid oder Trichlormethiazid, sowie von Thiazidanaloga wie Chlorthalidon, Clopamid, Indapamid oder Xipamid. Über eine Senkung der intrazellulären Na+-Konzentration in der Tubuluszelle erhöht sich die Triebkraft für Na+, wodurch die Aktivität des basolateralen Na+/Ca2+-Austauschers angekurbelt wird und es zu einer gesteigerten Ca2+-Resorption kommt. Durch kompensatorische Steigerung der Na+-Resorption kommt es auch im proximalen Tubulus und der Henle-Schleife zu einer gesteigerten parazellulären Resorption von Ca2+-Ionen (17 in Abb. 4B, 15 in Abb. 4E). Diese Effekte werden therapeutisch zur Reduktion der renalen Ca2+-Ausscheidung genutzt (beispielsweise bei Hyperkalzurie oder zur Vermeidung der Bildung von Ca2+-haltigen Konkrementen).
K + -sparende Diuretika
Wie bereits beschrieben (Abschn. 4.2 und 5.3) erfolgt in den Hauptzellen der Sammelrohre die Feineinstellung der Na+-Resorption und -Ausscheidung. Dies erfolgt über Na+-Aufnahme über in der luminalen Membran gelegene ENaC-Kanäle (80 in Abb. 4G). Diese ist mit einer Depolarisation des luminalen Zellmembranpotenzials verbunden, wodurch ein hohes transepitheliales Potenzial (TEP) erzeugt wird (Abb. 5b sowie 15 in Abb. 4G), welches die treibende Kraft für die K+-Sekretion im Sammelrohr darstellt. Substanzen wie Amilorid oder Triamteren blockieren die ENaC-Kanäle und bringen das TEP zum Erliegen, wodurch die K+-Sekretion unterdrückt wird. Ähnlich wirken Aldosteron-Antagonisten wie Spironolakton. Aldosteron erhöht im Sammelrohr die Zahl der ENaC-Kanäle und somit die tubuläre Na+-Resorption und K+-Sekretion. Canrenon, das Stoffwechselprodukt des Aldosteron-Antagonisten Spironolakton, blockiert die Rezeptoren für Aldosteron und bewirkt über gesteigerte Na+-Ausscheidung eine Diurese bei gleichzeitiger Einsparung von K+. K+-sparende Diuretika bergen die Gefahr einer Hyperkaliämie und metabolischen Azidose in sich.

Osmotische Diuretika (Osmodiuretika)

Werden parenteral Substanzen verabreicht, die zwar renal filtriert, nicht jedoch resorbiert werden können, so wird im Tubuluslumen aus osmotischen Gründen Wasser an die jeweilige Substanz gebunden und mit dem Endharn ausgeschieden. Beispiele sind die Zuckeralkohole Mannitol oder Sorbitol. Die osmotische Diurese ist dabei aufgrund der Ausschwemmung des Nierenmarks auch mit einer verminderten NaCl-Resorption verbunden, was eine gesteigerte Na+- und K+-Ausscheidung zur Folge hat. Eine osmotische Diurese entsteht auch, wenn die Resorptionskapazität von Schwellensubstanzen durch zu hohes luminales Substratangebot (beispielsweise Glukosurie bei Diabetes mellitus) oder verminderte Transportkapazität (beispielsweise HCO3 bei proximal renal-tubulärer Azidose Typ II) überschritten wird.

Regulation der Plasmaosmolarität und des Extrazellulärvolumens

Osmolarität und effektives zirkulierendes Blutvolumen werden durch unterschiedliche Regulationssysteme bedarfsadäquat eingestellt. Die Regulationsmechanismen sind in Abb. 6 dargestellt. Die Plasmaosmolarität wird durch das Verhältnis von Wasser und den darin gelösten Substanzen, insbesondere Na+- und K+-Salzen, bestimmt. Das extrazelluläre Volumen hingegen wird durch die absolute Menge an osmotisch aktiven Teilchen, insbesondere Na+-Ionen und Wasser, bestimmt. Die Sensoren für die Plasmaosmolarität sind Osmorezeptoren in Hypothalamus und Leber. Ihre Aktivität bestimmt einerseits das Durstgefühl und somit die Wasseraufnahme durch Trinken und andererseits die renale Wasserausscheidung über das Hormon ADH. Das effektive zirkulierende Blutvolumen wird von Volumenrezeptoren in den Vorhöfen des Herzens und den herznahen Gefäßen, durch Barorezeptoren in den Glomera aortica und carotica sowie den afferenten Arteriolen gemessen. Ihre Aktivität bestimmt durch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), natriuretische Peptide (ANP, BNP), das sympathische Nervensystem, ADH und durch den Blutdruck (Druckdiurese) das Ausmaß der renalen Na+-Retention und -Exkretion.

Osmoregulation

Die Osmolarität der meisten Körperflüssigkeiten beträgt 290 mosmol/l H2O (Isotonie), wobei sich die Flüssigkeiten im IZR und EZR im osmotischen Gleichgewicht befinden. Erhöht sich die extrazelluläre Osmolarität – wie beispielsweise bei hypotonem Wasserverlust – so führt dies durch Wasserausstrom aus den Zellen zu Zellschrumpfung. Wasserüberschuss im EZR oder Verlust an Na+ führen hingegen zu Zellschwellung. Da die Zellen ihr Volumen innerhalb engster Grenzen konstant halten müssen, reagieren sie auf solche Schwankungen mit kurz- und langfristigen Regulationsmechanismen. Neben zellulären Mechanismen machen diese auch die Osmoregulation der extrazellulären Flüssigkeit absolut notwendig. Die Veränderungen der Plasmaosmolarität werden mit höchster Sensitivität, nämlich bereits ab einer Abweichung von 1 % des Istwertes vom Sollwert durch osmosensitive Neurone im Organum vasculosum laminae terminalis und Subfornikalorgan des Hypothalamus registriert. Diese Rezeptoren steuern einerseits über das Durstgefühl das Trinkverhalten und andererseits durch die Synthese und Ausschüttung von ADH aus dem Hypophysenhinterlappen die Wasserpermeabilität der Sammelrohre und somit die Wasserretention und Harnkonzentrierung in der Niere (Abschn. 5.2). Somit wird die Osmolarität primär durch Änderung der Wasserbilanz (und nicht über Na+) reguliert. Neben den osmosensitiven Neuronen im Hypothalamus sind Osmorezeptoren in der Pfortader, die über vagale Afferenzen mit dem Hypothalamus verbunden sind, an der Regulation der Plasmaosmolarität beteiligt. Da das aus dem Gastrointestinaltrakt resorbierte Wasser hypoton ist, kommt es zu einer physiologischen Schwellung der Hepatozyten. Dies verändert das Verhalten der Osmosensoren der Leber und führt reflektorisch zu einer Verringerung der ADH-Ausschüttung. Bei anhaltender Wasserresorption wird das Blut nach Ausschöpfung der Leberkapazität hypoton. Eine Hemmung der Osmosensoren im Hypothalamus und damit Zunahme der Diurese sind die Folge.

Regulation des Extrazellulärvolumens

Ziel der Volumenregulation ist es, die Gewebeperfusion aufrechtzuerhalten. Daran sind mehrere Sensoren und Effektoren beteiligt. Da das Volumen der extrazellulären Flüssigkeit vor allem von der Menge an vorhandenen Na+-Ionen abhängt, ist dessen Regulation eng an die Na+-Homöostase gebunden. Diese wird hauptsächlich über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), das sympathische Nervensystem und natriuretische Peptide reguliert.

Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)

Bei einem Abfall des Blutdrucks in den Aa. renales unter ca. 90 mmHg ebenso wie bei Hyponatriämie wird aus den Epitheloidzellen der Vasa afferentia, welche Teil des juxtaglomerulären Apparates sind, die Peptidase Renin freigesetzt. Diese spaltet das aus der Leber stammende Angiotensinogen in Angiotensin I, welches wiederum durch das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE) in Angiotensin II umgewandelt wird. Angiotensin II (ATII) bewirkt eine Konstriktion der Widerstandsgefäße und somit einen Blutdruckanstieg, steigert im Hypothalamus Durstempfindung und Salzappetit und führt so zu Flüssigkeitsaufnahme durch Trinken. Insbesondere stimuliert ATII direkt die Na+-Resorption im proximalen Tubulus und die Freisetzung des Mineralokortikoids Aldosteron aus der Nebennierenrinde (Abb. 6). Aldosteron führt in den Sammelrohren der Niere durch vermehrte Expression luminaler ENaC-Kanäle (80 in Abb. 4G) zu verstärkter Na+-Resorption und K+-Sekretion (Abschn. 4.2.4 und 5.3). Bei ausreichender Wasseraufnahme führen diese Wirkungen zu einem Anstieg der Na+-Menge und des Volumens des EZR. Kommt es bei Hypovolämie zu einem systemischen Blutdruckabfall, so wird über Barorezeptoren im Hochdrucksystem (Glomera aortica und carotica) der „Barorezeptorenreflex“ ausgelöst. Er führt im Kreislaufzentrum des ZNS zur Sympathikusaktivierung mit einer α1-adrenerg vermittelten Vasokonstriktion, einer Erhöhung des Herzzeitvolumens und einer Stimulation der Reninausschüttung, wodurch in Summe eine Blutdruckstabilisierung erzielt wird. Außerdem wird durch ATII die ADH-Ausschüttung gesteigert und somit eine renale Wasserkonservierung (Antidiurese) bewirkt.

Natriuretische Peptide

Steigt der zentralvenöse Druck bei erhöhtem Blutvolumen, so kommt es zur Dehnung des Vorhofmyokards, zur Freisetzung von A-Typ-natriuretischem Peptid (atriales natriuretisches Peptid, Atriopeptin, ANP) sowie B-Typ-natriuretischem Peptid („brain natriuretic peptide“, BNP) aus den Herzmuskelzellen. ANP und BNP hemmen die Durstempfindung und reduzieren die ADH-Sekretion über den Gauer-Henry-Reflex (Abschn. 3.4). Weiterhin wirken sie vasodilatorisch, reduzieren die Freisetzung von Renin und hemmen die ATII- und K+-vermittelte Ausschüttung von Aldosteron aus der Nebennierenrinde. Darüber hinaus bewirkt ANP bei unverändertem RBF eine Zunahme der GFR und hemmt die Na+-Resorption in den medullären Sammelrohren. Es wirkt somit antagonistisch zum RAAS. Zwar werden die renal-tubulären natriuretischen Wirkungen von ANP durch dessen vasodilatorische Eigenschaften antagonisiert, jedoch wird diesem Effekt durch BNP und dem ebenfalls natriuretisch wirkenden, lokal im distalen Tubulus gebildeten Urodilatin entgegengewirkt.
Pathophysiologie
Renale Hypertension
Liegt eine renale Ischämie durch Minderperfusion vor, so führt dies zur überschießenden Aktivierung des RAAS und somit zum Bluthochdruck. Ursachen hierfür können in den Nieren selbst (beispielsweise bei Glomerulonephritis, Pyelonephritis, Zystennieren) oder außerhalb der Nieren (etwa bei Nierenarterienstenose, Aortenisthmusstenose) liegen. Eine anhaltende Hypertonie – gleichgültig welcher Genese – ist wiederum die Ursache für die Entwicklung einer Nephrosklerose und somit Schädigung von Nierenarteriolen. Dies führt wiederum zur renalen Ischämie und Hypertonie. Es entwickelt sich ein Circulus vitiosus, der dazu führen kann, dass sich einer ursprünglich nicht renal bedingten Hypertonie eine renale Hypertonie hinzugesellt und diese selbst nach Beseitigung der primären Ursache bestehen bleibt.
Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts
Eine negative Wasserbilanz resultiert in einem Volumendefizit des EZR (Hypovolämie), eine positive hingegen in einer Volumenzunahme (Hypervolämie). Als isotone Störungen werden solche bezeichnet, bei denen es durch gleichzeitigen Na+- und Wasserverlust- oder -überschuss aufgrund unveränderter Osmolarität der extrazellulären Flüssigkeit zu keinen Änderungen des intrazellulären Volumens kommt. Ursachen für eine isoosmotische Hypovolämie sind beispielsweise lang anhaltendes Erbrechen oder Durchfall, Blutungen oder Verschiebungen von Plasmavolumen in andere Körperkompartimente, wie es bei Pleuraergüssen, Aszites oder Ödemen der Fall ist. Bei Niereninsuffizienz tritt ein isotoner Volumenüberschuss mit zunehmender Verringerung der GFR auf.
Störungen des Salz- und Wasserhaushalts, die mit Veränderungen des osmotischen Gleichgewichts zwischen EZR und IZR einhergehen, führen zu einer Umverteilung von Wasser zwischen den beiden Flüssigkeitsräumen. Hypotone Störungen führen dabei zu Zellschwellung, während hypertone Störungen zu Zellschrumpfung führen. Eine Hypovolämie kann dabei sowohl durch ein Wasserdefizit (hypertone Hypovolämie), als auch durch ein Salzdefizit (hypotone Hypovolämie) entstehen. Ursachen für Erstere sind beispielsweise verringerte Wasseraufnahme, hypotones Schwitzen, Hyperventilation, ADH-Mangel (Diabetes insipidus, Abschn. 5.2) oder osmotische Diurese (Abschn. 5.7). Eine hypotone Hypovolämie kann durch reduzierte Na+-Aufnahme oder einen Aldosteronmangel bedingt sein.
Eine Hypervolämie kann einerseits durch einen Wasserüberschuss (hypotone Hypervolämie) und andererseits durch einen Salzüberschuss (hypertone Hypervolämie) bedingt sein. Ursachen für eine hypotone Hypervolämie sind erhöhte Wasseraufnahme, Einschränkung der GFR, ADH-Überschuss (SIADH, Abschn. 5.2) oder Infusion von Glukoselösung. Ursachen für eine hypertone Hypervolämie sind etwa erhöhte Na+-Aufnahme oder Aldosteronüberschuss.

Endokrine Funktionen der Niere

Die Niere ist nicht nur Zielorgan zahlreicher Hormone, sondern ist auch selbst ein hormonproduzierendes Organ. Ihre Rolle im RAAS (Abschn. 6.2) sowie die Bildung und Wirkungen von Urodilatin wurden bereits beschrieben (Abschn. 3.4 und 6.2.2), ebenso wie die von Kininen und Prostaglandinen (Abschn. 3.4). Darüber hinaus ist die Niere Bildungsort von Erythropoetin und Thrombopoetin sowie des Vitamin-D-Hormons.

Erythropoetin und Thrombopoetin

Erythropoetin (EPO) dient der bedarfsgerechten Regulation der Erythropoese. Die Bildung des Glykoproteins findet zum überwiegenden Teil in den interstitiellen der peritubulären Zellen (transformierten Fibroblasten und Kapillarendothelzellen) der Nierenrinde statt. Zu einem geringen Teil wird Erythropoetin auch in der Leber und im Gehirn gebildet. Das Hormon kann nicht gespeichert werden. Es muss daher bei Bedarf neu synthetisiert werden. Die Produktion erfolgt dabei fokal in einzelnen Regionen, die bedarfsadäquat aktiviert und deaktiviert werden. Pränatal wird Erythropoetin in der Leber gebildet.
Erythropoetin stimuliert im Knochenmark die Proliferation und Differenzierung von determinierten hämatopoetischen BFU-E- („burst-forming unit-erythroid“) und CFU-E- („colony forming unit-erythroid“) -Vorläuferzellen sowie von Zellen nachfolgender Reifungs- und Differenzierungsstadien und hemmt deren Apoptose. Es bindet an einen eigenen Erythropoetin-Rezeptor und führt zur Aktivierung von Tyrosinkinasen und weiteren intrazellulären Signaltransduktionskaskaden wie PI-3K/Akt, STAT5 und MAP-Kinasen.
Stimulus für die Bildung und Ausschüttung von Erythropoetin ist ein bereits geringes Absinken des lokalen Sauerstoffpartialdrucks im Gewebe der Nierenrinde, beispielsweise bei Hypoxie oder Anämie. Ein erhöhtes Sauerstoffangebot hingegen führt zur Hemmung der Synthese. Das Erythropoetin-Gen steht unter der Kontrolle des hypoxie-induzierten Faktors (HIF). HIF ist ein Transkriptionsfaktor, der aus einer α- und einer β-Untereinheit besteht. Die Isoform HIF-1α der α-Untereinheit ist chemisch sehr labil und wird bei normaler Sauerstoffversorgung rasch proteasomal abgebaut. Verantwortlich hierfür sind Prolinhydroxylasen, die als eigentliche Sauerstoffsensoren dienen und die HIF-1α-Untereinheit an spezifischen Prolyl-Resten hydroxylieren. Bei Absinken des Sauerstoffpartialdrucks ist die Hydroxylierung von HIF-1α unterdrückt, was zu einer Stabilisierung von HIF führt. Dieses kann somit das Erythropoetin-Gen aktivieren und die Transkription des Hormons ermöglichen. Darüber hinaus werden durch HIF auch andere Gene reguliert, die für die Adaptation an Hypoxie notwendig sind, wie etwa der Wachstumsfaktor Vascular endothelial growth factor (VEGF), der für die Gefäßneubildung notwendig ist. Pathologischerweise kann Erythropoetin auch paraneoplastisch durch verschiedene Tumoren gebildet werden.
Die Niere bildet auch das Peptidhormon Thrombopoetin (TPO). TPO stimuliert die Bildung von Megakaryozyten und die Abschnürung von Thrombozyten. Hauptbildungsort für TPO ist jedoch die Leber, weshalb sich ein Verlust von Nierengewebe nicht direkt auf die Thrombopoese auswirkt.
Pathophysiologie
Renale Anämie
Da die Niere Hauptbildungsort von Erythropoetin ist, führt ein Untergang von Nierengewebe bei chronischer Niereninsuffizienz zu einer normochromen, normozytären Anämie. Durch die fehlende Erythropoetin-Wirkung ist nicht nur die Bildung der Erythrozyten vermindert, sondern auch deren Lebensdauer verkürzt. Das Vorliegen einer renalen Anämie erfordert daher die Substitution von rekombinantem Erythropoetin oder die Gabe von Erythropoese-stimulierenden Wirkstoffen.

Vitamin-D-Hormon (Vitamin D3, Calcitriol)

Das Steroidhormon Calcitriol (Vitamin D3) muss einerseits alimentär zugeführt werden, andererseits wird es endogen in Zusammenarbeit von Haut, Leber und Niere gebildet. In den Keratozyten der Haut wird unter Einwirkung von UV-Licht zunächst Cholecalciferol gebildet, welches dann in der Leber durch eine 25-Hydroxylase zu 25-Hydroxycholecalciferol (Calcidiol, Vitamin D2) und schließlich in der Niere durch die 1α-Hydroxylase zum biologisch aktiven 1,25-Dihydroxycholecalciferol (Calcitriol, 1,25-Dihydroxycholecalciferol) hydroxyliert wird. Die Regulation der Hormonsynthese findet dabei hauptsächlich in der Niere durch die Aktivität der renalen 1α-Hydroxylase statt, wobei Parathyrin (PTH), Östrogene sowie eine Erniedrigung der Kalzium- und Phosphatkonzentration im Plasma die Calcitriolsynthese unabhängig voneinander stimulieren können. Die Transkription des 1α-Hydroxylase-Gens wird dabei im Sinne einer Feedback-Hemmung unterdrückt. Als wichtigste Wirkung stimuliert Calcitriol die enterale und renale Kalzium-, Phosphat- und Magnesiumresorption. Durch den Anstieg des Kalzium- und Phosphatspiegels im Plasma schafft das Hormon so die wesentlichste Voraussetzung für die Knochenmineralisierung. Für die Kalziumresorption im Duodenum ist dabei das kalziumbindende Protein Kalbindin notwendig, wobei Calcitriol dessen Bildung in den Epithelzellen des Darms stimuliert. Darüber hinaus fördert Calcitriol eine Reihe anderer Prozesse, welche die Kalziumresorption stimulieren, wie beispielsweise die Aktivierung von Kalziumkanälen und des Na+/Ca2+-Austauschers.

FGF-23 und Klotho

Klotho ist ein Protein, das in zahlreichen endokrinen Organen gebildet wird. In der Niere wird es hauptsächlich im distalen Tubulus und in geringerem Ausmaß auch von den Zellen des proximalen Tubulus exprimiert. Es fungiert als transmembranärer Korezeptor für den im Knochen gebildeten Fibroblast growth factor 23 (FGF-23). Stimuli für die Bildung von FGF-23 sind Phosphat, Calcitriol und Parathormon (PTH).
Der FGF-23/Klotho-Rezeptorkomplex spielt eine wesentliche Rolle in der Homöostase des Kalzium- und Phosphathaushalts, indem es in die endokrine Achse von Knochen, Glandulae parathyreoideae und Nieren eingreift. In den Glandulae parathyreoideae unterdrückt es die Sekretion von PTH. In der Niere wirkt FGF-23 einerseits phosphaturisch und somit PTH-agonistisch, andererseits hemmt es die Bildung von Calcitriol und wirkt somit PTH-antagonistisch.
Aus membranständigem Klotho wird durch Proteolyse eine lösliche Form abgeschnitten und sezerniert (humorales Phosphatonin), das parakrine Wirkungen auf die proximalen und distalen Tubuli entfaltet, die von FGF-23 unabhängig sind. Es wirkt phosphaturisch durch Hemmung des Natrium-Phosphat-Kotransporters Typ 2 (9 in Abb. 4A) und kalziumkonservierend durch Aktivierung luminaler Ca2+-Kanäle im distalen Tubulus (TRPV-Kanäle, 67 und 79 in Abb. 4E und F).
Pathophysiologie
Renale Osteopathie
Bereits in den frühen Stadien der chronischen Niereninsuffizienz kann es zu Störungen des Knochenstoffwechsels kommen. Ursächlich sind die Entwicklung eines sekundären Hyperparathyreoidismus, eine Resistenz von Osteoblasten für Parathormon und ein Mangel an Calcitriol. Letzterer entsteht durch Untergang der proximalen Tubuluszellen, was einen Mangel an 1α-Hydroxylase nach sich zieht. Es entwickelt sich eine Hypokalzämie, die zu einer vermehrten Parathormonausschüttung führt. Die damit einhergehenden steigenden Phosphatkonzentrationen führen einerseits zu einer Hemmung der 1α-Hydroxylase und andererseits zu einer direkten Stimulation der Sekretion von PTH. Darüber hinaus ist die Empfindlichkeit der Nebenschilddrüsenzellen für PTH herabgesetzt. Ursache hierfür ist eine urämie- und azidosebedingte Reduktion der Dichte des Calcium-sensing-Rezeptors, wodurch ein Mangel an PTH vorgetäuscht wird.
Des Weiteren ist die Bildung von Klotho erniedrigt. Mangel oder Fehlen von Klotho bedingt Hyperphosphatämie. Dies bedingt Resistenz gegenüber FGF-23 und hat wiederum hohe Spiegel an FGF-23 und Parathormon sowie Mangel an Calcitriol zur Folge. Der Mangel an Klotho verschlimmert sich mit zunehmender Krankheitsdauer, was wesentlich zur Krankheitsprogredienz beiträgt.
Die genannten Veränderungen resultieren neben Störungen der Knochenmineralisierung auch in Gefäßverkalkungen, vorzeitigen Alterungserscheinungen von zahlreichen Organen und Kurzlebigkeit.

Kallikrein

Die Serin-Protease Kallikrein wird in Zellen der Verbindungsstücke (connecting tubules, CNT) und der Pars convoluta der distalen Tubuli (distal convoluted tubules, DCT) gebildet und in die Tubulusflüssigkeit sowie in das peritubuläre Interstitum abgegeben. Dort spaltet es lokal verfügbares Kininogen zu Kallidin (Lysyl-Bradykinin), welches dann zu Bradykinin gespalten wird. Dieses aktiviert in der Folge Bradykinin Typ-2 Rezeptoren. Folge ist die Freisetzung vasoaktiver Substanzen wie Prostaglandinen und Stickstoffmonoxid (NO), welche die renale Hämodynamik sowie die Elektrolyt- und Wasserausscheidung beeinflussen. Davon unabhängig führt ins Tubuluslumen sezerniertes Kallikrein in den stromabwärts gelegenen Abschnitten zur proteolytischen Aktivierung der ENaC-Kanäle (80 in Tab. 3 und Abb. 4) und Hemmung der nicht-gastrischen (colonischen) H+/K+-ATPase (89 in Tab. 3 und Abb. 4). Kaliumreiche Diät stimuliert die Bildung und Freisetzung von Kallikrein, wodurch offensichtlich die Ausscheidung überschüssiger Kaliumionen stimuliert wird. Die Bradykinin Typ-2 Rezeptoren können auch unabhängig von Bradykinin stimuliert werden, indem Kallikrein das Rezeptorprotein am N-terminalen Ende spaltet. Dies führt zu einer Proteinkinase C-vermittelten Stabilisierung von TRPV5 Ca2+-Kanälen (67 in Tab. 3 und Abb. 4) in der Zellmembran, was schließlich die Kalziumresorption fördert.

Ureter

Die Harnleiter formieren sich trichterförmig an den Nierenbecken, um den darin gesammelten Endharn zur Harnblase zu transportieren. Sie sind etwa 25–30 cm lang und verlassen die Niere am Hilum. Nach seinem Ursprung biegt der Ureter etwa rechtwinkelig ab, wobei sich der Durchmesser auf etwa 7–3 mm verjüngt. Er verläuft retroperitoneal am lateralen Rand des M. psoas major entlang. Ureterengstellen bestehen beim Austritt aus dem Nierenbecken, bei der Überquerung der Arteria iliaca communis bzw. der Arteria iliaca externa und beim Eintritt in die Harnblase. Im Bereich der Aufgabelung der Arteria iliaca communis in die Arteria iliaca externa und interna zieht er über die beiden Endäste der Aorta. Im Ostium ureteris mündet er in die Harnblase ein und verläuft ein kurzes Stück intramural. Durch den intramuralen Verlauf entstehen in der Harnblasenschleimhaut zwei Columnae uretericae, konvergierende Falten, die sich als Plicae uretericae fortsetzen und das Trigonum vesicae begrenzen. Durch den intramuralen Verlauf und die Verflechtung in die Wand der Harnblase bildet sich ein Ventilsystem, durch welches auch bei stärkerer Blasenfüllung ein Reflux des Harns zur Niere verhindert wird. Das Lumen des Harnleiters ist sternförmig. Sein Wandaufbau besteht aus einer innen liegenden Tunica mucosa, bestehend aus dem 4- bis 5-lagigen Urothel und der Lamina proporia mucosae, einer glattmuskulären Tunica muscularis und einer außen liegenden bindegewebigen Tunica adventitia. Die Zellen des Urothels sind durch wasserundurchlässige Tight Junctions verbunden, verfügen über eine Glykokalix und können bei Bedarf ihre Membranoberfläche durch Einbau präformierter Membranvesikel vergrößern. Hierdurch ist der Ureter gut dehnbar und unempfindlich für hypertonen Harn.
Die glatte Muskulatur ist in zwei Lagen von spiralig angeordneten Muskelfasern arrangiert: in innen liegende, locker gewundene longitudinal ausgerichtete Fasern (Stratum longitudinale) und in außen liegende, straff gewundene zirkulär orientierte Fasern (Stratum circulare). Das distale Drittel des Ureters besitzt zusätzlich noch eine longitudinal angeordnete Muskelschicht. Der Ureter transportiert den Harn aktiv durch periodische peristaltische Kontraktionswellen mit einer Geschwindigkeit von 2–6 cm/s in die Harnblase. Die Kontraktionen nehmen durch elektrische Automatizität von Schrittmacherzellen am Beginn des Ureters ihren Ursprung und erfolgen etwa alle 20–25 s. Dieser Grundrhythmus ist nicht nerval gesteuert und wird durch Dilatation des Organs gesteigert. Die glatten Muskelzellen stehen dennoch unter der Kontrolle des autonomen Nervensystems. Der Sympathikus erreicht den Ureter über die Ganglia aorticorenalia und über den Plexus hypogastricus inferior. Parasympathisch erfolgt die Innervation über die Nervi splanchnici pelvici aus den Segmenten S2–S4 und auch über den Nervus vagus. Zusätzlich kann durch den Sympathikus die Schrittmacherfrequenz erhöht und durch den Parasympathikus gebremst werden.
Die arterielle Versorgung erfolgt über Rami ureterici, welche in der Pars abdominalis der Arteria renalis und Arteria testicularis (Mann) bzw. Arteria ovarica (Frau) entspringen. In der Pars pelvica stammen die Äste aus der Arteria iliaca communis, Arteria iliaca externa und Arteria iliaca interna mit ihren viszeralen Ästen, i. e. die Arteria uterina (Frau) bzw. die Arteria ductus deferentis (Mann) sowie die Arteria vesicalis inferior.
Pathophysiologie
Nierenkolik
Dehnung des Nierenbeckens oder des Ureters (beispielsweise bei Urolithiasis; Abschn. 5.6) aktiviert renale und uretrale Schmerzfasern. Zusätzlich kann Schmerz durch direkte Schleimhautschädigung ausgelöst werden. Die Schmerzfasern verlaufen mit den sympathischen Fasern. Ihre Erregung erzeugt typischen viszeralen Schmerz. Reflexartig kommt es auch zur Aktivierung der Nervi subcostales, genitofemorales und ilioinguinales mit Hyperalgesie und ausstrahlenden Schmerzen in die Flanken, Leistengegend und Genitalregion.

Zusammenfassung

  • Aufgaben der Nieren:
    • Homöostatische Aufrechterhaltung und Einstellung eines bedarfsgerechten Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts.
    • Elimination von Wasser, harnpflichtigen endo- und exogenen Substanzen, wie Stickstoffendprodukten Ammonium, Harnstoff und Harnsäure sowie Hormonen, Toxinen, Medikamenten und deren Metaboliten.
    • Konservierung von für den Körper wichtigen Substraten wie Hydrogencarbonat, Glukose und Aminosäuren.
    • Stoffwechselleistungen (wie Glukoneogenese, Argininsynthese), Hormonbildung (Erythropoetin), Beteiligung an Hormonsynthese (Vitamin-D 3-Hormon = 1,25-(OH)2-Cholecalciferol = Calcitriol), Eingriff in die endokrine Regulation des Organismus (durch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, RAAS).
    • Zentrale Rolle in der Regulation des Hydratationszustandes, der intra- und extrazellulären Flüssigkeitsbalance, des Blutdrucks, des Mineralhaushalts, der Blutbildung, des Metabolismus und des Immunsystems.
  • Blutplasma steht mit den anderen Flüssigkeitsräumen des Körpers (Interstitium und Intrazellulärraum) in Austausch. Es macht nur 5–7 % des Gesamtkörperwassers aus, stellt aber den Flüssigkeitsraum dar, über den die Niere ihre homöostatischen Funktionen und Ausscheidungsfunktionen erfüllt.
  • Zur Bereitstellung von Nährstoffen und Sauerstoff für die energieaufwendigen Transportprozesse ist die Niere mit 20–25 % des Herzzeitvolumens gemessen am Organgewicht stark durchblutet, die Rinde stärker als das Nierenmark.
  • Aktivität der Na+/K+-ATPase in den basolateralen Zellmembranen der Nierenepithelzellen liegt fast allen aktiven und passiven Transportprozessen zugrunde.
  • Höchstleistungen der Niere, was Filtration, Resorption und Sekretion betrifft, renale Ausscheidung geregelt durch feine Abstimmung dieser Prozesse aufeinander.
  • Funktionelle Einheiten der Nieren: rund 2,8 Millionen Nephrone.
  • Nephron besteht aus Bowman-Kapsel und nachgeschaltetem Tubulussystem, das über Sammelrohre an Papillenspitzen ins Nierenbecken mündet.
  • Pfortadersystem in Form des Glomerulums (bildet mit dem viszeralen Blatt der Bowman-Kapsel, den Podozyten, den glomerulären Filter) und peritubulären, das Tubulussystem umflechtende Kapillaren, wo Resorptions- und Sekretionsprozesse ablaufen.
  • Bei renalem Plasmafluss von rund 600 ml/min werden 120 ml/min an Primärfiltrat (Primärharn) in die 2,8 Millionen Bowman-Kapseln abfiltriert (glomeruläre Filtrationsrate, GFR). Größen- und ladungsabhängige Filtration gelöster Substanzen, Undurchlässigkeit für Plasmaproteine und korpuskuläre Anteile des Blutes.
  • Proteinurie und nephrotisches Syndrom bei Schädigung des glomerulären Filters im Zuge entzündlicher Prozesse (Glomerulonephritis).
  • Vas afferens und Vas efferens als Widerstandsgefäße sind entscheidend für die Regulation der Nierendurchblutung. Durch autoregulatorische Mechanismen werden Organdurchblutung und glomeruläre Filtrationsrate über weiten Bereich an Perfusionsdrücken in der Arteria renalis konstant gehalten. Vermittlung u. a. über myogene Effekte am Vas afferens, lokal gebildeten Metaboliten und vasoaktiven Substanzen wie Prostaglandinen.
  • Primärharn tritt aus der Bowman-Kapsel ins Tubulussystem ein.
  • Resorption von 60–70 % des filtrierten Kochsalzes und Wassers im Verlauf des proximalen Tubulus, Hydrogencarbonat, Glukose und Aminosäuren unter physiologischen Bedingungen praktisch zu 100 %.
  • Isotone Resorption im proximalen Tubulus. Zur bedarfsgerechten Einstellung der Osmolarität des Endurins in Abhängigkeit vom Salz- und Wasserstatus des Körpers Entkopplung der Resorption von Salz und Wasser im Verlauf der Henle-Schleife. Der dünne absteigende Schleifenschenkel ist für NaCl und Wasser permeabel, der aufsteigende Schleifenschenkel durch das Fehlen von Aquaporinen praktisch wasserdicht. Gleichzeitig NaCl-Resorption sowohl im dünnen aufsteigenden Teil (passiv) als auch im dicken aufsteigenden Teil (aktiv).
  • Aus diesen Transportprozessen resultiert hypotone Tubulusflüssigkeit und hypertones Intersititum im Nierenmark. Letzteres ist osmotische Triebkraft für Wasserresorption und bedarfsabhängige Einstellung der Urinosmolarität.
  • Einstellung erfolgt in distalen Tubulusabschnitten, hormonell geregelt durch antidiuretisches Hormon (ADH), Aldosteron und natriuretische Peptide.
  • Bei Wassermangel unter Einfluss von ADH entlang der distalen Tubuli und Sammelrohre vermehrte Wasserresorption (Antidiurese), bei Wasserüberschuss vermehrte Ausscheidung (Diurese).
  • Hypovolämie führt über Sympathikusaktivierung und verminderte Nierendurchblutung, die an afferenten Arteriolen registriert wird, zur Ausschüttung von Renin und über Aktivierung des RAAS zu gesteigerter Salzresorption. Umgekehrt bei Hypervolämie vermehrt Salzausscheidung durch Hemmung des RAAS und unter Einwirkung natriuretischer Peptide.
  • Die verhältnismäßig geringe Durchblutung des Nierenmarks durch die Vasa recta gewährleistet Abtransport resorbierten Wassers und gelöster Teilchen über das Blut und verhindert gleichzeitig Auswaschen der hohen Markosmolarität als Triebkraft der Harnkonzentrierung. Gesteigerte Markdurchblutung führt zu sog. Druckdiurese.
  • Diuretika hemmen NaCl- und Wasserresorption entlang des Nephrons. Therapeutischer Einsatz zu vermehrter Salz- und Wasserausscheidung (Salurese und Diurese).
  • Resorptionskapazität der distalen Abschnitte ist verglichen mit den proximalen Tubulusabschnitten gering. Proximale Transportdefizite könnten distal nicht kompensiert werden mit Gefahr massiver Salz- und Wasserverluste. Verhinderung durch Drosselung der Einzel-Nephron-GFR bei erhöhter NaCl-Konzentration an der Macula densa desselben Nephrons = tubuloglomeruläres Feedback (TGF), Vermittlung über juxtaglomerulären Apparat.
  • Von den 120 ml/min Primärharn werden 1–2 ml/min Endurin ins Nierenbecken abgegeben und peristaltisch über die Harnleiter in die Harnblase transportiert. Bei normaler Flüssigkeitszufuhr 1,5–2,0 l/Tag Urinzeitvolumen.
  • Fehlfunktionen der Nieren betreffen alle Aufgabenbereiche des Organs, führen zu breit gefächerter klinischer Symptomatik und Krankheit. Pathophysiologische Dysregulationen des Wasser- Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts sowie gestörte Hormonsynthese führen u. a. zu Bluthochdruck, Ödemen, Azidose, Anämie (Erythropoetinmangel) und Osteomalazie (Calcitriolmangel). Gestörte Ausscheidungsfunktion führt zur Anhäufung harnpflichtiger Substanzen im Blut (Urämie). Ausfall der Nierenfunktion ist letal und erfordert zwingend Nierenersatztherapie.
Literatur
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