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Die Urologie
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Publiziert am: 21.07.2022

Roboter-assistierte Verfahren der Nierentumorchirurgie

Verfasst von: Victor Garlonta, Benedict Keller, Gencay Hatiboglu und Dogu Teber
Seit der ersten laparoskopischen Nephrektomie im Jahr 1991 entwickelte sich über die Jahre eine klare Präferenz für minimalinvasive operative Verfahren in der Nierenchirurgie. Die Vorteile des minimal-invasiven Vorgehen liegen in einem reduzierten, postoperativen Schmerzmittelbedarf, einem kürzeren Krankenhausaufenthalt und einer schnelleren Rekonvaleszenz. Neben der klassischen Laparoskopie wird in diesem Kapitel auch die roboter-assistierte Nierentumorchirurgie abgehandelt. Es werden Indikation, präoperative Vorbereitung, Port-Placement sowie intraoperatives Vorgehen für Laparoskopie und roboter-assistierte Nierentumorchirurgie – sowohl für Nephrektomie wie auch für nierenerhaltende Operationen – dargestellt.

Einleitung

Seit der ersten laparoskopischen Nephrektomie im Jahr 1991 entwickelte sich über die Jahre eine klare Präferenz für minimalinvasive operative Verfahren in der Nierenchirurgie (Smaldone et al. 2012). Als weiteres minimalinvasives Verfahren steht seit Anfang des 21. Jahrhunderts die roboterassistierte Chirurgie zur Verfügung. Aufgrund der umfangreichen Funktionen und der operativen Vorteile roboterassistierter Systeme kam es insbesondere im urologischen Bereich zu einer raschen Entwicklung verschiedener Operationsverfahren. In der Nierenchirurgie werden roboterassistierte Eingriffe mittlerweile zunehmend bei der Nierentumorexzision und der Nierenteilresektion präferiert.

Vorteile des robotischen Operationssystems

Die ersten roboterassistierten Operationsverfahren wurden im Jahr 1985 entwickelt. Seit der Erstbeschreibung entsprechender Verfahren im Jahr 2001 hat das Da-Vinci-Operationssystem (da Vinci Surgical Systems, Intuitive Surgical, Sunnyvale, Californien) einen besonderen Stellenwert in der laparoskopischen Nierenchirurgie. Zwischenzeitlich wurde diese Technik jedoch durch viele andere Systeme ergänzt. Dieses Operationsverfahren hat viele Vorteile sowohl für den Operateur als auch den Patienten. Durch die hochauflösende Bildqualität lässt sich das Operations-Gebiet vergrößert und 3-dimensional darstellen und bietet somit eine optimale Visualisierung. Der Operateur bedient den Roboter mittels spezieller Handgriffe wodurch sich Bewegungen in einer wählbaren Skalierung präzise ausführen lassen. Die Instrumente verfügen über 7 Freiheitsgrade, was sich insbesondere bei rekonstruktiven Eingriffen und beim Nähen bemerkbar macht. Durch einen speziellen Tremorfilter gelingt dies zitterfrei. Auch profitiert der Operateur von der entspannten ergonomischen Körperhaltung an der Operationskonsole. Für den Patienten ergeben sich die klassischen Vorteile der minimalinvasiven Chirurgie – kleinere Operationsnarben ermöglichen eine schnellere Rekonvaleszenz, reduzieren die Hospitalisierung und den Bedarf an Analgesie.
Speziell für die Nierenteilresektion ergeben sich Vorteile durch die Verbesserung der Visualisierung und die im Vergleich zur klassischen Laparoskopie erhöhte Beweglichkeit der Instrumente. Dies resultiert sowohl in einer Reduktion der warmen Ischämieziet wie auch in einem geringeren Blutverlust (Pierorazio et al. 2011; Benway et al. 2009). Im onkologischen Outcome gibt es im Vergleich zur offenen und laparoskopischen Nierenteilresektion keine signifikanten Unterschiede (Kyllo et al. 2012).

Zugangswege und Prinzipien der Trokarpositionierung

Ähnlich den laparoskopischen Verfahren werden bei roboterassistierten Eingriffen transperitoneale und/oder retroperitoneoskopische Zugangswege gewählt.
Der transperitoneale Zugang
Die Lagerung des Patienten erfolgt in einer Flankenschnittlagerung mit leichter Kopftieflage des Patienten. Der Roboter befindet sich auf der Dorsalseite des Patienten und kann je nach gewählter Trokarplatzierung in verschiedenen Winkeln zum Patienten aufgestellt sein; unmittelbar daneben steht der Videoendoskopieturm, Entscheidend sind bei roboterassistierten Verfahren die sorgfältige präoperative Planung des Eingriffs sowie der korrekte Aufbau des Roboters, um eine ausreichende Bewegungsfreiheit zu erreichen und eine Kollision der wahlweise 2 oder 3 Roboterarme zu vermeiden (Abb. 1).
Das Pneumoperitoneum kann entweder mittels Veress-Kanüle oder bei zu erwartenden Adhäsionen durch eine Minilaparotomie nach Hasson erfolgen.
Der 12-mm-Kameratrokar wird bei linksseitigen Operationen häufig am lateralen Rand der Rektusscheide auf Höhe des Nabels platziert. Unter Sicht werden 2 Da-Vinci-Trokare in der Medioklavikularlinie und ein weiterer Robotertrokar zwischen vorderer und mittlerer Axillarlinie platziert; ein zusätzlicher 12-mm-Assistententrokar wird in der Mittel- oder Pararektallinie nahe des Os pubis eingebracht (Abb. 2) (Bhayani 2008; Guillonneau et al. 2001).
Bei rechtsseitigen Operationen ist die Platzierung der Trokare ähnlich, allerdings kann der Assistententrokar variabel auf Höhe zwischen dem Nabel und dem Os pubis eingebracht werden. Bei Bedarf ist subxiphoidal die Einlage eines weiteren 5-mm-Ports möglich, um den Leberrand zu elevieren. Nach korrekter Trokarplatzierung wird das Robotorsystem angedockt (Abb. 3).
Der retroperitoneale Zugang
Der roboter-assistierte, retroperitoneale Zugang erfordert ein sehr kalkuliertes Vorgehen, um die vier bis fünf Trokare auf dem limitierten Zugangsareal zu platzieren. Der Operationstisch wird so eingestellt, dass der Patient so weit wie möglich „aufgeklappt“ liegt, um dadurch eine maximale Distanz zwischen Rippen und Beckenkamm zu erzeugen. Nach Trokaranlage wird der Roboter von cranio – ventral parallel zur Wirbelsäule angedockt.
Zur Einlage des Optiktrokars erfolgt die initiale Hautinzision analog zum laparoskopischen Vorgehen im Bereich der hinteren Axillarlinie zwischen Beckenkamm und 12. Rippe im muskelfreien Dreieck zwischen dem Vorderrand des M. latissimus dorsi, dem Hinterrand des M. obliquus externus und dem Beckenkamm (Petit’sches Dreieck), alternativ direkt oberhalb der Crista iliaca. Bei der Einlage weiterer Trokare ist auf einen ausreichend großen Abstand (ca. 8 cm) zu achten, um eine Kollision der Roboterarme zu verhindern. Die Orientierungslinien zur korrekten Platzierung der Arbeitstrokare sind die vordere und die hintere Axillarlinie ggf. lateral des Assistententrokars. Der Assistententrokar wird in der vorderen Axillarlinie auf Höhe der Spina iliaca anterior superior etwa 8 cm kaudal des medialen Trokars platziert (Abb. 4). Im Vergleich zur Laparoskopie werden die Ports etwas kaudaler und somit nahe am Beckenkamm eingebracht. Nur so können die Trokare entsprechend der zu operierenden Seite so weit voneinander entfernt eingelegt werden, dass eine ergonomische Operation durchführbar ist. Alternativ kann – bei ausreichenden Platzverhältnissen – bei Verwendung des Da-Vinci-Roboters ein zusätzlicher vierter Arm in der Pararektallinie installiert werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass durch die engeren Platzverhältnisse im Retroperitoneum bei der Entwicklung des Retroperitoneums mittels Ballondilatator auf eine möglichst weite und zentrale Mobilisation des Peritoneums zu achten ist.

Prinzipien der roboterassistierten Nephrektomie und Nierenteilresektion

Die operativen Prinzipien der radikalen und partiellen Nierentumorchirurgie sind identisch mit den der laparoskopischen Verfahren. Diese wurden in Kapitel 3 dargestellt.
Mit zunehmender Verbreitung roboterassistierter Operationen in der Urologie haben sich in der minimalinvasiven Nierentumorchirurgie die folgenden 3 Ischämiestrategien etabliert:
1.
Early-Unclamping-Technik
Nach Versorgung einzelner Gefäßstümpfe sowie Teile des Nierenbeckenkelchsystems im Resektionsgebiet erfolgt ein frühes Lösen der Bulldog-Klemme und danach die Vollendung der Parenchymnaht. Hierdurch sinkt die Ischämiezeit (Nguyen und Gill 2008), allerdings besteht das Risiko eines höheren Blutverlusts (Peyronnet et al. 2014).
 
2.
Zero-Ischämie-Technik:
Der Anästhesist leitet eine medikamentöse Hypotonie ein, die arteriellen Äste, die den Tumor versorgen, werden identifiziert, freigelegt und kontrolliert, wodurch die Ischämie nur einen geringen Nierenbereich betrifft. Präoperativ sollte eine Angio-Computertomografie (Angio-CT) mit 3-D-Rekonstruktion erfolgen (Gill et al. 2011). Intraoperativ kann die Kontrolle der Ischämie Mittels Dupplex Sonografie oder ICG (Indocyaningrün) erfolgen. (Ng et al. 2012; Tobis et al. 2012).
 
3.
Off-Clamp-Technik:
Hierbei erfolgt die Nierentumorexzision ohne Ischämie. Einer Studie zufolge zeigte sich ein höherer Blutverlust und kein relevanter Vorteil bezüglich der Nephroprotektion (Tanagho et al. 2012). Antonelli et al. kommen zu der gleichen Schlussfolgerung bezüglich des Nierenfunktionserhalts und finden keine höhere Komplikationsrate oder schlechtere onkologische Ergebnisse zwischen den off- clamp (702 Patienten) und on- clamp (1373 Patienten) roboterassistierten Nierentumorexzisionen (Antonelli et al. 2019). Die Anwendung dieser Technik zeigt einen Vorteil bei Patienten mit einer kompromittierten Nierenfunktion, insbesondere bei Einzelnieren wo jede Minute Ischämie zählt (Thompson et al. 2010).
Alle drei Techniken wurden entwickelt, um einen maximalen Nephroprotektion zu erzielen. Patienten mit multiplen Komorbiditäten wie Diabetes mellitus, Arterielle Hypertonie oder vorbekannter Niereninsuffizienz profitieren insbesondere von den oben genannten Techniken da das Nierenparenchym vermutlich empfindlicher auf die intraoperative Ischämie reagiert (Lane et al. 2013).
Die Early-Unclamping-Technik ist grundsätzlich bei allen Nierenteilresektionen zu empfehlen.
Die Anwendung der Zero-Ischämie-Technik ist am häufigsten für hiläre oder zentralen Nierentumorexzisionen geeignet (Gill et al. 2011).
Bei kleinen, exophytischen, peripher gelegenen Nierentumore kann die Tumorexzision sowie die Nierenrekonstruktion ohne Ischämie erfolgen, insbesondere bei Einzelniere mit Reduktion des Risikos eines postoperativen Nierenversagens (Thompson et al. 2007). Bei multiplen Nierentumoren ist das minimalinvasive Verfahren dann effektiv anwendbar, wenn diese Tumore „en bloc“ exzidiert und die Ischämiezeit somit auf ein Minimum reduziert werden kann.
 

Onkologische und funktionelle Ergebnisse in der roboterassistierten Nierenchirurgie

für die radikale Nephrektomie

Trotz stetig zunehmender Anwendung von robotischen Systemen bei der radikalen Tumornephrektomie mit einem Anstieg der Eingriffe von 1,5 % auf 27, 0 % bis 2015 in den USA ist die laparoskopische Nephrektomie weiterhin ein fester Bestandteil der operativen Therapie (kürzere Operationsdauer, geringere Kosten) (Jeong et al. 2017). Die onkologischen und karzinomspezifischen Ergebnisse zeigen keinen Unterschied zwischen den laparoskopischen und roboterassistierten Verfahren. Insbesondere konnten auch keine Vorteile bezüglich der perioperativen Komplikationen gezeigt werden (Anele et al. 2019). Mit Zunahme der Expertise in der roboterassistierten Chirurgie wurde der Einsatz von Robotik-Systemen zur operativen Therapie von lokal fortgeschrittenen Nierentumoren mit Cavazapfen beschrieben – diese Verfahren sollten jedoch ausgewiesenen Experten vorbehalten bleiben (Gill et al. 2015).

für die Nierenteilresektion

In der nierenerhaltenden Chirurgie hat sich das roboterassistierte Verfahren über die Jahre durch die genannten Vorteile sowie additive Hilfsmethoden wie fluoreszierende Medikamente (z. B. Indocyaningrün, kurz: ICG) und Augmented Reality, die in Abschn. 6 ausführlich erläutert werden, fest etabliert. Zu verzeichnen ist außerdem ein Anstieg nierenerhaltender Eingriffe. (Patel et al. 2013) konnte zeigen, dass zwischen 2000 und 2011 in den USA bei einer Kohorte von 14.260 Patienten der Anteil offener radikaler Nephrektomien um 33 % sank und der Anteil roboterassistierter Nierenteilresektionen um 15 % anstieg.
Die Präferenz für roboterassistierte Verfahren bei Nierenteilresektionen wird zudem durch die schnelle Lernkurve begünstigt: Ausreichend sind ca. 25 Eingriffe, während bei der Laparoskopie ca. 200 Eingriffe notwendig sind, um das Verfahren sicher zu beherrschen (Pierorazio et al. 2011).
In vergleichenden Studien wurden keine Unterschiede bezüglich intra- und postoperativer Komplikationen, Erhalt der Nierenfunktion und onkologischer Ergebnisse zwischen der roboterassistierten und der laparoskopischen partiellen Nephrektomie gefunden (Choi et al. 2015). Durch die fortschreitende Expertise bei roboterassistierten Operationen und die flächendeckende Anwendung von robotischen Systemen lassen sich aus der sogenannten „Trifecta“ (d. h. negative Tumorränder, funktioneller Erhalt und fehlende urologische Komplikationen) mit 70 % vs. 33 % mittlerweile deutliche Vorteile der roboterassistierten partiellen Nephrektomie ableiten (Zargar et al. 2015).
Durch die verbesserte Visualisierung (bis zu 10-fache Bildvergrößerung; 3-D-Kamerasystems), dem Tremorfilter und der verbesserten Beweglichkeit der Instrumente mit 7 Freiheitsgraden ist die robotische Nierentumorexzision für T1-Tumore mittlerweile ein etabliertes Verfahren (Campbell et al. 2017).
Bei größeren Nierentumoren (>T1-Stadium) treten allerdings häufiger postoperative Frühkomplikationen wie Nachblutung oder Urinombildung auf als bei Patienten nach radikaler Nephrektomie (Lee et al. 2017). Die ROSULA (Robotic Surgery for Large Renal Mass) Collaborative Group konnte aber zeigen, dass in High-Volume-Zentren für roboterassistierte Niereneingriffe die partielle Nephrektomie auch bei T2-Tumoren der radikalen Nephrektomie bezüglich der Komplikationsrate und dem onkologischen Ergebnis nicht unterlegen war (Bradshaw et al. 2020).

Neue Technologien und Hilfsmethoden in der roboterassistierten Nierenchirurgie

Große, komplexe oder endophytische Nierentumore stellen eine besondere Herausforderung für den Operateur in Bezug auf die Exzision, die Rekonstruktion, aber auch die intraoperative Lokalisation (insbesondere bei kleinen Raumforderungen) dar. Um gute onkologische und funktionelle Ergebnisse zu erzielen, sind hier zusätzliche bildgebende Methoden nötig.

Intraoperative Ultraschallanwendung

Drop-in-Ultraschallverfahren mit linearen oder konvexen Sonden (zwischen 7,5 und 10 MHz) führen zu einer besseren Lokalisation von Nierentumoren und deren genauer Ausdehnung. Hierdurch kann ein geringerer Nierenparenchymverlust durch die Tumorexzision erreicht werden. Durch Anwendung von intravenösen Ultraschallkontrastmitteln (z. B. SonoVue) können zusätzlich zur Tumorlokalisation auch die Nieren- und/oder Tumorgefäße erkannt und dadurch eine selektive warme Ischämie ermöglicht werden. In erfahrenen Händen ist der kontrastmittelverstärkte Ultraschall eine Alternative zur Firefly-Technologie (ICG-Gabe; Abschn. 6.2).
Während des Eingriffs kann der Operateur die Ultraschalluntersuchung als Picture-on-Picture-Bild in der Operateurs-Konsole sehen, wodurch die Vorteile der intraoperativen Ultraschallanwendung optimiert werden (Di Cosmo et al. 2018).

Indocyaningrün (ICG)

Durch die intraoperative Sonografie gelingt es nicht immer, die Tumorgrenzen klar zu bestimmen (Secil et al. 2011). Indocyaningrün (ICG) ist ein fluoreszierender Farbstoff und bindet an Plasmaproteine sowie die Bilitranslokase, die nur in gesundem Nierengewebe und nicht in tumorösem Gewebe exprimiert wird (Elias et al. 1990). Nach intravenöser Applikation können mittels Infrarotfluoreszenz exophytische Nierentumore durch eine verminderte ICG-Anreicherung besser dargestellt und somit Tumorgrenzen genauer definiert werden (Krane et al. 2012; Tobis et al. 2012). Entscheidend für eine optimale Visualisierung ist die richtige ICG-Dosierung, da sowohl eine Unter- wie auch eine Überdosierung die Fluoreszenz des Tumor- und Nachbargewebes beeinträchtigen (Angell et al. 2013).
Darüber hinaus kann der Farbstoff auch zur Überprüfung der renalen Perfusion nach Abklemmen der Arterie genutzt werden. Falls es weiterhin zu einer ICG-Anreicherung in der Niere kommt, können akzessorische Gefäße ursächlich sein und müssen vor einer Tumorresektion identifiziert werden, um den intraoperativen Blutverlust zu minimieren. Alternativ kann mithilfe von ICG eine selektive Ischämie etabliert werden, um so die Nephroprotektion zu verbessern (Harke et al. 2014; Klaassen et al. 2014).

Augmented Reality

Durch Augmented Reality können präoperative gewonnene Informationen zur genauen Lokalisation des Tumors und dessen Lagebeziehung zu umliegenden Organen, dem Gefäßsystem der Niere und dem Hohlsystem in den operativen Situs projiziert werden. Der Vorteil besteht darin, eine navigierte roboterassistierte Nierenteilresektion unter effektiveren und komplikationsärmeren Bedingungen durchführen zu können (Kobayashi et al. 2019; Zhang et al. 2019).
Erste Versuche zur Anwendung von Augmented Reality in der Laparoskopie begannen im Jahr 2004, ohne dass dabei auf ein flächendeckendes System mit dieser Technik zurückgegriffen werden konnte (Marescaux et al. 2004).
Die präoperativen Daten werden über CT- oder MRT-Bilder akquiriert. Nach Segmentierung der Daten und Markierung von Tumor, Gefäßen und Hohlsystem erfolgt die Erstellung von 3D Aufnahmen und eine Fusionierung mit dem OP Situs. Schwierigkeiten ergeben sich hierbei durch die Lageänderung der Organe und die Deformierung von Organen im Vergleich zur präoperativen Bildgebung (Simpfendörfer et al. 2011).
Eine Alternative zur intraoperativen Bildfusion ist die Erstellung eines 3-D-Nierenmodells mithilfe eines 3-D-Druckers. Auch hier ist die Bildgebung mittels triphasischer CT (arterielle, venöse und urografische Phase) oder MRT obligat. Anhand dieser Daten findet mithilfe einer medizinischen Bildverarbeitungssoftware die 3-D-Rekonstruktion statt. Die Nierengefäße und das Hohlsystem werden rekonstruiert und der Nierentumor (Größe, Ausdehnung, Lage, betroffene Strukturen) präzise dargestellt. Damit kann der Operateur bereits präoperativ festlegen, ob eine selektive warme Ischämie durchgeführt werden kann. Auch die Lokalisation des Tumors und der Kontakt zu Gefäßen sowie zum Kelchsystem sind erkennbar, sodass eine gezielte Vorbereitung stattfinden kann, z. B. für eine Gefäß- oder Hohlsystemrekonstruktion (Fan et al. 2018).

Zusammenfassung

  • Robotor-asssistierte Systeme haben einen zunehmenden Stellenwert in der Nierentumorchirurgie.
  • Vorteile der robotischen Systeme sind eine optimale Visualisierung, erhöhte Beweglichkeit der Instrumente und ergonomisches Arbeiten. Für den Patienten ergeben sich die bekannten Vorteile der laparoskopischen Chirurgie.
  • Es sind sowohl trans- als auch retroperitoneoskopische Niereneingriffe möglich.
  • Transperitoneal Eingriffe erfolgen in Flankenschnittlagerung, auf einen korrekten Aufbau des Roboters und die richtige Trokarplatzierung ist zu achten, um Kollisionen der Roboterarme zu vermeiden.
  • Retroperitoneoskopisch ist ein maximales „Aufklappen“ des Patienten notwendig um die Trokare korrekt auf dem limitieren Zugangsareal zu platzieren.
  • Die Operationsschritte der robotorassistieren Nierentumorchirurgie sind identisch mit den der laparoskopischen Nierentumorchirurgie.
  • Early-Unclamping, Zero-Ischämie und Off-Clamp sind Techniken um eine maximale Nephroprotektion zur erzielen.
  • Onkologische und funktionelle Ergebnisse unterscheiden sich nicht zwischen roboter-assistieren und laparoskopischen Eingriffen. Aufgrund einer schnellen Lernkurve besteht eine Präferenz zur Robotik.
  • Neue Technologien wie die intraoperative Ultraschallanwendung, Indocyaningrün und Augmented Reality können onkologische und funktionelle Ergebnisse verbessern.
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