Synonyme
ALS; Charcot-Krankheit
Englischer Begriff
amyotrophic lateral sclerosis
Definition
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) gehört zur Gruppe der neuromuskulären Erkrankungen („Neuromuskuläre Erkrankungen“). Die chronische und fortschreitende Erkrankung betrifft ausschließlich motorische Nervenzellen und zwar zentral im Großhirn (1. Motoneuron) sowie im Bereich des Rückenmarks (2. Motoneuron). Klinisch finden sich daher Muskelatrophien mit Faszikulationen. Es treten keine Gefühlsstörungen, Intelligenzeinbußen oder Persönlichkeitsveränderungen bei den Patienten auf. Hypoventilationsphasen sind häufig und manifestieren sich zuerst im Schlaf.
Epidemiologie
An ALS erkranken pro Jahr 1–2 von 100.000 Menschen. Das mittlere Erkrankungsalter ist 55 Jahre.
Pathophysiologie
Die Ursache der Amyotrophen Lateralsklerose ist ungeklärt. Pathologisch-anatomisch finden sich eine Degeneration der Vorderhornzellen des Rückenmarks und der motorischen Hirnnervenkerne sowie einzelner Abschnitte der Pyramidenbahn und des Gyrus praecentralis.
Symptomatik
Der Beginn kann sehr variabel sein. Bei 40–70 % der Patienten manifestiert sich die Erkrankung zuerst im Bereich des 2. Motoneurons, bei 20–30 % der Patienten sind primär die im Hirnstamm liegenden Vorderhornzellen betroffen. Eine erste Schädigung der Nervenzellen bleibt unbemerkt, erst wenn ein erheblicher Teil der Nervenzellen zugrundegegangen ist, verspüren die Patienten Symptome. Bei spinaler Erstmanifestation bemerken die Betroffenen zuerst eine Schwäche und Abnahme der Muskulatur, entweder im Bereich der Arme mit Ungeschicklichkeit und Einschränkung der Feinmotorik oder im Bereich der Beine mit
Gangunsicherheit oder im Bereich des Stamms mit Schwierigkeiten, sich aufzurichten. Bei der Patientengruppe mit bulbärer Manifestation werden zuerst Schluck- oder
Sprechstörungen berichtet. Typisch für die Amyotrophe Lateralsklerose sind das parallele Auftreten der genannten Symptome und die individuell unterschiedliche Ausprägung zu Beginn.
Diagnostik
Die Ursache der Amyotrophen Lateralsklerose ist unklar und eine genaue Diagnosestellung ist schwierig, da es keine schlüssige Labordiagnostik gibt, welche die klinische Diagnose positiv bestätigt. Hinweise auf „Schlafbezogene Atmungsstörungen“ in Gestalt von
Schlafbezogenen Hypoventilationssyndromen („Schlafbezogene Hypoventilationssyndrome“) ergeben sich durch die unspezifischen Klagen von morgendlichen
Kopfschmerzen, unerholsamem Schlaf, Ein- und Durchschlafstörungen. Der erste Schritt ist eine Polygraphie, die aber in der Frühphase trotz beginnender Atmungsinsuffizienz wenig auffällig sein kann. Daher sollte frühzeitig eine
Polysomnographie (siehe „Polysomnographie und Hypnogramm“) durchgeführt werden. In der Polysomnographie zeigt sich, dass die schlafbezogenen Atmungsstörung zunächst in der REM-Phase, später auch in anderen Schlafstadien beobachtet werden. Es empfiehlt sich die zusätzliche (transkutane) CO
2-Messung (Kapnometrie), da auch hier frühzeitig ein Anstieg des pCO
2 als Ausdruck der insuffizienten
Atmung beobachtet werden kann. Bei Fehlen einer schlafmedizinischen Symptomatik kann zunächst eine
Pulsoxymetrie durchgeführt werden, um schlafinduzierte Hypoventilationen zu quantifizieren („Diagnostik der Schlafbezogenen Atmungsstörungen“).
Therapie
Es gibt keine Möglichkeit der Heilung der Patienten. Die Therapie ist symptomatisch, mit Physiotherapie, symptomatischer Medikation, insbesondere gegen Angst,
Schmerzen, Spastik, sowie Hilfsmittelversorgung.
Bei zunehmender Lähmung sind zwei Faktoren limitierend für die Lebenserwartung des ALS-Patienten:
1.die eingeschränkte Schluckfähigkeit und somit das zunehmende Unvermögen, ausreichend Nahrung und Flüssigkeit aufzunehmen;
2.die eingeschränkte Fähigkeit, ausreichend zu atmen durch Befall der Atemmuskulatur und durch Störung der Aktivierung und Koordinierung der an der
Atmung beteiligten Muskeln.
Die Krankheit schreitet rasch voran mit einer Mortalität von 50 % innerhalb von 3 Jahren. Der Patient muss mitentscheiden, welche Atmungsunterstützung zur Anwendung kommen soll. Die Einsatzmöglichkeiten für die „Nichtinvasive Beatmung“ sind zeitlich durch die Atrophie der Gesichtsmuskulatur und durch den mit den Schluckstörungen zunehmenden Speichelfluss begrenzt. Bezüglich der Frage, ob gegebenenfalls eine (Heim-)Beatmung über Tracheostoma erfolgen soll, gibt es kein einheitliches Vorgehen, hier entscheidet der
Patientenwille Es muss mit den Betroffenen und deren Angehörigen diskutiert und schriftlich festgehalten werden, am besten in einer Patientenverfügung. Nach aktueller Studienlage verbessert die
Beatmung (untersucht ist hier insbesondere die nichtinvasive) die
Lebensqualität der ALS-Patienten, in spezialisierten Zentren sind etwa 20 % beatmet.
Prognose
Im Verlauf werden alle Muskeln, die willkürlich bewegt werden, in den Krankheitsprozess einbezogen. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung der Symptome ist unterschiedlich. Im Mittel erstreckt sich der Krankheitsverlauf auf die Zeitspanne von 2–3 Jahren. Es sind aber auch Verläufe von wenigen Monaten bis hin zu vielen Jahren bekannt.
Zusammenfassung, Bewertung