Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Verfasst von:
Christian Ole Feddersen
Publiziert am: 01.01.2020

Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung

Die Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist durch eine nicht vollständig reversible Atemwegsobstruktion gekennzeichnet, die progressiv verläuft und mit einer abnormen Entzündungsreaktion der Atemwege auf Noxen vergesellschaftet ist. In zirka 10 % der Krankheitsfälle liegen durch Überlappung der Kriterien Mischformen aus Asthma bronchiale und COPD vor, das Asthma-COPD-Overlap-Syndrom (ACOS). Die COPD zählt zur Gruppe der Obstruktiven Atemwegserkrankungen, die gekennzeichnet sind durch reversible oder irreversible Verengung der Bronchien. Neben COPD gehören dazu Asthma bronchiale sowie das sogenannte Overlap-Syndrom, bestehend aus der Kombination der COPD mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA).

Synonyme

COPD; früher auch COLD

Englischer Begriff

chronic obstructive pulmonary disease

Definition

Die Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist durch eine nicht vollständig reversible Atemwegsobstruktion gekennzeichnet, die progressiv verläuft und mit einer abnormen Entzündungsreaktion der Atemwege auf Noxen vergesellschaftet ist. In zirka 10 % der Krankheitsfälle liegen durch Überlappung der Kriterien Mischformen aus Asthma bronchiale und COPD vor, das Asthma-COPD-Overlap-Syndrom (ACOS).
Die COPD zählt zur Gruppe der „Obstruktive Atemwegserkrankungen“, die gekennzeichnet sind durch reversible oder irreversible Verengung der Bronchien. Neben COPD gehören dazu „Asthma bronchiale“ sowie das sogenannte Overlap-Syndrom, bestehend aus der Kombination der COPD mit „Obstruktive Schlafapnoe“ (OSA).

Genetik, Geschlechterwendigkeit

Für die COPD gibt es Hinweise auf genetische Entstehungsfaktoren, deren Bedeutung noch ungeklärt ist, sieht man vom eigenständigen Krankheitsbild des α1-Antitrypsinmangels ab. Aufgrund der ätiologischen Bedeutung des Rauchens überwiegt das Krankheitsbild (noch) leicht bei Männern, die Häufigkeit bei Frauen nimmt kontinuierlich zu. Bei Männern tritt die Überlappung der COPD mit Obstruktiver Schlafapnoe, entsprechend der höheren Prävalenz von Obstruktiver Schlafapnoe bei Männern, häufiger auf als bei Frauen.

Epidemiologie und Risikofaktoren

Wenngleich für die COPD in Deutschland keine genauen Zahlen vorliegen, kann bezogen auf die chronische Bronchitis mit Husten und Auswurf von einer Prävalenz um 10–12 % ausgegangen werden. In angloamerikanischen Ländern wird für die COPD eine Prävalenz von 5–6,5 % angegeben. In internationalen Mortalitätsstatistiken nimmt die COPD je nach Statistik Platz 4–6 der Todesursachen ein mit einer geschätzten Steigerung auf Platz 3 für das Jahr 2020. Hauptrisikofaktor ist das Zigarettenrauchen mit 90 % der Entstehungsfälle. Nachrangig spielen als exogene Risiken Exposition mit anorganischen und organischen Stäuben aus Industrie, Handwerk, Landwirtschaft und Verkehr eine Rolle. Zu den endogenen Risikofaktoren der COPD zählen der α1-Antitrypsinmangel sowie genetische Polymorphismen für protektive Enzymsysteme in der Lunge, ferner Ernährungsstörungen mit Antioxidantienmangel sowie ein niedriges Geburtsgewicht.
Die Verbindung von COPD und Obstruktiver Schlafapnoe (OSA) entsprechend dem Overlap-Syndrom ist häufig. Obstruktive Schlafapnoe tritt bei leichtgradiger COPD allerdings noch nicht signifikant häufiger als bei Menschen ohne COPD auf.

Pathophysiologie, Psychophysiologie

Inhalation der auslösenden Noxe verursacht eine Aktivierung von Makrophagen, nachfolgend überwiegend von neutrophilen Granulozyten und CD8+-T-Lymphozyten mit Entzündung in den Bronchien und, im Gegensatz zum Asthma, auch in den terminalen Atemwegen. Hierbei spielen Mediatoren wie TNF-α, EGF, IL-8, Metalloproteinasen und die Imbalance aus Proteinasen/Antiproteinasen eine entscheidende Rolle. Virale Infekte können den chronischen Krankheitsprozess mit verursachen. Da nicht alle Raucher eine COPD entwickeln, spielen genetisch bedingte Unterschiede in der antioxidativen Kapazität und Fähigkeit, Entzündungsmediatoren abzubauen, eine Rolle. Die destruktive Entzündung führt zur Atemwegsobstruktion in den peripheren Atemwegen und zum Lungenemphysem. Die Folge ist ein Ventilations-Perfusions-Mismatch mit Hypoxämie und hyperkapnischer, respiratorischer Insuffizienz sowie ein Cor pulmonale und in manchen Fällen die „Polyglobulie“. Da der Patient seine Atemmittellage in den Bereich der inspiratorischen Reservekapazität verschieben muss, werden die anatomischen Verhältnisse für eine effiziente, ökonomische Atmung ungünstiger und es steigt die Atemarbeit bei insuffizientem Ergebnis.
COPD und Schlaf
Neben Zunahme der Atemwegswiderstände im Schlaf sind periphere Atemwegsschäden und Emphysembildung Gründe für die erschwerte Atemarbeit infolge der unphysiologischen Vordehnung und Stellung der Atemhilfsmuskulatur. Akzentuiert im REM-Schlaf mit verstärkter alveolärer Hypoventilation, Abnahme der funktionellen Residualkapazität (FRC) und verminderter Muskelaktivität, verstärktem Ventilations-Perfusions-Mismatch und herabgesetzter Atemantwort auf Hypoxie und Hyperkapnie sind kritische Sauerstoffsättigungsabfälle und Hyperkapnie die Folge („Atmung“). Bei bereits im Wachzustand erniedrigtem pO2 führt der zusätzliche pO2-Abfall im Schlaf zum stärkeren Sauerstoffsättigungsabfall verglichen mit Gesunden, da COPD-Patienten bereits wach auf dem steilen Kurvenanteil der Sauerstoffbindungskurve leben. Beim Overlap-Syndrom aus COPD und OSA finden sich noch ausgeprägtere Desaturationen als bei COPD allein, mit entsprechender Verschlechterung der Krankheitsprognose (siehe dazu „Schlafbezogene Hypoventilationssyndrome“).

Symptomatik

Beschwerden und Symptome

Die COPD ist charakterisiert durch Husten und Auswurf, eine progrediente Einschränkung der Leistungsfähigkeit mit Atemwegsobstruktion infolge chronisch-obstruktiver Bronchitis und zusätzlich durch Dyspnoe infolge Emphysembildung.

Erstmanifestation

Bei COPD ist meist in der fünften Lebensdekade ein persistierender Husten mit und ohne Auswurf an den meisten Tagen einer Zeitperiode von mindestens drei Monaten innerhalb von zwei aufeinander folgenden Jahren als chronische Bronchitis Ausdruck der Erstmanifestation, kombiniert mit bronchialer Obstruktion in Form der chronisch-obstruktiven Bronchitis und mit Dyspnoe als Folge des Emphysems.

Auslöser

Langfristiges Rauchen und inhalative Noxen verursachen das chronisch-progrediente Krankheitsbild der COPD; Infekte führen zur Exazerbation.

Verlauf

Die COPD ist ein chronisch-progredientes Krankheitsbild, das über zunehmende Dyspnoe, körperliche Leistungsinsuffizienz bei beständigem Husten und Auswurf zum vorzeitigen Tod führt. Im Finalstadium kommt es zur Zyanose, Orthopnoe, Erschöpfung der Atemmuskulatur und zur „Respiratorische Insuffizienz“. Auftretenden Exazerbationen kommt eine wesentliche, negative, prognostische Bedeutung zu, die beim Overlap-Syndrom mit OSA zudem häufiger auftreten. Die bei COPD und OSA voneinander unabhängig, jedoch klinisch letztlich gleichsinnig wirkenden kardiovaskulären Risikofaktoren können das kardiovaskuläre Risiko erhöhen und die Überlebensprognose verschlechtern. So sind beim Overlap-Syndrom von COPD und OSA nächtliche Sauerstoffdesaturationen ausgeprägter als bei der COPD allein. Ebenso findet sich eine hohe Prävalenz der pulmonalen Hypertonie.

Psychosoziale Faktoren

Bei starkem Zigarettenkonsum, in Industrieregionen mit Luftverschmutzung und bei berufsmäßigem Kontakt mit industriellen, inhalativen Noxen tritt die COPD vermehrt auf.

Komorbide Erkrankungen

Obstruktive Schlafapnoe findet sich mit COPD vergesellschaftet; ebenso sind kardiovaskuläre Erkrankungen und das Bronchialkarzinom assoziiert, bedingt u. a. durch den gemeinsamen Risikofaktor Rauchen wie auch etliche Stoffwechselerkrankungen und Osteoporose wegen des systemischen entzündlichen Krankheitscharakters und der Immobilität.

Diagnostik

Die COPD lässt sich diagnostizieren durch Berufs- und Raucheranamnese, neben den klinischen Typen des blue bloater und pink puffer durch Untersuchungsbefunde wie Fassthorax, Zyanose, Tachypnoe, Trommelschlegelfinger, hypersonoren Klopfschall, tief stehende Zwerchfellgrenzen, trockene Rasselgeräusche sowie die nicht reversible, obstruktive Ventilationsstörung mit Lungenüberblähung. Die Peak-flow-Variabilität ist gering. Die Diffusionskapazität ist im Gegensatz zum Asthma eher erniedrigt, das Herzecho zeigt eine Rechtsherzbelastung. Die COPD wird gemäß der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease in vier Schweregrade eingeteilt unter Berücksichtigung von Lungenfunktion, klinischer Symptomatik und Exazerbationshäufigkeit.

Differentialdiagnostik

Neben dem Erkennen von ca. 10 % Mischformen aus Asthma bronchiale und COPD, dem sogenannten ACOS-Syndrom, spielen bei obstruktiven Atemwegserkrankungen differentialdiagnostisch eine Rolle: Herzinsuffizienz, Lungenembolie, Pneumothorax, Hyperventilationssyndrom, exogen allergische Alveolitis, allergische bronchopulmonale Aspergillose, eosinophile Pneumonie, akute Bronchiolitis und Bronchiolitis obliterans, Vocal Cord Dysfunction, Lungenerkrankungen mit restriktiver Ventilationsstörung, (Broncho-)Pneumonie, Bronchiektasen, α1-Antitrypsinmangel, destruktive Bronchialtuberkulose, Immunmangelerkrankungen mit bronchopulmonalen Infekten, Medikamentennebenwirkungen wie unter Therapie mit Betablockern oder ACE-Hemmern und das Bronchialkarzinom.

Prävention

Nichtrauchen oder Raucherentwöhnung und Expositionsprophylaxe hinsichtlich inhalativer Noxen sind wesentliche Präventionsmaßnahmen.

Therapie

Bei der COPD steht die Bronchodilatation im Vordergrund. Angepasst an den Schweregrad werden gesichert nach den Leitlinien der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) inhalative Beta-2-Mimetika oder langwirkende Anticholinergika oder deren Kombination eingesetzt. Inhalative Steroide sind erst bei höheren Schweregraden zusätzlich indiziert. Theophylline spielen eine untergeordnete Rolle im Gegensatz zur additiven Gabe des selektiven PDE-4-Inhibitors Roflumilast in höheren Schweregraden. Infektbedingte Exazerbationen werden mit Antibiotika behandelt, zusätzlich ist die Sauerstofflangzeittherapie bei ausgeprägter Hypoxämie etabliert und in schweren Fällen und Hyperkapnie die nichtinvasive Beatmung, die hier gerade auch bei (schlafbezogenen) Hypoventilationen die Überlebensrate verbessert („Mechanische Ventilation“; „Nichtinvasive Beatmung bei zentralen Schlafbezogenen Atmungsstörungen und bei der chronischen respiratorischen Insuffizienz“). Bei zunehmendem Lungenemphysem stellen die Lungenvolumenreduktion durch interventionelle oder chirurgische Maßnahmen und Lungentransplantation Optionen dar.

Rehabilitation

Zu den Rehabilitationsmaßnahmen gehören neben Raucherentwöhnung, Patientenschulung und Verhaltenstraining, Ernährungstherapie, Medikamenten-Compliance-Training, Physikalische Therapie, Infektionsprophylaxe und gegebenenfalls Umschulungsmaßnahmen. Die Maßnahmen entsprechen einschließlich Sauerstofflangzeittherapie und nichtinvasiver Beatmung gleichzeitig der Nachsorge und dienen auch der Verbesserung der Lebensqualität.

Psychosoziale Bedeutung

Die psychosoziale Bedeutung obstruktiver Atemwegserkrankungen liegt in der beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Stigmatisierung und Isolierung durch chronische Erkrankung, Invalidisierung nicht oder ungenügend behandelter Erkrankter sowie in den hohen Krankheitskosten mit jährlich weit über 15 Mrd. EUR in Deutschland. Nicht ausreichend behandelte obstruktive Atemwegserkrankungen mit nächtlicher Symptomatik führen zum nicht erholsamen Schlaf und konsekutiven Leistungseinbußen tagsüber.

Prognose

Bei frühzeitiger Diagnosestellung und effektiver Therapie ist eine Invalidisierung meistens zu vermeiden mit Verminderung von Exazerbationen und Steigerung von Lebensqualität und Lebenserwartung.

Zusammenfassung, Bewertung

Obstruktive Atemwegserkrankungen sind die häufigsten Lungenerkrankungen in Deutschland. Sie führen unbehandelt zu frühzeitiger Invalidität. Durch die veränderte Regulation der Atmung im Schlaf werden pathophysiologische Mechanismen verstärkt mit dem Resultat nächtlicher Symptomhäufung und -verschlechterung, verstärkter respiratorischer Insuffizienz und krankheitsbedingter Todesfolge im Schlaf. Die Unterschiede zwischen Asthma bronchiale und COPD auch hinsichtlich der pathophysiologischen Abläufe im Schlaf machen die differentialdiagnostische Trennung hinsichtlich der Therapie notwendig. Beim Asthma bronchiale steht eine Basistherapie mit inhalativen Steroiden im Vordergrund, bei der COPD die bronchodilatative Therapie. Bei der COPD treten zusätzlich die Sauerstofflangzeittherapie sowie die nichtinvasive Beatmung bei progredienter „Respiratorische Insuffizienz“ und bei kombiniert auftretender Obstruktiver Schlafapnoe (OSA) hinzu. Die nichtinvasive Beatmung verlängert bei COPD-Patienten mit hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz und schlafassoziierter nächtlicher Hypoventilation eindeutig die Überlebensrate.
Literatur
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