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Enzyklopädie der Schlafmedizin
Info
Publiziert am: 11.12.2021

CPAP

Verfasst von: Wolfgang Galetke und Heinrich F. Becker
CPAP ist, wie alle anderen Positivdruckverfahren auch, eine symptomatische Therapie für Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA). Das Verfahren besteht in der Applikation eines konstanten positiven Drucks in den Atemwegen, der von einem Gebläse erzeugt wird und den Luftstrom über einen Schlauch und eine Nasen- beziehungsweise Nasen-Mund-Maske an die Atemwege leitet. Durch die pneumatische Schienung wird der Kollaps der Atemwege mit den daraus entstehenden Folgen und Komplikationen verhindert.

Synonyme

Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck; Nasal applizierter kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck

Englischer Begriff

Continuous Positive Airway Pressure (CPAP); nasal Continuous Positive Airway Pressure (nCPAP)

Definition

CPAP ist, wie alle anderen Positivdruckverfahren auch, eine symptomatische Therapie für Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA; siehe „Obstruktive Schlafapnoe“). Das Verfahren besteht in der Applikation eines konstanten positiven Drucks in den Atemwegen, der von einem Gebläse erzeugt wird und den Luftstrom über einen Schlauch und eine Nasen- beziehungsweise Nasen-Mund-Maske an die Atemwege leitet. Durch die pneumatische Schienung wird der Kollaps der Atemwege mit den daraus entstehenden Folgen und Komplikationen verhindert. Siehe dazu auch „Mechanische Ventilation bei Obstruktiver Schlafapnoe“.

Voraussetzung

Ist die Diagnose einer Obstruktiven Schlafapnoe (OSA) gesichert, wird die Behandlungsindikation geprüft. Die Wahl einer geeigneten Therapie erfolgt individuell anhand der Symptome und/oder des Risikos, das von der Obstruktiven Schlafapnoe und den Folge- oder Begleiterkrankungen ausgeht. Die im Schlaflabor ermittelte Anzahl der Atmungsstörungen, die Anzahl der Weckreaktionen und die Schlafstrukturstörung stellen dabei ebenso Bausteine der Therapieentscheidung dar wie die Ausprägung der Symptome, das Alter des Patienten und die Begleiterkrankungen. Ein Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von mehr als 30/Stunde stellt immer ein hohes Risiko für das Auftreten von relevanten Begleiterkrankungen oder für das „Einschlafen am Steuer“ oder das „Einschlafen am Arbeitsplatz“ dar.
Bei hohem Risiko und ausgeprägter Symptomatik sollte rasch mit der CPAP-Therapie begonnen werden, die sofort und bei guter Compliance auch dauerhaft zur kompletten Beseitigung der Atmungsstörungen führt. Sollte CPAP nicht toleriert werden, kommen modifizierte Positivdrucktherapieverfahren zum Einsatz, die den Behandlungskomfort steigern können, wie „Automatisches CPAP“, „Druckabsenkung in der Exspirationsphase“ oder „Bi-Level-PAP“ oder Kombinationen dieser Verfahren. Wird die nasale Ventilationstherapie insgesamt nicht akzeptiert oder gewünscht, kommen die in den Kapiteln „HNO-ärztliche Verfahren zur operativen Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“ und „Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“ genannten Verfahren zum Einsatz.
Bei niedrigem Risiko werden zunächst Allgemeinmaßnahmen wie Gewichtsreduktion und Alkoholkarenz empfohlen, und es wird die medikamentöse Behandlung von eventuell bestehenden Begleiterkrankungen durchgeführt. Bei unzureichendem Erfolg ist CPAP bei symptomatischen Patienten indiziert. Bei Patienten mit leicht- bis mittelgradiger obstruktiver Schlafapnoe kommt neben der CPAP-Therapie auch eine Therapie mit einer Unterkieferprotrusionsschiene in Betracht. Bei Inakzeptanz von CPAP oder anderen Positivdruckverfahren kann auch bei einer schwergradigen Obstruktiven Schlafapnoe ein Therapieversuch mit einer Protrusionsschiene unternommen werden („Oral Appliances“). Sollte auch dies nicht gewünscht sein oder zum Erfolg führen, können operative Eingriffe im HNO-Bereich diskutiert werden. Eine Vorhersage des Therapieerfolgs ist bei den operativen Verfahren im HNO-Bereich allerdings nicht möglich, sofern es sich nicht um die Entfernung von Weichteilen wie Tumoren und hyperplastischen Tonsillen handelt, die auch im Wachzustand eine Obstruktion verursachen („HNO-ärztliche Verfahren zur operativen Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“). Bei bestimmten Patienten mit Dysgnathien kann eine kieferchirurgische operative Korrektur zur Behandlung der OSA infrage kommen („Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“, „Maxillomandibuläre Osteotomie“).

Kontraindikationen

In seltenen Fällen liegt eine große, weiche Epiglottis vor, die unter der CPAP-Therapie den Kehlkopfeingang hochgradig einengt oder gar verschließt. Die Patienten berichten über akut auftretende Luftnot während der Behandlungseinleitung. Eine operative Verkleinerung der Epiglottis kann das Problem beheben. Weitere Kontraindikationen bestehen nicht.

Durchführung

Bei der Obstruktiven Schlafapnoe stellt das primäre Therapieziel die Offenhaltung der oberen Atemwege dar (siehe dazu unter „Schnarchen“). Dies wird zuverlässig durch die Verabreichung von kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck erreicht. Ein Gebläse erzeugt dabei einen Luftstrom, der über einen Schlauch und eine Nasenmaske an die Atemwege des Patienten gelangt. Durch die Regelung des Motors wird die geförderte Luftmenge variiert und so bei einem definierten Leck an der Maske, das auch die Rückatmung der Ausatemluft verhindert, ein positiver Druck zwischen 3 und 20 cm H2O aufgebaut. Der positive Druck schient die oberen Atemwege pneumatisch und verhindert somit deren Kollaps. Vor der Therapieeinleitung werden die geeignete Maske und das Therapiegerät ausgewählt, und der Patient erhält die Gelegenheit, die Behandlung bei unterschiedlichen Druckstufen schon am Tag zu testen. In der ersten Behandlungsnacht wird dem Patienten die ihm schon vertraute Maske angelegt und die Therapie mit einem niedrigen Druck zwischen 3–5 cm H2O begonnen. Treten im Schlaf obstruktive Atmungsstörungen auf, wird der Behandlungsdruck gesteigert, bis sämtliche Apnoen, Hypopnoen und Schnarchen beziehungsweise Flusslimitationen beseitigt sind. In Rückenlage und im REM-Schlaf wird der höchste Behandlungsdruck benötigt, sodass im Laufe der ersten Therapienacht der Druck oft noch nachjustiert werden muss. In einer zweiten kardiorespiratorischen Polysomnographie (siehe „Kardiorespiratorische Polysomnographie“) im Schlaflabor wird dann die Effektivität der Behandlung überprüft und gegebenenfalls der Behandlungsdruck weiter optimiert. CPAP beseitigt bei Erreichen des erforderlichen Behandlungsdrucks sofort die Atmungsstörungen und somit auch die Störungen der Schlafstruktur (Abb. 1 und 2).
Die Patienten fühlen sich oft schon nach einer Nacht unter effektiver CPAP-Therapie deutlich weniger müde, und die vermehrte Tagesschläfrigkeit wird innerhalb weniger Tage stark reduziert bis komplett beseitigt. Die Therapie wird zu Hause mit dem im Schlaflabor für jeden Patienten individuell ermittelten Druck fortgesetzt und möglichst in jeder Nacht während der gesamten Schlafdauer angewendet.

Nebenwirkungen

Insgesamt ist CPAP wie alle weiteren Positivdruckverfahren in geschulten Händen eine sehr nebenwirkungsarme Therapie. Bedrohliche Nebenwirkungen wurden nur in der ersten Behandlungsnacht beobachtet. Neben einer akuten Dyspnoe bei großer, weicher Epiglottis wurden lange Phasen von Hypoventilationen unter noch unzureichendem Behandlungsdruck oder lange zentrale Apnoen sowie in einigen Fällen klinisch eine akute Herzinsuffizienz beobachtet. Diese zwar seltenen, jedoch potenziell vital gefährdenden Nebenwirkungen machen die Einleitung der Therapie unter überwachten Bedingungen im Schlaflabor erforderlich. Ist der optimale Behandlungsdruck einmal ermittelt, stehen die positiven Effekte auf das kardiovaskuläre System durch die Beseitigung der Atmungsstörungen im Vordergrund. Ernsthafte Nebenwirkungen treten dann nicht mehr auf, auch keine Schädigung der Lunge durch den positiven Druck während vieler Jahre der regelmäßigen nächtlichen Nutzung.
Unbequemlichkeiten der Therapie und lokale Nebenwirkungen von CPAP, aufgestellt in der Reihenfolge abnehmender Häufigkeit:
  • Reizung beziehungsweise Austrocknung der Nasenschleimhaut
  • Druckstellen durch die Maske
  • Maskenleckage
  • Geräuschbelästigung
  • Intoleranz der Ausatmung gegen den positiven Druck
In seltenen Fällen kann es bei Trommelfelldefekten zum Luftaustritt durch das Ohr kommen, und auch Luftaustritt durch den Tränennasenkanal wurde beobachtet. Die häufigste Nebenwirkung, die insbesondere im Herbst und Winter ca. 15 % der Patienten betrifft, ist eine Schleimhautreizung der Nase. Ursächlich ist meist ein erhöhter nasaler Luftfluss, verursacht durch das Entweichen der nasal applizierten Luft während Phasen der Mundöffnung im Schlaf. Therapeutisch können Kinnhaltebänder beziehungsweise Nasen-Mund-Masken in leichteren Fällen zur Reduktion des Lecks eingesetzt werden. Beheizte Atemgasanfeuchter, die zwischen Luftauslass am Gerät und Schlauch angeschlossen werden, reduzieren oder beseitigen auch ausgeprägte nasale Symptome in der Mehrzahl der Fälle.
Druckstellen sind heute selten geworden, sofern geschultes Personal die Maskenanpassung durchführt. Sollten sie aber dennoch auftreten, stehen heute zahlreiche konfektionierte und auch individuell angefertigte Masken als Alternative zur Verfügung. Gelegentliche leichte Maskenleckagen sind nicht vollständig zu vermeiden, sie stören die Patienten jedoch selten. Sollte Maskenundichtigkeit ein Problem darstellen, muss eine besser passende Maske aus der Vielzahl der vorhandenen Modelle ausgewählt werden. Sollten mehrfache fachmännisch durchgeführte Maskenwechsel frustran bleiben, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel auch die Anfertigung einer Individualmaske, die anhand eines Gesichtsabdruckes oder -scans angefertigt wird. Aufgrund der deutlich größeren Kontaktfläche mit dem Gesicht und dem Material sind Individualmasken jedoch erheblich schwerer als die meisten konfektionierten Masken. Daher sind die Individualmasken keine allumfassende Lösung von Maskeninterfaceproblemen, können aber in Einzelfällen einen Therapieabbruch verhindern und sollten dann auch verordnet und dem Kostenträger gegenüber begründet werden. Die Geräuschbelästigung durch das Therapiegerät spielt heute kaum noch eine Rolle, da der Geräuschpegel der am häufigsten verordneten Geräte seit den 2010er-Jahren meist unter 30 Dezibel liegt. Dennoch kann es hier je nach Hersteller, Modell und Bauart im Einzelfall mitunter relevante Unterschiede geben. Entweichende Luft durch die Rückatemschutzschlitze kann ein hochfrequentes Geräusch erzeugen. Auch hier stehen alternative technische Lösungen zur Verfügung, falls der Patient eines der Systeme als unangenehm empfindet.
Ca. 10 % der Patienten geben an, dass sie nicht gegen den positiven Druck ausatmen können oder die Exspiration als unangenehm empfinden. Zur Erleichterung oder Beseitigung dieser Nebenwirkung stehen 3 Positivdruckverfahren zur Verfügung: „Bi-Level-PAP“, „Automatisches CPAP“ und Verfahren mit „Druckabsenkung in der Exspirationsphase“. Siehe dazu auch „Mechanische Ventilation“.

Nachsorge

Alle Formen der mechanischen Beatmung bei Obstruktiver Schlafapnoe stellen eine Dauertherapie dar. Daher hat es sich sehr bewährt, die Patienten unter laufender Behandlung in regelmäßigen Abständen wieder zu untersuchen. Die kritische Phase hinsichtlich der Nutzung der Behandlung sind die ersten 3 Monate, nach deren Abschluss eine schlafmedizinische Untersuchung erfolgen sollte. Dabei werden der Therapieerfolg und die Compliance geprüft, Nebenwirkungen erfasst und gegebenenfalls unter polysomnographischer Kontrolle eine Optimierung der Behandlung vorgenommen. In erfahrenen europäischen Zentren liegt die Adhärenz über viele Jahre zwischen 60–70 %, definiert als eine Mindestnutzung von 5 Stunden pro Nacht an mindestens 5 Nächten pro Woche.
Literatur
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