Skip to main content
Enzyklopädie der Schlafmedizin
Info
Publiziert am: 06.02.2020

Diagnostik der Schlafbezogenen Atmungsstörungen

Verfasst von: Thomas Penzel, Jan Giso Peter und Jörg Hermann Peter
Bei Patienten mit Schlafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS) induziert der Schlaf die Störungen der Atmung. Die gestörte Atmung wirkt ihrerseits störend auf den Schlaf, was sich je nach der vorliegenden Erkrankung unterschiedlich manifestieren kann. Als beeinträchtigend erlebte Ein- und Durchschlafstörungen können ebenso resultieren wie die nicht bewusst erlebten Störungen der Erholungsfunktion des Schlafs, in Gestalt von Schlaffragmentierung und Schlafdeprivation. Hypersomnie, aber auch Insomnien sind Ausdruck der gestörten Erholungsfunktion des Schlafs, und sie bilden die schlafmedizinischen Leitsymptome bei den Schlafbezogenen Atmungsstörungen. Für die Erfassung der Schlaf-Wach-Symptomatik stehen neben der Anamnese auch Fragebögen und Schlaf-Wach-Protokolle als diagnostische Instrumente zur Verfügung. Wenn sich daraus eine schwerwiegende Symptomatik ergibt, kann gemäß dem Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf aus der S3-Leitlinie von 2009 vorgegangen werden. Zusätzlich stehen spezialisiertere Algorithmen aus der 2017 aktualisierten S3-Leitlinie zur Verfügung.

Englischer Begriff

diagnosis of sleep related breathing disorders

Definition

Bei Patienten mit Schlafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS; siehe „Schlafbezogene Atmungsstörungen“) induziert der Schlaf die Störungen der Atmung. Die gestörte Atmung wirkt ihrerseits störend auf den Schlaf, was sich je nach der vorliegenden Erkrankung unterschiedlich manifestieren kann. Als beeinträchtigend erlebte Ein- und Durchschlafstörungen können ebenso resultieren wie die nicht bewusst erlebten Störungen der Erholungsfunktion des Schlafs, in Gestalt von Schlaffragmentierung und Schlafdeprivation. „Hypersomnie“, aber auch „Insomnien“ sind Ausdruck der gestörten Erholungsfunktion des Schlafs, und sie bilden die schlafmedizinischen Leitsymptome bei den Schlafbezogenen Atmungsstörungen.
Für die Erfassung der Schlaf-Wach-Symptomatik stehen neben der Anamnese auch „Fragebögen“ und Schlaf-Wach-Protokolle als diagnostische Instrumente zur Verfügung. Wenn sich daraus eine schwerwiegende Symptomatik ergibt, kann gemäß dem „Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf“ aus der S3-Leitlinie mit demselben Titel von 2009 vorgegangen werden. Zusätzlich stehen nun spezialisiertere Algorithmen aus der 2017 aktualisierten S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ (Mayer et al. 2017) („Schlafbezogene Atmungsstörungen“) zur Verfügung: der „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf Obstruktion der oberen Atemwege“, der „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen“ und der „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf zentrale Schlafapnoe“. Den Algorithmen folgend kann für definierte Patientengruppen die Indikation für die „Kardiorespiratorische Polysomnographie“ (KRPSG) im Schlaflabor gestellt werden. Dort lassen sich sämtliche bekannten Schlafbezogenen Atmungsstörungen ebenso wie die meisten eventuell bestehenden schlafmedizinischen Differentialdiagnosen auf evidenzgesicherter Grundlage erfassen. Wichtigste Differentialdiagnosen zu den Schlafbezogenen Atmungsstörungen sind dabei die mit Hypersomnie einhergehende Schlafbezogene Bewegungsstörung „Periodic Limb Movement Disorder“ oder die seltenere „Narkolepsie“. Demgegenüber kann die überwiegend mit Einschlafstörungen einhergehende Schlafbezogene Bewegungsstörung „Restless-Legs-Syndrom“ (RLS) in der Regel mittels „Anamnese“ beziehungsweise „Fragebögen zum Restless-Legs-Syndrom“ ohne apparativen Aufwand ermittelt werden. Gleiches gilt für die meisten Insomnien.
Auch wenn keine spezifische schlafmedizinische Symptomatik mit Leitsymptom Hypersomnie vorliegt, kann sich bei manchen Fällen eine Indikation zur Untersuchung im Schlaflabor ergeben, beispielsweise bei Durchschlafstörungen infolge von Aufwachen mit Luftnot, das sich nicht durch Erkrankungen wie „Asthma bronchiale“ erklären lässt (siehe auch „Langzeitregistrierung von Lungengeräuschen“). „Zentrale Schlafapnoesyndrome“ oder „Schlafbezogene Hypoventilationssyndrome“ weisen häufig die Durchschlafstörung als vorherrschendes Symptom auf. Auch treten Durchschlafstörungen bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern als ein Hauptsymptom der Obstruktiven Schlafapnoe auf.
Manche Betroffene mit Schlafbezogenen Atmungsstörungen klagen nicht über Hypersomnie oder Insomnie, weil sie entweder keine solche empfinden oder weil in ihrem Fall die Schlafbezogenen Atmungsstörungen nur vergleichsweise geringfügig die Erholungsfunktion des Schlafs beeinträchtigen. Gemäß dem „Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf“ beziehungsweise dem „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf Obstruktion der oberen Atemwege“ und dem „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen“ ist bei ihnen eine den Begleiterkrankungen und -symptomen entsprechende Diagnostik indiziert. Wenn derartige Patienten ein Risikoprofil aufweisen, das zu Schlafbezogenen Atmungsstörungen prädisponiert, können polygraphische 6-Kanal-Verfahren zur Diagnosesicherung eingesetzt werden. Andernfalls kann bei Patienten ohne SBAS-Symptome eine kanalreduzierte polygraphische Diagnostik indiziert sein oder, bei geringer Prätestwahrscheinlichkeit, aber vorhandenen Symptomen, primär die Diagnostik mittels KRPSG („Evidenzbasierte apparative Diagnostik“). Ein Screening mittels kanalreduzierter polygraphischer Diagnostik ist auch bei Patienten ohne ausgeprägtes schlafmedizinisches Beschwerdebild empfohlen, wenn sie Erkrankungen haben, von denen bekannt ist, dass sie häufige Folgen von Schlafbezogenen Atmungsstörungen sind oder dass ihr Verlauf durch unbehandelte, gleichzeitig bestehende Schlafbezogene Atmungsstörungen prognostisch ungünstig beeinflusst wird. Das ist beispielsweise bei Erkrankungen wie „Zerebrale Ischämie“, „Koronare Herzkrankheit“ oder Herzinsuffizienz der Fall.
Es liegen sehr unterschiedliche, zumeist auf hohem Evidenzniveau gesicherte Therapieverfahren zur Behandlung der einzelnen Schlafbezogenen Atmungsstörungen vor („Therapie der Schlafbezogenen Atmungsstörungen“). Ihr effektiver Einsatz bedarf der jeweils exakt ermittelten Diagnose einer definierten Schlafbezogenen Atmungsstörung. Die Wirksamkeit der Behandlung lässt sich im Vergleich zum Ausgangsbefund ebenfalls im Schlaflabor mittels KRPSG zuverlässig überprüfen, gegebenenfalls müssen auch gut validierte Untersuchungsverfahren zur Analyse der Tagesschläfrigkeit eingesetzt werden, beispielsweise im betriebsärztlichen oder verkehrsmedizinischen Kontext (siehe auch „Leistungs-, Schläfrigkeits- und Vigilanzmessung“).

Grundlagen

Wie im Beitrag „Schlafbezogene Atmungsstörungen“ näher ausgeführt, werden gemäß der Internationalen Klassifikation der Schlafstörungen („ICSD-3“) von American Academy of Sleep Medicine (2014) 5 Diagnosegruppen unterschieden:
  • „Obstruktive Schlafapnoe“ (OSA) mit 2 Einzeldiagnosen
  • „Zentrale Schlafapnoesyndrome“ (ZSAS) mit 8 Einzeldiagnosen
  • „Schlafbezogene Hypoventilationssyndrome“ mit 6 Einzeldiagnosen
  • Schlafbezogene Hypoxämiesyndrome mit 1 Einzeldiagnose
  • Isolierte Symptome und Normvarianten mit 2 Einzelnennungen
Nachfolgend sind die 17 Diagnosen und 2 isolierten Symptome beziehungsweise Normvarianten der Schlafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS) gemäß deren Zugehörigkeit zu einer der 5 oben genannten Gruppen aufgeführt. Für jede der 17 Diagnosen sind nach ICSD-3 die Mindestkriterien bezüglich der Muster der gestörten Atmung definiert und ebenso die polysomnographisch fassbaren Charakteristika (siehe Tab. 3, 4 und 5). Letztere betreffen zum einen Phasen für das bevorzugte Auftreten der Störung im Schlafverlauf und zum anderen die Muster der durch die Atmungsstörungen eventuell rückwirkend induzierten Schlafstörungen (siehe dazu „Gestörter Schlaf, seine Muster in der Kardiorespiratorischen Polysomnographie“).

Einteilung der Schlafbezogenen Atmungsstörungen (nach ICSD-3)

Prädisponierende Faktoren und Folgeerkrankungen

Eine Reihe von prädisponierenden körperlichen Faktoren für Schlafbezogene Atmungsstörungen sind bekannt (Tab. 1), aber auch Veränderungen der physikalischen Umgebung wie Hypoxie beim raschen Aufstieg in große Höhen können bestimmte Schlafbezogene Atmungsstörungen auslösen. Über die prädisponierenden oder auslösenden Faktoren hinaus müssen mittels Anamnese auch die spezifisch schlafmedizinischen Beschwerden und aus der klinischen Untersuchung auch die möglichen mit den Schlafbezogenen Atmungsstörungen assoziierten Folgeerkrankungen erfasst werden (Tab. 2).
Tab. 1
Prädisponierende Faktoren für SBAS
Bezug
Prädisponierende Faktoren
Alter und Geschlecht
Früh- und Neugeborenenalter
Mittleres Alter bei Männern
Hohes Alter
Angeboren oder idiopathisch
Hirschsprung-Erkrankung
Konnatale Tumoren des ZNS
Hypothalamische Funktionsstörung
Substanzen
Alkohol, Hypnotika, Opiate
Ernährung, Stoffwechsel und Endokrinium
Schwangerschaft, Postklimakterium
Einengung der extrathorakalen Atemwege
Kurze Mandibula, dolichofazialer Gesichtstyp, hypoplastischer Oberkiefer, Malformationen des Gesichtsschädels
Raumfordernde Prozesse, hyperplastische Tonsillen und Adenoide
Großer Halsumfang bei Adipositas
Makroglossie bei Akromegalie
Tab. 2
Häufige Folgen von SBAS für den Organismus
Betroffene Funktionen
Folgen
Herz-Kreislauf-System
Überwiegend nächtliche Herzrhythmusstörungen, Bradykardie
Bluthochdruck, nächtliche Hypertonie, Non-Dipping
Atherosklerose, Koronare Herzkrankheit, Zerebrale Ischämie
Kardiopulmonales System
Pulmonale Hypertonie, Cor pulmonale, Rechtsherzversagen
Atmung und Blutgase
Luftnot
Hyperkapnie, Hypoxämie
Azidose
Zyanose, Blässe
Kindliche Entwicklung
Gedeihstörungen, Wachstumsverzögerung
Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität, schulische Leistungsdefizite
Psychophysiologie
Vermehrtes Schlafbedürfnis
Kognitive Leistungsdefizite
Unfallneigung

Schweregrade der Schlafbezogenen Atmungsstörungen

Die Minimalkriterien aus der KRPSG sind für den Nachweis der meisten Schlafbezogenen Atmungsstörungen heute auf hohem Evidenzniveau gesichert (Kapur et al. 2017). Es gibt aber bisher keine verbindlichen Einteilungen derselben in Schweregrade und das gilt für die einzelnen Diagnosen ebenso wie für jede der 4 Gruppen von SBAS. Insbesondere lässt sich die Schwere der Erkrankungen nicht allein aus der Anzahl und Dauer der Apnoen oder Hypoventilationsphasen ableiten. Dennoch hat sich bei der Obstruktiven Schlafapnoe (OSA) des Erwachsenen durchgesetzt, bei 5–14,9 Atmungsstörungen pro Stunde von einer leichtgradigen, bei 15–29,9 Atmungsstörungen pro Stunde von einer mittelgradigen und ab 30 Atmungsstörungen pro Stunde von einer schwergradigen OSA zu sprechen Für assoziierte Erkrankungen wie beispielsweise Übergewicht, arterielle und pulmonalarterielle Hypertonie, obstruktive Lungenerkrankungen, restriktive Lungenerkrankungen, Chronisch-ventilatorische Insuffizienz, Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen gelten die bewährten klinischen Schweregradeinteilungen.

Schweregrade der schlafmedizinischen Symptomatik

Hypersomnie mit Tagesschläfrigkeit und Insomnie mit Ein- und Durchschlafstörungen können bei allen SBAS in unterschiedlichem Schweregrad vorliegen. Der Ausprägungsgrad der SBAS gemessen an der Frequenz der Atmungsstörungen oder am Grad der Sauerstoffentsättigungen korreliert dabei nur geringgradig mit dem Schweregrad der schlafmedizinischen Symptomatik. Bezüglich der Hypersomnie gibt es Einteilungsmöglichkeiten in Schweregrade aufgrund von Vigilanztests oder Fragebögen. Häufig genutzt wird die „Epworth Schläfrigkeitsskala“ (ESS). Auch für die Einteilung der Schweregrade der Insomnie stehen „Fragebögen“ zur Verfügung.
Sowohl für Hypersomnie als auch für Insomnie gilt weiterhin die anamnestische Beurteilung der Schweregrade durch Offensichtlichkeit („face validity“) infolge andauernder schwerer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, des sozialen Lebens und des Tagesbefindens, wie sie in der revidierten Fassung der ICSD-R von 1997 formuliert worden war. Zur detaillierten Darstellung siehe im Essay „Beschwerden und Symptome“ die Tab. 1 „Schweregrade der Insomnie“ und die Tab. 2 „Schweregrade der Hypersomnie“.

Indikation zur Kardiorespiratorischen Polysomnographie (KRPSG)

Die KRPSG im Schlaflabor muss eine gut begründete Indikation zur Voraussetzung haben. Bezüglich des Leitsymptoms Hypersomnie gilt für sämtliche Schlafbezogenen Atmungsstörungen das zum „Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf aus dem Jahr 2009 und den oben genannten ergänzten Algorithmen aus 2017 Ausgeführte (Mayer et al. 2017; Ross et al. 2000). Danach besteht eine Indikation, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt und wenn folgende Ursachen ausgeschlossen wurden oder als alleinige Ursache der Hypersomnie unwahrscheinlich erscheinen:
  • Habituelles Schlafdefizit („Schlafdauer“; „Schlafentzug“)
  • Störungen des zirkadianen Schlafrhythmus („Chronobiologie“; „Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen“)
  • Mangelnde „Schlafhygiene“
  • Einfluss von Medikamenten oder Drogen („Zentrale Schlafapnoesyndrome“; „Substanzen, die mit der Schlaf-Wach-Regulation interferieren“; „Insomnie bei Hypnotikaabhängigkeit“; „Stimulanzienabhängigkeit“)
  • Grunderkrankung mit sekundär schlafstörendem Einfluss („Symptomatische Schlafstörungen“)
Mit KRPSG und 6-Kanal-Polygraphie liegen heute Methoden der Diagnostik vor, deren Aussagefähigkeit im Rahmen der vorgenannten Algorithmen auf höchstem Evidenzniveau gesichert ist (Kapur et al. 2017). Analoges gilt für verschiedene differenzierte Therapieformen bei Schlafbezogenen Atmungsstörungen und bei anderen schlafmedizinischen Erkrankungen. Ihre Anwendung hat jeweils eine auf sicherer Basis gegründete Diagnose zur Voraussetzung. Durch den breiten Einsatz computerisierter Aufnahme-, Speicher-, Wiedergabe- und Auswertetechnologie sind Durchführung und Auswertung der KRPSG gegenüber den früheren analogen, schreibergestützten Verfahren enorm vereinfacht worden („Computer und Computernetzwerke in der Schlafmedizin“). Geschultem Personal ist es daher möglich, rechnergestützt in kurzer Zeit auf evidenzgesicherter Grundlage und jederzeit objektiv nachprüfbar, diagnostische Entscheidungen zu treffen („Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung“). Auch wegen der in ausreichend ausgestatteten Schlaflabors gegebenen Möglichkeit zur videogestützten Patientenüberwachung kann die Untersuchung neben der Patientensicherheit die erforderliche Qualität der abgeleiteten Daten jederzeit gewährleisten („Qualitätsmanagement in der Diagnostik“). Durch den Betrieb auf mehreren Ableiteplätzen werden parallel therapeutische Titrationen oder Nachuntersuchungen an Problempatienten durchgeführt. Fehler bei der Ableitung, abgefallene Sensoren und anderes werden vermieden beziehungsweise sie können sofort beim Auftreten korrigiert werden. Insuffiziente Therapien werden auf diese Weise vermieden, und es entstehen keine Kosten auf der Grundlage falsch-positiver Therapieentscheidungen (Chervin et al. 1999). Auch aus rechtlichen Gründen ist die umfassende Dokumentation der Ausgangsbefunde bei Patienten mit Tagesschläfrigkeit notwendig. Da operative Eingriffe im Oropharyngealbereich nicht a priori erfolgssicher sind und da sie andererseits irreversible Konsequenzen haben können, ist die Dokumentation eines aussagefähigen Ausgangsbefundes in der KRPSG vor den operativen Eingriffen unabdingbar.
Siehe auch „Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“; „Maxillomandibuläre Osteotomie“; „HNO-ärztliche Verfahren zur operativen Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“; „Uvulopalatopharyngoplastik“.

Vereinfachte Verfahren

Wenn keine direkt beeinträchtigenden schlafmedizinischen Beschwerden vorliegen, sondern sich der Verdacht auf Schlafbezogene Atmungsstörungen durch das Vorhandensein einer Prädisposition ergibt oder durch das Vorliegen eine Erkrankung, die häufig mit Schlafbezogenen Atmungsstörungen assoziiert ist, kann nicht unmittelbar die Indikation zur KRPSG gestellt werden. Andererseits können der Nachweis und die Therapie einer SBAS die Therapie der assoziierten Erkrankung im Einzelfall optimieren, oder es kann in bestimmten Fällen die Prognose quoad vitam verbessert werden. Entsprechende Erkrankungen wie Adipositas, Hypertonie oder Herzinsuffizienz sind sehr weit verbreitet, und der direkte Weg aller von ihnen Betroffenen zur KRPSG würde hohe Kosten verursachen, auch sind die dafür erforderlichen diagnostischen Ressourcen nicht ausreichend verfügbar. Darüber hinaus gibt es Patienten mit Tagesschläfrigkeit infolge Schlafbezogener Atmungsstörungen, die das Leitsymptom negieren, sodass nicht immer gemäß dem „Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf“ vorgegangen werden kann. In diesen Fällen können beispielsweise gemäß dem „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen“ vereinfachte diagnostische Verfahren eingesetzt werden, die bei positivem Resultat für das Vorliegen von Schlafbezogenen Atmungsstörungen die Prätestwahrscheinlichkeit für ein positives Ergebnis in der Bestätigungsdiagnostik deutlich erhöhen und die damit den schlafmedizinischen Einrichtungen ein effektives Arbeiten ermöglichen.
Die Konfiguration der vereinfachten Systeme reicht vom einfachen Pulsoxymeter über 4-Kanal-Systeme, wie sie zur Früherkennung von OSA entwickelt wurden, bis hin zu Verfahren der Polygraphie, welche die Parameter einer KRPSG bis auf diejenigen der Schlafmessung mittels Polysomnographie umfassen können. Gemessen werden in Deutschland fast ausschließlich periphere Parameter wie Atmung, Herzfrequenz, Körperlage und Bewegung, sodass die schlafbezogenen Indices wie beispielweise der Apnoeindex (AI) nicht exakt bestimmbar sind, sondern geschätzt werden müssen (siehe auch „Ambulantes Monitoring“). Die Schlafzeit wird anhand von Patientenprotokollen ermittelt, oder sie wird als Schätzgröße indirekt errechnet, beispielsweise aus Parametern der Körperlage oder der Bewegungsmessung. Die polygraphischen Verfahren erlauben auch meistens nicht die direkte Beurteilung von Art und Umfang des gestörten Schlafs; ebenso wenig ist die Analyse der pathologischen Interaktion zwischen Schlaf und Atmung damit möglich. Auch Schlafbezogene Bewegungsstörungen wie „Periodic Limb Movement Disorder“ (PLMD) können nicht angemessen bewertet werden, obwohl sie als Quelle für nicht erholsamen Schlaf differentialdiagnostisch bedeutsam sind.
Am weitesten verbreitet als vereinfachtes Polygraphiesystem zur Messung peripherer Parameter sind die Pulsoxymeter, häufig auch in Kombination mit weiteren Messgrößen genutzt. Ihre Aussagekraft ist dadurch sehr eingeschränkt, dass die transkutan gemessene arterielle Sauerstoffsättigung erst bei Entsättigung um 3 und mehr Prozent absolut zuverlässige Daten liefert, sodass falsch-positive und falsch-negative Ergebnisse bei der Anwendung der Methode in großem Umfang unvermeidlich sind („Atmungsmessung, spezielle Messverfahren im Schlaf“). So besteht beispielsweise bei herz- und lungengesunden Erwachsenen mit normaler Sauerstoffspannung des Bluts die Gefahr falsch-negativer Befunde, da Apnoen, die das Mindestkriterium von 10 Sekunden Dauer erfüllen, noch nicht angezeigt werden, sondern erst Ereignisse von 30 Sekunden Dauer und länger zuverlässig angezeigt werden. Demgegenüber liefert bei herz- und/oder lungenkranken Patienten mit dauerhaft stark erniedrigter arterieller Sauerstoffspannung und insbesondere bei den zahlreichen älteren Patienten mit Chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD; siehe „Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung“) die übliche transkutane Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung SaO2 bezogen auf die vorgegebenen Mindestkriterien zur Bestimmung von SBAS häufig falsch-positive Ergebnisse. Das liegt daran, dass pathophysiologisch unbedeutende, beim Einschlafen oder im REM-Schlaf bei jedermann vorkommende kurze zentrale Apnoen ohne jeden Krankheitswert zu einem falsch-positiven Desaturationsindex führen, der mit Vorliebe als Surrogatparameter für den Apnoeindex zur Anwendung kommt. Die Entsättigungen allein erlauben auch keine Differenzierung zwischen obstruktiven und nichtobstruktiven Atmungsstörungen, was beispielsweise zur Verwechslung von Hypoventilation mit Sequenzen von obstruktiver Apnoe führen kann. Andererseits werden langanhaltende Phasen mit nur allmählich zunehmenden, jedoch unter Umständen lebensbedrohlichen Desaturationen nicht erkannt, beziehungsweise als Artefakte abgetan. Daher ist im Anschluss eine dem „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen“ entsprechende Bestätigungsdiagnostik mittels KRPSG durchzuführen (Bianchi und Goparaju 2017).

Diagnostisches Vorgehen

Im Folgenden werden Kriterien und Vorgehensweisen bei der Diagnostik der einzelnen Schlafbezogenen Atmungsstörungen dargestellt. Zum einen kann sich die Indikation zur Untersuchung auf Schlafbezogene Atmungsstörungen aus dem Vorhandensein prädisponierender Faktoren oder bekannter gesundheitlicher Folgen (Tab. 3, 4 und 5) ergeben. Assoziierte Erkrankungen sind aber, wie oben bereits ausgeführt, sehr weit verbreitet und haben häufig ganz andere Ursachen als SBAS. Es empfiehlt sich daher in solchen Fällen, bei gegebenem Verdacht zunächst eine polygraphische Messung durchzuführen. Auf deren Basis kann die diagnostische Fragestellung präzisiert werden und somit die Prätestwahrscheinlichkeit für die KRPSG erhöht werden (Bianchi und Goparaju 2017).
Tab. 3
Prädisponierende Faktoren, mögliche Beschwerden und Folgen bei den Zentralen Schlafapnoesyndromen
Diagnose
Prädisponierende Faktoren
Beschwerden und gesundheitliche Folgen
Alter >60 Jahre; häufig Herzinsuffizienz („congestive heart failure“) in bis zu 40 % der Fälle; hauptsächlich Männer; pCO2 im Wachzustand häufig unter 40 mmHg; seltener auch bei Zustand nach Schlaganfall oder bei Niereninsuffizienz
Nicht erholsamer Schlaf und Tagesschläfrigkeit
Zusätzlich ist Insomnie häufig, auch Aufwachen mit Luftnot
Zentrale Schlafapnoe infolge körperlicher Erkrankung ohne Cheyne-Stokes-Atmung
Wahrscheinlich Läsionen im Hirnstammbereich aufgrund vaskulärer, neoplastischer, degenerativer, demyelinisierender oder traumatisch ausgelöster Prozesse; auch kardiale oder renale Ursachen sind möglich
Nicht erholsamer Schlaf und Tagesschläfrigkeit
Eventuell zusätzlich Insomnie
Zentrale Schlafapnoe infolge periodischer Atmung in großer Höhe
Rascher Aufstieg; bei Höhen <5000 m noch selten, ab 7500 m bei allen Menschen
Ein- und Durchschlafstörungen; manchmal auch Höhenlungenödem und Höhenhirnödem; vermehrte Erschöpfbarkeit tagsüber
Zentrale Schlafapnoe durch Medikamente oder Substanzen
Mehrmonatiger Gebrauch von Opiaten, häufig bei Polytoxikomanie
Nicht erholsamer Schlaf und Tagesschläfrigkeit
Eventuell zusätzlich Insomnie
Primäre zentrale Schlafapnoe
pCO2 <40 mmHg
Nicht erholsamer Schlaf und Tagesschläfrigkeit
Zusätzlich ist Insomnie häufig, auch Aufwachen mit Luftnot
Primäre Schlafapnoe im Säuglingsalter
Säugling mit Gestationsalter >37 Wochen
Zyanose, Blässe, Bradykardie, merkliche Muskelhypotonie
Primäre Schlafapnoe bei Frühgeborenen
Frühgeborenes mit Gestationsalter <37 Wochen
Phasen mit Bradykardie und andere Gründe für intensivmedizinische Intervention bei der Überwachung
Tab. 4
Prädisponierende Faktoren, mögliche Beschwerden und Folgen bei den Obstruktiven Schlafapnoesyndromen
Diagnose
Prädisponierende Faktoren
Beschwerden und gesundheitliche Folgen
Obstruktive Schlafapnoe des Erwachsenen
Kurze Maxilla und Mandibula
Dolichofazialer Gesichtstyp
Übergewicht
Gedrungener Körperbau
Hyperplastische Tonsillen
Tumoren im Pharyngealraum
Männliches Geschlecht, mittlere Altersgruppe
Abendlicher Alkoholkonsum
Bei Frauen: Postklimakterium
Akromegalie, Hypothyreose
Nicht erholsamer Schlaf und Tagesschläfrigkeit
Aufmerksamkeits- und Leistungsdefizite
Unfälle durch Einschlafen
Therapeutisch schwer einstellbare arterielle Hypertonie, fehlende nächtliche Absenkung des Blutdrucks, sogenanntes Non-Dipping
Atherosklerose und Koronare Herzkrankheit
Überwiegend nächtlich auftretende Herzrhythmusstörungen
Obstruktive Schlafapnoe im Kindesalter
Dysgnathien und kraniofaziale Dysplasien
Hyperplastische Adenoide und Tonsillen
Unruhiger, nicht erholsamer Schlaf
Tagesschläfrigkeit
Aufmerksamkeitsdefizite, Hyperaktivität, Verhaltensprobleme
Nichterfüllen schulischer Anforderungen
Morgendlicher Kopfschmerz
Sekundäre Enuresis
Gedeihstörungen, Wachstumsverzögerungen
Tab. 5
Prädisponierende Faktoren, mögliche Beschwerden und Folgen bei den Schlafbezogenen Hypoventilations- und Hypoxämiesyndromen
Diagnose
Prädisponierende Faktoren
Beschwerden und gesundheitliche Folgen
Obesitas
Exzessive Tagesschläfrigkeit
Hyperkapnie im Wachzustand
Rechtsherzversagen
Mutation im PHOX2B-Gen
Je nach Art der Mutation; heterogene Erkrankung mit Subgruppen wie Hirschsprung-Krankheit, Tumoren des ZNS oder autonomen Funktionsstörungen
Hypoxämie
Polyglobulie
Hyperkapnie, gelegentlich auch im Wachzustand
Pulmonale Hypertonie, Cor Pulmonale
Rechtsherzversagen
Hypoxämiebedingte Entwicklungsverzögerung, insbesondere des ZNS
Häufig Intubationspflichtigkeit nach der Geburt
Unbekannt
Hypoxämie
Hyperkapnie, gelegentlich auch im Wachzustand
Pulmonale Hypertonie, Cor Pulmonale
Rechtsherzversagen
Idiopathische zentral-alveoläre Hypoventilation
Unbekannt
Gehäuft Beschwerden der Tagesschläfrigkeit und/oder Insomnie
Morgendlicher Kopfschmerz
Im fortgeschrittenen Stadium Hyperkapnie im Wachzustand
Polyglobulie
Pulmonale Hypertonie, Cor pulmonale
Rechtsherzversagen
Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie durch körperliche Erkrankung
Eingeschränkte Lungenfunktion infolge einer Erkrankung des Lungenparenchyms oder bei Patienten mit idiopathischer pulmonaler Hypertonie (Prävalenz von Hypoventilation im Schlaf bei letzteren beträgt 75 %)
Fortgeschrittene obstruktive Lungenerkrankung mit FEV1 unter 70 % und entsprechend erniedrigter arterieller Sauerstoffspannung
Neuromuskuläre Erkrankungen
Hypoxämie
Polyglobulie
Hyperkapnie, häufig auch im Wachzustand
Morgendlicher Kopfschmerz
Pulmonale Hypertonie, Cor pulmonale
Rechtsherzversagen
Einnahme von Sedativa, lang wirksamen Narkotika, Anästhetika und Muskelrelaxantien; verstärkend wirken zusätzlicher Alkoholkonsum und die Interaktion mit weiteren Medikamenten
Hypoventilation zunächst bevorzugt im REM-Schlaf, später auch Hyperkapnie im Wachzustand
Hypoxämie
Schwere Dyspnoe
Begünstigung von Obstruktiver Schlafapnoe
Für die Bewertung des Leitsymptoms Hypersomnie und die Indikation zur KRPSG (siehe oben) gilt für jede Schlafbezogene Atmungsstörung das im „Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf“ Ausgeführte. Ebenso können Charakteristika aus der Wirkungskette Schlaf/Atmung/Schlaf (Tab. 6, 7 und 8), wie das Aufwachen mit Luftnot, die Indikation zur KRPSG begründen. Aus dem Ergebnis der KRPSG ist zu ermitteln, ob die Mindestkriterien gemäß ICSD-3 erfüllt sind, wie sie in den Tab. 6, 7 und 8 ausgeführt sind. Zu berücksichtigen ist, dass bei der Obstruktiven Schlafapnoe des Erwachsenen unterschiedliche Messkriterien gelten können, je nach Vorhandensein oder Nichtvorhandensein spezifischer Angaben in der Anamnese.
Tab. 6
Atmung im Schlaf bei Zentralen Schlafapnoesyndromen. Mindestkriterien der Atmungsstörung und Charakteristika der Wirkungskette Schlaf/Atmung/Schlaf
Diagnose
Mindestkriterien der Atmungsstörung
Charakteristika der Wirkungskette Schlaf/Atmung/Schlaf
>10 Apnoen und Hypopnoen je Stunde Schlafzeit mit einem Crescendo-Decrescendo-Muster der postapnoeischen Hyperpnoen
Zykluslänge der Hyperpnoe und der kompensatorischen Apnoe relativ konstant >45 Sekunden
Häufigstes Auftreten im Leichtschlaf, Abschwächung im Tiefschlaf, Verschwinden im REM-Schlaf
Arousals können den Schlaf fragmentieren; im Gegensatz zu anderen Apnoeformen treten die Arousals erst einige Atemzüge nach dem Wiedereinsetzen der Atmung auf, oft erst am Höhepunkt der Hyperpnoe; Arousals sind nicht obligatorisch
Zentrale Schlafapnoe durch Erkrankung innerer Organe, nicht infolge Cheyne-Stokes-Atmung
≥5 zentrale Apnoen (ohne Effort) von ≥10 Sekunden Dauer je Stunde Schlafzeit
Bevorzugtes Auftreten im Leichtschlaf
Im REM-Schlaf dauern einzelne Atmungsstörungen am längsten, bei eher unregelmäßiger Dauer der Phasen
Schlaffragmentierung durch Arousals und Weckreaktionen
Zentrale Schlafapnoe infolge periodischer Atmung beim Aufenthalt in großer Höhe
Wiederkehrende zentrale Apnoen mit einer Häufigkeit von >5 pro Stunde Schlafzeit
Die Zykluslänge der intermittierten Hyperpnoe liegt typischerweise im Bereich von 12–34 Sekunden
Spezifische Symptome sind nicht zwingend vorhanden
Häufig Durchschlafstörungen (Höheninsomnie)
Zentrale Schlafapnoe durch Medikamente oder Substanzen
≥5 zentrale Apnoen (ohne Effort) von ≥10 Sekunden Dauer je Stunde Schlafzeit; oder ein gemischtes Bild mit 10 Phasen mit periodischer Atmung und mit Crescendo-Decrescendo-Muster der Hyperpnoen und zusätzlich optional obstruktive Hypoventilationen oder Biot-Atmung
Gestörte Schlafstruktur
Schlaffragmentierung durch Arousals
Primäre zentrale Schlafapnoe
≥5 zentrale Apnoen (ohne Effort) je Stunde Schlafzeit
Apnoedauer ≥10 Sekunden bis ca. 40 Sekunden; typisches zyklisches Apnoemuster
Bevorzugtes Auftreten im Leichtschlaf, seltener im Tiefschlaf und im REM-Schlaf
Schlaffragmentierung durch Arousals und Weckreaktionen
Primäre Schlafapnoe im Säuglingsalter
Atempausen von >20 Sekunden Länge oder kürzer dauernde obstruktive oder gemischte Apnoen
Bevorzugtes Auftreten im REM-Schlaf
Primäre Schlafapnoe des Frühgeborenen
Auf >20 Sekunden ausgedehnte Atempausen mit Nachlassen des Efforts und des Flusses; oder kürzere gemischte oder obstruktive Apnoen mit erhaltenem beziehungsweise sich in der Apnoe noch steigerndem Effort
Bevorzugtes Auftreten im REM-Schlaf
Tab. 7
Atmung im Schlaf bei den Obstruktiven Schlafapnoesyndromen. Mindestkriterien der Atmungsstörung und Charakteristika der Wirkungskette Schlaf/Atmung/Schlaf
Diagnose
Mindestkriterien der Atmungsstörung
Charakteristika der Wirkungskette Schlaf/Atmung/Schlaf
Obstruktive Schlafapnoe des Erwachsenen
≥5 Apnoen oder Hypopnoen von mehr als 10 Sekunden Dauer je Stunde Schlafzeit; oder ≥5 durch pharyngeale Obstruktion ausgelöste Arousals, sogenannte Respiratory Event Related Arousals (RERA) je Stunde Schlafzeit mit persistierendem oder sich steigerndem Effort bei abnehmendem Fluss und respiratorisch induzierten Arousal- oder Aufwachreaktionen
Bevorzugtes Auftreten im Leichtschlaf und im REM-Schlaf
Im REM-Schlaf sind einzelne Atmungsstörungen am längsten, bei eher unregelmäßiger Dauer der Phasen
Fortgesetzte oder sich steigernde Atmungsanstrengung bei nicht adäquater Ventilation
Terminierung der Phasen durch Arousal- und Weckreaktionen, daraus resultiert ein Defizit an Tiefschlaf; Reduktion von REM-Schlaf.
 
Andere Kriterien gelten bei fehlender klinischer Symptomatik: ≥15 Apnoen, Hypopnoen oder RERAs
Hier werden keine Rückwirkungen auf Wachheit und Schlaf angegeben
Obstruktive Schlafapnoe im Kindesalter
≥1 registriertes pathologisches obstruktives respiratorisches Ereignis (Apnoe, Hypopnoe oder RERA) je Stunde Schlafzeit, aber mit einer Dauer von lediglich 2 oder mehr Atmungszyklen, begleitet von Sauerstoffdesaturationen, auch mit Hyperkapnie
Ausgeprägte Schwankungen des intraösophagealen Drucks
Schlaffragmentierung durch häufige Arousals
Motorische Unruhe im Schlaf
Tab. 8
Atmung im Schlaf bei Hypoventilations- und Hypoxämiesyndromen. Mindestkriterien der Atmungsstörung und Charakteristika der Wirkungskette Schlaf/Atmung/Schlaf
Diagnose
Mindestkriterien der Atmungsstörung
Charakteristika der Wirkungskette Schlaf/Atmung/Schlaf
Nachts und im Wachzustand Hypoventilationsphasen von mehr als 10 Sekunden bis zu mehr als 5 Minuten Dauer; Hyperkapnie am Tage mit paCO2 ≥45 %
Hypoventilation, Hypoxämie und Hyperkapnie verschlechtern sich im Schlaf, am ausgeprägtesten im REM-Schlaf; Phasen flacher Atmung im Schlaf sind assoziiert mit ausgeprägter Hypoventilation und Desaturation
Nachts und oft tagsüber Hypoventilationsphasen mit flacher Atmung von mehr als 10 Sekunden bis zu mehr als 5 Minuten Dauer
Hypoventilation und Hypoxämie sowie Hyperkapnie sind im Schlaf ausgeprägter als im Wachzustand, am ausgeprägtesten im REM-Schlaf
Nächtliche Hypoventilationsphasen von mehr als 10 Sekunden bis zu mehr als 5 Minuten Dauer
Nächtliche Hypoventilation, Hypoxämie und Hyperkapnie
Idiopathische zentral-alveoläre Hypoventilation
Phasen flacher Atmung mit ausgedehnter Desaturation, Hyperkapnie und Bradykardie
Die Phasen der Hypoventilation sind am ausgedehntesten im REM-Schlaf; vermehrt Arousals
Im fortgeschrittenen Stadium Hypoventilation auch im Wachzustand
Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie durch körperliche Erkrankung
Bei Erkrankungen des Lungenparenchyms oder der Lungengefäße:
Hypoventilationsphasen mit flacher Atmung von mehr als 10 Sekunden bis zu mehr als 5 Minuten Dauer
Sauerstoffsättigung im Schlaf unter 90 % für 5 Minuten oder länger, der Nadir dabei unter 85 %; oder während mehr als 30 % der Gesamtschlafzeit ist die Sauerstoffsättigung unter 90 %; oder paCO2 steigt gegenüber dem Wachzustand außergewöhnlich an (um 6 mmHg und mehr)
Bei Erkrankungen des Lungenparenchyms oder der Lungengefäße:
Ausgedehnte Hypoventilationsphasen im REM-Schlaf; vermehrt Arousals
Gelegentlich Aufwachen mit Luftnot
Verlängerte Schlaflatenz; verminderte Schlafeffizienz; reduzierte Anteile von Tiefschlaf und REM-Schlaf
 
Bei bronchialer Obstruktion:
Hypoventilationsphasen mit flacher Atmung von mehr als 10 Sekunden bis zu mehr als 5 Minuten Dauer
Sauerstoffsättigung im Schlaf unter 90 % für 5 Minuten oder länger, der Nadir dabei unter 85 %; oder während mehr als 30 % der Gesamtschlafzeit ist die Sauerstoffsättigung unter 90 %; oder paCO2 steigt gegenüber dem Wachzustand außergewöhnlich an (um 6 mmHg und mehr).
Bei bronchialer Obstruktion:
Ausgedehnte Hypoventilationsphasen im REM-Schlaf, vermehrt Arousals
Gelegentlich Aufwachen mit Luftnot
Verlängerte Schlaflatenz; verminderte Schlafeffizienz; reduzierte Anteile von Tiefschlaf und REM-Schlaf
 
Bei neuromuskulären Erkrankungen und Thoraxdeformitäten:
Hypoventilationsphasen mit flacher Atmung von mehr als 10 Sekunden bis zu mehr als 5 Minuten Dauer
Sauerstoffsättigung im Schlaf unter 90 % für 5 Minuten oder länger, der Nadir dabei unter 85 %; oder während mehr als 30 % der Gesamtschlafzeit ist die Sauerstoffsättigung unter 90 %; oder paCO2 steigt gegenüber dem Wachzustand außergewöhnlich an
Bei neuromuskulären Erkrankungen und Thoraxdeformitäten:
Ein- und Durchschlafstörungen, gehäuft Arousals
Verlängerte Schlaflatenz; verminderte Schlafeffizienz; reduziert Anteile von Tiefschlaf und REM-Schlaf

Kriterien für die Diagnostik von Obstruktiver Schlafapnoe

Die ICSD-3 unterscheidet die beiden Formen Obstruktive Schlafapnoe des Erwachsenen und Obstruktive Schlafapnoe im Kindesalter (American Academy of Sleep Medicine 2014). Die Unterscheidung ist wohlbegründet, da sich sowohl die spezifischen schlafmedizinischen Beschwerden als auch die auslösenden Faktoren, die assoziierten Erkrankungen und auch die klinischen Erscheinungsformen bei Erwachsenen und Kindern deutlich unterscheiden. Bei Kindern gilt es zu berücksichtigen, dass die Folgen des nicht erholsamen Schlafs häufig auch mit der Symptomatik einer hyperkinetischen Störung in Erscheinung treten („Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“). Bei der Auslösung der Obstruktiven Schlafapnoe im Kindesalter stehen anatomische Faktoren im Vordergrund, wie hyperplastischen Tonsillen oder Adenoide oder kraniofaziale Malformationen (American Thoracic Society 1996). Zu deren therapeutischer Korrektur ergibt sich die Indikation oft schon allein aufgrund der ausschließlich HNO-ärztlichen, kiefer- und gesichtschirurgischen oder kieferorthopädischen Diagnostik, und die entsprechenden Eingriffe bedürfen deutlich weniger der spezifischen schlafmedizinischen Diagnostik, als das bei Erwachsenen der Fall ist.
Nur bei einem geringen Anteil der Erwachsenen sind kraniofaziale Malformationen oder Raumforderungen im Oropharynx in der Genese einer Obstruktiven Schlafapnoe ursächlich. Meist stehen prädisponierende gesundheitliche Risiken wie beispielsweise Übergewicht, Bluthochdruck oder Atherosklerose im Vordergrund. Die Tagessymptomatik der Hypersomnie und deren mögliche Folgen verlangen vor jeder geplanten therapeutischen Intervention beim Erwachsenen die Untersuchung der KRPSG und gegebenenfalls ergänzende Taguntersuchungen im Schlaflabor. Patienten, die nicht über Tagesschläfrigkeit klagen, die aber übergewichtig sind, Bluthochdruck und überwiegend nächtliche Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz aufweisen, können zunächst mittels polygraphischer Verfahren untersucht werden. Bei dem bekannten Einfluss von Übergewicht und abendlichem Alkoholkonsum auf Obstruktive Schlafapnoe empfiehlt es sich, eine Verhaltensänderung anzustreben.

Kriterien für die Diagnostik von Zentralen Schlafapnoesyndromen

Bei Vorhandensein von beeinträchtigender Tagesschläfrigkeit wird nach dem „Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf“ verfahren.
Bei den Patienten mit Zentraler Schlafapnoe mit Cheyne-Stokes-Atmung kann Hypersomnie die direkte Indikation zur Diagnostik im Schlaflabor begründen. Häufig stehen aber auch Durchschlafstörungen infolge regelhaften nächtlichen Erwachens mit Luftnot im Vordergrund der Beschwerden. Die Betroffenen sind meist älter als 60 Jahre, sie haben eine Pumpschwäche des Herzens („congestive heart failure“, CHF), oder sie leiden an einer Niereninsuffizienz beziehungsweise einem Zustand nach Schlaganfall. Bei Vorliegen der entsprechenden Konstellation, aber ohne das schlafmedizinische Leitsymptom der Hypersomnie, empfiehlt sich auch hier zunächst der Einsatz vereinfachter polygraphischer Registriersysteme.
Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Zentralen Schlafapnoe infolge körperlicher Erkrankung wie Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Zustand nach Apoplex, aber ohne das Muster der Cheyne-Stokes-Atmung, ist das diagnostische Vorgehen aufgrund der schlafmedizinischen Anamnese und des Risikoprofils zu wählen, analog dem oben zur Zentralen Schlafapnoe mit Cheyne-Stokes-Atmung Ausgeführten.
Die Diagnose Zentrale Schlafapnoe infolge periodischer Atmung in großer Höhe lässt sich in der Regel aufgrund der Anamnese und des Beschwerdebildes ohne apparative Diagnostik stellen. Messungen sind mehr unter wissenschaftlichen Fragestellungen zur Pathophysiologie der gestörten Atmung im Schlaf von Interesse. Unter praktischen Aspekten kommen der Prävention und Aufklärung von Bergtouristen Priorität zu. Unabhängig vom Schwierigkeitsgrad der Bergstrecke sollen unerfahrene Touristen nicht rasch ohne Höhenadaptation und ohne erfahrene Führung zu Kurzzeitaufenthalten in große Höhen aufsteigen. Bei Auftreten erster Atmungsstörungen im Schlaf beziehungsweise von „Höheninsomnie“ sollen die Touristen absteigen, nicht nur weil die Zentrale Schlafapnoe und die Insomnie zunehmen, sondern auch um das häufig assoziierte lebensbedrohliche Auftreten eines Höhenlungenödems oder Höhenhirnödems zu vermeiden.
Bei Patienten mit Zentraler Schlafapnoe durch Medikamente oder Substanzen ist das Beschwerdebild bezüglich des Schlafens und Wachens überlagert durch die substanzspezifischen Effekte oder durch Absetzeffekte. Daher steht im Vordergrund von Diagnostik und Behandlung der Betroffenen der Umgang mit dem Drogenproblem; die schlafmedizinische Symptomatik ist sekundär dazu. Daher ist in der Regel keine spezifische apparative Diagnostik notwendig.
Die Primäre zentrale Schlafapnoe geht neben Tagesschläfrigkeit auch mit Insomnie in Form von Ein- und Durchschlafstörungen einher, letztere meist in Form von Aufwachen mit Luftnot. Die Blutgase im Wachzustand weisen ein erniedrigtes pCO2 auf. Bei der Kombination von Insomnie und niedrigem pCO2 im Wachzustand kann daher die Indikation zur Untersuchung mit einer polygraphischen Methode oder gleich zur KRPSG gegeben sein.
Bei der Diagnostik der Primären Schlafapnoe im Säuglingsalter und bei Frühgeborenen sind die peripheren Parameter entscheidend, die sich in der perinatalen Überwachung bezüglich Blutgasstatus, Herzfrequenz und Muskeltonus ergeben. Sie treten vor allem bei Frühgeborenen auf. Eine spezifische schlafmedizinische Symptomatik ist perinatal noch nicht zu erkennen, und selbst die Polysomnographie liefert noch keine Informationen, die mit den Gegebenheiten beim älteren Kind oder beim Erwachsenen vergleichbar sind (siehe „Kindesalter“).

Kriterien für die Diagnostik von Hypoventilations- und Hypoxämiesyndromen

Beim Obesitas-Hypoventilationssyndrom steht die exzessive Tagesschläfrigkeit mit Hyperkapnie durch Hypoventilation auch im Wachzustand, gekoppelt mit extremer Adipositas im Vordergrund des Beschwerdebildes. Bei entsprechenden Verdachtsfällen ist daher eine Blutgasanalyse im Wachzustand durchzuführen.
Beim Kongenitalen zentral-alveolären Hypoventilationssyndrom steht eine spezifische schlafmedizinische Symptomatik nicht im Vordergrund. Die ansonsten gesunden Säuglinge fallen im Rahmen der perinatalen Versorgung vorwiegend durch Zyanose, Fütterungsschwierigkeiten und Hypotonie auf. Bei Säuglingen, die perinatal beatmungspflichtig wurden, muss spätestens wenn das Entwöhnen vom Respirator vorgesehen ist, immer auch an die seltene Differentialdiagnose des Kongenitalen zentral-alveolären Hypoventilationssyndroms gedacht werden. Früher wurde beim Vorliegen einer alveolären Hypoventilation trotz gesunder Lunge wenig korrekt vom Undines-Fluch-Syndrom gesprochen. Heute ist bekannt, dass ursächlich eine Mutation des PHOX2B-Gens zugrunde liegt. Ungefähr 200 lebende Patienten mit der Diagnose sind dokumentiert. Mit der Verbreitung des Wissens um die lebensbedrohliche Erkrankung wird sich die Zahl der überlebenden Kinder mit der angeborenen Form der Atmungsstörung absehbar erhöhen.
Bei der Spätmanifestierenden zentralen Hypoventilation mit hypothalamischer Dysfunktion entwickelt sich die respiratorische Insuffizienz typischerweise, nachdem die bis dahin unauffälligen Kinder im zweiten/dritten Lebensjahr durch Hyperphagie extrem an Gewicht zugenommen haben. Das klinische Bild wird weiterhin geprägt durch endokrine Störungen, die sowohl mit erhöhten als auch mit erniedrigten Hormonspiegeln einhergehen, beispielsweise Diabetes insipidus, Hypothyreose, vorzeitige Pubertät, Hypogonadismus, Hyperprolaktinämie, Verminderung der Wachstumshormonsekretion, inadäquate Hypersekretion von antidiuretischem Hormon.
Auch bei der Idiopathischen zentral-alveolären Hypoventilation steht die spezifisch schlafmedizinische Symptomatik weniger im Vordergrund. Prädisponierende Grunderkrankungen des peripheren Atmungsorgans, wie sie für die Entwicklung der sekundären Hypoventilationsformen Voraussetzung sind, fehlen naturgemäß. Es liegt eine Störung der Sauerstoff/CO2-Homöostase vor. Die genaue Ursache ist nicht bekannt. Die zerebrale Bildgebung ist unauffällig. Die Indikation zur Untersuchung auf ein idiopathisches Hypoventilationssyndrom ergibt sich bei vorhandener schlafmedizinischer Symptomatik wie auch beim Fehlen derselben immer dann, wenn Patienten mit einem ursprünglich gesunden peripheren Atmungsorgan eine progrediente Hyperkapnie und Hypoxämie entwickeln, die auch im Wachzustand bestehen kann oder wenn bei ihnen im Schlaf mehrminütige Phasen mit hechelnder, hochfrequenter und flacher Atmung beobachtet werden. Häufige anamnestische Angaben sind ferner die Unverträglichkeit von schlafinduzierenden beziehungsweise von muskelrelaxierenden Substanzen oder die Zunahme der Beschwerden und Symptome im Schlaf, der im Anschluss an ein vorausgegangenes Schlafdefizit erfolgt. Das Auftreten der Schlafbezogenen Hypoventilation und Hypoxämie durch eine körperliche Erkrankung setzt eine fortgeschrittene Grunderkrankung wie Erkrankungen des Lungenparenchyms und der Lungengefäße, bronchiale Obstruktion, neuromuskuläre Erkrankungen oder Thoraxdeformitäten voraus und die schlafbezogene Symptomatik tritt demgegenüber meist in den Hintergrund. Hypersomnie kommt zwar vor, allerdings weniger ausgeprägt als die dabei weit verbreitete Schwierigkeit einzuschlafen oder die Durchschlafinsomnie infolge Erwachens mit Luftnot.
Die Indikation zur Untersuchung für das Obesitas-Hypoventilationssyndrom, die Spätmanifestierende zentrale Hypoventilation mit hypothalamischer Dysfunktion, die idiopathische Hypoventilation und für die sekundäre Form ergibt sich aus den durch Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie verursachten Folgeerscheinungen:
  • Hyperkapnie und Hypoxämie, deren Progredienz nicht dem Progress einer Grunderkrankung des peripheren Atmungsorgans zuzuordnen sind
  • Progrediente Dyspnoe
  • Rechtsherzinsuffizienz mit dem klinischen Bild des Cor pulmonale
Unerkannt und unbehandelt zeigen alle Schlafbezogenen Hypoventilations- und Hypoxämiesyndrome einen Progress, der typischerweise unter dem klinischen Bild des Cor pulmonale letal endet. Es besteht immer die Gefahr, dass die fortschreitende Verschlechterung des Zustands fälschlich der pulmonalen Grunderkrankung oder gar einer postulierten primär kardialen Grunderkrankung wie einer Kardiomyopathie zugeordnet wird. Dabei wird zumeist das Faktum ignoriert, dass 75 % der Patienten mit einer primär pulmonalarteriellen Hypertonie sekundär Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie entwickeln. Bei Patienten mit Schlafbezogener Hypoventilation und Hypoxämie infolge bronchialer Obstruktion wird vermutet, dass die Entwicklung einer Hyperkapnie und eventuell einer sekundär zur zunehmenden Hyperkapnie sich steigernden Hypoxämie durch die Atmungsstörungen im Schlaf getriggert sind, mit den bekannten fatalen Folgen für den Lungenkreislauf und das rechte Herz. Bei nur allmählicher Progression der Grunderkrankung kann der kardiopulmonale Circulus vitiosus durch nächtliche Beatmung meist aufgehalten werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die schlafspezifischen Aspekte erkannt werden und dass die angemessenen therapeutischen Schritte in Richtung einer nächtlichen nichtinvasiven Beatmung unternommen werden, die auch zu Hause als Heimbeatmung fortgeführt werden können (siehe dazu „Schlafbezogene Hypoventilationssyndrome“; „Schlafbezogene Hypoxämie“; „Mechanische Ventilation“; „Nichtinvasive Beatmung bei zentralen Schlafbezogenen Atmungsstörungen und bei der chronischen respiratorischen Insuffizienz“; „Bi-Level-PAP-Therapie bei Obstruktiver Schlafapnoe“).

Bewertung

Für jede der 17 Schlafbezogenen Atmungsstörungen stehen aussichtsreiche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Deren Effizienz ist mittels klinischer Studien unterschiedlicher Evidenzgrade (EBM) belegt, und der Behandlungserfolg ist in jedem Einzelfall objektiv überprüfbar. Die effiziente Therapie und die Kontrolle des Therapieerfolgs setzen in der Regel gleichermaßen die genaue Kenntnis der Diagnose voraus.
Wenn die Indikation zur Untersuchung steht, stehen mit der 6-Kanal-Polygraphie, der Kardiorespiratorischen Polysomnographie und verschiedenen Vigilanztests wie dem Multiplen Wachbleibetest (MWT; siehe „Multipler Schlaflatenztest und Multipler Wachbleibetest“) gut standardisierte und auf hohem Grad der Evidenz für diagnostische Verfahren gesicherte Untersuchungsmethoden zur Verfügung, sofern entsprechend der evidenzbasierten Algorithmen aus der Mayer et al. (2017) S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen „Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen“ vorgegangen wird: „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf Obstruktion der oberen Atemwege“, „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen“ und „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf zentrale Schlafapnoe“. Vigilanztestende Verfahren sind aus forensischen Gründen bei Patienten, die bereits Unfälle im Zusammenhang mit „Einschlafen am Arbeitsplatz“ oder „Einschlafen am Steuer“ verursacht haben, oder bei Patienten, die unter Tagesschläfrigkeit leiden und deren Tätigkeit dennoch hohe Daueraufmerksamkeit unter monotonen Bedingungen verlangt, sinnvoll.
Im Geltungsbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) regelt die im Februar 2015 zuletzt geänderte Anlage III der „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung“ („Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung“, MVV-RL) (früher „Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“, BUB-Richtlinie) gemäß § 135 Absatz 1 SGB V, unter welchen Voraussetzungen in der vertragsärztlichen Versorgung die Polygraphie und die Kardiorespiratorische Polysomnographie im Rahmen der Differentialdiagnostik und Therapie bei Schlafbezogenen Atmungsstörungen zur Anwendung kommen kann (BAnz AT 15.05.2015 B7). Dabei werden Vorgehensweisen vorgeschrieben, die nicht mehr dem evidenzbasierten Kenntnisstand der 2017er-S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ („Schlafbezogene Atmungsstörungen“) entsprechen (Mayer et al. 2017). Wünschenswert ist eine zeitnahe Anpassung der MVV-RL. Dabei setzt die Durchführung und Abrechnung dieser oben genannten Untersuchungen durch niedergelassene Fachärzte eine Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung voraus, deren Grundsätze in der „Qualitätssicherungsvereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V zur Diagnostik und Therapie Schlafbezogener Atmungsstörungen“ geregelt ist, die zum 1. April 2005 in Kraft getreten ist (Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2005). Durch die gemäß MVV-RL-(früher BUB-)Beschluss an die Qualität gestellten Anforderungen wurde ein Ausbau von quasistationären Einrichtungen im kassenärztlichen Bereich erwirkt. Das bedeutet, dass Parallelstrukturen aufgebaut werden, anstatt die Leistungsfähigkeit vorhandener Labors zu steigern und diese besser an den ambulanten Sektor anzubinden, wie beispielsweise im Rahmen von Projekten der sogenannten Integrierten Versorgung (siehe „Integrierte Versorgung“), beziehungsweise im Ausbau von leistungsfähigen schlafmedizinischen Ambulanzen, die kompetenten schlafmedizinischen Zentren angeschlossen sind („Qualitätsmanagement in der Schlafmedizin“; „Gesundheitspolitik“).
Einzelne Labors, wie das Schlafmedizinische Zentrum in Marburg, setzen die vereinfachten Verfahren seit 35 Jahren mit großem Erfolg ambulant ein – initial zur Erhöhung der Prätestwahrscheinlichkeit der KRPSG und inzwischen als Bestätigungsdiagnostik bei hoher Prätestwahrscheinlichkeit gemäß dem „Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf Obstruktion der oberen Atemwege“. Aus der Versorgungsforschung gibt es evidenzbasierte Daten, die nahelegen, dass relevante Fehler in der Diagnostik unterlaufen, wenn ganz ohne Polysomnographie und ausschließlich mit peripher ansetzender Diagnostik gemessen wird und wenn somit die Gefahren von falsch-positiven und besonders falsch-negativen Entscheidungen für eine bestimmte Therapieform einer Schlafbezogenen Atmungsstörung in Kauf genommen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die schlafmedizinischen und die methodischen Kenntnisse der Anwender nur rudimentär sind. Bei Patienten mit erheblicher Tagesschläfrigkeit darf insbesondere nicht mittels Polygraphie die schlafmedizinische Begründung für operative Eingriffe im Pharyngealbereich gefällt werden. Ebenso wenig darf für Patienten mit Tagesschläfrigkeit oder Insomnie mittels 6-Kanal-Polygraphie eine Ausschlussdiagnostik für eine Schlafbezogene Atmungsstörung betrieben werden. In der 6-Kanal-Polygraphie werden beispielsweise häufig Patienten ohne Sauerstoffdesaturationen falsch-negativ als habituelle oder primäre Schnarcher fehleingeschätzt. Klinisch relevante, weil deutlich symptomatische schlafbezogene Atmungsstörungen ohne Sauerstoffdesaturationen treten vor allem bei jüngeren, bei lungengesunden, bei nichtadipösen oder bei weiblichen Patienten auf. Gerade diese Patientengruppen müssen – sofern sie entsprechende Symptome aufweisen – der KRPSG zugeführt werden. In der KRPSG sind die EEG-, EOG- und EMG-Ableitungen für die Schlaf- und Arousalanalyse von zentraler Bedeutung. Sie erlauben eine entscheidend weitergehende Beurteilung als die 6-Kanal-Polygraphie, in der Hypopnoen nur Anhand von Sauerstoffentsättigungen klassifiziert werden können und nicht anhand von Arousals wie in der KRPSG. Bei einem nicht unerheblichen Anteil der Patienten kann also nur in der KRPSG eine sachgerechte Beurteilung erfolgen.
Literatur
American Academy of Sleep Medicine (2014) International classification of sleep disorders, 3. Aufl. American Academy of Sleep Medicine, Darien
American Thoracic Society (1996) Standards and indications for cardiopulmonary sleep studies in children. Am J Respir Crit Care Med 153:866–878CrossRef
Bianchi MT, Goparaju B (2017) Potential underestimation of sleep apnea severity by at-home kits: rescoring in-laboratory polysomnography without sleep staging. J Clin Sleep Med 13(4):551–555CrossRef
Chervin RD, Murman DL, Malow BA, Totten V (1999) Cost-utility of three approaches to the diagnosis of sleep apnea: polysomnography, home testing, and empirical therapy. Ann Intern Med 130:496–505CrossRef
Gesundheitsberichterstattung des Bundes (2005) Schlafstörungen. Heft 27. Robert-Koch-Institut, Berlin
Kapur VK, Auckley DH, Chowdhuri S, Kuhlmann DC, Mehra R, Ramar K, Harrod CG (2017) Clinical practice guideline for diagnostic testing for adult obstructive sleep apnea: an American Academy of Sleep Medicine clinical practice guideline. J Clin Sleep Med 13(3):479–504CrossRef
Mayer G, Arzt M, Braumann B, Ficker JH, Fietze I, Frohnhofen H, Galetke W, Maurer JT, Orth M, Penzel T, Randerath W, Rösslein M, Sitter H, Stuck BA (2017) S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen – Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen“. Somnologie 20(Suppl 2):S97–S180
Ross SD, Sheinhait IA, Harrison KJ et al (2000) Systematic review and meta-analysis of the literature regarding the diagnosis of sleep apnea. Sleep 23:519–532CrossRef