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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 30.12.2019

Diagnostische Klassifikationssysteme

Verfasst von: Kai Spiegelhalder, Dieter Riemann und Helga Peter
Wie für alle anderen Bereiche der Medizin stellt auch für die klinische Schlafmedizin ein valides und international anerkanntes diagnostisches Klassifikationssystem eine essenzielle Basis dar. In den letzten Jahrzehnten wurden mehrere Klassifikationssysteme veröffentlicht, die von zum Teil völlig unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Zum einen wurden Systeme vorgeschlagen, die sich primär an der Hauptsymptomatik orientieren, während andere Systeme versuchten, ausschließlich ätiologiebezogene Diagnosen einzubeziehen. Relevant im Kontext dieser Übersicht sind das erste internationale Klassifikationssystem der Schlafstörungen der ASDC, das DSM-IV, das DSM-5, die ICD-10 sowie die ICSD und ihre revidierten Versionen ICSD-2 und ICSD-3.

Englischer Begriff

classification systems for the diagnoses of sleep disorders

Definition

Wie für alle anderen Bereiche der Medizin stellt auch für die klinische Schlafmedizin ein valides und international anerkanntes diagnostisches Klassifikationssystem eine essenzielle Basis dar. In den letzten Jahrzehnten wurden mehrere Klassifikationssysteme veröffentlicht, die von zum Teil völlig unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Zum einen wurden Systeme vorgeschlagen, die sich primär an der Hauptsymptomatik orientieren, während andere Systeme versuchten, ausschließlich ätiologiebezogene Diagnosen einzubeziehen. Relevant im Kontext dieser Übersicht sind das erste internationale Klassifikationssystem der Schlafstörungen der ASDC (Association of Sleep Disorders Centers 1979), das DSM-IV (Diagnostic and Statistic Manual of the American Psychiatric Association 1994), das DSM-5 (2013), die ICD-10 (International Classification of Diseases, WHO, 10. Version, siehe Dilling et al. 1991) sowie die ICSD (International Classification of Sleep Disorders, 1. Version 1990) und ihre revidierten Versionen ICSD-2 (2005) und ICSD-3 (2014).

Grundlagen

Bei Klassifikationssystemen in der Medizin ist es prinzipiell wünschenswert, dass für die dargestellten Krankheitsbilder die zugrunde liegende Ätiologie und Pathophysiologie bekannt ist. In einem relativ neuen Bereich wie in der Schlafmedizin kann dies naturgemäß nicht für alle bekannten oder vorgeschlagenen Diagnosen realisiert werden. Umso wichtiger ist es, dass die dargestellten Krankheitsbilder bzw. vorgeschlagenen Diagnosen in operationalisierter Form beschrieben werden. Dazu gehört, dass neben den anamnestischen, apparativen und psychometrischen Verfahren, die zur Diagnostik eingesetzt werden, auch die Diagnosen konstituierenden Symptome in operationalisierter und nachvollziehbarer Form dargestellt sind.

Das diagnostische Klassifikationssystem der American Sleep Disorders Centers (ASDC) von 1979

Dieses Klassifikationssystem machte die Hauptbeschwerden der Patienten zur Grundlage der Einteilung (siehe Tab. 1). Für die klinische Praxis hatte dieses Einteilungssystem den Nachteil, dass zur diagnostischen Einordnung in vielen Fällen ein polysomnographischer Befund vorliegen musste. Zudem war es möglich, eine ätiologisch einheitliche Störung wie etwa die Obstruktive Schlafapnoe je nach Hauptsymptomatik entweder unter die Ein- und Durchschlafstörungen oder unter die Störungen mit exzessiver Schläfrigkeit einzuordnen, was sich in der Praxis als problematisch erwies. Deshalb fand das Klassifikationssystem primär in Forschungsarbeiten Verwendung. Mittlerweile wurde es durch die ICSD (s. u.) abgelöst.
Tab. 1
Klassifikationssystem der Schlafstörungen der ASDC (1979)
Kategorien von Hauptbeschwerden
Diagnostische Zuordnung
Ein- und Durchschlafstörungen (DIMS, disorders of initiating and maintaining sleep)
1. Psychophysiologisch bedingt
2. Bei psychiatrischen Störungen
3. Bei Medikamenten- und Alkoholmissbrauch
4. Bei respiratorischer Insuffizienz (Schlafapnoe, alveoläre Hypoventilation)
5. Nächtlicher Myoklonus und Restless-Legs-Syndrom
6. Bei anderen medizinischen, toxischen und umweltbedingten Störungen
7. Ein- und Durchschlafstörungen mit Beginn in der Kindheit
8. Bei uncharakteristischen polysomnographischen Befunden
9. Bei unauffälligen polysomnographischen Befunden
Störungen mit exzessiver Schläfrigkeit (DOES, disorders of excessive somnolence)
1. Psychophysiologisch bedingt
2. Bei psychiatrischen Störungen
3. Bei Medikamenten- und Alkoholmissbrauch
4. Bei respiratorischer Insuffizienz (Schlafapnoe, alveoläre Hypoventilation, Pickwick-Syndrom)
5. Nächtlicher Myoklonus und Restless-Legs-Syndrom
7. Bei idiopathischer ZNS-Hypersomnie
8. Bei anderen medizinischen, toxischen und umweltbedingten Störungen
9. Andere hypersomnische Störungen (z. B. Kleine-Levin-Syndrom, menstruationsgebundene Hypersomnie, etc.)
Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus (disorders of the sleep-wake schedule)
1. Jetlag und Schichtarbeit
2. Häufig wechselnder Schlaf-Wach-Rhythmus sowie verzögerte und vorverlagerte Schlafphase
Dysfunktionen in Verbindung mit Schlaf, Schlafstadien oder partiellem Erwachen (disorders associated with sleep, sleep stages or partial arousals = parasomnias)
1. Somnambulismus
3. Enuresis nocturna
4. Andere Dysfunktionen, z B. Alpträume, Bruxismus, familiäre Schlafparalyse, schlafgebundener Kopfschmerz

Diagnostisches und statistisches Manual der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (DSM-IV und DSM-5)

In der US-amerikanischen Psychiatrie wird seit den 1980er-Jahren mit Erfolg daran gearbeitet, ein Klassifikationssystem zu etablieren, das angesichts der hohen Subjektivität psychiatrischer Befunde und der daraus resultierenden mangelnden Reliabilität psychiatrischer Diagnosen mithilfe operationalisierter Symptomkataloge international einheitliche Standards der psychiatrischen Diagnostik erreicht. Das DSM-IV wurde im Jahr 1994 veröffentlicht und enthielt auch ein Kapitel zum Themenkomplex Schlafstörungen.
Das DSM-IV differenzierte zwischen primären, sekundären und anderen Schlafstörungen (siehe Tab. 2). Die primären Schlafstörungen wurden unterschieden in Dyssomnien und Parasomnien. Unter Dyssomnien fanden sich die eigenständigen schlafmedizinischen Krankheitsbilder, deren diagnostische Kriterien in Tab. 3 dargestellt sind. Unter Parasomnien wurden Alpträume, Schlafwandeln und ähnliche Störungen verstanden. Bei einer vorherrschenden Insomnie oder Hypersomnie im Rahmen einer psychischen Erkrankung (Achse-I/II-Störung) bestand die Möglichleit, eine sekundäre Insomnie oder Hypersomnie zu kodieren. Tritt eine Insomnie, Hypersomnie oder Parasomnie im Rahmen einer organischen Erkrankung oder substanzinduziert auf, konnte „Andere Schlafstörungen“ kodiert werden.
Hauptkategorien
Diagnosegruppen
Diagnosen
Primäre Schlafstörungen
Dyssomnien
Primäre Insomnie
Primäre Hypersomnie
Atmungsgebundene Schlafstörung
Schlafstörung mit Störung des zirkadianen Rhythmus
Verzögerte Schlafphase
Schichtarbeit
Unspezifisch
Anderenorts nicht spezifizierte Dyssomnie
Parasomnien
Nächtliche Alpträume
Somnambulismus (Schlafwandeln)
Andernorts nicht spezifizierte Parasomnie
Sekundäre Schlafstörungen
Insomnie bei einer Achse-I/II-Störung
 
Hypersomnie bei einer Achse-I/II-Störung
Andere Schlafstörungen
Schlafstörung im Rahmen einer organischen Erkrankung
Insomnie
Hypersomnie
Parasomnie
Mischtypus
Substanzinduzierte Schlafstörung
Insomnie
Hypersomnie
Parasomnie
Mischtypus
Tab. 3
Kriterien der Primären Insomnie nach DSM-IV
A)
Die vorherrschende Beschwerde besteht in Einschlaf- oder Durchschlafschwierigkeiten oder nicht erholsamem Schlaf seit mindestens einem Monat.
B)
Die Schlafstörung oder die damit verbundene Tagesmüdigkeit verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
C)
Das Störungsbild tritt nicht ausschließlich im Verlauf einer Narkolepsie, atmungsgebundenen Schlafstörung, einer Schlafstörung mit Störung des zirkadianen Rhythmus oder einer Parasomnie auf.
D)
Das Störungsbild tritt nicht ausschließlich im Verlauf einer psychischen Störung wie major depression, generalisierte Angststörung, Delir oder anderen auf.
E)
Das Störungsbild geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz wie Drogen oder Medikamente oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurück.
Die Nachfolgeversion DSM-5 wurde im Jahr 2013 veröffentlicht. Das Kapitel zum Themenkomplex Schlafstörungen umfasst zehn verschiedene Diagnosen bzw. Diagnosegruppen (siehe Tab. 4). Dabei wurde die Unterscheidung in primäre (eigenständige) und sekundäre (durch eine andere Erkrankung bedingte) Schlafstörungen aufgegeben. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Regel nicht sicher festgestellt werden kann, ob eine Schlafstörung durch eine andere Erkrankung ausgelöst wurde oder komorbid zu dieser besteht.
Tab. 4
Klassifikation der Schlafstörungen nach DSM-5
Schlafstörung mit Störung des zirkadianen Rhythmus
NREM-Arousal-Störung
Alpträume
Substanzinduzierte Schlafstörung

Die internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10)

Die ICD-10 ist für niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte in Deutschland verbindlich. Alle Diagnosen müssen danach kodiert werden. Die ICD-10 enthält im Kapitel F (Psychische Störungen) sowie vorrangig im Kapitel G diagnostische Möglichkeiten für den Bereich der schlafmedizinischen Erkrankungen. In Tab. 5 sind die Klassifikationsmöglichkeiten für Schlafstörungen nach ICD-10 dargestellt. Die ICD-10 differenziert in nichtorganische und organische Schlafstörungen. Ähnlich wie im DSM-IV wird bei den nichtorganischen Schlafstörungen in Dyssomnien und Parasomnien unterschieden. Die ICD-10 ist nicht so gut operationalisiert wie das DSM-5 und auch im beschreibenden Textteil bei weitem nicht so elaboriert.
Tab. 5
Klassifikation der Schlafstörungen nach ICD-10
Nichtorganische Schlafstörungen
Organische Schlafstörungen
a) Dyssomnien
F 51.0 Nichtorganische Insomnie
F 51.1 Nichtorganische Hypersomnie
F 51.2 Nichtorganische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
b) Parasomnien
F 51.5 Alpträume
F 51.8 Andere nichtorganische Schlafstörungen
F 51.9 Nicht näher bezeichnete nichtorganische Schlafstörungen
G 47.0 Organische Insomnie
G 47.1 Organische Hypersomnie
G 47.2 Nichtpsychogene Störung mit unangebrachten Schlafenszeiten
G 47.3 Schlafapnoe
G 47.8 Sonstige Schlafstörungen wie Kleine-Levin-Syndrom
G 47.9 Schlafstörung (nicht näher bezeichnet, NNB)

Die Internationale Klassifikation der Schlafstörungen (ICSD, ICSD-2, ICSD-3)

Die ICSD (ASDA 1990) stellte eine Weiterentwicklung des von der ASDC (1997) herausgegebenen Klassifikationssystems dar (dt. Version: Schramm und Riemann 1995). Die systematische Gliederung folgt jedoch gänzlich anderen Prinzipien. In diesem System wurde nicht mehr die vorherrschende Symptomatik als primäres Einteilungskriterium genutzt, sondern der Versuch einer ätiopathogenetischen Unterteilung vorgenommen. Bei vielen Schlaferkrankungen war und ist die Ätiopathogenese jedoch noch weitgehend unbekannt, sodass sich die Systematik gemäß der nur vermuteten Ursache auf Begriffe wie intrinsisch und extrinsisch stützen musste.
Die ICSD schlug eine Grobgliederung in Dyssomnien (I), Parasomnien (II), sekundäre Schlafstörungen (III) und vorgeschlagene (proposed) Schlafstörungen (IV) vor. Die Grundstruktur dieses Klassifikationssystems ist in Tab. 6 dargestellt. Die Diagnosegruppen wurden nach ätiopathogenetischen Gesichtspunkten weiter klassifiziert (siehe Tab. 7, 8, 9 und 10).
Tab. 6
Internationale Klassifikation der Schlafstörungen (ICSD, 1. Version, 1990)
Hauptkategorien
Diagnosegruppen
I. Dyssomnien
A. Intrinsische Schlafstörungen
B. Extrinsische Schlafstörungen
C. Störungen des zirkadianen (Schlaf-)Rhythmus
II. Parasomnien
A. Aufwachstörungen (Arousal-Störungen)
B. Störungen des Schlaf-Wach-Übergangs
C. REM-Schlaf-assoziierte Parasomnien
D. Andere Parasomnien
III. Schlafstörungen bei körperlichen/psychiatrischen Erkrankungen
A. Schlafstörungen bei psychischen Störungen
B. Schlafstörungen bei neurologischen Erkrankungen
C. Schlafstörungen bei einer anderen körperlichen Erkrankung
IV. Vorgeschlagene Schlafstörungen
 
Tab. 7
Dyssomnien (ICSD, 1. Version, 1990)
Hauptkategorien
Diagnosegruppen
A. Intrinsische Schlafstörungen
2. Fehlbeurteilung des Schlafzustands (307.49-1)
4. Narkolepsie (347)
5. Rezidivierende Hypersomnie (780.54-2)
8. Obstruktives Schlafapnoesyndrom (780.53-0)
9. Zentrales Schlafapnoesyndrom (780.51-0)
10. Zentrales alveoläres Hypoventilationssyndrom (780.51-1)
11. Periodische Bewegungen der Gliedmaßen (780.52-4)
12. Restless-Legs-Syndrom (780.52-5)
13. Nicht näher bezeichnete intrinsische Schlafstörung (780.52-9)
B. Extrinsische Schlafstörungen
1. Inadäquate Schlafhygiene (307.41-1)
2. Umweltbedingte Schlafstörung (780.52-6)
3. Höhenbedingte Schlafstörung (289.0)
4. Anpassungsbedingte Schlafstörung (307.41-0)
5. Schlafmangelsyndrom (307.49-4)
6. Schlafstörung aufgrund mangelnder Schlafdisziplin (307.42-4)
7. Einschlafstörung durch Fehlen des gewohnten Schlafrituals (307.42-5)
8. Insomnie bedingt durch Nahrungsmittelallergie (780.52-2)
9. Schlafstörung bedingt durch nächtliches Essen oder Trinken (780-52.8)
10. Schlafstörung bei Hypnotikaabhängigkeit (780.52-0)
11. Schlafstörung bei Stimulanzienabhängigkeit (780.52-1)
12. Alkoholinduzierte Schlafstörung (780.52-3)
13. Toxininduzierte Schlafstörung (780.54-6)
14. Nicht näher bezeichnete extrinsische Schlafstörung (780.52-9)
C. Störungen des zirkadianen (Schlaf-)Rhythmus
1. Schlafstörung bei Zeitzonenwechsel (Jetlag) (307.45-0)
2. Schlafstörung bei Schichtarbeit (307.45-1)
3. Unregelmäßiges Schlaf-Wach-Muster (307.45-3)
4. Verzögertes Schlafphasensyndrom (780.55-0)
5. Vorverlagertes Schlafphasensyndrom (780.55-1)
6. Schlaf-Wach-Störung bei Abweichung vom 24-Stunden-Rhythmus (780.55-2)
7. Nicht näher bezeichnete Störung des zirkadianen Rhythmus (780.55-9)
Tab. 8
Parasomnien (ICSD, 1. Version, 1990)
Hauptkategorien
Diagnosegruppen
A. Aufwachstörungen (Arousal-Störungen)
1. Schlaftrunkenheit (307.46-2)
2. Schlafwandeln (307.46-0)
3. Pavor nocturnus (307.46-1)
B. Störungen des Schlaf-Wach-Übergangs
1. Schlafstörungen durch rhythmische Bewegung (307.3)
2. Einschlafzuckungen (307.47-2)
3. Sprechen im Schlaf (307.47-3)
4. Nächtliche Wadenkrämpfe (729.82)
C. REM-Schlaf-assoziierte Parasomnien
1. Alpträume (307.47-0)
2. Schlaflähmungen (780.56-2)
3. Beeinträchtigung der Erektionen im Schlaf
4. Schmerzhafte Erektionen im Schlaf
5. REM-Schlaf-abhängige Asystolie
6. Verhaltensstörung im REM-Schlaf
D. Andere Parasomnien
2. Enuresis nocturna
3. Schlafbezogenes abnormales Schlucksyndrom
4. Nächtliche paroxysmale Dystonie
5. Syndrom des ungeklärten plötzlichen nächtlichen Todes
6. Primäres Schnarchen
7. Kindliche Schlafapnoe
8. Angeborenes zentrales Hypoventilationssyndrom
10. Gutartiger Schlafmyoklonus beim Neugeborenen
Tab. 9
Schlafstörungen bei körperlichen/psychiatrischen Erkrankungen (ICSD, 1. Version, 1990)
Hauptkategorien
Diagnosegruppen
A. Schlafstörungen bei psychischen Störungen
1. Psychosen (292–299)
4. Panikstörung (300)
5. Alkoholismus (303)
B. Schlafstörungen bei neurologischen Erkrankungen
1. Degenerative Hirnerkrankungen (330–337)
2. Demenz (331)
3. Parkinsonismus (332–333)
4. Letale familiäre Insomnie (337.9)
5. Schlafbezogene Epilepsie (345)
6. Status epilepticus im Schlaf (345.8)
C. Schlafstörungen bei anderen körperlichen Erkrankungen
1. Schlafkrankheit (086.9)
2. Nächtliche kardiale Ischämie (411–414)
3. Chronische obstruktive Lungenerkrankung (490–494)
4. Schlafbezogenes Asthma (493)
5. Schlafbezogener gastroösophagealer Reflux (530.1)
6. Peptisches Ulkus (531–534)
7. Fibrositis-Syndrom (729.1)
Tab. 10
Vorgeschlagene Schlafstörungen (ICSD, 1. Version, 1990)
1.
Kurzschläfer (307.49-0)
2.
Langschläfer (307.49-2)
3.
Subvigilanz-Syndrom (307.47-1)
4.
Fragmentarischer Myoklonus (780.59-7)
5.
Nächtliches Schwitzen (780.8)
6.
Menstruationsassoziierte Schlafstörung (780.54-3)
7.
Schlafstörung in der Schwangerschaft (780.59-6)
8.
Beängstigende hypnagoge Halluzinationen (307.47-4)
9.
Schlafbezogene neurogene Tachypnoe (780.53-2)
10.
11.
Dabei werden unter Dyssomnien diejenigen Schlafstörungen verstanden, die die Beschwerde einer Insomnie oder einer exzessiven Schläfrigkeit hervorrufen.
Die Parasomnien waren definiert als Störungen, die primär aus dem Schlaf heraus auftreten, aber nicht in erster Linie Schlaf-Wach-Störungen darstellen.
Die Schlafstörungen bei körperlichen und psychiatrischen Erkrankungen waren definiert als Schlafstörungen, die bei körperlichen und psychischen Erkrankungen sekundär auftreten. Dabei wurden in erster Linie die Erkrankungen klassifiziert, bei denen der gestörte Schlaf oder eine daraus resultierende gestörte Wachheit Hauptsymptome der zugrunde liegenden körperlichen oder psychischen Erkrankung sind.
Mit den vorgeschlagenen Schlafstörungen sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Schlafmedizin ein noch im Wandel befindliches medizinisches Fachgebiet ist. Hier wurden Schlafstörungen aufgelistet, die unter Umständen Normvarianten des normalen Schlafs darstellen, deren pathologische Relevanz noch nicht ganz klar ist oder für die bislang nur wenige Fallberichte existieren.
Insgesamt enthielt dieses Klassifikationssystem mehr als 80 Diagnosen, für die auch Schweregrad- und Dauerkriterien vorgegeben wurden. Aufgrund vieler Kritikpunkte und der Tatsache, dass von diesem sehr differenzierten System in Befragungen in Schlaflabors gezeigt werden konnte, dass nur ein kleiner Teil der angegebenen Diagnosen in der Praxis wirklich genutzt wurde, wurde von der AASM (American Academy of Sleep Medicine) mit der ICSD-2 (2005) eine revidierte Version veröffentlicht. Im Vordergrund stand die Konzentration auf schlafmedizinische Erkrankungen und die Kompatibilität bei der Kodierung mit dem in den USA damals gültigen Coding Manual ICD-9. Die Einteilung in die Hauptkategorien Dyssomnien, Parasomnien und symptomatische Schlafstörungen wurde in der ICSD-2 verlassen.
Als Hauptkategorien wurden die Insomnien, die Schlafbezogenen Atmungsstörungen, die Hypersomnien, die zirkadianen Schlafrhythmusstörungen, die Parasomnien und die Schlafbezogenen Bewegungsstörungen genannt. Ferner gab es eine Kategorie „Isolierte Symptome, Normvarianten und ungelöste Probleme“, eine Kategorie „Andere Schlafstörungen“ sowie Appendix A „Schlafstörungen, die assoziiert sind mit anderenorts klassifizierten Erkrankungen“ und Appendix B „Psychiatrische Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten, die in der schlafmedizinischen Differentialdiagnostik häufig vorkommen“. Tab. 11 zeigt, welche einzelnen Diagnosen jeweils unter die Hauptkategorie subsumiert wurden. Es wird deutlich, dass hier eine gewisse Vereinfachung im Vergleich zur ersten Version der ICSD stattgefunden hat.
Tab. 11
ICSD-2 (2005)
I. Insomnien
• Schlafanpassungsstörung (akute Insomnie)
• Insomnie bei psychiatrischer Erkrankung
• Inadäquate Schlafhygiene
• Verhaltensbedingte Insomnie im Kindesalter
• Insomnie durch Medikamente oder Substanzen
• Insomnie durch körperlicher Erkrankung
• Nicht näher bezeichnete Insomnie, nicht durch Substanzgebrauch oder körperliche Erkrankung (nichtorganische Insomnie)
• Nicht näher bezeichnete organische Insomnie
II. Schlafbezogene Atmungsstörungen
 
Zentrale Schlafapnoesyndrome
• Primäre zentrale Schlafapnoe (idiopathisch)
• Zentrale Schlafapnoe infolge Cheyne-Stokes-Atmung
• Zentrale Schlafapnoe infolge periodischer Atmung beim Aufenthalt in großer Höhe
• Zentrale Schlafapnoe durch Erkrankungen innerer Organe, nicht Cheyne-Stokes-Atmung
• Zentrale Schlafapnoe durch Medikamente oder Substanzen
• Zentrale Schlafapnoe im Säuglingsalter (früher primäre Schlafapnoe des Neugeborenen)
Obstruktive Schlafapnoesyndrome
• Obstruktive Schlafapnoe des Erwachsenen
• Obstruktive Schlafapnoe im Kindesalter
Schlafbezogene Hypoventilations- und Hypoxämiesyndrome
• Schlafbezogene idiopathische nichtobstruktive alveoläre Hypoventilation
Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie durch eine Grunderkrankung:
• Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie durch Erkrankungen des Lungenparenchyms oder der Lungengefäße
• Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie durch bronchiale Obstruktion
• Schlafbezogene Hypoventilation und Hypoxämie durch neuromuskuläre Erkrankungen und Thoraxdeformitäten
III. Hypersomnien
• Narkolepsie ohne Kataplexie
• Symptomatische Narkolepsie
• Nicht näher bezeichnete Narkolepsie
• Rezidivierende Hypersomnie
• Idiopathische Hypersomnie mit kurzer Schlafdauer
• Verhaltensbedingtes Schlafmangelsyndrom
• Hypersomnie durch körperliche Erkrankung
• Hypersomnie durch Medikamente oder Substanzen
• Hypersomnie nicht durch Medikamente oder Substanzen oder eine bekannten körperlichen Erkrankung
• Nicht näher bezeichnete organische Hypersomnie
IV. Zirkadiane Rhythmusschlafstörungen
• Unregelmäßiges Schlaf-Wach-Muster
• Freilaufender Rhythmus
• Zirkadiane Rhythmusschlafstörung bei Jetlag
• Zirkadiane Rhythmusschlafstörung bei Schichtarbeit
• Zirkadiane Rhythmusschlafstörung durch körperliche Erkrankung
• Andere Zirkadiane Rhythmusschlafstörung
• Zirkadiane Rhythmusschlafstörung durch Medikamente oder Substanzen
V. Parasomnien
 
Arousal-Störungen (aus dem NREM-Schlaf)
REM-Schlaf-assoziierte Parasomnien
• Alpträume
Andere Parasomnien
• Nächtliche dissoziative Störung
• Schlafenuresis
• Stöhnen im Schlaf (Katathrenie)
• Nicht näher bezeichnete Parasomnie
• Parasomnie durch körperliche Erkrankung
• Parasomnie durch Medikamente oder Substanzen
VI. Schlafbezogene Bewegungsstörungen
PLMD
• Schlafbezogene Wadenkrämpfe
• Schlafbezogener Bruxismus
• Nicht näher bezeichnete Schlafbezogene Bewegungsstörungen
• Schlafbezogene Bewegungsstörungen durch Medikamente oder Substanzen
• Schlafbezogene Bewegungsstörungen durch körperliche Erkrankung
Isolierte Symptome, Normvarianten, ungelöste Fragen
• Langschläfer
• Kurzschläfer
• Sprechen im Schlaf
• Benigner Schlafmyoklonus des Kindesalters
• Hypnagoger Fußtremor
• Propriospinaler Myoklonus bei Schlafbeginn
Andere Schlafstörungen
• Andere Schlafstörungen bei körperlicher Erkrankung
• Andere Schlafstörung nicht durch Substanzen oder organische Ursache
Appendix A
Schlafstörungen, die assoziiert mit anderenorts klassifizierten Erkrankungen auftreten
• Schlafbezogene Epilepsie
• Schlafbezogener Kopfschmerz
• Schlafbezogener gastroösophagealer Reflux
• Schlafbezogene kardiale Ischämie
• Schlafbezogenes abnormes Schlucken, Erstickungsgefühl und Laryngospasmus
Appendix B
Psychiatrische Erkrankungen und Störungen, die in der schlafmedizinischen Differentialdiagnostik häufig vorkommen
• Angsterkrankungen
• Somatoforme Erkrankungen
Schizophrenie und andere psychotische Störungen
• Erkrankungen mit Diagnosestellung vorzugsweise im Säuglingsalter, Kindesalter oder in der Adoleszenz
Seit dem Jahr 2014 liegt die dritte Ausgabe des Klassifikationssystems vor, die im Kapitel „ICSD-3“ ausführlich dargestellt wird. Der strukturelle Aufbau der ICSD-2 mit den sechs Hauptdiagnosegruppen wurde in der ICSD-3 beibehalten. Mit der ICSD-3 können insgesamt 66 verschiedene Schlafstörungen diagnostiziert werden, ferner neun isolierte Symptome bzw. Normvarianten (siehe Tab. 12).
Tab. 12
ICSD-3 (2014)
I. Insomnien
• Chronische Insomnie
• Andere Insomnie
Isolierte Symptome und Normvarianten
• Zu lange Bettzeit
• Kurzschläfer
II. Schlafbezogene Atmungsstörungen
 
Obstruktive Schlafapnoe
• Obstruktive Schlafapnoe des Erwachsenen
• Obstruktive Schlafapnoe im Kindesalter
Zentrale Schlafapnoesyndrome
• Zentrale Schlafapnoe infolge körperlicher Erkrankung ohne Cheyne-Stokes-Atmung
• Zentrale Schlafapnoe infolge periodischer Atmung in großer Höhe
• Zentrale Schlafapnoe durch Medikamente oder Substanzen
• Primäre zentrale Schlafapnoe
• Primäre zentrale Schlafapnoe im Säuglingsalter
• Primäre zentrale Schlafapnoe bei Frühgeborenen
• Zentrale Schlafapnoe unter Therapie
• Idiopathische zentral-alveoläre Hypoventilation
Schlafbezogene Hypoventilation durch körperliche Erkrankung
Schlafbezogenes Hypoxämiesyndrom
Isolierte Symptome und Normalvarianten
III. Zentrale Störungen mit Tagesschläfrigkeit
Narkolepsie Typ 1
• Narkolepsie Typ 2
Hypersomnie durch körperliche Erkrankung
• Hypersomnie durch Medikamente oder Substanzen
• Hypersomnie assoziiert mit psychischer Erkrankung
• Schlafmangelsyndrom
Isolierte Symptome und Normalvarianten
• Langschläfer
IV. Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen
• Irreguläre Schlaf-Wach-Rhythmus-Störung
• Nicht-24-Stunden-Schlaf-Wach-Rhythmus-Störung
• Schichtarbeitstörung
• Jetlag-Störung
• Nicht andernorts klassifizierte Schlaf-Wach-Rhythmusstörung
V. Parasomnien
 
NREM-Parasomnien: Arousal-Störungen (aus dem NREM-Schlaf)
Verwirrtes Erwachen (confusional arousal)
• Schlafterror (Pavor nocturnus)
REM-Parasomnien
• Rezidivierende isolierte Schlaflähmung
• Albtraumstörung
• Nächtliches Bettnässen (Schlafenuresis)
• Parasomnie durch körperliche Erkrankung
• Parasomnie durch Medikamente oder Substanzen
• Parasomnie, nnb*
VI. Schlafbezogene Bewegungsstörungen
• Periodische Gliedmaßenbewegungsstörung (PLMD)
• Schafbezogene Beinmuskelkrämpfe
• Schlafbezogener Bruxismus
• Gutartiger Schlafmyoklonus beim Säugling
• Schlafbezogenen Bewegungsstörung durch körperliche Erkrankung
• Schlafbezogenen Bewegungsstörung durch Medikamente oder Substanzen
• Schlafbezogenen Bewegungsstörung, nnb*
Isolierte Symptome und Normvarianten
VII. Andere Schlafstörung
 
VIII. Appendix A
Schlafbezogene körperliche und neurologische Erkrankungen
• Schlafbezogene Epilepsie
• Schlafbezogener Kopfschmerz
• Schlafbezogener gastroösophagealer Reflux
• Schlafbezogene kardiale Ischämie
IX. Appendix B (Gültigkeitsbereich USA)
• ICD-10-CM-Kodierung für Schlafstörungen durch Substanzen
* nnb = nicht näher bezeichnet
Literatur
American Academy of Sleep Medicine (2005) ICSD-2. International classification of sleep disorders. Diagnostic and coding manual, 2. Aufl. AASM, Westchester
American Sleep Disorders Association (ASDA) (1990) International classification of sleep disorders: diagnostic and coding manual. Allen Press, Lawrence
Association of Sleep Disorders Centers (ASDC) (1979) Diagnostic classification of sleep and arousal disorders. Sleep 2:1–137CrossRef
Dilling H, Mombour W, Schmidt MH (1991) Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10. Kapitel V (F). Klinisch-diagnostische Leitlinien. Huber, Bern
Schramm E, Riemann D (1995) ICSD. Internationale Klassifikation der Schlafstörungen. Psychologie Verlags Union, Weinheim