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Enzyklopädie der Schlafmedizin
Info
Publiziert am: 02.01.2020

Druckabsenkung in der Exspirationsphase

Verfasst von: Wolfgang Galetke und Heinrich F. Becker
CPAP- und Auto-CPAP-Verfahren mit exspiratorischer Druckabsenkung stellen in der Mechanischen Ventilation von Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA) eine Alternative zum Bi-Level-PAP dar. Diese Verfahren sind eine Form der Positivdrucktherapie, bei der das Therapiegerät exspiratorisch den Druck absenkt. Im Gegensatz zur annähernd frei wählbaren exspiratorischen Druckabsenkung bei Bilevel-PAP-Therapie ist die exspiratorische Druckabsenkung bei CPAP und Auto-CPAP nur in gewissen Maßen und vordefinierten Abstufungen möglich. So können je nach verwendetem System unterschiedlich starke Entlastungsstufen gewählt werden. Die Verfahren mit Druckabsenkung haben vor allem das Ziel, bei kompletter Beseitigung der obstruktiven Atmungsstörungen den Therapiekomfort zu steigern.

Synonyme

Exspiratorische Druckabsenkung; Druckverzögerte Therapie; (Exspiratorische) Entlastungsstufe
Eingetragene Warenzeichen: C-Flex; A-Flex (ehem. Fa. Respironics, jetzt Fa. Philips Respironics), EPR (expiratory pressure relief, Fa. ResMed), SoftPAP (ehem. Fa. Weinmann, jetzt Fa. Löwenstein Medical), Smartflex (Fa. DeVilbiss) und andere

Englischer Begriff

C-Flex; A-Flex; EPR (expiratory pressure relief); SoftPAP; Smartflex

Definition

„CPAP“- und Auto-CPAP-Verfahren mit exspiratorischer Druckabsenkung stellen in der Mechanischen Ventilation (siehe „Mechanische Ventilation“) von Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA; siehe „Obstruktive Schlafapnoe“) eine Alternative zum „Bi-Level-PAP“ dar. Diese Verfahren sind eine Form der Positivdrucktherapie, bei der das Therapiegerät exspiratorisch den Druck absenkt. Im Gegensatz zur annähernd frei wählbaren exspiratorischen Druckabsenkung bei Bilevel-PAP-Therapie ist die exspiratorische Druckabsenkung bei CPAP und Auto-CPAP nur in gewissen Maßen und vordefinierten Abstufungen möglich. So können je nach verwendetem System unterschiedlich starke Entlastungsstufen gewählt werden. Durchgesetzt hat sich bei den meisten Geräteherstellern eine exspiratorische Entlastung in 3 Stufen. Die Druckabsenkung liegt dann entweder im Bereich von ca. 1, 2 oder 3 mbar bei fest definierter Absenkung oder im Bereich von ca. 10, 20 oder 30 % des CPAP-Ausgangsdruckes bei proportionaler Druckabsenkung. Somit liegt die Druckabsenkung bei üblicherweise verwendeten CPAP-Therapiedruckwerten je nach System bei maximal ca. 3–5 cm H2O. Die Verfahren mit Druckabsenkung haben vor allem das Ziel, bei kompletter Beseitigung der obstruktiven Atmungsstörungen den Therapiekomfort zu steigern. Siehe dazu auch „Mechanische Ventilation“ und „Mechanische Ventilation bei Obstruktiver Schlafapnoe“.

Voraussetzung

Ist die Diagnose einer Obstruktiven Schlafapnoe gesichert, wird die Behandlungsindikation geprüft. Die Wahl einer geeigneten Therapie erfolgt individuell anhand der Symptome und/oder des Risikos, das von der Obstruktiven Schlafapnoe und den Folge- oder Begleiterkrankungen ausgeht. Die im Schlaflabor ermittelte Anzahl der Atmungsstörungen, die Anzahl der Weckreaktionen und die Schlafstrukturstörung stellen dabei ebenso Bausteine der Therapieentscheidung dar wie die Ausprägung der Symptome, das Alter des Patienten und die Begleiterkrankungen. Ein AHI von mehr als 30/Stunde stellt ebenso ein hohes Risiko für das Auftreten von relevanten Begleiterkrankungen oder für das „Einschlafen am Steuer“ oder das „Einschlafen am Arbeitsplatz“ dar.
Bei hohem Risiko und ausgeprägter Symptomatik sollte rasch mit der CPAP-Therapie begonnen werden, die sofort und bei guter Compliance auch dauerhaft zur kompletten Beseitigung der Atmungsstörungen führt. Sollte CPAP nicht toleriert werden, sind Verfahren mit Druckabsenkung eine der Modifikationen der Positivdrucktherapie, deren Einsatz den Behandlungskomfort steigern können. Die weiteren Verfahren sind „Automatisches CPAP“ oder „Bi-Level-PAP“. Wird die nasale Ventilationstherapie insgesamt nicht akzeptiert oder gewünscht, kommen die in den Kapiteln „HNO-ärztliche Verfahren zur operativen Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“ und „Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“ genannten Verfahren zum Einsatz.
So kann bei Patienten mit leicht- bis mittelgradiger Obstruktiver Schlafapnoe neben der CPAP-Therapie auch eine Primärtherapie mit einer Unterkieferprotrusionsschiene in Betracht kommen. Bei Inakzeptanz von CPAP oder anderen Positivdruckverfahren kann auch bei einer schwergradigen Obstruktiven Schlafapnoe ein Therapieversuch mit einer Protrusionsschiene unternommen werden (siehe „Oral Appliances“). Sollte auch dies nicht gewünscht sein oder zum Erfolg führen, können operative Eingriffe im HNO-Bereich diskutiert werden. Eine Vorhersage des Therapieerfolgs ist bei den operativen Verfahren im HNO-Bereich allerdings nur eingeschränkt möglich, sofern es sich nicht um die Entfernung von Weichteilen wie Tumoren und stark hyperplastischen Tonsillen handelt, die auch im Wachzustand eine Obstruktion verursachen. Eine operative Korrektur einer stark eingeschränkten Nasenatmung, beispielsweise bei ausgeprägter Nasenseptumdeviation, kann sich positiv auf die Obstruktive Schlafapnoe auswirken. Der Effekt ist jedoch selten im Bereich über 3 mbar Druckunterschied bei der CPAP-Therapie. Bei selektierten, meist schlankeren Patienten kann so zum Beispiel im Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen wie Rückenlagevermeidung eine CPAP-Therapie umgangen werden. Auch kann eine wiederhergestellte Nasenatmung die Therapie mit einer Unterkieferprotrusionsschiene oder einer CPAP-Maske bei selektierten Patienten überhaupt erst ermöglichen und die CPAP-Adhärenz verbessern. Die Hypoglossusstimulation stellt für einen stark selektierten Patiententypus mit CPAP-Intoleranz eine erfolgversprechende HNO-chirurgische Maßnahme dar („HNO-ärztliche Verfahren zur operativen Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“). Bei bestimmten Patienten mit Dysgnathien oder dolichofazialem Gesichtstyp kann eine kieferchirurgische operative Korrektur zur Behandlung der OSA infrage kommen („Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“; „Maxillomandibuläre Osteotomie“).

Kontraindikationen

In seltenen Fällen liegt eine große, weiche Epiglottis vor, die unter der Positivdrucktherapie mit oder ohne Druckabsenkung in der Exspirationsphase den Kehlkopfeingang hochgradig einengt oder gar verschließt. Die Patienten berichten über akut auftretende Luftnot während der Behandlungseinleitung. Eine operative Verkleinerung der Epiglottis kann das Problem beheben. Weitere Kontraindikationen bestehen nicht.

Durchführung

Die Vorbereitung der Behandlung mittels Druckabsenkung deckt sich mit derjenigen zur CPAP-Therapie. Vor Beginn der Behandlung wird eine der zur Verfügung stehenden Druckentlastungsstufen gewählt. Häufig wird zunächst die stärkste exspiratorische Druckabsenkung gewählt. Die Ermittlung des Behandlungsdrucks erfolgt dann nach der unter „CPAP“ geschilderten Vorgehensweise. Die Verfahren senken während jeder Ausatemphase automatisch den Druck ab. Der Maskendruckverlauf unter CPAP und Druckabsenkung ist in Abb. 1 dargestellt. Zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen den verschiedenen Verfahren zeigt Abb. 2 die Maskendruckverläufe unter CPAP mit Druckabsenkung und Bi-Level-PAP S. Die CPAP-Therapie mit Druckabsenkung beseitigt die obstruktiven Atmungsstörungen ebenso effektiv wie konventionelles CPAP (Juhasz et al. 2001). Befürchtungen, dass durch die Druckabsenkung vermehrt obstruktive Atmungsstörungen ausgelöst werden könnten, treffen nicht zu. Patienten, die unter konventionellem CPAP Schwierigkeiten bei der Ausatmung berichten, empfinden die Druckabsenkung oft als sehr angenehm. Studien, die einen Compliancevorteil dieser Therapiemodifikation bei unausgewählten Patienten belegen würden, liegen allerdings bisher nicht vor. Dennoch haben inzwischen viele Hersteller von CPAP-Geräten eine exspiratorische Druckabsenkungsfunktion eingebaut. Oftmals werden die Geräte nur noch in der Version mit zuschaltbarer Druckabsenkung ausgeliefert, sodass die Funktion häufig ohne Mehrkosten zur Verfügung steht.

Nachsorge

Alle Formen der mechanischen Beatmung bei Obstruktiver Schlafapnoe stellen eine Dauertherapie dar. Daher hat es sich sehr bewährt, die Patienten unter laufender Behandlung in regelmäßigen Abständen wieder zu untersuchen. Die kritische Phase hinsichtlich der Nutzung der Behandlung sind die ersten 3 Monate, nach deren Abschluss erneut eine ambulante Polygraphie oder eine Polysomnographie im Schlaflabor erfolgen sollte. In der Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ (MVV-RL, ehemals BUB) ist die Kontrollmessung mittels einer 6-Kanal-Polygraphie nach 6 Monaten vorgesehen. Dabei sollen der Therapieerfolg und die Compliance geprüft, Nebenwirkungen erfasst und bedarfsweise unter polysomnographischer Kontrolle eine Optimierung der Behandlung vorgenommen werden. Anschließend sollen bei komplikationslosem Verlauf routinemäßige polygraphische Kontrollen nicht mehr erforderlich sein. Dies ist in mehrerlei Hinsicht kritisch zu hinterfragen: Bei asymptomatischen Patienten mit hohen Atmungsstörungsindices werden Verschlechterungen der Einstellung ohne Kontrollmessungen nicht erkannt. Auch bei prätherapeutisch symptomatischen Patienten können die Symptome wie Tagesschläfrigkeit so langsam und schleichend wieder auftreten, dass sie erst sehr spät bemerkt werden. Bei mit Auto-CPAP therapierten Patienten kann durch eine neue Maske und damit assoziierte Leckagen die notwendige Druckerhöhung beim Auftreten von Obstruktionen des oberen Atemweges ausbleiben oder die Erkennung von zentralen Apnoen und Hypopnoen kann versagen. Bei Patienten mit Nasen-Mund-Masken kann ein Engerstellen der Unterkiefergurte zu einer funktionellen Retrognathie und assoziierten oberen Atemwegsobstruktion führen, was einen erhöhten CPAP-Druck notwendig machen kann. Eine Körpergewichtszunahme kann die Notwendigkeit eines höheren CPAP-Drucks nach sich ziehen. Damit sind nur einige mögliche Komplikationen genannt. Es ist daher zu fordern, dass zumindest jährliche Vorstellungen bei der behandelnden schlafmedizinischen Einrichtung zur Compliance- und Therapieerfolgskontrolle anhand von Anamnese und Gerätedaten stattfinden sollen. Dabei sollte zusätzlich eine mindestens 6-Kanal-polygraphische Therapiekontrollmessung stattfinden. Zur Feststellung und Überwindung bestimmter Probleme kann auch eine Polysomnographie im Schlaflabor notwendig werden. In erfahrenen europäischen Zentren liegt die Compliance über viele Jahre zwischen 60–70 %, definiert als eine Mindestnutzung von 5 Stunden pro Nacht an mindestens 5 Nächten pro Woche.
Literatur
Juhasz J, Becker H, Cassel W et al (2001) Proportional positive airway pressure: a new concept to treat obstructive sleep apnoea. Eur Respir J 17:467–473CrossRef
Mayer G, Arzt M, Braumann B et al (2017) S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen, Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen“. Somnologie 20(Suppl):97–180
Smith I, Lasserson TJ (2009) Pressure modification for improving usage of continuous positive airway pressure machines in adults with obstructive sleep apnoea. Cochrane Database Syst Rev (4):CD003531