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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 26.01.2020

Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe

Verfasst von: Walter Hochban
Die operative Korrektur des Gesichtsskeletts (Viszerokranium) mittels maxillomandibulärer Osteotomie (MMO) kann als kurativer Eingriff bei ausgewählten Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA) infrage kommen. Voraussetzung ist eine exakte Indikationsstellung mittels klinischer und polysomnographischer Untersuchung sowie der kephalometrische Nachweis bestimmter Veränderungen am Viszerokranium mit pharyngealen Einengungen, die zum inspiratorischen Kollaps des Pharynx im Schlaf prädisponieren. Dazu gehören beispielsweise Kieferfehlstellungen mit Rücklage des Ober- und/oder Unterkiefers. Ebenso können angeborene kraniofaziale Fehlbildungen korrigiert werden, die zur kindlichen Schlafapnoe prädisponieren, wie beim Goldenhar-Syndrom oder Pierre-Robin-Syndrom.

Englischer Begriff

craniofacial surgical correction of the viscerocranium as a treatment of obstructive sleep apnea

Definition

Die operative Korrektur des Gesichtsskeletts (Viszerokranium) mittels maxillomandibulärer Osteotomie (MMO; siehe „Maxillomandibuläre Osteotomie“) kann als kurativer Eingriff bei ausgewählten Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA) infrage kommen. Voraussetzung ist eine exakte Indikationsstellung mittels klinischer und polysomnographischer Untersuchung sowie der kephalometrische Nachweis bestimmter Veränderungen am Viszerokranium mit pharyngealen Einengungen, die zum inspiratorischen Kollaps des Pharynx im Schlaf prädisponieren. Dazu gehören beispielsweise Kieferfehlstellungen mit Rücklage des Ober- und/oder Unterkiefers. Ebenso können angeborene kraniofaziale Fehlbildungen korrigiert werden, die zur kindlichen Schlafapnoe prädisponieren, wie beim Goldenhar-Syndrom oder Pierre-Robin-Syndrom (siehe auch „Kindesalter“).

Grundlagen

Anatomische und pathophysiologische Voraussetzungen

Das Gesichtsskelett mit der Struktur und Position der Kiefer ist die knöcherne Grundlage für die Form und die Weite der oberen Atemwege. Eine Einengung des Pharyngealraums kann durch die skelettale Anatomie hervorgerufen werden und sich im Schlaf funktionell verstärken, wie beispielsweise bei einem kleinen, zurückliegenden Unterkiefer (Retrognathie). Sämtliche Muskeln mit ihrem Ursprung an knöchernen Ansatzpunkten der Maxilla (Oberkiefer) oder Mandibula (Unterkiefer) haben einen Einfluss auf die Weite der oberen Atemwege. Es handelt sich dabei um die velopharyngeale Muskulatur im Bereich von weichem Gaumen und Rachen, die Zungenmuskulatur und die suprahyoidale Muskulatur. Entsprechend haben die Form und die Stellung der Gesichtsskelettteile beziehungsweise der Kiefer zueinander funktionelle Auswirkungen auf die obere Atemwegsmuskulatur und somit auf die Kollapsibilität der oberen Atemwege („Schnarchen“). Bekanntestes Beispiel dafür ist der sogenannte Esmarch-Handgriff: Bei muskulärer Erschlaffung infolge Bewusstlosigkeit kann eine Verlegung der oberen Atemwege durch mechanische Protrusion des Unterkiefers mitsamt der daran anhängenden Zungen- und suprahyoidalen Muskulatur verhindert werden.
Die Konfiguration des Gesichtsschädels hat im Wesentlichen eine genetische Grundlage. Zahlreiche angeborene Krankheitsbilder mit kraniofazialen Fehlbildungen unterstreichen die Bedeutung der Kieferposition und -stellung in der Ätiopathogenese von Obstruktiven Schlafapnoesyndromen. Allen diesen Krankheitsbildern gemeinsam ist ein kleiner zurückliegender Unterkiefer. Je nach Ausprägung kann es bei Syndromen wie Treacher-Collins- oder Goldenhar-Syndrom von geringgradiger Unterentwicklung des Unterkiefers – meist des aufsteigenden Astes – bis zu völliger Aplasie kommen. Das bekannteste Beispiel ist die Pierre-Robin-Sequenz beim Säugling (Abb. 1). Hierbei führt der kleine zurückliegende Unterkiefer zu einer Rückverlagerung der Zunge (Glossoptose) mit Verlegung der oberen Atemwege, was durch eine offene Gaumenspalte noch unterstützt wird. Selbst geringe Veränderungen der Kiefergröße und -position sowie der Kopfposition können zur Entstehung von Obstruktiver Schlafapnoe beitragen.
Neben den genetischen Wachstumsfaktoren wirken sich auch funktionelle Einflüsse auf das Viszerokranium aus. Bekannt ist die sogenannte adenoide Fazies bei Kindern, bei denen eine chronisch verlegte Nasenatmung mit konsekutiver Mundatmung zu Veränderungen des Gesichtsskelettwachstums geführt hat. Tierexperimentell konnte dies bestätigt werden: Eine Nasentamponade bewirkte bei Affen anfänglich reversible, später irreversible Veränderungen des Gesichtsskeletts im Sinne der adenoiden Fazies beziehungsweise eines dolichofazialen Gesichtswachstums. Unter dolichofazialem Gesichtswachstum versteht man einen sogenannten hyperdivergenten oder vertikalen Gesichtstyp, bei dem das Unterkieferplanum mit der Mandibularebene sehr steil steht, mit einem großen Winkel in Relation zur Schädelbasis. Durch den Steilstand der Unterkieferbasis kommt es zu einer Dorsokaudalverlagerung des Ursprungs der Mundboden- und Zungenmuskulatur, das ist eine Verlagerung nach hinten unten, die sich bei Mundöffnung durch Rotation im Kiefergelenk noch verstärkt.
Ein kurativer gesichtschirurgischer Eingriff bei Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe (OSA) ist zunächst indiziert bei den geschilderten kraniofazialen Fehlbildungen, aber auch bei Patienten, die oben genannte Auffälligkeiten des Gesichtsschädels aufweisen, wie beispielsweise eine mandibuläre Retrognathie oder einen vertikalen, dolichofazialen Gesichtstyp. In der Regel handelt es sich dabei um eher junge Patienten, meist ohne größeres Übergewicht. Eine wichtige differentialtherapeutische Entscheidung ist dabei, dass sich die Obstruktive Schlafapnoe unter konservativer Therapie mit „CPAP“ („continuous positive airway pressure“) als behandelbar erwiesen hat, andernfalls wäre auch eine operative Therapie zum Scheitern verurteilt.

Präoperative Diagnostik

Nach der klinischen und polysomnographischen Diagnostik im Schlaflabor ist eine fachgerechte Evaluation der oberen Atemwege essenziell. Neben dem Ausschluss von nasopharyngealen Obstruktionen durch Adenoide, Tonsillen und Tumoren oder einer behinderten Nasenatmung, beispielsweise infolge Nasenseptumdeviation, erfolgt die Beurteilung der Gebiss- und Kiefersituation. Zahnstellung, Kieferrelation und Bisslageverhältnisse wie ein sogenannter Überbiss können bereits erste Hinweise auf mögliche skelettale Besonderheiten der Kiefer liefern.
Die Beurteilung der skelettalen und der damit verbundenen pharyngealen Verhältnisse erfolgt zuverlässig mittels Kephalometrie am seitlichen Fernröntgenbild des Schädels. Die Kephalometrie ist ein einfaches, standardisiertes Verfahren, das vor beinahe hundert Jahren entwickelt wurde. Mithilfe definierter anatomischer Punkte sowie durch weitere konstruierte Messpunkte können Winkel und Strecken bestimmt werden, die eine Aussage über kraniofaziale Beziehungen und Wachstumsvorgänge erlauben (Abb. 2).
Letztlich handelt es sich um die zweidimensionale, nämlich sagittale und vertikale Vermessung des Röntgenbilds des seitlichen Schädels. Verzerrungen werden durch Verwendung eines großen Film-Fokus-Abstands bei kleinstem Objekt-Film-Abstand reduziert. Ein sogenannter Kephalostat zur Fixation des Kopfs gewährleistet die Reproduzierbarkeit der Aufnahmen. Dabei wird der Kopf mittels einer Glabellastütze und Ohrstöpseln im äußeren Gehörgang fixiert. Neben den etablierten konventionellen Parametern zur Beurteilung der skelettalen Verhältnisse erlauben verlaufende Weichzeichnerfolien zusätzlich eine Beurteilung der pharyngealen Verhältnisse, wobei die zweidimensionalen kephalometrischen Werte gute Korrelationen zu dreidimensionalen CT-Werten, zum Beispiel bei der Bestimmung des Zungenvolumens oder der Dimension des Pharynx, erkennen lassen. Bei etwa 40 % der Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe haben sich in der Kephalometrie pathologische Merkmale gefunden (vgl. Hochban 1995). Abb. 3 zeigt die entsprechenden kephalometrischen Befunde bei Obstruktiver Schlafapnoe mit typischer pharyngealer Enge beim dolichofazialen Gesichtstyp gegenüber einem normal konfigurierten Pharynx beim mesofazialen Gesichtstyp.
Kraniofaziale, kephalometrisch erfassbare Veränderungen des Gesichtsschädels haben nach Adipositas die zweithäufigste statistische Assoziation mit dem Auftreten einer Obstruktiven Schlafapnoe beim Erwachsenen. Daher gehört die Kephalometrie zur vollständigen Diagnostik bei gesicherter Obstruktiver Schlafapnoe. Sie stellt ein einfaches und preiswertes Instrument in der Basisdiagnostik dar, aufwendigere Untersuchungen wie Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) oder digitale Volumentomographie (DVT) sind speziellen Fragestellungen vorbehalten. Die dreidimensionale Vermessung der oberen Atemwege und die Beurteilung des Lumens und der Dimension mittels CT, DVT oder MRT erlaubt gegenüber der konventionellen Kephalometrie keine besseren Rückschlüsse bezüglich der Indikationsstellung und der Beurteilung des Therapieerfolgs gesichtschirurgischer Maßnahmen und dient allenfalls der Lokalisationsdiagnostik mechanischer Verlegung der oberen Atemwege durch Tumoren o. Ä. Die Obstruktive Schlafapnoe ist aber ein funktionelles Problem mit Verlegung der Atemwege im Schlaf.

Skelettale Korrekturen des Gesichtsschädels

Die Bedeutung skelettaler kraniofazialer Strukturen für die Kollapsibilität beziehungsweise Stabilität der oberen Atemwege ist seit Langem bekannt. Bereits vor der Einführung der CPAP-Therapie durch Sullivan 1981 gab es erste Einzelfallberichte über die Herstellung der funktionellen Stabilität kollapsibler pharyngealer Segmente durch Rekonstruktion knöcherner Defekte im Bereich des Gesichtsskeletts, speziell des Unterkiefers. So gelang es Piecuch 1978 durch Rekonstruktion des Kiefergelenks eines Fünfjährigen mit einem osteokartilaginären Transplantat die Obstruktive Schlafapnoe zu beseitigen. Ebenfalls 1978 berichtete Priest über die erfolgreiche Behandlung von Schlafapnoe durch Kinnosteotomie und operative Vorverlagerung des Unterkiefers. Zu Beginn der 1980er-Jahre folgten dann erste systematische Ober- und Unterkieferkorrekturen, maxillomandibuläre Osteotomien genannt, mit dem primären Ziel der Therapie der Schlafapnoe, nachdem sie ursprünglich zur Korrektur von Fehlbisslagen eingesetzt worden waren. Seither werden Gesichtsskelettosteotomien zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe eingesetzt, wobei sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Vorgehensweisen entwickelt haben:
Ein mehrstufiges chirurgisches Verfahren wurde in Stanford entwickelt. Bei Patienten, bei denen eine Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) erfolglos durchgeführt worden war, führte eine zusätzliche Osteotomie des Kinns mit Vorverlagerung der daran anhängenden Zungen-/suprahyoidalen Muskulatur (Genioglossus-Advancement mit Hyoidsuspension) zu einer Steigerung der Erfolgsquote auf etwa zwei Drittel der so behandelten Fälle (Riley et al. 1993). Diese sogenannte Phase-I-Chirurgie ergab laut Riley einen zufriedenstellenden Behandlungserfolg im Hinblick auf die Beseitigung der Obstruktiven Schlafapnoe bei ca. 60 % der Patienten. Definiert war der Behandlungserfolg mit einem postoperativen RDI (Respiratory Disturbance Index) von weniger als 20 pro Stunde Schlafzeit bei gleichzeitiger Reduktion des RDI um 50 % des Ausgangswertes. Für diese Eingriffe existieren aber keine zuverlässigen Indikationskriterien, sodass eine prognostische Einschätzung des Behandlungserfolgs nicht möglich ist. Bei Patienten ohne ausreichenden Erfolg nach dieser Phase-I-Operation wurde dann in einer Phase II eine vollständige Umstellungsosteotomie des Ober- und Unterkiefers unter Vorverlagerung des gesamten maxillomandibulären Komplexes mit der daran anhängenden Zungen-, Mundboden- und Velopharynxmuskulatur vorgenommen. Die Erfolgsquote nach Phase II lag bei über 96 %, wobei der Therapieerfolg wie oben definiert war (RDI <20/Stunde, 50 % Reduktion des RDI). Leider waren die relativ guten Ergebnisse der Phase-I-Chirurgie mit Uvulopalatopharyngoplastik und Hyoidsuspension in anderen Zentren nicht reproduzierbar, und sie waren den Ergebnissen der reinen Weichteilchirurgie mit Uvulopalatopharyngoplastik, Zungenreduktion etc. nicht wesentlich überlegen.
Demgegenüber steht als eigene Vorgehensweise die primäre Behandlung der Obstruktiven Schlafapnoe durch maxillomandibuläre Umstellungsosteotomien bei geeigneter Indikation nach kephalometrischer Analyse. Die Maxillomandibuläre Osteotomie (MMO) besteht aus einer primären simultanen Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer nach entsprechender Vordiagnostik gemäß den eingangs geschilderten kephalometrischen Kriterien. Diese lassen sich unter der Diagnose „retrognather beziehungsweise dolichofazialer Gesichtstyp mit entsprechender pharyngealer Obstruktion“ subsumieren. Erst bei unzureichendem Erfolg dieses Ersteingriffs sollten sekundär ergänzende Maßnahmen wie Kinnosteotomie mit zusätzlicher Vorverlagerung des Geniotuberkels oder pharyngeale Weichteilresektionen wie beispielsweise „Uvulopalatopharyngoplastik“ (UPPP) erwogen werden. Zur Gewährleistung eines zuverlässigen Behandlungserfolgs sollte das Ausmaß der Ober- und Unterkiefervorverlagerung in einer Größenordnung von etwa 10 mm liegen. Eine zuverlässige Fixation durch vierfache Plattenosteosynthese im Oberkiefer und beidseitige dreifache Schraubenosteosynthese im Unterkiefer retromolar sind essenziell angesichts der massiven Kieferverlagerung. Die Indikationsstellung und das detaillierte operative Verfahren sind unter „Maxillomandibuläre Osteotomie“ beschrieben.
Eigene Ergebnisse liegen bislang bei 115 Patienten mit einer Verlaufsbeobachtung von zumindest einem Jahr vor. Dabei kam es postoperativ bei 114 Patienten zu einem Therapieerfolg statistisch vergleichbar der CPAP-Therapie. Einzige Ausnahme war ein Patient, bei dem extreme Verhältnisse von Seiten des Gesichtsskeletts vorlagen, mit vollständiger Degeneration beider Kiefergelenke und jahrelang bestehender schwerster unbehandelter Schlafapnoe. Betrachtet man die Einzelfallergebnisse, so war in mehr als 90 % der Fälle ein voller Therapieerfolg mit einem RDI zwischen nur noch null bis maximal 10 Ereignissen pro Stunde festzustellen. Bei 9 Patienten war der Therapieerfolg zwar deutlich, aber mit einem RDI zwischen 10 und 30/Stunde als noch nicht ausreichend einzustufen. Bei dem Patienten mit der vollständigen Degeneration der Kiefergelenke lag unmittelbar postoperativ ein RDI von 38/Stunde vor. Die weitere chirurgische Behandlung in Form einer Uvulopalatopharyngoplastik reduzierte den RDI bei diesem Patienten auf 29/Stunde, sodass dieser Fall als Misserfolg eingestuft werden muss. Sinnvoll gewesen wäre retrospektiv sicherlich zunächst eine Rekonstruktion beider Kiefergelenke zur stabilen Abstützung der Mandibula an der Schädelbasis durch osteokartilaginäre Transplantate, weitere chirurgische Maßnahmen wollte der Patient aber nicht mehr durchführen lassen. Bei 7 Patienten erfolgten sekundäre Korrekturen, bei 2 Patienten mit einem RDI von 12 beziehungsweise 17/Stunde wurde bei subjektiver Beschwerdefreiheit auf weitere Maßnahmen verzichtet, der Verlauf wird beobachtet. Bei den 7 anderen Fällen erfolgten sekundäre Eingriffe in Form von 6 pharyngealen Weichteilresektionen in Form der Uvulopalatopharyngoplastik und 4 Kinnosteotomien mit zusätzlicher Vorverlagerung der Spina mentalis und der daran anhängenden suprahyoidalen Muskulatur, sogenanntes genioglossal advancement. Bei einem Patienten erfolgte eine isolierte Kinnkorrektur. Mit diesen sekundären Korrekturen ergab sich ein RDI von 5–15/Stunde postoperativ.
Komplikationen waren in einem Fall eine postoperative Nachblutung aus der Kieferhöhle infolge schlecht eingestelltem Hypertonus mit systolischen Blutdruckwerten von 250 mmHg. In einem weiteren Fall kam es zu einer Ossifikationsstörung im Oberkiefer, sodass eine Revision der Oberkieferosteosynthese erforderlich war. Hauptproblem ist sicherlich der Nervus alveolaris inferior, der infolge der erheblichen Unterkiefervorverlagerung stark gedehnt wird, sodass in 35 % der Fälle Gefühlsstörungen in Form von Hyp- und Parästhesien über ein Jahr und länger bestehen bleiben.
In einer Gruppe von 48 Patienten, die in den Jahren 1990–1996 operiert wurden, liegen mittlerweile Langzeitergebnisse über mehr als 5 Jahre Verlaufsbeobachtung vor. Einzelne Verlaufsbeobachtungen bei 17 Patienten betragen über 10 Jahre. Als Erfolgskriterien galten dabei ein postoperativer Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) kleiner 10/Stunde beziehungsweise ein RDI kleiner 20/Stunde. Bei 5 von 48 Patienten waren im Langzeitverlauf gemäß dem beschriebenen Konzept Zweiteingriffe zur Optimierung des Ergebnisses erforderlich, davon bei 4 Patienten eine Uvulopalatopharyngoplastik in Kombination mit einer Kinnosteotomie zum „genioglossal advancement“ und in einem Fall eine alleinige Kinnosteotomie. Die Ergebnisse zeigen bei 90 % der Patienten stabile Verhältnisse vergleichbar der präoperativen konservativen CPAP-Therapie („nasal continuous positive airway pressure“), sodass langfristig nach Fünf- beziehungsweise Zehnjahresverlauf von einer Heilung ausgegangen werden kann. Bei 10 % der Patienten kommt es aber auch zu einem schleichenden Anstieg des RDI, was möglicherweise auf die über Jahre zunehmende Weichgewebserschlaffung zurückzuführen ist. Ein Patient hatte bei Zweijahreskontrolle einen pathologischen Anstieg des AHI auf 20/Stunde infolge Gewichtszunahme um 25 kg, der sich nach Reduktion des Gewichts ein Jahr später wieder auf 5/Stunde reduzierte. Dies demonstriert einmal mehr die Multikausalität der Erkrankung und rechtfertigt eine längerfristige Verlaufsbeobachtung bei entsprechender Prädisposition auch nach erfolgreicher chirurgischer Korrektur.
Die Operationsverfahren sind effektiv aber aufwendig und kostspielig. Umfassende systematische Studien an größeren Patientenkollektiven sind deshalb selten, sofern sie vorliegen, bestätigen sie aber die eigenen guten Ergebnisse. Bei richtiger Indikationsstellung ist die chirurgische Behandlung der Obstruktiven Schlafapnoe durch Umstellungsosteotomien der Kiefer in hohem Maße erfolgreich. Eine Heilung der Schlafapnoe ist in diesen selektierten Fällen möglich, auf etwa 40 % der Patienten treffen die Selektionskriterien zu. Der langfristige Verlauf über 5 Jahre ist in 90 % der Fälle trotz gewisser Gewebserschlaffung mit zunehmendem Alter stabil. Gemäß der Indikationsstellung bei Rücklage des Unterkiefers und vertikalem dolichofazialen Gesichtstyp führt die operative Korrektur der Kiefer zudem zu einer Harmonisierung des Gesichtsprofils und durch Straffung der Gesichtsweichteile vergleichbar einem Face-Lift zu einer Verbesserung des Aussehens. Die chirurgische Behandlung der Obstruktiven Schlafapnoe durch Umstellungsosteotomie des Ober- und Unterkiefers ist im Vergleich zur konservativen präoperativen CPAP-Therapie im Hinblick auf die Wirksamkeit in allen Parametern im Schlaf und Tagessymptomatik gleichwertig und bei verbesserter Lebensqualität und angesichts des langfristigen Erfolges kostengünstig.
Literatur
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