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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 24.03.2022

Oral Appliances

Verfasst von: Peter A. Cistulli und M. Ali Darendeliler
Oral Appliances sind mechanische Vorrichtungen, die vor dem Schlaf in den Mund eingeführt werden, in der Absicht, einen Kollaps der oberen Atemwege im Schlaf zu verhindern und damit Schnarchen und Obstruktive Schlafapnoe zu unterdrücken oder zu beseitigen.

Synonyme

Oral applizierbare mechanische Vorrichtungen zur Behandlung der Obstruktiven Schlafapnoe

Englischer Begriff

oral appliances for the treatment of obstructive sleep apnea

Definition

Oral Appliances sind mechanische Vorrichtungen, die vor dem Schlaf in den Mund eingeführt werden, in der Absicht, einen Kollaps der oberen Atemwege im Schlaf zu verhindern und damit „Schnarchen“ und „Obstruktive Schlafapnoe“ zu unterdrücken oder zu beseitigen.

Grundlagen

Ziel dieser Behandlung der Obstruktiven Schlafapnoe (OSA) ist es, der im Schlaf vermehrten Anfälligkeit der oberen Atemwege gegen Kollaps entgegenzuwirken. Die am weitesten verbreitete Behandlungsmethode mit nachgewiesener Effektivität, die die oberen Atemwege im Schlaf pneumatisch schient und damit offen hält, ist die kontinuierliche positive Überdruckbeatmung („CPAP“). Bei manchen Menschen ist aber die Compliance gegenüber CPAP beeinträchtigt, weil sie sich weder an die zur Behandlung erforderlichen Nasen- und/oder Mundmasken gewöhnen noch den Beatmungsdruck ertragen können. Von daher ist es sinnvoll, nach Alternativen zu suchen, die eventuell von den Betroffenen besser toleriert werden. Die Behandlung mittels Oral Appliances ist Ausdruck der Suche nach einer solchen Behandlungsalternative, mit deren Hilfe die Verengung beziehungsweise der Kollaps der oberen Atemwege im Schlaf verhindert werden soll, indem die Mandibula nach vorne gezogen wird beziehungsweise das nach Hinten-unten-Fallen des Zungengrunds eingeschränkt wird. Als weitere Argumente für den Behandlungsweg werden ins Feld geführt: Einfachheit, Tragbarkeit, Geräuschlosigkeit, das Nichtangewiesensein auf einen Stromanschluss und eventuell Kostengünstigkeit. Obwohl es Berichte über den Behandlungsweg schon vor mehr als 35 Jahren gab, fanden kontrollierte therapeutische Studien zum klinischen Nutzen erst in den letzten 15–20 Jahren statt. Die vorgelegte Arbeit gibt einen Überblick über den Stand der Entwicklung auf dem Arbeitsgebiet.

Die unterschiedlichen Typen von Oral Appliances

Es gibt zwei Hauptgruppen, zum einen die Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) zum Nach-vorne-Ziehen der Mandibula, englisch Mandibular Advancement Splints (MAS) genannt, zum anderen Vorrichtungen zum Fixieren des Zungengrunds, englisch tongue retaining device (TRD) genannt. Die erstgenannte Gruppe der Protrusionsschienen ist am weitesten verbreitet und steht auch in diesem Beitrag im Vordergrund der Betrachtungen. Die prothetischen Vorrichtungen zur Protrusion der Mandibula beinhalten zwei funktionelle Komponenten: zum einen eine stabile, am Gebiss ansetzende Haltevorrichtung, zum anderen die mechanische Vorrichtung zur Vorverlagerung und gegebenenfalls Nach-unten-Verlagerung der Mandibula. Es gibt dabei unterschiedliche Ausführungen, sie sind entweder in einem Stück gefertigt, sogenannte Monoblocks, oder in zwei Stücken als sogenannte Bi-Blocks (siehe Abb. 1 und 2). Die Vorrichtungen unterscheiden sich substanziell bezüglich zahlreicher Kriterien, über deren Nutzen sich die Untersuchungsergebnisse mehren. Die hervorstechenden beziehungsweise von den Herstellern hervorgehobenen Kriterien sind: Größe, Art des Materials und Grad der Anpassung an die Bezahnung des Patienten, die Art des Verbindungsmechanismus, der Umfang der okklusalen Abdeckung, die Titrierbarkeit des mandibulären Vorschubs, der Grad der verbleibenden vertikalen und lateralen Mobilität im Kiefergelenk und der Umfang der verbleibenden Mundatmung. Monoblock-Vorrichtungen sind voluminös und schlechter an die Mundhöhle angepasst, infolge des Zahnstatus und der Okklusionsverhältnisse können sie dennoch manchmal indiziert sein (Abb. 1). Bi-Block-Vorrichtungen bestehen aus einer oberen und einer unteren Platte (Abb. 2).
Es gibt unterschiedliche Modi, die obere mit der unteren Platte zu verbinden. Die Konnektoren können elastisch sein oder aus Hartplastik, auch Metallstifte oder Röhren sind als Verbindungsstücke üblich, ferner gibt es Hakenverbindungen oder magnetische Verbindungen. Bi-Block-Vorrichtungen können den Vorteil einer größeren mandibulären Beweglichkeit bieten, sie sind besser adjustierbar und ermöglichen es, auf diese Weise die am ehesten erträgliche und die wirksamste Vorverlagerungsstellung der Mandibula zu erreichen. Allgemein gilt, dass sich die beste Korrektur erreichen lässt mit Vorrichtungen, die mittels individueller Gebissabdrücke angefertigt wurden. Dennoch finden auch vorgefertigte Vorrichtungen Verwendung, ebenso wie solche aus thermolabilen elastischen Materialien, die durch Aufbiss gefestigt werden, die sogenannten boil and bite appliances.
Bei den Vorrichtungen zur Vorverlagerung der Zunge, den Tongue Retaining Devices (TRD), wird die Zunge in eine vor dem Mund angebrachte fest geformte Aushöhlung hinein gesogen und dann nach vorn gezogen, in der Hoffnung, durch diese Manipulation den Oropharynx im Schlaf weitstellen zu können. Über den Effekt der Vorrichtungen gibt es aber kaum nachprüfbare wissenschaftliche Ergebnisse.

Wirkungsmechanismen und Ziele des Designs

Es wird allgemein angenommen, dass die Vorverlagerung der Mandibula durch eine während des Schlafs getragene Vorrichtung die Offenhaltung des Oropharynx bei Einatmung verbessert, dass speziell der retrolinguale Bereich in anteroposteriorer Ausrichtung weiter gestellt und damit die hauptsächliche Stabilisierung der extrathorakalen Atemwege herbeigeführt wird (Abb. 3).
Einige mit der Technik der Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführte Untersuchungen haben aber ebenso wie die Nasopharyngoskopie komplexere Veränderungen nachgewiesen, einschließlich einer Erweiterung des Gesamtquerschnitts im Velopharynx, und zwar verursacht durch Weiterstellungen in beide Richtungen, nämlich anteroposterior und auch lateral, woraus sich die Vergrößerung des Volumens im Bereich der extrathorakalen Atemwege ergibt (Abb. 4).
Der Befund ist Ausdruck der komplexen funktionellen Beziehungen, die zwischen Zungenmuskulatur, weichem Gaumen, lateralen Pharynxwänden und Länge und Stellung der Kieferknochen bestehen. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Verbesserungen in den Abmessungen des Velopharynx, die mit einem Vorziehen der Mandibula verbunden sind, in einer dadurch verursachten Streckung der palatoglossalen und der palatopharyngealen Bögen liegt.
Siehe auch „Schnarchen“; „Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“.

Abhängigkeit der Wirksamkeit der Oral Appliances von deren Konfiguration und Abmessungen

Folgende Kriterien werden für die Dimensionierung der Vorrichtungen als bedeutungsvoll erachtet: feste Verankerung, suffiziente Protrusion der Mandibula und die Ausrichtung in der Vertikalen. Nur wenn die Vorrichtung sowohl an den oberen wie an den unteren Zähnen fest fixiert ist, kann gewährleistet werden, dass das Kinn sich im Schlaf nicht von der Vorrichtung löst und nicht nach unten abgleitet. Ohne gute maxilläre Verankerung kann sich sogar die gesamte Vorrichtung im Schlaf lösen und dislozieren. Vorrichtungen, die laterale Bewegungen des Unterkiefers erlauben und die zugleich in gewissem Umfang das Öffnen oder Schließen des Mundes zulassen und die dennoch die Vorverlagerung des Unterkiefers ermöglichen, können helfen, das Risiko von Komplikationen zu verringern und zugleich eine bessere Akzeptanz durch die Patienten zu gewährleisten. Offensichtlich genügen aber die meisten gebräuchlichen Vorrichtungen nicht diesen Anforderungen. Die vertikale Dimensionierung der Vorrichtungen verdient ebenfalls Aufmerksamkeit. Sie hängt stark vom vorhandenen Überbiss ab, sodass einerseits die minimale vorhandene und andererseits die erwünschte interokklusale Öffnung im Einzelfall in Betracht zu ziehen sind. Bei nur gering ausgeprägtem Überbiss kann es sein, dass die Vorverlagerung der Mandibula nur bei geöffnetem Mund möglich ist. Es gibt widersprüchliche Aussagen darüber, welchen Einfluss die Gebissöffnung auf den Behandlungserfolg hat.

Vorgehensweise bei der therapeutischen Einstellung

Es gibt nur eine schwache Korrelation zwischen dem therapeutischen Effekt und der Strecke, um welche die Mandibula vorverlagert wird. Manche Autoren haben 75 % der maximal möglichen Protrusion als therapeutischen Standard vorgeschlagen. Es gilt aber zu bedenken, dass das Ausmaß der individuell erforderlichen Protrusion von Patient zu Patient verschieden ist, analog der Tatsache, dass der individuell erforderliche therapeutische Druck für CPAP-Benutzer variiert, was letztlich durch die im Einzelfall ausschlaggebenden pathophysiologischen Faktoren bestimmt wird. Der Umfang, in dem eine sagittale Vorverlagerung für das Erreichen eines klinischen Erfolgs notwendig ist, differiert stark zwischen den einzelnen Patienten, nämlich in einem Bereich zwischen 50 % und 90 % der maximal möglichen Protrusion. Manche Patienten zeigen selbst bei erreichter maximaler Protrusion keinerlei Veränderung in der Dimensionierung der oberen Atemwege. Demnach gibt es derzeit auch noch keine wissenschaftlich fundierte Vorgehensweise, einen fixen Anteil der maximal möglichen Protrusion als idealen Weg für die Vorverlagerung des Unterkiefers vorzuschlagen. Darüber hinaus hängt die Machbarkeit einer Vorverlagerung der Mandibula stark von der Toleranz des Patienten ab. Häufig nimmt die Toleranz des Patienten mit zunehmender Vordehnung im Laufe der Vorverlagerungsbehandlung zu, sodass diesbezüglich in den Dimensionen regulierbare und nicht von vornherein auf ein Maß festgelegte Vorrichtungen für den praktischen Behandlungserfolg von klarem Vorteil sind.
Besonders das Erfordernis einer Adaptation an die Therapie über mehrere Wochen bis Monate, in denen die Mandibula initial noch gar nicht ausreichend vorverlagert werden kann, stellt einen wesentlichen Nachteil gegenüber der CPAP-Therapie dar, bei der der Druck vergleichsweise rasch effizient titriert werden kann. Dies zu beachten, ist vor allem für solche Patienten von großer Bedeutung, die einer zügigen und wirksamen Behandlung bedürfen, wie Patienten mit kardiovaskulärer Gefährdung oder Gefährdung durch Einschlafen am Steuer bei schwerer und bei symptomatischer Obstruktiver Schlafapnoe. In solchen Fällen lassen sich Verzögerungen durch Anpassungsversuche mit Vorrichtungen zur mandibulären Protrusion nicht verantworten.
Es liegen Studien über die Titration einer Therapie mittels Protrusionsverfahren vor, bei der mithilfe einer Fernsteuerung unter Supervision durch geschultes Überwachungspersonal die Distanz für die erforderliche Vorverlagerung der Mandibula in nur einer Nacht titriert wurde. Mit einer solch aufwendigen Vorgehensweise konnte besser als zuvor die effektive Einstellung ermittelt werden. Die Implementierung dieser Technik in die klinische Routine hat gerade erst begonnen. Es muss sich zeigen, ob sie einen Effekt auf das Verschreibungsverhalten von Oral Appliances in der Praxis haben wird.

Wirksamkeit und Effektivität der Behandlung

Mittlerweile belegen kontrolliert prospektiv durchgeführte klinische Behandlungsstudien des Evidenzgrads I, dass Vorrichtungen zur Protrusion der Mandibula der Besserung der pharyngealen Obstruktion dienen bzw. dass die schlafinduzierten pathologischen Atmungsereignisse und die dadurch ausgelösten Arousal-Reaktionen ebenso wie die arterielle Sauerstoffsättigung im Schlaf verbessert werden können. Während die Studien zunächst vorwiegend bei leichter bis mittelgradiger OSA durchgeführt wurden, zeigt sich zunehmend, dass UPS auch bei Patienten mit schwerer OSA zur Anwendung kommen könnten (Ramar et al. 2015). Widersprüchliche Berichte gibt es bezüglich deren Wirksamkeit im Hinblick auf subjektiv erlebte Tagesschläfrigkeit, obwohl die Mehrzahl der Studien auf eine Verbesserung schließen lassen (Evidenzgrad Ia). Diesbezüglich hat sich in den prospektiv kontrollierten Studien ein erheblicher Plazeboeffekt offenbart. Auch wenn ein geringfügiger Effekt bezüglich der subjektiven Tageschläfrigkeit berichtet wurde, bleibt die Wirkung auf die objektive Schläfrigkeit der so behandelten Patienten derzeit noch unklar. Hingegen haben eine Reihe von kürzlich publizierten Studien die Möglichkeit einer signifikanten Reduktion des arteriellen Blutdrucks mittels Vorrichtung zur Protrusion des Unterkiefers belegt. In ähnlicher Weise wurde auch über signifikante Verbesserungen der bei den Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe bestehenden neurokognitiven Defizite unter der erfolgreichen Therapie durch mandibuläre Vorverlagerung berichtet (Sutherland et al. 2014). Randomisierte kontrollierte Studien, die die therapeutische Wirksamkeit einer Vorrichtung zu Protrusion der Mandibula (UPS) mit derjenigen von „CPAP“ verglichen, zeigten, dass die CPAP-Therapie bezüglich der Reduktion des „Apnoe-Hypopnoe-Index“ (AHI) wie auch hinsichtlich der Verbesserung der Sauerstoffversorgung überlegen ist (Ramar et al. 2015). Der Anteil von Patienten, die unter Behandlung einen AHI von weniger als zehn je Stunde Schlafzeit erreichten, variierte in dem weiten Bereich zwischen 30 % und 70 % – ein Ergebnis, das auf die großen Unterschiede in der therapeutischen Effektivität der zum Einsatz gekommenen diversen Vorrichtungen hinweist. Auffallend war, dass trotz der effektiven Überlegenheit der CPAP-Therapie in einer Mehrzahl von Untersuchungen die Patienten einer Behandlung mittels Prothese subjektiv den Vorzug vor einer Behandlung mittels kontinuierlicher positiver Überdruckbeatmung (CPAP) gaben (Evidenzgrad Ia). Es konnte gezeigt werden, dass die objektive Compliance hoch ist (Dieltjens et al, Chest, 2013). Bezogen auf die subjektive und objektive Tagesschläfrigkeit fand sich kein substanzieller Unterschied zwischen den Behandlungsmethoden (Ramar et al. 2015). Ähnliches gilt in Bezug auf den Blutdruck (Bratton et al. 2015.
Über die Langzeiterfolge mittels Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) ist wenig bekannt, es gibt aber Berichte mit hohen Erfolgsraten über Zeiträume von zwei und von fünf Jahren. Ferner wurde in einer Studie berichtet, dass von den dazu ausgewählten Patienten ein Anteil von 80 % einwilligten, an einer Langzeitkontrollstudie mit UPS teilzunehmen (Marklund et al. 2004). Die meisten Misserfolge einer Langzeittherapie haben als Ursache entweder den mangelnden Gebrauch der Therapie oder eine unkontrollierte Gewichtszunahme. Es besteht ein großer Bedarf nach gut kontrollierten Langzeitverlaufsstudien. Auch zum Vergleich der Behandlung von UPS mit chirurgischen Verfahren gibt es noch zu wenige Verlaufsstudien. Es liegt eine Studie vor, in der Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe randomisiert entweder mit Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) operiert oder mit einem UPS so behandelt wurden, dass eine Protrusion der Mandibula um die Hälfte der maximal möglichen Distanz bewirkt wurde (siehe auch „HNO-ärztliche Verfahren zur operativen Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“).

Vorhersage des Behandlungserfolgs

Es hat sich gezeigt, dass bei einer Reihe von Patienten mit der Anwendung von Oral Appliances ein Behandlungserfolg nicht zu erzielen ist. Infolgedessen ist es wünschenswert, Kriterien an die Hand zu bekommen, um einen Behandlungserfolg vorhersagen zu können und um gemäß solcher Kriterien diejenigen Patienten auszuwählen, die für die Behandlung geeignet sind. Es liegen aber bisher keine aussagefähigen Vorhersagekriterien vor, obwohl eine Reihe polysomnographischer wie auch anthropometrischer Daten ausgewertet wurden (Okuno et al. 2015). Es herrscht die Meinung vor, dass Oral Appliances für schwere Obstruktive Schlafapnoe keine Behandlungsoption darstellen, wenn auch in Ausnahmefällen über Behandlungserfolge berichtet worden ist. Einige Studien haben über kephalometrische Daten berichtet, wie Verkürzung des weichen Gaumens, unterdurchschnittlich großer Abstand zwischen Mandibularebene und Hyoid, die eventuell auch in Kombination mit noch anderen morphometrischen Kriterien und polysomnographischen Variablen die Genauigkeit für die Vorhersage der Höhe des Apnoe-Hypopnoe-Index nach Behandlung präzisieren können. Als günstige Faktoren für den Behandlungserfolg gelten eher jugendliches Alter, niedriges Körpergewicht, enger Oropharynx, kurzer weicher Gaumen und ein geringer Halsumfang sowie eine lange Maxilla und verstärktes Auftreten von Obstruktiver Schlafapnoe in flacher Rückenlage (Sutherland et al. 2014).

Nebenwirkungen

Die in therapeutischer Absicht vorgenommene Unterkiefervorverlagerung verändert unmittelbar den Biss und die Stellung der Mandibula. Es können daher davon Beschwerden im Bereich des Gebisses oder der Kiefergelenke ausgehen. Die oberen Atemwege sollen durch die Vorrichtung erweitert werden. Ganz unvermeidlich wird dabei Druck auf das Gebiss und auf die Kaumuskulatur ausgeübt. Wenn der Patient die Protrusion nicht bewusst herbeiführt und wenn die Protrusion passiv durch eine Vorrichtung herbeigeführt wird, entsteht immer ein Gegenzug. Außerdem zieht die Erdanziehung die Mandibula beim auf dem Rückenliegen nach unten, und es entsteht ein Zug an den Zähnen des Unterkiefers in mesiale Richtung, der als unangenehm empfunden werden kann.
Unmittelbare Nebenwirkungen
Eine Mehrzahl der Patienten beklagt Nebenwirkungen während der initialen Behandlungsphase. In einem Drittel der Fälle beziehen sie sich auf Schmerzen im Bereich der Zähne und ganz besonders der oberen und der unteren Schneidezähne. Zwischen einem Achtel und einem Drittel aller Patienten klagt über Schmerzen im Kiefergelenk, zwischen einem Viertel und der Hälfte über trockenen Mund, zwischen einem Drittel und der Hälfte über Speichelfluss. Jeder fünfte Patient klagt über Reizung der Schleimhäute durch die Materialien und ein Achtel über Bruxismus (Evidenzgrad IIb) (Sutherland et al. 2014). Die Beschwerden wurden im Allgemeinen als mild bis moderat eingestuft, und sie hielten kürzer als fünf Wochen an. Die meisten Patienten ließen sich durch die Beschwerden nicht am kontinuierlichen Gebrauch hindern. Solche Angaben werden konsistent in zahlreichen Untersuchungen gemacht, und aus den vorübergehenden Beschwerden ergaben sich nur in geringem Umfang Gründe für einen anhaltenden Nichtgebrauch der Vorrichtungen.
Dauerhafte Nebenwirkungen
Es gibt mittlerweile einige Langzeitverlaufsstudien, die bis zu fünf Jahren Behandlungsdauer gehen. Entsprechend der Druckwirkung, die die Vorrichtungen auf die Zahnreihen ausüben, kommt es zu bleibenden Gebissveränderungen in Gestalt einer nach hinten gerichteten Verlagerung der oberen Frontzähne und einer nach vorne gerichteten Verlagerung der unteren Frontzähne und der Mandibula (Pliska et al. 2014). Die Verlagerung der Gebissreihen betrug dabei 0,4–3 mm. Mithilfe kephalometrischer Röntgenbilder oder von Gipsabdrücken konnte festgestellt werden, dass die oberen Schneidezähne sich nach hinten neigen, während sich die unteren Schneidezähne nach vorne verstellen (Pliska et al. 2014). Obwohl derartige Veränderungen häufig fortschreiten, sind sie in der Regel geringfügig und klinisch eher unbedeutend, sodass sie nur selten zur Einstellung der Behandlung zwingen. Während der Langzeitbehandlung ist es aber unvermeidlich, dass manche Patienten infolge der angewandten Methode ausgeprägte Gebissveränderungen erleiden. Die extremsten Veränderungen scheinen sich bei den dazu prädisponierten Personen im Verlauf der ersten beiden Behandlungsjahre einzustellen. Danach scheinen sich die Verhältnisse eher zu stabilisieren. Es bleibt aber festzuhalten, dass die meisten zu der Thematik verfügbaren Studien nur geringe Fallzahlen aufweisen. Es ist weiterer Forschungsaufwand erforderlich, um die dentofazialen Auswirkungen der Behandlung im Einzelnen zu erforschen, die durch die therapeutisch beabsichtigte Protrusion der Mandibula und durch die damit verbundene Haltevorrichtung am Zahnapparat bewirkt werden. Aufgrund der vorliegenden Daten ist jetzt schon offensichtlich, dass die Nebenwirkungen stark von der bei einer bestimmten Vorrichtung gewählten Konfiguration abhängen, ferner von der initialen Verzahnung von Ober- und Unterkiefer beim Schlussbiss mit Abhängigkeit vom Ausmaß eines Überbisses sowie vom Vorhandensein von Implantaten. Auch zur Erforschung der Gebissveränderungen, die unter Behandlung mit UPS auftreten, besteht noch Bedarf an Langzeitstudien. Sollten die befürchteten Langzeitschäden bezüglich des Gebissstatus der Behandelten tatsächlich nachgewiesen werden, dann würde es in Zukunft notwendig sein, die Krankheitsfolgen der Obstruktiven Schlafapnoe und die Gebissschäden gegeneinander abzuwägen und es müssten therapeutische Alternativen wie CPAP bevorzugt angewendet werden. Allgemein wird davon ausgegangen, dass Gebissschäden, die infolge von mechanischen Behandlungsvorrichtungen auftreten, sich nach Ende der Therapie wieder zurückbilden würden. Mittlerweile sind aber auch Gebissschäden dokumentiert, bei denen kieferorthopädische Korrekturmaßnahmen ergriffen werden müssen. Infolgedessen ist es unerlässlich, dass vor Einleitung der Therapie die Patienten auf die möglichen Gefahren und Risiken der Behandlung aufmerksam gemacht werden.

Kontraindikationen

Außer zur Behandlung der Obstruktiven Schlafapnoe haben oral applizierbare mechanische Vorrichtungen keine Behandlungsindikation bei weiteren Schafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS), speziell nicht bei „Zentralen Schlafapnoesyndromen“ und bei „Schlafbezogenen Hypoventilationssyndromen“. Bei der Behandlung von Patienten mit Obstruktiver Schlafapnoe ist es unerlässlich, den Erfolg der Therapie nachzuweisen, nicht nur im Hinblick auf mögliche Plazeboeffekte, sondern auch im Hinblick darauf, dass eventuelle Verschlimmerungen des Krankheitsbilds, die als Folge der Behandlung eintreten, ebenfalls erkannt und dokumentiert werden. In diesem Zusammenhang kann die unbedachte Behandlungseinleitung insbesondere bei Patienten mit schwerer Obstruktiver Schlafapnoe besonders gefährlich sein. Bezüglich des Gebissstatus gilt es vor allem zu beachten, dass sich als Folge des Vorliegens gesundheitlicher Probleme im Bereich des Musculus temporalis und des Unterkiefers Kontraindikationen für die geplante Behandlung ergeben können. Es muss daher in jedem Falle einer geplanten Behandlung ein ausführlicher Zahn-, Kiefer- und Gebissstatus durch einen Facharzt erhoben werden. Wenn die Zähne bzw. das Gebiss nicht als stabiles Widerlager für die Behandlungsvorrichtung geeignet sind, verbietet sich jeder Behandlungsversuch mit UPS. Es wurde vorgeschlagen, Behandlungen, die nur eine Protrusion der Mandibula um weniger als 6 mm zulassen, nicht durchzuführen. Es gibt indes bisher keine zwingenden Nachweise zum Einhalten einer solchen Untergrenze. Zusammenfassend ergibt sich aus all den eben gemachten Betrachtungen für den Einsatz dieser Art therapeutischer Vorrichtungen eine Tendenz zu deren Limitation.

Leitlinien für die klinische Praxis

Von der American Academy of Sleep Medicine (AASM) und der American Academy of Dental Sleep Medicine wurden neue Leitlinien für die klinische Praxis herausgegeben. So sollen oral applizierbare mechanische Vorrichtungen (Oral Appliances) zur Behandlung von Erwachsenen mit Obstruktiver Schlafapnoe zum Einsatz kommen, wenn die Betroffenen die CPAP-Behandlung ablehnen oder wenn sie diese aus anderen Gründen nicht tolerieren. In jedem behandelten Fall ist die Langzeitevaluation erforderlich, solange es keine festen Kriterien für die zuverlässige Voraussage des Behandlungserfolgs gibt.
Ferner gilt die Empfehlung, dass für Diagnostik und Behandlung interdisziplinäre Anstrengungen unter Hinzuziehung von Ärzten und Zahnärzten zu unternehmen sind, um gemeinsam an dem Ziel optimaler und nachvollziehbarer Behandlungserfolge zu arbeiten. Es gibt noch zu wenig Versorgungsforschung, die mit dem Ziel durchgeführt worden wäre, klinische Algorithmen für den Einsatz solcher Vorrichtungen zu entwickeln. Das sollte dringend nachgeholt werden.

Zusammenfassung evidenzbasierter Ergebnisse

  • Oral applizierbare Vorrichtungen zur Protrusion des Unterkiefers (UPS) haben sich bei Patientengruppen mit geringgradig bis moderat ausgeprägter Obstruktiver Schlafapnoe als insgesamt wirksam erwiesen (Evidenzgrad Ia).
  • Die CPAP-Behandlung hat eine größere Effektivität der Behandlung als UPS (Evidenzgrad Ia), aber die Patienten bevorzugen die Behandlung mit UPS (Evidenzgrad Ib).
  • 70–80 % der Patienten benutzen die Vorrichtung auch zwölf Monate nach Behandlungsbeginn noch weiter (Evidenzgrad III).
  • Die Auswirkungen auf den Blutdruck sind zwischen CPAP und UPS vergleichbar (Evidenzgrad Ia).
  • Nebenwirkungen wie exzessiver Speichelfluss, muskuläre Verspannungen und Zahnschmerzen sind während der ersten beiden Behandlungsmonate weit verbreitet, mit Fortsetzung der Behandlung lassen sie aber im Allgemeinen nach (Evidenzgrad IIa).
  • Lang anhaltende Nebenwirkungen wie Verlagerungen oder Lockerungen von Zähnen und Okklusionsstörungen kommen gehäuft vor, sind aber im Allgemeinen mit Evidenzgrad III nur von geringgradiger Ausprägung („Evidenzbasierung und Leitliniengestaltung“).
Literatur
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