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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 06.02.2020

Psychodiagnostische Fragebögen

Verfasst von: Kai Spiegelhalder und Dieter Riemann
Die Psychodiagnostik hat ihre Wurzeln in der Intelligenzmessung. Im Bereich der Schlafforschung und Schlafmedizin wurde in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Instrumenten entwickelt und evaluiert, die sich mit verschiedenen Aspekten des schlafbezogenen Verhaltens sowie mit den Auswirkungen des Schlafs auf die Tagesbefindlichkeit und Leistungsfähigkeit befassen. Im Bereich der Psychodiagnostik gibt es Testverfahren, Interviews, Fragebögen und die Methode der Verhaltensbeobachtung. Die entsprechenden Instrumente sind üblicherweise standardisiert und liegen in manualisierter Form vor.

Synonyme

Psychometrische Fragebögen

Englischer Begriff

psychometric scales

Definition

Die Psychodiagnostik hat ihre Wurzeln in der Intelligenzmessung. Im Bereich der Schlafforschung und Schlafmedizin wurde in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Instrumenten entwickelt und evaluiert, die sich mit verschiedenen Aspekten des schlafbezogenen Verhaltens sowie mit den Auswirkungen des Schlafs auf die Tagesbefindlichkeit und Leistungsfähigkeit befassen. Im Bereich der Psychodiagnostik gibt es Testverfahren, Interviews, Fragebögen und die Methode der Verhaltensbeobachtung. Die entsprechenden Instrumente sind üblicherweise standardisiert und liegen in manualisierter Form vor.

Grundlagen

Gütekriterien psychodiagnostischer Verfahren

Die klassische Testtheorie hat sogenannte Gütekriterien für diagnostische Verfahren entwickelt, vor allem Objektivität, Reliabilität und Validität.
Unter der Objektivität eines Tests versteht man, dass das Resultat eines Tests unabhängig von den situativen Bedingungen der Testdurchführung ist und unabhängig von den Personen, die den Test durchführen, auswerten und interpretieren. Dies geht damit einher, dass die Durchführung, Auswertung und Interpretation eines psychodiagnostischen Tests soweit wie möglich standardisiert sein müssen.. Sind diese Kriterien erfüllt, spricht man von einer guten Objektivität eines Tests.
Unter der Reliabilität eines psychodiagnostischen Verfahrens versteht man die Zuverlässigkeit eines Tests, also wie stark die Messwerte durch Störeinflüsse oder Fehler belastet sind. Die Reliabilität eines Tests wird mit vier Methoden geschätzt: Testwiederholung, Paralleltest, Testhalbierung und interne Konsistenzbestimmung. Bei der Methode der Testwiederholung wird derselbe Test einer gleichen Personengruppe zweimal vorgegeben, und die Testwerte von Messzeitpunkt 1 und 2 werden miteinander verglichen (Test-Retest-Reliabilität). Ein ähnliches Verfahren ist die Methode der parallelen Tests, wobei zwei vergleichbare Tests durchgeführt werden und deren Messergebnisse miteinander verglichen werden. Ein weiteres Verfahren der Reliabilitätsabschätzung ist die Testhalbierung, bei der die eine Hälfte eines Tests mit der anderen Hälfte verglichen wird. Allgemeiner ausgedrückt wird ein Test bei der Bestimmung der internen Konsistenz in mehrere Teile untergliedert und deren Ergebnisse miteinander verglichen.
Unter der Validität eines Tests wird seine Gültigkeit verstanden, d. h. in welchem Maß ein Test inhaltlich das misst, was gemessen werden soll. Hierbei werden die interne und die externe Validität voneinander unterschieden. Unter dem Begriff interne Validität fällt z. B. die sogenannte Augenscheinvalidität. Dies bedeutet, dass die Validität von Items unmittelbar erkennbar ist. Dies wäre bei der Auswertung eines Schlaftagebuchs bei der Frage „Wie lange hat es gedauert, bis Sie eingeschlafen sind?“ der Fall, da es augenscheinlich eindeutig ist, dass mit dieser Frage die subjektiv wahrgenommene Einschlaflatenz erhoben wird. Im Gegensatz dazu werden die Ergebnisse bei der Prüfung der externen Validität mit anderen Tests verglichen, die etwas ähnliches messen. Im Hinblick auf die Schlafmedizin bedeutet das zum Beispiel, dass ein Test, der die Schwere einer insomnischen Symptomatik messen soll, Gesunde von Insomnie-Patienten klar differenzieren sollte.

Psychodiagnostik in der Schlafmedizin

Tab. 1 gibt einen Überblick über die verschiedenen Bereiche der Psychodiagnostik, die in der Schlafmedizin relevant sind.
Tab. 1
Anwendungsbereiche psychodiagnostischer Verfahren
Anwendungsbereich
Verfahren
Intelligenz- und Leistungsdiagnostik
Z. B. Hamburg-Wechsler-Intelligenztest (HAWIE)
Persönlichkeitsdiagnostik
Z. B. Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI)
Diagnostische Interviews und klinische Checklisten
Z. B. strukturiertes klinisches Interview für Diagnosen nach DSM-IV (SKID)
Allgemeine, störungsübergreifende Verfahren
Z. B. Befindlichkeits-Skala (Bf-S)
Z. B. Clinical Global Impression (CGI)
Z. B. SF-36
Störungsspezifische Verfahren
Für demenzielle Störungen z. B. Mini Mental Status Test (MMST)
Für psychotische Störungen z. B. Brief Psychiatric Rating Scale (BPRS)
Für Affektive Störungen z. B. Beck Depressionsinventar (BDI)
Für Angst- und Zwangsstörungen z. B. State-Trait-Angstinventar (STAI)
Für Schmerz z. B. Schmerzempfindungsskala (SES)
Für motorische Symptome z. B. Extrapyramidale Symptomskala (EPS)
Für Schlafstörungen z. B. Pittsburgh Schlafqualitätsindex (PSQI)
Spezifische Instrumente in der Schlafmedizin lassen sich einteilen in solche, die zur Erstellung von Diagnosen dienen (meist standardisierte Interviews), solche, die punktuell darauf zielen, das schlafbezogene Verhalten zu erfassen („Schlaffragebögen SF-A und SF-B“ wie der „Pittsburgh Schlafqualitätsindex“, PSQI), und „Schlaftagebücher“, die über lange Zeiträume eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es Verfahren, die nicht nur das Vorliegen einer Störung feststellen, sondern auch ihren Schweregrad bestimmen, etwa zur Insomnie, zum „Restless-Legs-Syndrom“ oder zur „Hypersomnie“ (siehe auch „Insomnie“).

Auswerteverfahren

Eine wichtige Voraussetzung für die Objektivität eines Tests ist, dass eine standardisierte Durchführung und Auswertung vorgegeben ist. Dieses Kriterium erfüllen die meisten psychodiagnostischen Tests, die in der Schlafmedizin eingesetzt werden. Beim Einsatz der Verfahren sollte darauf geachtet werden, dass eine standardisierte Anleitung vorliegt und dass die Testbedingungen immer gleich sind. Ebenso sollte der Auswertealgorithmus klar definiert sein. Am besten ist es, wenn computerisierte Testauswertungsprogramme vorliegen, sodass menschliche Fehler beim Berechnen der Testergebnisse ausgeschlossen sind.

Apparative Umsetzung, Geräte

Teilweise liegen die psychodiagnostischen Verfahren der Schlafmedizin in computerisierter Form vor, sodass sie von Patienten direkt am Bildschirm ausgefüllt werden können.

Indikationen

Alle Bereiche der Schlafmedizin.

Grenzen der Methoden

Psychodiagnostische Methoden ersetzen nicht die Diagnostik durch eine klinisch geschulte Person, die alle zur Verfügung stehenden Informationsquellen mit einbezieht und bewertet, um zu klinischen Entscheidungen zu kommen.
Literatur
Collegium Internationale Psychiatriae Scalarum (Hrsg) (2005) Internationale Skalen für Psychiatrie. 5., vollst überarb. u. erw. Aufl. Beltz, Göttingen
Mitler MM, Carskadon MA, Hirshkowitz (2005) Evaluating sleepiness. In: Kryger MH, Roth T, Dement WC (Hrsg) Principles and practice of sleep medicine. Elsevier Saunders, Philadelphia, S 1417–1423CrossRef
Spielman AJ, Yang CM, Glovinsky PB (2005) Assessment techniques for insomnia. In: Kryger MH, Roth T, Dement WC (Hrsg) Principles and practice of sleep medicine. Elsevier Saunders, Philadelphia, S 1403–1416CrossRef