Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Verfasst von:
Svenja Happe
Publiziert am: 01.09.2022

Schlafgebundener Kopfschmerz

Der Schlafgebundene Kopfschmerz ist ein seltenes primäres Kopfschmerzsyndrom des älteren Menschen und wurde erstmalig 1988 beschrieben und 2003 erstmals in die Kopfschmerzklassifikation der International Headache Society (IHS) aufgenommen. Der Schlafgebundene Kopfschmerz gehört zu den Schlafbezogenen Kopfschmerzen. Die Diagnose erfolgt nach den Kriterien der International Headache Society bzw. der American Academy of Sleep Medicine auf der Grundlage des klinischen Erscheinungsbildes.

Englischer Begriff

hypnic headache

Definition

Der schlafgebundene Kopfschmerz ist ein seltenes primäres Kopfschmerzsyndrom des älteren Menschen und wurde erstmalig 1988 von Raskin als hypnic headache beschrieben und 2003 erstmals in die Kopfschmerzklassifikation der International Headache Society (IHS) aufgenommen. Der schlafgebundene Kopfschmerz gehört zu den „Schlafbezogenen Kopfschmerzen“. Die Diagnose erfolgt nach den Kriterien der International Headache Society (IHS) von 2019 bzw. der American Academy of Sleep Medicine (AASM) von 2014 auf der Grundlage des klinischen Erscheinungsbildes. Siehe auch „Kopfschmerz“.

Epidemiologie

Bisher sind nur Einzelfälle beschrieben. Die Erkrankung beginnt typischerweise nach dem 50. Lebensjahr.

Pathophysiologie

Die bisherigen Beobachtungen lassen vermuten, dass der schlafgebundene Kopfschmerz mit dem REM-Schlaf assoziiert ist. Bislang gibt es jedoch nur von wenigen Patienten mit schlafgebundenem Kopfschmerz polysomnographische Aufzeichnungen, wobei teilweise ein Auftreten aus dem REM-Schlaf berichtet wird. Klinische Ähnlichkeiten zum Cluster-Kopfschmerz mit Beeinträchtigung biologischer Rhythmen und Einsatz von Lithium auch in der Prophylaxe des Clusterkopfschmerzes lässt eine ähnliche Pathogenese beider Kopfschmerzsyndrome vermuten. Da die biologische Uhr beim Menschen durch Serotonin moduliert wird und Lithiumcarbonat die serotonerge Neurotransmission vor allem im Hippocampus erhöht, liegt beiden Syndromen möglicherweise eine gestörte serotonerge Übertragung zugrunde. Insgesamt ergeben sich Hinweise darauf, dass eine hypothalamische Beteiligung in der Pathogenese des primären schlafgebundenen Kopfschmerzes vorliegt.

Symptomatik

Es kommt hierbei zu diffusen oder bilateralen Kopfschmerzen für die Dauer von 15 Minuten bis zu vier Stunden, die ein- bis zweimal in einer Nacht nur aus dem Schlaf heraus auftreten und den Betreffenden typischerweise zur selben Uhrzeit wecken (alarm clock). Sie müssen an mehr als zehn Tagen pro Monat über mehr als drei Monate aufgetreten sein, um von einem schlafgebundenen Kopfschmerz sprechen zu können. Die Kopfschmerzen können auch während eines Schlafes am Tage vorkommen. Gelegentlich werden die Kopfschmerzen von Übelkeit begleitet, autonome Symptome kommen typischerweise nicht vor. Charakteristisch ist eine motorische Unruhe beim Erwachen. In seltenen Fällen treten die Kopfschmerzen mehrmals in der Nacht auf. Manche Patienten berichten von lebhaften Träumen, wenn sie mit den Kopfschmerzen erwachen.

Therapie

Als wirksam haben sich eine Therapie mit Lithiumcarbonat oder Koffein zur Nacht erwiesen. Auch eine Therapie mit Atenolol, Indometacin, Melatonin, einer Kombination aus Ergotamin mit Belladonna Alkaloiden und Phenobarbital, Clonazepam, Gabapentin und Flunarizin wurde in Einzelfällen als erfolgreich beschrieben. Siehe Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (www.dmkg.de).
Literatur
American Academy of Sleep Medicine (2014) International classification of sleep disorders, 3. Aufl. American Academy of Sleep Medicine, Darien
Happe S, Evers S (2016) Kopfschmerzen und Schlaf. Der Schlaf 5:10–15
Holle D, Naegel S, Obermann M (2013) Hypnic headache. Cephalalgia 33:1349–1357CrossRef
Kopfschmerzklassifizierungskomitee der International Headache Society (2019) Internationale Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen, 3. Aufl. Nervenheilkunde 38:S1–S184
Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. www.​dmkg.​de