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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 30.01.2020

Schlafpausen

Verfasst von: Kai Spiegelhalder und Dieter Riemann
In westlichen Industrieländern haben die meisten Erwachsenen ein monophasisches Schlafmuster. Dies bedeutet, dass sie nachts schlafen und tagsüber nicht. In anderen Kulturen hingegen, bevorzugt in südlichen Ländern, ist es jedoch sehr verbreitet, einen Mittagsschlaf zu halten. Der menschliche Säugling hat ein polyphasisches Schlafmuster mit vielen über den Tag verteilten Schlafphasen. Ab dem ersten Lebensjahr haben Kinder eine konsolidierte Schlafphase nachts und etwa zwei Schlafepisoden am Tag. Ab dem Kindergartenalter liegt meistens nur noch eine Schlafepisode am Tag vor. Mit der Einschulung verschwindet der Mittagsschlaf in der Regel und tritt meist erst nach der Berentung wieder regelmäßig auf.

Synonyme

Naps; Nickerchen

Englischer Begriff

naps

Grundlagen

In westlichen Industrieländern haben die meisten Erwachsenen ein monophasisches Schlafmuster. Dies bedeutet, dass sie nachts schlafen und tagsüber nicht. In anderen Kulturen hingegen, bevorzugt in südlichen Ländern, ist es jedoch sehr verbreitet, einen Mittagsschlaf zu halten. In Japan ist das Einlegen von kurzen Schlafpausen am Tage („Inemuri“) eine verbreitete und akzeptierte Praxis. Der menschliche Säugling hat ein polyphasisches Schlafmuster mit vielen über den Tag verteilten Schlafphasen. Ab dem ersten Lebensjahr haben Kinder eine konsolidierte Schlafphase nachts und etwa zwei Schlafepisoden am Tag. Ab dem Kindergartenalter liegt meistens nur noch eine Schlafepisode am Tag vor. Mit der Einschulung verschwindet der Mittagsschlaf in der Regel und tritt meist erst nach der Berentung wieder regelmäßig auf. Die chronobiologische Forschung legt nahe, dass es sich bei der mittäglichen Tendenz zu erhöhter Müdigkeit und Schläfrigkeit nicht nur um eine Folge der Nahrungsaufnahme, sondern um einen inhärenten biologischen Rhythmus handelt. Die Einschlafneigung erreicht neben den Nachtstunden in den Nachmittagsstunden einen zweiten Gipfel. Es wurde und wird viel darüber spekuliert, ob sich ein Mittagsschlaf positiv nutzen lässt, um die Leistungsfähigkeit in den folgenden Nachmittagsstunden zu erhöhen.

Forschung zum Mittagsschlaf

Die wissenschaftliche Erforschung des Mittagsschlafs begann mit den Isolationsversuchen im Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Andechs. In diesen Versuchen zeigte sich in den Fällen, in denen ein Mittagsschlaf erlaubt wurde, dass etwa drei Viertel der dort untersuchten Versuchspersonen einen Mittagsschlaf hielten. Eine Analyse der Daten aus der Zeit, als der Mittagsschlaf noch nicht erlaubt wurde, zeigte zudem, dass auch in diesem Fall mehr als die Hälfte der Versuchsprobanden während der Isolationsprotokolle einen Mittagsschlaf hielten. Interessanterweise ergaben die Datenanalysen, dass, sobald ein Mittagsschlaf zugelassen wurde, kaum eine Desynchronisationen zwischen Körpertemperatur und Schlaf-Wach-Rhythmus auftrat, wie das der Fall gewesen war, als ein Mittagsschlaf nicht gestattet war („Chronobiologie“). Ebenso konnten Experimente mit dem Multiplen Schlaflatenztest (MSLT, „Multipler Schlaflatenztest und Multipler Wachbleibetest“) belegen, dass bei gesunden Probanden unter kontrollierten Bedingungen und nach ausreichendem Nachtschlaf die kürzesten Schlaflatenzen in der Mittagszeit zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr auftreten. Die Mittagszeit zeichnet sich somit offenbar physiologisch durch eine erhöhte Müdigkeit und Schläfrigkeit aus. Es konnte auch gezeigt werden, dass die Mittagsmüdigkeit weitgehend unabhängig von der Nahrungsaufnahme auftritt. Neuropsychologische Untersuchungen belegten zudem, dass die Mittagszeit durch eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit gekennzeichnet ist. Daraus wurde gefolgert, dass der Mensch aus biologischer Sicht dazu prädisponiert ist, den Tag in zwei Aktivitätszeiten mit einem Mittagsschlaf dazwischen einzuteilen.
In Bezug auf die leistungssteigernde Wirkung des Mittagsschlafs wird generell empfohlen, nicht zu lange zu schlafen, sondern die Zeit auf 15–30 Minuten zu beschränken. Andernfalls kann nach einem Mittagsschlaf „Schlaftrunkenheit“ auftreten.
Kontrollierte Studien zum Mittagsschlaf legen nahe, dass Versuchspersonen nach einem Mittagsschlaf schneller reagieren, aufmerksamer und konzentrierter arbeiteten und besser gelaunt sind als Versuchspersonen ohne Mittagsschlaf (Lovato und Lack 2010). Dies hat direkte klinische Konsequenzen für die Behandlung von Menschen mit Schichtarbeit, denen vor oder während Nachtschichten, wenn möglich, Schlafpausen empfohlen werden (Morgenthaler et al. 2007) („Nachtarbeit und Schichtarbeit“).
Literatur
Lovato N, Lack L (2010) The effects of napping on cognitive functioning. Prog Brain Res 184:155–166CrossRef
Morgenthaler TI, Lee-Chiong T, Alessi C, Friedman L, Aurora RN, Boehlecke B, Brown T, Chesson AL Jr, Kapur V, Maganti R, Owens J, Pancer J, Swick TJ, Zak R (2007) Practice parameters for the clinical evaluation and treatment of circadian rhythm sleep disorders. An American Academy of Sleep Medicine report. Sleep 30:1445–1459CrossRef
Zulley J, Knab B (2000) Unsere innere Uhr. Herder Spektrum Verlag, Freiburg