Der Grad der Übereinstimmung zwischen dem gemessenen und dem beurteilten Schlaf variiert deutlich zwischen Gesunden und Patienten mit
Insomnie. Bei anderen Patientengruppen ist die Datenlage unzureichend für gesicherte Aussagen.
Beim Vergleich von objektiv gemessenem und subjektiv erlebtem Schlaf müssen eine Reihe von methodischen Eigenheiten jedes der beiden
Messverfahren berücksichtigt werden. Die Messung des physiologischen Schlafverlaufs durch die
Polysomnographie reduziert den Schlaf auf einige wenige Zustände, die Schlafstadien, die mit einer festen zeitlichen Auslösung von meist 30 Sekunden bestimmt werden. Daraus werden wesentliche Parameter wie der Beginn und das Ende des Schlafs sowie seine Dauer, Konsistenz und Struktur berechnet. Wie jedoch schon die Untersuchung von Hauri und Olmstead (
1983) zum Schlafbeginn nahelegt, benutzen Gesunde und Patienten mit
Insomnie unterschiedliche „Filtereinstellungen“, um den erlebten Übergang zwischen Wachen und Schlafen zu bestimmen. Im gegebenen Fall benötigen Patienten mit Insomnie am Übergang vom Wachsein in den Schlaf offenbar eine längere Zeit, bis sie sich über den Übergang versichert haben. Ähnliches kann auch für andere Schlafparameter angenommen werden.
Eine weitere Annahme des in Form der PSG gemessenen Schlafes ist, dass die Schlafstadien fixe, globale Gehirnzustände repräsentieren. Seit einigen Jahren wird jedoch „Lokaler Schlaf“ als alternatives Modell diskutiert. Dabei wird angenommen, dass Schlaf eine Eigenschaft lokaler neuronaler Netzwerke in verschiedenen Hirnstrukturen ist. Unter dieser Annahme kann es zum gleichzeitigen Auftreten schlafartiger und wachartiger Aktivität in verschiedenen Hirnarealen kommen. In experimentellen Untersuchungen mit kortikalen und intrazerebralen
Elektroden wurden solche elektrophysiologische Dissoziationen auch nachgewiesen (Nobili et al.
2011). Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren, in denen im Unterschied zum kortikalen
EEG die Aktivität von tieferen Hirnareale dargestellt werden kann, ergaben zudem, dass der regionale Glukosestoffwechsel von Insomniepatienten im Vergleich zu gesunden Schläfern im
NREM-Schlaf und im Wachen in charakteristischer Weise verändert ist (Kay et al.
2016). In einer neuen Untersuchung, wiederum im Vergleich von Insomniepatienten und normalen Schläfern, fanden die Autoren, dass die Diskrepanz zwischen gemessener und beurteilter Schlaflatenz ebenfalls im Zusammenhang mit dem relativen Glukosestoffwechsel in Hirnregionen steht, die in der früheren Untersuchung an der bewussten Wahrnehmung der PSG-definierten Zustände beteiligt waren (Kay et al.
2017). Ausgehend von der Annahme der Koexistenz schlaf- und wachartiger Hirnaktivität in PSG-definierten Stadien kann vermutet werden, dass eine unterschiedliche Aktivierung und Synchronisierung lokaler neuronaler Zentren bei normal schlafenden Personen und solchen mit unterschiedlichen
Schlafstörungen eine Ursache für Unterschiede in der Schlafwahrnehmung sind.