Grundlagen
Substanzen können die Schlaf-Wach-Regulation auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Einerseits kann es einen akuten Effekt geben, wie zum Beispiel bei „Stimulanzien“, die zu einer Steigerung der Wachheit und in der Folge zu einer Beeinträchtigung des Nachtschlafs führen. Dasselbe gilt für sedierende oder hypnotische Substanzen, wie Alkohol oder „Hypnotika“, die initial das Einschlafen positiv beeinflussen.
Von akuten Effekten lassen sich die Effekte bei längerer Einnahme unterscheiden, da viele Substanzen zu
Toleranz und Gewöhnung führen.
Zudem tritt beim Absetzen vieler Substanzen
Rebound ein, d. h. ein verstärktes Auftreten der ursprünglichen Symptomatik, gegen die die Substanz ursprünglich eingenommen wurde. So können nach dem Absetzen von
Hypnotika verstärkte insomnische Symptome auftreten oder nach dem Absetzen von
Stimulanzien hypersomnische Symptome.
Darüber hinaus ist bekannt, dass manche
Hypnotika mit langer
Halbwertszeit die Vigilanz am nächsten Tag negativ beeinflussen können. Sie führen zu erhöhter Müdigkeit und Schläfrigkeit, was wiederum eine Destabilisierung des Schlaf-Wach-Rhythmus bedingen kann.
Tab.
1 zeigt einen Überblick über Substanzen und Substanzgruppen, für die bekannt ist, dass sie mit der Schlaf-Wach-Regulation interferieren.
Tab. 1Zentralnervös wirksame Substanzen, die
Insomnie verursachen
| β-Blocker |
Asthmamedikamente | |
Hormonpräparate | Thyroxin; Steroide |
| Gyrasehemmer |
| Piracetam |
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| MAO-Hemmer |
Serotoninwiederaufnahmehemmer | |
Rauschmittel | Alkohol; Opiate |
Stimulierende Substanzen | |
Im Einzelfall ist ein Zusammenhang zwischen einer Medikamenteneinnahme und Schlafbeschwerden insbesondere dann naheliegend, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. In vielen Fällen kann dann auf andere Substanzen ausgewichen werden.
Paradoxerweise können
Hypnotika insomnische Symptome aufrechterhalten. Dies gilt besonders für die Benzodiazepinrezeptoragonisten. Insbesondere die „Benzodiazepine“ mit langer
Halbwertszeit sind dafür bekannt, dass sie Überhangeffekte am nächsten Morgen haben, was beispielsweise zu einer reduzierten Reaktionsfähigkeit im Straßenverkehr führen kann. Bei älteren Patienten, die nicht mehr im Berufsleben stehen, hat dies oft den Effekt, dass die Patienten über den eigentlichen Aufstehzeitpunkt hinaus schlafen und vermehrt Zeit im Bett verbringen, was den natürlichen Schlafdruck am nächsten Abend reduziert und zu einer Aufrechterhaltung insomnischer Beschwerden führt. Ein weiterer Effekt, der sich negativ auf
Schlafstörungen auswirkt, ist das Phänomen von Rebound- und Absetzinsomnien, das nach dem Absetzen von Hypnotika auftreten kann. Selbst die kurzfristige Einnahme dieser Substanzen kann dazu führen, dass beim abrupten Absetzen verstärkt insomnische Beschwerden auftreten. Dies hat zur Folge, dass die Patienten das Medikament wieder einnehmen und eine Abhängigkeit entwickeln können. Um dieses Risiko zu vermeiden, wird empfohlen, Benzodiazepinrezeptoragonisten langsam abzusetzen.
Darüber hinaus ist in Bezug auf psychiatrische Medikation bekannt, dass antriebssteigernde „Antidepressiva“ wie die Monoaminoxidasehemmer oder Serotoninwiederaufnahmehemmer den Schlaf negativ beeinflussen können. Diese führen typischerweise zu insomnischen Symptomen. Teilweise werden diese Substanzen mit sedierenden
Antidepressiva kombiniert, um insomnische Beschwerden zu reduzieren. Darüber hinaus können einige Antidepressiva Symptome eines „Restless-Legs-Syndrom“ mit einer erhöhten Anzahl nächtlicher periodischer Beinbewegungen (PLMS) hervorrufen.
Zudem können legale und illegale Genussmittel den Schlaf stören, zum Beispiel Alkohol ( „Alkohol-induzierte Schlafstörung“) und „Koffein“.
Koffein ist ein Stimulans und führt zu Wachheit, Anspannung und Erregung. Dementsprechend wird bei
Insomnie empfohlen, nach dem Mittagessen kein Koffein mehr einzunehmen.
Eine Substanz, die eine jahrtausendealte Tradition im Hinblick auf die Induktion von Schlaf hat, ist der Alkohol. Die empirische Forschung hat jedoch gezeigt, dass Alkohol kein empfehlenswertes Schlafmittel ist. Dem positiven Effekt auf die Einschlaflatenz stehen negative Effekte auf das Durchschlafen und die Häufigkeit von nächtlichen Atemaussetzern entgegen. Selbst beim normalen Gebrauch von Alkohol kann es zu Durchschlafstörungen kommen, die auf Absetzeffekte des Alkohols im Verlauf der Nacht zurückzuführen sind. Alkoholkarenz ist daher eine Empfehlung innerhalb der Regeln der „Schlafhygiene“.
Bei den illegalen Drogen haben zum Beispiel Opiate und
Amphetamine einen Effekt auf den Schlaf. Für die Opiate gilt analog zum Alkohol, dass sie zwar die Einschlafzeit verringern, andererseits aber zu Durchschlafstörungen führen. Darüber hinaus haben Opiate ein hohes Sucht- und Abhängigkeitspotenzial. Ebenso tritt ein
atemdepressorischer Effekt auf, der zum erhöhten Auftreten von Apnoen nach Einnahme führen kann. Es ist auch bekannt, dass bei Schmerzpatienten, die mit Opiaten behandelt werden, „Zentrale Schlafapnoesyndrome“ induziert werden können.
Stimulanzien wie zum Beispiel
Amphetamine werden in der Regel eingenommen, um wach zu bleiben. Viele dieser Substanzen führen zu
Toleranz, sodass bei Einnahme einer konstanten Dosis nach einiger Zeit nicht mehr der gewünschte positive Effekt eintritt. Die Dosis wird dann meistens gesteigert, und es können sich Missbrauch und Abhängigkeit entwickeln. Darüber hinaus gilt, dass auch das Absetzen von Stimulanzien zu
Schlafstörungen führen kann. Dies kann einerseits durch ein Auftreten von
depressiven Episoden bedingt sein, beispielsweise nach dem Absetzen von
Kokain, andererseits auch durch einen direkten zentralnervösen Effekt der Substanzen.