Die histopathologische Beurteilung melanozytärer Proliferationen ist in den meisten Fällen einfach und eindeutig. Nicht ohne Grund galt die Histopathologie lange Zeit als der alle anderen Befunde übertrumpfende diagnostische Standard. Selbst in jenen Problembereichen, wie zum Beispiel der Unterscheidung zwischen Spitz Nävus und spitzoidem Melanom, in denen die Grenzen der Pathologie zu Tage treten, hielt man im Allgemeinen wenig von der Integration anderer morphologischer Befunde wie dem klinischen oder dermatoskopischen Erscheinungsbild. Eine Lösung diagnostischer Probleme in der Befundung melanozytärer Proliferationen erwartete man sich allenfalls durch das Einholen molekulargenetischer Befunde, aber nicht durch die Integration des klinischen oder dermatoskopischen Erscheinungsbildes. In gewisser Weise ist diese Sichtweise verständlich. Im Gegensatz zur Betrachtung mit dem freien Auge oder mit dem Dermatoskop, bei denen architektonische Kriterien wie die Verteilung von Farbe und Struktur eine wesentliche Rolle spielen, erweitert die Histopathologie die Anschauung um zytomorphologische Aspekte, die dem Untersucher, der auf das unbewaffnete Auge oder das Dermatoskop angewiesen ist, nicht zugänglich sind. Anderseits jedoch muss man bedenken, dass sich die histomorphologische Beurteilung auf einige wenige, 4 μm dicke, vertikale Anschnitte der Gesamtläsion beschränken muss, während die in vivo Untersuchung mit dem Dermatoskop eine Betrachtung der Gesamtläsion in der Horizontalebene erlaubt.
Die histopathologische Beurteilung melanozytärer Proliferationen ist in den meisten Fällen einfach und eindeutig. Nicht ohne Grund galt die Histopathologie lange Zeit als der alle anderen Befunde übertrumpfende diagnostische Standard. Selbst in jenen Problembereichen, wie zum Beispiel der Unterscheidung zwischen Spitz Nävus und spitzoidem Melanom, in denen die Grenzen der Pathologie zu Tage treten, hielt man im Allgemeinen wenig von der Integration anderer morphologischer Befunde wie dem klinischen oder dermatoskopischen Erscheinungsbild. Eine Lösung diagnostischer Probleme in der Befundung melanozytärer Proliferationen erwartete man sich allenfalls durch das Einholen molekulargenetischer Befunde, aber nicht durch die Integration des klinischen oder dermatoskopischen Erscheinungsbildes. In gewisser Weise ist diese Sichtweise verständlich. Im Gegensatz zur Betrachtung mit dem freien Auge oder mit dem Dermatoskop, bei denen architektonische Kriterien wie die Verteilung von Farbe und Struktur eine wesentliche Rolle spielen, erweitert die Histopathologie die Anschauung um zytomorphologische Aspekte, die dem Untersucher, der auf das unbewaffnete Auge oder das Dermatoskop angewiesen ist, nicht zugänglich sind. Anderseits jedoch muss man bedenken, dass sich die histomorphologische Beurteilung auf einige wenige, 4 μm dicke, vertikale Anschnitte der Gesamtläsion beschränken muss, während die in vivo Untersuchung mit dem Dermatoskop eine Betrachtung der Gesamtläsion in der Horizontalebene erlaubt.
Dermatoskopie
Die Dermatoskopie („Auflichtmikroskopie“) ist eine nicht invasive Untersuchungstechnik, bei der störende Reflexions- und Streuungsphänomene an der Hautoberfläche durch Auftragen einer Kontaktflüssigkeit oder mit Hilfe von polarisiertem Licht und einem Polarisationsfilter vermindert werden, sodass im Unterschied zur Betrachtung mit dem freien Auge auch tiefere Strukturen untersucht werden können (Kittler 2009). Die Dermatoskopie ist nicht einfach nur eine Vergrößerung, sondern ermöglicht dem Betrachter die Untersuchung von Strukturen, die dem freien Auge unzugänglich sind. Abbildung 1 zeigt eine klinisch-dermatoskopisch-histopathologische Korrelation mit 3 verschieden Sichtweisen auf ein in situ Melanom: Abb. 1a zeigt die Läsion wie sie dem bloßen Auge erscheint. Das einzig auffällige Kriterium ist eine unregelmäßige Pigmentierung, eine Struktur ist aber nicht erkennbar. Im dermatoskopische Bild (Abb. 1b) ist wie bei der Betrachtung mit dem freien Auge eine unregelmäßige Verteilung der Brauntöne zu erkennen zusätzlich aber auch eine unregelmäßige Verteilung der Struktur. Während sich im linken Teil braune Linien und ein strukturloses Areal finden kann man im rechten Teil braune Schollen erkennen. Diese strukturelle Asymmetrie ist typisch für ein Melanom. Im histopathologischen Schnitt aus dem linken Teil der Läsion (Abb. 1c) sieht man vorwiegend Einzelzellen in der Epidermis, währen man im rechten Teil (Abb. 1d) große epidermale Nester erkennen kann, die den braunen Schollen entsprechen. Die dermatoskopisch sichtbare Asymmetrie ist also in der Histopathologie erhalten geblieben.
Abb. 1
Klinisch-dermatoskopisch-histopathologische Korrelation. a Läsion mit bloßem Auge betrachtet; b unregelmäßige Verteilung der Brauntöne sowie zusätzlich eine unregelmäßige Verteilung der Struktur; c histopathologischer Schnitt aus dem linken Teil der Läsion; d große epidermale Nester, die den braunen Schollen entsprechen
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Das Haupteinsatzgebiet der Dermatoskopie ist die Untersuchung von Pigmentläsionen, in erster Linie natürlich die Unterscheidung zwischen Melanom und Nävus. Daneben erleichtert die Dermatoskopie auch die Diagnose pigmentierter, nicht-melanozytärer Proliferationen wie dem pigmentierten Basaliom, seborrhoischer Keratosen und dem Dermatofibrom, und spielt sogar bei der Beurteilung nicht pigmentierter Hautveränderungen eine gewisse Rolle. Da eine dermatoskopisch-histopathologische Korrelation fast ausschließlich bei der Unterscheidung zwischen Melanom und Nävus zum Tragen kommt, wird sich dieses Kapitel auf dieses Anwendungsgebiet der Dermatoskopie beschränken.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Sowohl die Dermatoskopie als auch die Dermatopathologie sind morphologische Untersuchungsmethoden, die dem Untersucher einen gewissen subjektiven Spielraum in der Beurteilung und Interpretation der Kriterien überlassen. Während man mit der Dermatoskopie typischerweise lebendes Gewebe betrachtet (die ex-vivo-Dermatoskopie einmal ausgenommen), beschäftigt sich die Dermatopathologie traditionellerweise mit totem Gewebe. Das spielt zum Beispiel bei der Beurteilung von Gefäßstrukturen und Entzündungsreaktionen eine Rolle, die dem Auflichtmikroskop (Dermatoskop) in vivo eher zugänglich sind als dem Durchlichtmikroskop ex vivo. Allerdings sind bei pigmentierten Läsionen die Verteilung und die Anordnung von Melanin (Abb. 1c und d) aussagekräftiger als Gefäßstrukturen. Während in der Dermatoskopie natürlich vorhandenes Melanin das wesentliche farbgebende Pigment darstellt, erhalten histopathologische Schnitte ihren farblichen Kontrast durch artifiziell zugefügte Farbstoffe (z. B. Hämatoxilin und Eosin). Asymmetrie in der Dermatoskopie bedeutet also in der Regel eine unregelmäßige Verteilung von Melanin oder von mit Melanin beladenen Zellen, während Asymmetrie im histopathologischen Schnitt auch die unregelmäßige Verteilung und Anordnung nicht pigmentierter Melanozyten miteinschließt. Die Dermatoskopie ist blind in Bezug auf nicht pigmentierte Strukturen.
Im histopathologischen Schnitt beurteilen wir die Verteilung und Anordnung von Melanin und Melanozyten anhand von Stichproben in Form einiger, mehr oder weniger zufällig gewählter, vertikaler Schnittebenen. Das aber ist der wesentliche Nachteil der histopathologischen Beurteilung, denn durch eine unglückliche Wahl der Schnittebene kann eine horizontale Asymmetrie im Vertikalschnitt unsichtbar bleiben, was zu Stichprobenfehlern führen kann. In der Dermatoskopie hingegen beurteilen wir die Gesamtläsion in der Horizontalebene, wobei das eigentliche Erscheinungsbild einem durch Absorption, Reflexion und Streuung von Licht bedingten Summeneffekt in übereinander geschichteten Ebenen entspricht. So gesehen enthält die Dermatoskopie mehr Information als ein einzelner histopathologischer Schnitt. Der erwähnte Summeneffekt ergibt sich aus der Tatsache, dass Melanin im Dermatoskop abhängig von der Lokalisation entweder schwarz und braun (in der Epidermis), grau (in der papillären Dermis) oder blau (in der retikuläre Dermis) erscheinen kann. Eine ungleichmäßige Verteilung von Melanin in verschiedenen Schichten der Haut ist daher dermatoskopisch gut sichtbar. Aus den erwähnten Tatsachen ergibt es sich, dass eine Einbindung der Dermatoskopie in die histopathologische Befundung Stichprobenfehler verhindern kann (Ferrara et al. 2009b). Natürlich lassen sich Stichprobenfehler auch durch Serienschnitte minimieren, jedoch ist es ökonomischer diesen Aufwand nur in ausgesuchten Fällen zu treiben, nämlich dann, wenn eine dermatoskopisch auffällige Asymmetrie in den histopathologischen Schnitten nicht nachvollziehbar ist.
Wie bereits erwähnt bleibt die Beurteilung zytomorphologischer Aspekte der Histopathologie vorbehalten. Ob die Melanoyzten epitheloid, spindelig, lymphoid, bipolar oder balloniert sind und ob Mitosen vorhanden sind, kann nur die Histopathologie beantworten. Der Einfluss zytomorphologischer Kriterien auf die Diagnose schwankt, ist jedoch bei knotigen melanozytären Proliferationen größer als bei flachen. Bei flachen, vorzugsweise epidermalen Läsionen, spielen architektonische Kriterien wie Symmetrie und Begrenzung eine größere Rolle als zytomorphologische. In der Praxis ist eine Integration der dermatoskopischen und histopathologischen Sichtweisen bei vorwiegend epidermalen und flachen melanozytären Proliferationen nützlich, also bei solchen, bei denen die horizontale Ausdehnung wesentlich größer ist als die vertikale.
Schließlich sei erwähnt, dass die klinische und dermatoskopische Untersuchung am Patienten den Vorteil mit sich bringt, einzelne Läsionen im Kontext beurteilen zu können. Mit Kontext ist nicht nur das Alter des Patienten, die Lokalisation, oder die Anamnese gemeint, denn diese Information wird ja in der Regel über die Zuweisung auch dem Dermatopathologen übermittelt, sondern die Zahl und vor allem die Variabilität des morphologische Erscheinungsbildes der restlichen Nävi des betroffenen Patienten. Da es dem Pathologen normalerweise nicht möglich ist mehrere melanozytäre Proliferationen eines Patienten miteinander zu vergleichen (außer es handelt sich um Serienexzisionen multipler Nävi), kann er sich nicht, wie der Kliniker, die Vorteile einer komparativen Diagnostik zunutze machen (Argenziano et al. 2011).
Dermatoskopisch-histopathologische Korrelation
Eine Grundkenntnis dermatoskopischer Strukturen und ihrer histopathologischen Korrelate ist schon allein notwendig um die Beschreibungen und die Diagnose des zuweisenden Klinikers nachvollziehen zu können. Bis zu einem gewissen Grad kann man das dermatoskopische Erscheinungsbild anhand der Histopathologie ableiten und umgekehrt (Yadav et al. 1993; Soyer et al. 2000; Massi et al. 2001; Ferrara et al. 2002). Abhängig von der Tiefe erscheint Melanin dermatoskopisch in unterschiedlichen Farben. Melanin im Stratum corneum erscheint schwarz. Melanin in den tieferen Schichten der Epidermis hingegen erscheint nur dann schwarz, wenn es sehr dicht gepackt ist, in der Regel jedoch ist es hellbraun oder dunkelbraun. Melanin in der papillären Dermis kann dermatoskopisch braun oder grau sein, während sich Melanin in der retikulären Dermis blau darstellt. Neben der Farbe beurteilt man in der Dermatoskopie auch die Struktur. Je nach anatomischen Gegebenheiten und je nachdem ob das Melanin in Keratinozyten, in Melanophagen oder in Melanozyten lokalisiert ist, wobei es im letzten Fall auch darauf ankommt ob die Melanoyzten in Nestern angeordnet sind oder nicht, unterscheidet man in der Dermatoskopie die Strukturen Linien, Punkte, Schollen sowie strukturlose Flächen.
Braune retikuläre Linien (im dermatoskopischen Jargon auch Pigmentnetz genannt) sind nur dann zu sehen, wenn das Melanin gleichmäßig in den basalen Schichten der Epidermis verteilt ist. Die Netzstruktur kommt dadurch zustande, dass von oben betrachtet das Pigment in den Schenkeln der Reteleisten relativ dicht ist (mehrere hyperpigmentierte Keratinozyten überlagern sich), während über den Papillenspitzen nur eine einlagige Schicht pigmentierter Keratinozyten vorliegt (Abb. 2).
Abb. 2
a-d Dermatoskopisch-histopathologische Korrelation von retikulären Linien und Pseudopodien. Mit freundlicher Genehmigung von Facultas Universitätsverlag, Wien
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Die hypopigmentierten Zwischenräume korrelieren mit der darunter liegenden dermalen Papille und die hyperpigmentierten Linien mit den Reteleisten. Wichtig ist, dass eine Vermehrung der Melanozyten keine Voraussetzung für retikuläre Linien darstellt, sondern allein die Hyperpigmentierung der basalen Keratinozyten. Daher wird man nicht überrascht sein, dass es nicht-melanozytäre Läsionen, wie zum Beispiel solare Lentigines, flache seborrhoische Keratosen und das Dermatofibrom gibt, die dermatoskopisch retikuläre Linien aufweisen. Natürlich findet man retikuläre Linien auch bei Nävi und Melanomen und ihr Vorhandensein deutet immer auf eine junktionale Komponente hin.
Retikuläre Linien (Abb. 2a-c) können unterschiedliche histopathologische Korrelate haben. Eine Hyperpigmentierung der basalen Keratinozyten (Abb. 2a) allein ohne Vermehrung der Melanozyten führt bereits dazu, dass retikuläre Linien sichtbar sind. Melanzytennester an den Basen der Reteleisten gehen ebenfalls mit retikulären Linien einher. Die Linien sind dünn, da die Reteleisten und die dermalen Papillen ungefähr gleich breit sind. Das retikuläre Muster melanozytärer Läsionen ist auf zwei Ursachen zurückzuführen, einerseits, wie bei den nicht-melanozytären Läsionen, auf die Hyperpigmentierung basaler Keratinozyten, andererseits auf eine Vermehrung melaninbeladener, epidermaler Melanozyten, die einzeln oder in Nestern angeordnet sein können (Abb. 2b). Im Normalfall sind die pigmentierten Linien dünn (dünner als die weniger pigmentierten Zwischenräume). Sind die Reteleisten jedoch verbreitert, zum Beispiel weil sie mit atypischen Melanozyten erfüllt sind, dann sieht man dicke retikuläre Linien (Abb. 2c). Aus diesem Grund sind dicke retikuläre Linien ein dermatoskopisches Melanomkriterium. Pseudopodien oder radiale Linien hingegen sind zusammenhängende Aggregate (Faszikel) von Melanozyten an den Basen der Reteleisten. Sie bilden die Front einer schnell wachsenden Neoplasie, die, wenn die Pseudopodien symmetrisch den gesamten Umfang der Läsion einnehmen, gutartig (Reed Nävus), oder, wenn die Pseudopodien nur abschnittsweise zu finden sind, bösartig (Melanom) sein kann (Abb. 2d). Einige typische dermatoskopische Strukturen mit ihren histopathologischen Korrelaten anhand von 3 Beispielen sind in Abb. 3 zu sehen:
Abb. 3
a-f Dermatoskopisch-histopathologische Korrelation anhand von 3 Beispielen.
1.
Ein junktionaler Clark Nävus mit hellbraunen, dünnen retikulären Linien in der Dermatoskopie (Abb. 3a), die histopathologisch einer Hyperpigmentierung der basalen Keratinozyten und kleinen Melanozytennestern an der Basis der schlanken Reteleisten entsprechen (Abb. 3b).
2.
Ein Melanom in situ, das dermatoskopisch dicken, dunkel pigmentierte, retikuläre Linien aufweist (Abb. 3c), die histopathologisch breiten und mit atypischen Melanozyten erfüllten Resteleisten entsprechen (Abb. 3d).
3.
Ein Reed Nävus mit Pseudopodien am Rand (Abb. 3e), die histopathologisch parallel zur Epidermis ausgerichteten Faszikeln von Melanozyten in der Junktionszone entsprechen (Abb. 3f). Wenn diese Faszikel nicht wie hier längs sondern quer angeschnitten wurden erscheinen sie als Nester und nicht als Faszikel.
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Wie bereits erwähnt können epidermale Melanozyten einzeln oder in Nestern angeordnet sein, was bekanntermaßen ein wichtiges histopathologisches Kriterium zur Unterscheidung zwischen Nävus und Melanom darstellt. Einzelmelanozyten sind nur im histopathologischen Schnitt sichtbar, pigmentierte epidermale Melanozytennester jedoch auch in der Dermatoskopie. Sind die epidermalen Nester groß sieht man dermatoskopisch braune Schollen wie in Abb. 1b, sind sie klein, braune Punkte. Da Melanin in der tieferen Dermis dermatoskopisch in der Regel nicht braun sondern grau oder blau erscheint, imponieren pigmentierte Melanozytennester in der retikulären Dermis als blaue Schollen. Unpigmentierte Melanozytennester hingegen sind dermatoskopisch unsichtbar.
Wenn mit Melanin beladene dermale Melanozyten nicht in Nestern angeordnet sind, wie zum Beispiel in einem blauenNävus, kann man dermatoskopisch nur eine strukturlose blaue Fläche erkennen. Der blaue Nävus ist übrigens eines der wenigen Beispiele bei dem der klinische Befund der blauen Farbe, die natürlich im histopathologischen Schnitt nicht sichtbar ist, namensgebend war. Die Bezeichnungen für die meisten anderen Nävi gehen auf histomorphologische Kriterien zurück ohne jedoch auf klinische und dermatoskopische Befunde Rücksicht zu nehmen, was mit ein Grund dafür ist, dass es bis heute keine allgemein akzeptierte, schlüssige Einteilung melanozytärer Nävi gibt.
Die besondere Anatomie akraler Haut erklärt die dermatoskopische Beobachtung paralleler Linien auf den Leisten und in den Furchen. Wenn man einen histologischen Schnitt quer zu den Papillarlinien anlegt, so erkennt man, dass die Reteleisten auf akraler Haut in einer 3er-Gruppe angeordnet sind. In der Mitte findet sich eine breite Reteleiste durch die der Ausführungsgang der ekkrinen Schweißdrüse an die Hautoberfläche zieht. Diese Reteleiste, die sich genau unterhalb der Hautleiste befindet, wird von jeweils 2 Reteleisten flankiert, die sich unterhalb der Furchen befindet. Eine Proliferation von Melanozyten innerhalb der flankierenden Reteleisten führt zu einer Pigmentierung der Furchen, während eine Proliferation von Melanozyten in der gesamten Epidermis zu einer bevorzugten Pigmentierung der Leiste führt. Eine Pigmentierung der Leisten ist dermatoskopisch ein wichtiger Hinweis auf ein akrales Melanom (Ishihara et al. 2006; Kawabata und Tamakaki 1998; Miyazaki et al. 2005).
Im Gesicht älterer Individuen ist die Epidermis abgeflacht, das heißt Reteleisten fehlen. Wenn Reteleisten fehlen, erscheint Melanin in den basalen Schichten der Epidermis dermatoskopisch als braunes, strukturloses Areal und nicht in Form retikulärer Linien. Als Besonderheit findet man im Gesicht viele Haarfollikel, deren trichterförmige Öffnungen, die von oben betrachtet kreisrund erscheinen, das dermatoskopische Erscheinungsbild pigmentierter Läsionen im Gesicht dominieren. Im Falle eines in situ Melanoms im Gesicht (Lentigo maligna) sind die nicht pigmentierten Haarfollikel oft von braunen und grauen Kreisen umgeben. Diese Kreise entsprechen Melanin im Follikelepithel. Oft kann man dermatoskopisch auch graue Punkte sehen, die kreisförmig um die Follikelöffnung angeordnet sind (Kittler 2009). Diese grauen Punkte sind Melanophagen in der papillären Dermis und finden sich nicht nur bei der Lentigo maligna, sondern auch bei pigmentierten aktinischen Keratosen und bei einer solaren Lentigo mit Zeichen von Regression (Lichen-planus-artige Keratose).
Natürlich gibt es neben den bereits erwähnten auch noch weitere dermatoskopische Strukturen, insbesondere bei nicht-pigmentierten oder nicht-melanoyztären Proliferationen. Eine Diskussion dieser Strukturen und deren histopathologischer Korrelate würde aber den Rahmen dieses Kapitels sprengen, darum sei hier nur auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen (Kittler 2009). In diesem Rahmen viel wichtiger ist die praktische Integration des dermatoskopischen Erscheinungsbildes in die histopathologische Befundung melanozytärer Proliferationen.
Dermatoskopisch-histopathologische Integration
Kann anhand der histopathologischen Kriterien keine sichere Diagnose gestellt werden oder steht die histopathologische Diagnose im Widerspruch zu der klinischen oder dermatoskopischen Diagnose, so ist es hilfreich, beide Untersuchungen zu integrieren. In einer Studie hat sich gezeigt, dass in manchen Fällen zusätzliche klinische Informationen oder das dermatoskopische Bild Histopathologen dazu veranlassen, die ursprünglich gestellte histopathologische Diagnose zu überdenken und zu revidieren (Ferrara et al. 2009a). Dabei ist bemerkenswert, dass Histopathologen, die auch als Dermatologen tätig sind, eher bereit sind das dermatoskopische Bild in den Befund zu integrieren als Pathologen, die keine klinische Erfahrung haben. Ausschlaggebend dafür ist, dass die eine Gruppe Erfahrung in der Interpretation dermatoskopischer Bilder hat, die andere aber nicht und daher die Information, mit der sie nichts anfangen kann, ignoriert. Neben der bereits erwähnten Vermeidung von Stichprobenfehlern lassen sich durch die Integration der Dermatoskopie auch jene Fälle, bei denen ein unsicheres oder nicht eindeutiges histopathologisches Bild je nach Neigung des Pathologen zur Über- oder Unterbefundung führen, besser zuordnen (Amin und Fraga 2012). In schwierigen Fällen sind es Nuancen, die den Ausschlag geben können ob die Diagnose letztendlich Nävus oder Melanom lautet.
Wie integriert man nun in der Praxis die Dermatoskopie und die histopathologische Befundung? Die Integration kann bereits im histopathologischen Labor beginnen, wenn es darum geht das eingelangte Präparat zu teilen. Mit Hilfe der ex-vivo-Dermatoskopie kann die Schnittführung so gewählt werden, dass eine dermatoskopisch sichtbare Asymmetrie im histopathologischen Schnitt erhalten bleibt. Wie bereits erwähnt kann eine unglücklich gewählte Schnittführung, die sich nicht am klinischen oder dermatoskopischen Bild orientiert, potentiell zu Fehldiagnosen führen. So auf Abb. 4 : Obwohl das dermatoskopische Bild aufgrund der Asymmetrie der Pigmentierung und der Struktur auf ein Melanom in einem präexistenten Nävus hindeutet, ist die Diagnose eines Melanoms im histopathologischen Schnitt nicht nachvollziehbar. Der Grund dafür ist eine ungünstige Wahl der Schnittführung, die nur den Nävus trifft aber nicht das Melanom. Besser wäre es, das Präparat unter Zuhilfenahme der Dermatoskopie so zu teilen, dass die dermatoskopisch sichtbare Asymmetrie nicht verloren geht (die günstigste Schnittebene würde im rechten Winkel zu der eingezeichneten ungünstigen Schnittebene laufen).
Abb. 4
a, b Stichprobenfehler durch ungünstige Schnittführung bei Teilen des Präparats
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Außerdem können ex-vivo angefertigte, dermatoskopische Bilder in zweifelhaften Fällen zur Integration der Dermatoskopie in die Befundung herangezogen werden, wenn keine in-vivo Bilder vorhanden sind (Amin und Fraga 2012). Da jedoch manche dermatoskopische Kriterien, wie z. B. das Gefäßmuster, ex-vivo nicht sichtbar sind kann die ex-vivo Dermatoskopie die in-vivo Dermatoskopie nicht vollständig ersetzen.
Vor dem Mikroskop stellt sich die Frage wann und in welchen Fällen das dermatoskopische Bild zu Rate gezogen werden soll. Vor der histopathologischen Untersuchung oder nachher? In allen Fällen oder nur in ausgesuchten Fällen? In den allermeisten Fällen wird eine Integration gar nicht notwendig sein, da die histopathologische Befundung auch ohne Einbeziehung des dermatoskopische Bildes eindeutig ist. In anderen Fällen wird das dermatoskopische Bild keine zusätzliche Information liefern, wie zum Beispiel bei knotigen oder unpigmentierten Proliferationen. Hier werden eher molekularpathologische Untersuchungen weiterhelfen. Der Rückgriff auf das dermatoskopische Bild lohnt sich besonders bei flachen melanoyztären Proliferationen. Dabei ist es von Vorteil die Pathologie vor der Dermatoskopie zu beurteilen, zum einen damit die erste pathologische Diagnose möglichst unabhängig vom dermatoskopischen Erscheinungsbild gestellt werden kann zum anderen damit der Aufwand begrenzt bleibt. Bestätigt das dermatoskopische Bild die ursprüngliche histopathologische Diagnose kann man beruhigter zum nächsten Fall übergehen, stehen sie jedoch im Widerspruch zueinander, ist es ratsam weitere Stufenschnitte anzufertigen, um den histopathologischen Befund besser mit dem dermatoskopischen Befund in Übereinstimmung zu bringen. Oft wird die ursprüngliche Diagnose dann doch revidiert wobei eine Revision in beide Richtungen möglich ist. In dem einen Fall ist man ursprünglich eher dazu geneigt die Proliferation als Nävus anzusehen doch ein eindeutiges dermatoskopisches Erscheinungsbild eines Melanoms macht es ratsam, die ursprüngliche Meinung zu revidieren. Das zeigt auch Abb. 5: das histopathologische Bild dieser kleinen melanozytären Proliferation ist nicht eindeutig (Abb. 5a-d). Für einen Nävus sprechen die kleine Größe, das Überwiegen der Nester und die relativ monomorphe Zytologie. Man sieht zwar den einen oder anderen Melanozyten in höheren Schichten der Epidermis aber zu wenig um eindeutig ein Melanom diagnostizieren zu können. Für ein Melanom sprechen die wenigen Zonen in denen die Einzelmelanozyten überwiegen und die Tatsache, dass die Nester ungleich groß und unregelmäßig verteilt sind. Das dermatoskopische Bild (Abb. 5e), das zeigt wie asymmetrisch diese Läsion in Bezug auf Farbe und Struktur in der Horizontalebene ist, gibt letztendlich den Ausschlag für die endgültige histopathologische Diagnose Melanom.
Abb. 5
a-e Dermatoskopisch-histopathologische Integration anhand eines Beispiels
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Kleine flache Melanome und in-situ-Melanome an bestimmten Lokalisationen, wie zum Beispiel akral oder im Gesicht, zeigen zuweilen eine relativ unspektakuläre Histopathologie die eher an einen Nävus als an ein Melanom erinnert. In anderen Fällen kommt es vor, dass einem trotz vorhandener Symmetrie und guter Begrenzung einige histopathologisch vorhandene Melanomkriterien in Richtung Melanom schwanken lassen, aber das typische dermatoskopische Muster eines Nävus dann doch dafür ausschlaggebend ist, dass man die Proliferation letztendlich als benigne befundet.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Dermatoskopie und die Histopathologie ergänzen. Jede der beiden Untersuchungen erweitert den Blick auf das Ganze. So gesehen erscheint eine Geringschätzung der Dermatoskopie vonseiten der Histopathologie nicht angebracht, insbesondere dann nicht, wenn die Geringschätzung mit Unkenntnis verbunden ist. Genauso wie es für einen guten Kliniker unumgänglich ist sich ein Basiswissen in der Histopathologie anzueignen, ist es für einen Dermatopathologen, der als Experte in Bezug auf die Beurteilung melanozytärer Proliferationen gelten will, nötig sich mit den Grundzügen der Dermatoskopie vertraut zu machen.
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