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Kinderchirurgie
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Publiziert am: 10.04.2018

Fehlbildungen der Lunge

Verfasst von: Jens Dingemann, Nicolaus Schwerk und Benno Ure
Die wesentlichen Fehlbildungen der Lunge werden heute unter dem Begriff der „Kongenitalen thorakalen Malformationen“ (KTM) subsumiert. Unter diesem Oberbegriff werden die Congenital Pulmonary Airway Malformations (CPAM, Typ 0–4 nach Stocker), Lungensequestrationen sowie bronchogene Zysten zusammengefasst. Für symptomatische Patienten besteht die Indikation zur Resektion der KTM. Die Behandlungsoptionen für asymptomatische KMT werden kontrovers diskutiert. Zusätzlich zu den KTM sind das kongenitale lobäre Emphysem (Congenital Lobar Emphysema; CLE) und der Spontanpneumothorax, der meist aufgrund rupturierter angeborener oder erworbener Lungenbullae auftritt, für den Kinderchirurgen relevant. Die in diesem Kapitel behandelten Entitäten haben eine sehr niedrige Inzidenz. Daher ist es sinnvoll, dass die betroffenen Patienten in einem Zentrum mit fundierter kinderpneumologischer und kinderthoraxchirurgischer Expertise behandelt werden. Die Autoren halten ein interdisziplinäres Behandlungskonzept auf Grundlage der aktuellen Datenlage für essentiell.
Die wesentlichen Fehlbildungen der Lunge werden heute unter dem Begriff der „Kongenitalen thorakalen Malformationen“ (KTM) subsumiert. Unter diesem Oberbegriff werden die Congenital Pulmonary Airway Malformations (CPAM, Typ 0–4 nach Stocker), Lungensequestrationen sowie bronchogene Zysten zusammengefasst. Für symptomatische Patienten besteht die Indikation zur Resektion der KTM. Die Behandlungsoptionen für asymptomatische KMT werden kontrovers diskutiert. Zusätzlich zu den KTM sind das kongenitale lobäre Emphysem (Congenital Lobar Emphysema; CLE) und der Spontanpneumothorax, der meist aufgrund rupturierter angeborener oder erworbener Lungenbullae auftritt, für den Kinderchirurgen relevant. Die in diesem Kapitel behandelten Entitäten haben eine sehr niedrige Inzidenz. Daher ist es sinnvoll, dass die betroffenen Patienten in einem Zentrum mit fundierter kinderpneumologischer und kinderthoraxchirurgischer Expertise behandelt werden. Die Autoren halten ein interdisziplinäres Behandlungskonzept auf Grundlage der aktuellen Datenlage für essenziell.

Embryologische Grundlagen

Die Entwicklung der gesunden humanen Lunge beginnt während der Embryonalperiode etwa in der 3. Gestationswoche mit der embryonalen Phase, und zeichnet sich durch die Ausstülpung des Lungendivertikels aus dem anterioren Vorderdarm aus (Morrisey und Hogan 2010; Herriges und Morrisey 2014). Unterschiedliche Wachstumsfaktoren, die im Bereich des Entoderms des anterioren Vorderdarms exprimiert sind, stehen in einer Austauschbeziehung („cross-talk“) mit solchen aus dem ventralen, das pulmonale Entoderm umgebende Mesenchym. Durch Störungen in dieser frühen Phase der Lungenentwicklung lässt sich die Tracheaagenesie sowie die ein- bzw. beidseitige Lungenagenesie erklären, die jedoch keine klinische Relevanz haben, da – mit Ausnahme der einseitigen Lungenagenesie – ein Großteil der Feten sich nicht bis zur Geburt weiterentwickeln kann und bereits im ersten Trimenon abgängig ist bzw. diese Anlagestörungen postnatal nicht mit dem Leben vereinbar sind.
Nach der Separation der Lungenknospen schreitet die Lungenentwicklung in 4 weiteren Stadien fort.
Die pseudoglanduläre Phase (5.–16. Gestationswoche) zeichnet sich durch eine dichotome Aufteilung der Lungenknospen bis hin zur 20. Generation der späteren luftleitenden Atemwege aus. Während der pseudoglandulären Phase ist die embryonale Lunge mikroskopisch durch den namensgebenden drüsenartigen Aufbau gekennzeichnet.
Die kanalikuläre Phase (16.–26. Gestationswoche) folgt, nachdem die Entwicklung der luftleitenden Atemwege abgeschlossen ist. In dieser Phase kommt es zunächst zu einer Erweiterung der terminalen Bronchiolen (Tubuli). Durch diesen Prozess entstehen respiratorische Bronchiolen (Canaliculi, 21–24. Teilungsgeneration), aus denen schließlich alveoläre Vorläufer entstehen. Gleichzeitig entwickelt sich in diesem Zeitraum gemeinsam mit den Luftwegen das komplexe pulmonale Kapillarnetz, das die Grundlage für die Pulmonalgefäße darstellt. Durch die Auskleidung der respiratorischen Bronchiolen mit Typ-I- (Blut-Luft-Schranke) und Typ-II-Zellen (Surfactant-Produktion) ist ein Gasaustausch bereits im letzten Drittel dieser Phase möglich.
In der sakkulären Phase (26.–38. Gestationswoche) entwickeln sich die namensgebenden respiratorischen Sakkuli (Sacculi alveolares), die immer mehr Verbindungen zum ausreifenden pulmonalen Kapillarbett ausbilden. In dieser Phase kommt es zu einer Erweiterung der Lufträume im Parenchym. Die wesentlichen Bestandteile der Lunge sind gegen Ende der Phase voll funktionsfähig.
Die alveoläre Phase (Geburtstermin bis 7. Lebensjahr) als letzte Phase ist zum einen durch die Formation von sakkulären Sekundärsepten geprägt, durch die die Sakkuli zu Alveolen ausreifen. Dadurch vergrößert sich die Gasaustauschfläche, da die Kapillaren nun jeweils in Verbindung zu mehreren Alveolen stehen. Zum anderen vollzieht sich die mikrovaskuläre Reifung, die die Alveolenbildung abschließt. Diese finale Phase dauert bis mindestens zum 3. Lebensjahr. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Abnahme des septalen Bindegewebes und somit zum Bild einer gesunden adulten Lunge, die ab dem 7. Lebensjahr lediglich noch an Volumen zunimmt. Eine strukturelle Veränderung findet jenseits dieses Alters nicht mehr statt. Zum Zeitpunkt der Geburt existieren ca. 100 Mio. Alveolen, im Vergleich zu 300 Mio. im Erwachsenenalter.
Eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für die physiologische Lungenentwicklung ist der Austausch zwischen fetaler Lungenflüssigkeit und maternaler Amnionflüssigkeit.
Obwohl die Lunge in der Fetalzeit ausreift und zum Geburtstermin die Funktion des Gasaustauschs vollständig übernehmen kann, ist die Lungenentwicklung bei der Geburt nicht abgeschlossen. Sie dauert mehrere Jahre an. Diese Tatsache ist relevant für die Indikationsstellung bei Lungenresektionen, da in dieser Periode noch eine funktionelle Kompensation resezierter Lungenanteile möglich ist. Zudem kann die postnatale Lungenreifung z. B. durch raumfordernde Prozesse gestört werden.
Bei entsprechender Indikation bieten frühestmögliche Lungenresektionen in den ersten Lebensjahren den Vorteil, dass der Verlust resezierter Lungenanteile funktionell kompensiert werden kann.

Kongenitale thorakale Malformationen

Definition, Klassifikation und Nomenklatur

Unter dem Begriff der Kongenitalen thorakalen Malformationen (KTM) werden Congenital Pulmonary Airway Malformations (CPAM, Typ 0–4 nach Stocker), Lungensequestrationen sowie bronchogene Zysten zusammengefasst. Sie treten bei 1:10.000–1:35.000 Lebendgeburten auf. Das Gesamtüberleben beträgt etwa 98 % (Stanton et al. 2009). Die Kongenitalen thorakalen Malformationen werden häufig bereits im pränatalen Ultraschall diagnostiziert. Eine sichere Unterscheidung der einzelnen Entitäten in der pränatalen und postnatalen bildgebenden Diagnostik ist mitunter schwierig. Entsprechend bezieht sich die aktuelle Terminologie auf das Ergebnis einer histologischen Untersuchung des resezierten Gewebes. Präoperativ sollte in Unkenntnis der Histologie nur der Überbegriff „Kongenitale thorakale Malformationen“ Anwendung finden (Abel et al. 2012) (Tab. 1). Diese können dann weiter in „solide, klein- oder großzystisch“ unterteilt werden.
Tab. 1
Aktuelle englischsprachige Nomenklatur der Lungenfehlbildungen vor Sicherung einer genauen Diagnose durch Histologie. (Aus: Abel et al. 2012)
Aktuelle Nomenklatur
Veraltete Nomenklatur
Congenital large hyperlucent lobe (CLHL)
Congenital lobar emphysema
Polyalveolar lobe
Congenital thoracic malformation (CTM)
Cystic adenomatoid malformation (types 0–4 pathologically)
Sequestration (intrapulmonary/extrapulmonary)
Bronchogenic cyst
Reduplication cyst
Foregut cyst
Congenital small lung(CSL)
Pulmonary hypoplasia
Absent lung, absent trachea
Agenesis of lung, trachal aplasia
Absent bronchus
Bronchial atresia
Bevor die Diagnose histologisch gesichert ist, sollte für die Lungenfehlbildungen der Begriff „Kongenitale thorakale Malformationen“ verwendet werden. Die exakte Klassifikation der Entität ist in vielen Fällen nur durch die Kombination intraoperativer Aspekte und Histologie möglich.

Kongenitale Pulmonale Atemwegsmalformationen

Die Congenital Pulmonary Airway Malformations (CPAM) sind hamartöse zystische Fehlbildungen des Bronchialsystems. Die CPAM entsteht in der pseudoglandulären Phase der Lungenentwicklung (5.–17. Schwangerschaftswoche). Es wird ursächlich eine mesenchymale Fehlentwicklung diskutiert, die in diesem Stadium zu einer abnormen Entwicklung des Lungengewebes und zu einer zystischen Erweiterung der Atemwege führt. Die CPAM ist die häufigste Form der angeborenen Lungenfehlbildungen (30–40 %).
Einteilung der CPAM nach Stocker
Die Klassifikation erfolgt anhand der Histologie nach Stocker in die Typen 0–4. Diese Einteilung beruht auf der Größe, der Art des auskleidenden Epithels, dem Vorhandensein bzw. der Abwesenheit von Knorpel sowie der Lokalisation der einzelnen Zysten. Als CPAM-Typ 0 wird eine azinäre Dysplasie bezeichnet; er geht mit einem Hydrops fetalis einher (Anteil an den CPAM-Fällen 2 %). Patienten mit dieser Form einer Lungenfehlbildung sind nicht lebensfähig.
Die weiteren Typen weisen folgende Merkmale auf:
  • Typ 1: Großzystisch: 2–10 cm, auf einen Lappen begrenzt, selten bilateral (Anteil 60–70 %).
  • Typ 2: Kleinzystisch: 0,5–2 cm, schwammartige Verteilung in einem Lappen (Anteil 15–20 %).
  • Typ 3: Adenomatoid, kaum zystisch, gesamter Lappen oder gesamte Lunge (Anteil 5–10 %).
  • Typ 4: Großzystisch: 2–10 cm, multilokulär, auch bilateral; häufig Pneumothorax (Anteil 10 %).
CPAM-Typ 1 sind mit 60–70 % die häufigste Form, sie weisen große Zysten mit einem Durchmesser von 2–10 cm auf und sind normalerweise auf einen Lungenlappen begrenzt. Bei CPAM-Typ 2 treten meist mehrere kleine Zysten mit einem Durchmesser von bis zu 2 cm in einem Lungenlappen auf. Nicht selten finden sich Hybridläsionen, bestehend aus einer kleinzystischen CPAM (Typ 2) und atypischer arterieller Systemversorgung im Sinne eines Sequesters. Eine CPAM mit vorwiegend adenomatoiden Anteilen und kaum zystischen Strukturen wird als Typ 3 eingeordnet. Sie betrifft einen kompletten Lungenlappen oder eine gesamte Lunge.
CPAM-Typ 4 sind zwar – wie Typ 1 – durch großzystische Veränderungen gekennzeichnet, sie finden sich jedoch multilokulär, häufig auch bilateral und sind im Gegensatz zur CPAM-Typ 1 (hier hochprismatisches mehrreihiges Flimmerepithel) von einem flachen bzw. isoprismatischen Epithel ohne Zilienbesatz ausgekleidet. Sie sind mit 10 % seltener als die CPAM-Typ 1. Eine seltene, aber wichtige Differenzialdiagnose der großzystischen Läsionen ist das Pleuropulmonale Blastom (PPB) (Kap. „Tumoren der Lunge und der Bronchien im Kindes- und Jugendalter“). Es kann, zumindest im Stadium 1, bildgebend nicht von einer großzystischen CPAM abgegrenzt werden.

Lungensequester

Lungensequester (LS) sind definiert als nicht funktionelles Lungengewebe ohne Anschluss an das Bronchialsystem. Ihre arterielle Blutversorgung erhalten sie typischerweise aus der abdominellen oder thorakalen Aorta. Die Speisung aus anderen großen Arterien ist ebenfalls beschrieben. Der venöse Abfluss erfolgt in der Regel über die Lungenvenen, die V. azygos oder die V. cava. Ätiologisch werden zwei Theorien diskutiert: Entweder handelt es sich bei den LS um eine akzessorisch angelegte Lungenknospe, die in der frühen mesenchymalen Entwicklung bereits Anschluss an die Aorta findet, oder um eine vaskuläre Fehlbildung, in Form eines akzessorischen Gefäßes, das Anschluss an ursprünglich normales Lungengewebe findet und dieses erst sekundär durch mechanischen Zug separiert.
Es ist zwischen 2 Formen des LS zu unterscheiden (Abb. 1 und 2):
  • Extralobärer Lungensequester (ELS): Der ELS ist vom eigentlichen Lungengewebe vollständig getrennt und hat einen eigenen viszeralen Pleuraüberzug. Er ist fast immer zwerchfellnah zu finden, mitunter sogar subdiaphragmatisch in der Abdominalhöhle. Es besteht eine klare Seitenprävalenz (90 %) der linken Seite.
  • Intralobärer Lungensequester (ILS): Der ILS ist innerhalb des normalen Lungengewebes lokalisiert. Es besteht eine eindeutige Prävalenz für den Unterlappen (90 %). Im Gegensatz zum ELS kann der ILS lufthaltig sein.
Zusätzlich zu den reinen Lungensequestern ist die Hybridläsion aufzuführen (s. oben). Es handelt sich hierbei um CPAM mit einer arteriellen Blutversorgung aus dem Systemkreislauf. Histologisch findet sich hier am häufigsten eine CPAM-Typ 2, gekennzeichnet durch isoprismatisches Flimmerepithel (entspricht Bronchiolen jenseits der 5. Generation) mit vielen kleinen (<2 cm) Zysten neben normalem alveolärem Lungengewebe ohne Knorpel.
CT-morphologisch ist die Abgrenzung zwischen ELS und ILS nicht immer einfach, da der „akzessorische Lappenspalt“ zwischen ELS und Unterlappen nicht immer gut dargestellt werden kann. Das typische Zeichen beider Formen – das versorgende atypische arterielle Gefäß – ist aber in fast allen Fällen in der Gefäßphase der Untersuchung gut sichtbar.

Bronchogene Zysten

Bei den bronchogenen Zysten handelt es sich um abnorme Knospungen des Vorderdarms oder des Trachealdivertikels, die mit respiratorischem Epithel ausgekleidet sind. Meist besteht kein Anschluss an das Tracheobronchialsystem. Bronchogene Zysten machen etwa die Hälfte aller mediastinalen Raumforderungen im Kindesalter aus (Kap. „Mediastinale Raumforderungen im Kindes- und Jugendalter“). Durch die Auskleidung mit respiratorischem Epithel finden sich makroskopisch dünnwandige, mit Mukus gefüllte Zysten ohne Lufteinschluss. Histologisch kann sich in der Zystenwand – entsprechend dem embryologischen Ursprung des Gewebes – glatte Muskulatur oder Knorpelgewebe finden. Radiologisch imponieren bronchogene Zysten meist als mediastinale Raumforderung, die häufig bereits in der Röntgenuntersuchung des Thorax nachweisbar ist. Eine genaue Darstellung gelingt in der Schnittbildgebung (Abb. 3 und 4).
Differenzialdiagnostisch muss bei der bronchogenen Zyste an dysontogenetische enterische Entitäten gedacht werden(z. B. Ösophagusduplikatur), daher kann bei unklarer Schnittbildgebung eine Kontrastmitteluntersuchung des Ösophagus indiziert sein.

Klinisches Bild

Der Großteil der pränatal detektierten KTM bleibt postnatal zunächst asymptomatisch. Klinische Probleme manifestieren sich bei bis zu 20 % der Neugeborenen (Stanton et al. 2009).
Das Spektrum möglicher peripartaler Symptome reicht von diskreten respiratorischen Anpassungsstörungen bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen. Letztere können bei CPAM und Lungensequester aufgrund von respiratorischem Versagen oder Herzinsuffizienz (high output cardiac failure) auftreten. Bronchogene Zysten sind peripartal häufig asymptomatisch. Sie können später – insbesondere bei Wachstum der Zyste durch vermehrte Mukusfüllung – durch Kompression des umliegenden Gewebes eine respiratorische Symptomatik wie Dyspnoe, Husten, Stridor oder gehäufte Atemwegsinfektionen verursachen. Die klinische Symptomatik hängt in hohem Maße von der Lokalisation ab.
Generell gilt aber, dass Kinder mit zunächst asymptomatischen Verläufen einer KTM im Langzeitverlauf durch chronische oder akute pulmonale Infektionen oder kardiorespiratorische Minderbelastbarkeit auffallen können. Über die genaue Häufigkeit solcher Verläufe liegen nur wenig belastbare Daten vor.
Einige Autoren gehen davon aus, dass bis zu 90 % der Patienten mit KTM bis zum Erreichen des Erwachsenenalters infektiöse Komplikationen erleiden (Wong et al. 2009; Van Raemdonck et al. 2001). Es konnte außerdem gezeigt werden, dass sich in Resektaten von Patienten mit asymptomatischer KTM häufig bereits histologische Hinweise für Infektionen wie Mikroabszesse oder Invasion von Neutrophilen finden (Durell et al. 2016). Ob diese Befunde jedoch tatsächlich eine klinische Relevanz haben, ist unklar.
Abszedierende Infektionen und Empyeme können insbesondere bei Säuglingen lebensbedrohliche Situationen darstellen. Eine frühzeitige operative Therapie kann diese Situationen verhindern. Allerdings treten schwer verlaufende Infektionen selten auf und können in den allermeisten Fällen gut behandelt werden. Ob das Risiko einer schwer verlaufenden Infektion größer ist als mögliche relevante Komplikationen während bzw. nach einer Operation, wurde bis heute nicht untersucht. Insofern wird die „präventive“ Operation zur Vermeidung von Infektionen bei asymptomatischen Patienten durchaus auch kritisch gesehen.
Bezüglich des Malignitätsrisikos einer KTM sind zwei Aspekte zu unterscheiden. Erstens besteht eine diagnostische Unsicherheit in der Bildgebung, die eine Abgrenzung zum pleuropulmonalen Blastom schwierig macht (Feinberg et al. 2016) (Kap. „Tumoren der Lunge und der Bronchien im Kindes- und Jugendalter“). Zweitens kann es auf dem Boden der Läsionen zu einer malignen Entartung in Form eines Rhabdomyosarkoms (Laberge et al. 2004) oder eines bronchoalveolären Karzinoms (Singh und Davenport 2015) im Langzeitverlauf kommen. Die genauen Zahlen sind naturgemäß nicht zu bestimmen.
Beim Vergleich von Kindern mit gesichertem PPB und kongenitalen thorakalen Malformationen wurden in einer kürzlich publizierten Arbeit aber einige Befunde identifiziert, die für eine CPAM und gegen ein PPB sprechen (Feinberg et al. 2016) (Tab. 2). Somit ist eine differenziertere Vorgehensweise bei asymptomatischen Kindern mit gesicherter zystischer KTM möglich. Zusätzlich liefert auch die Familienanamnese bezüglich familiärer Häufungen von bösartigen Tumoren wichtige Hinweise zur Abschätzung eines Tumorrisikos. 2009 beschrieben Hill und Mitarbeiter erstmals heterozygote Keimbahnmutationen im DICER1-Gen bei betroffenen Patienten aus 11 Familien mit gehäuftem Vorkommen von pleuropulmonalen Blastomen. DICER1 kodiert für eine Ribonuklease-III-Endonuklease, welche bei der Synthese von microRNAs (miRNAs) und small interfering RNAs (siRNAs) beteiligt ist. miRNAs und siRNAs regulieren inhibierend die Expression von bestimmten Genen und sind bei vielen biologischen Prozessen wie der Organentwicklung, aber auch der Onkogenese bzw. der Tumorsuppression beteiligt (Hill et al. 2009). In einer kürzlich publizierten Studie aus dem IPPR wurden bei 64 von 97 Patienten mit gesichertem PPB-Mutationen im DICER1-Gen nachgewiesen (Messinger et al. 2015).
Tab. 2
Klinische Prädiktoren für das Vorliegen einer CPAM versus PPB. (Aus: Feinberg et al. 2016)
Befund/Parameter
Positiv prädiktiver Wert für CPAM (%)
Pränatale Diagnose
93
Asymptomatisches Kind
75
51
Unilateral (versus bilateral)
50
Solide Komponente im CT
86
Systemische Gefäßversorgung
100
Einfache (versus komplexe) Zyste
75
Diese Erkenntnis stellt einen wichtigen Schritt zum besseren Verständnis der Pathogenese von pleuropulmonalen Blastomen dar. Zusätzlich hilft die genetische Untersuchung zusammen mit Angaben zum Tumorvorkommen innerhalb einer Familie bei der Risikoabschätzung und Beratung im Falle einer asymptomatischen großzystischen KTM.

Diagnostik

Pränatal

Der Verdacht auf eine KTM ergibt sich häufig bereits pränatal. Im üblichen „Organscreening“ um die 20. Schwangerschaftswoche zeigen sich meist zystische oder solide Lungenveränderungen bzw. thorakale Raumforderungen. Mitunter kann jedoch auch z. B. ein Sequestergefäß dargestellt werden und lässt bereits vor der Geburt eine erste Einschätzung der Subentität der KTM zu. Der Nachweis einer KTM-verdächtigen Läsion sollte immer zu einer interdisziplinären Beratung der Eltern führen. Es sollte zudem zu einer Entbindung in einem Zentrum mit kinderpneumologischer und kinderthoraxchirurgischer Expertise geraten werden, da der perinatale Verlauf nur unzureichend vorhergesagt werden kann.

Perinatal

Bei asymptomatischen Patienten genügt direkt postpartal eine Röntgenaufnahme des Thorax, um einen relevanten Mediastinalshift auszuschließen. Anhand einer Echokardiografie lassen sich kardiale Begleitfehlbildungen ausschließen.

Präoperativ

Die bildgebende Diagnostik hat in der pädiatrischen Lungenchirurgie einen hohen Stellenwert. Ein versierter Kinderradiologe mit Erfahrung insbesondere mit den KTM ist essenziell, um komplexe Resektionen im Vorfeld bestmöglich planen zu können. Veränderungen der Lunge sind im Röntgenbild häufig nicht sichtbar.
Zur Operationsplanung wird der Kinderchirurg daher immer eine Schnittbildgebung fordern. Für die KTM wird dies meistens eine CT des Thorax mit intravenösem Kontrastmittel sein. Mit modernen Geräten (Flash-CT) kann diese Untersuchung mit einer geringen Strahlendosis (ca. 1 mSv) und ohne Allgemeinanästhesie bei guter Bildqualität erfolgen. Insbesondere die Lappengrenzen und die Parenchymstruktur lassen sich in der CT besser als mit jeder anderen Technik darstellen. Die thorakale MRT als strahlungsfreies Verfahren hat für bestimmte Fragestellungen ihre Berechtigung. So lassen sich die atypischen Gefäße eines Lungensequesters in der Gefäßsequenz gut darstellen. Auch für die mukushaltigen bronchogenen Zysten ist die MRT hervorragend geeignet. Allerdings stößt die Technik zurzeit noch an ihre Grenzen, was die Beurteilung von pulmonalen Parenchymstrukturen (z. B. Lappengrenzen) angeht. Zudem kann eine MRT des Thorax bei kleinen Kindern aufgrund der Anfälligkeit für Bewegungsartefakte meistens nur in Allgemeinanästhesie durchgeführt werden. Im Zentrum der Autoren ist daher die thorakale CT immer noch das Standardverfahren im Bereich der Schnittbildgebung.
Der optimale Zeitpunkt für die erste Schnittbildgebung ist umstritten. Die Autoren halten bei asymptomatischen Kindern den 3.–6. Lebensmonat für sinnvoll, da die Neonatalperiode beendet ist und noch genügend Zeit für die Planung einer Operation vor Vollendung des ersten Lebensjahres bleibt. Bis dahin sollten die Kinder jedoch engmaschig klinisch evaluiert werden.
Die Diagnose der Subentitäten einer KTM ist auch bei hervorragender Qualität der Schnittbildgebung nur histologisch mit letzter Gewissheit zu stellen. Eine seltene, aber wichtige Differenzialdiagnose der großzystischen Läsionen (CPAM-Typ 1 und -Typ 4) ist das pleuropulmonale Blastom (PPB) (Kap. „Tumoren der Lunge und der Bronchien im Kindes- und Jugendalter“). Es kann, zumindest im Stadium 1, im CT nicht von einer großzystischen CPAM unterschieden werden. Die Sensitivität der Computertomografie wird mit 80–90 % angegeben (Priest et al. 2009; MacSweeney et al. 2003). Darüber hinaus ist auch die Abgrenzung der verschiedenen Typen einer CPAM radiologisch nur ungenau. Nur etwa zwei Drittel der Läsionen werden korrekt klassifiziert (Shimohira et al. 2007; Lanza et al. 2007). Lungensequester lassen sich in der Schnittbildgebung indirekt durch den Nachweis der arteriellen Blutversorgung aus dem Systemkreislauf gut identifizieren. Allerdings zeigen sich bei bis zu 50 % der Sequester zystische Strukturen, sodass die Abgrenzung zu einer Hybridläsionen bildgebend nicht sicher gelingt (Priest et al. 2009).
Etwa 4 % der pränatal nachgewiesenen KTM sind im Alter von mehreren Monaten CT-morphologisch nicht mehr nachweisbar (Butterworth und Blair 2005). Die Ursache dieser Spontanremission ist unklar.
Bei den pränatal detektierten KTM besteht die Möglichkeit einer Spontanremission.

Therapie

Bei der Auswahl der therapeutischen Strategie muss zwischen symptomatischen und asymptomatischen KTM unterscheiden werden. Grundsätzlich wird die Indikation zur Resektion einer KTM im Wesentlichen aus drei Gründen gestellt:
  • kardiorespiratorische Symptome,
  • infektiöse Komplikationen,
  • Malignitätspotenzial.
Die Notwendigkeit der Therapie symptomatischer Patienten ergibt sich von selbst. Respiratorische Symptome oder manifeste Infektionen machen eine Resektion der KTM notwendig. Vor allem in der Neonatalperiode ist bei pulmonalem Versagen und Kreislaufinsuffizienz eine zeitnahe Operation die Therapie der Wahl und wird in diesen Fällen zumeist offen chirurgisch durchgeführt, um längere Operationszeiten zu vermeiden. Bei schweren infektiösen Komplikationen (Abszess/Empyem) auf dem Boden einer KTM erfolgt die Resektion des erkrankten Lungenareals erst nach medikamentöser oder interventioneller Ausbehandlung der akuten Entzündungssituation.
Das Therapiekonzept für asymptomatische Läsionen wird kontrovers diskutiert. Dem Konzept einer elektiven Resektion steht die Variante „watch and wait“ gegenüber, also einer symptomunabhängigen bildgebenden Observation. Maßgebend sind das Potenzial einer zukünftigen infektiösen Komplikation sowie die Möglichkeit einer malignen Entartung bzw. der Fehldiagnose anhand der durchgeführten Bildgebung. Ein wichtiges Argument für die Entscheidung für ein abwartendes Verhalten ist die Möglichkeit einer Spontanremission der Läsionen (Butterworth und Blair 2005).
Bei der Wahl des Operationszeitpunkts müssen das Infektionsrisiko im Langzeitverlauf, die Möglichkeit einer Spontanremission, das operative Risiko sowie die Anpassungsfähigkeit der kindlichen Lunge erwogen werden.

Operative Strategie

Grundsätzlich besteht die chirurgische Behandlung von angeborenen Lungenfehlbildungen bei entsprechender Indikation in der Resektion. Es ist aber hervorzuheben, dass nicht kategorisch alle angeborenen Fehlbildungen operationspflichtig sind. Im Wesentlichen kommen in der pädiatrischen Thoraxchirurgie die gleichen Techniken zum Einsatz wie in der Thoraxchirurgie des Erwachsenen. Die anatomischen Verhältnisse können jedoch beim Neugeborenen aufgrund der Größenverhältnisse anspruchsvoll sein. Bei Neugeborenen wird daher am häufigsten eine typische Lobektomie vorgenommen. Bei älteren Kindern kommen parenchymsparende Eingriffe wie Segmentresektionen oder atypische Resektionen zum Einsatz. Der Operationserfolg ist aufgrund der restringierten thorakalen Platzverhältnisse von einer balancierten Allgemeinanästhesie mit Einlungenventilation abhängig (Dingemann et al. 2013; Bataineh et al. 2012). Säuglinge haben zudem wesentlich geringer ausgeprägte Kompensationsmechanismen, was einen intraoperativen Blutverlust angeht.
Thorakoskopische Techniken sind heute auch in der pädiatrischen Thoraxchirurgie Standard. Sie bieten die gängigen Vorteile geringerer postoperativer Schmerzen, rascherer Mobilisation, kürzerer Hospitalisierung und vorteilhafter Kosmetik. Ein besonderer Aspekt bei Kindern ist die Vermeidung von Thoraxwanddeformitäten und Skoliosen im Langzeitverlauf, die nach einer Thorakotomie im Kindesalter häufig sind (Lawal et al. 2009). Für thorakoskopische Eingriffe stehen auf die kindliche Anatomie abgestimmte Instrumente (3 mm), Optiken (3,5–5 mm), Versiegelungsdevices (3–5 mm) und Klammernahtgeräte (5 mm) zur Verfügung.
Die intraoperative Anlage einer Thoraxdrainage ist nicht mehr obligat (Ponsky et al. 2009). Die Resektate werden über die geringfügig erweiterten Trokareintrittsstellen geborgen (Abb. 4).
Für weitere, detaillierte Grundprinzipien sei auf die einschlägige Literatur der pädiatrischen Thoraxchirurgie verwiesen (Petersen und Ure 2017).
Die genaue operative Strategie ist in besonderem Maße von der zu behandelnden Entität abhängig. Die Lobektomie ist das Standardverfahren zur Resektion einer CPAM. Segmentektomien sind für diese Indikation mit dem Risiko einer unvollständigen Resektion verbunden (Stanton et al. 2009). Bei sehr kleinen und weit peripher gelegenen Läsionen oder multilobärer Lokalisation muss eine individuelle Risikoabwägung erfolgen.
Intrapulmonale Sequester demarkieren sich nach der Unterbindung der versorgenden Gefäße gut sichtbar und können dann atypisch reseziert werden. Die Resektion eines extrapulmonalen Sequesters ist unproblematisch, da lediglich die Feeder-Gefäße sicher versorgt werden müssen. Bronchogene Zysten werden lokal oder – bei intrapulmonaler Lokalisation – atypisch reseziert. Bei typischer Lokalisation im Mediastinum muss gelegentlich die Hinterwand der Zyste belassen werden.
Die operative Therapie der KTM kann minimal-invasiv oder offen chirurgisch erfolgen. Die minimal-invasive Lobektomie ist hinsichtlich der Operationsdauer mit dem offenen Vorgehen vergleichbar, zeichnet sich aber durch geringere Komplikationsrate im Vergleich zur Thorakotomie aus (Adams et al. 2017). Außerdem können durch den minimal-invasiven Eingriff Langzeitkomplikationen wie Brustwanddeformitäten und Skoliose reduziert werden (Lawal et al. 2009). Die elektive Operation asymptomatischer Patienten ist im Vergleich zur Operation bei symptomatischen Patienten komplikationsärmer. Patienten mit CPAM, die im Rahmen einer Infektion oder im Anschluss an eine Infektion operiert werden, haben aufgrund der postinfektiösen Adhäsionen eine höhere Komplikationsrate und einen längeren Krankenhausaufenthalt (Kapralik et al. 2016). Es konnte außerdem gezeigt werden, dass bei thorakoskopischen Lobektomien eine abgelaufene Pneumonie ein Risikofaktor für die Konversion zu einer Thorakotomie ist (Vu et al. 2008).
Die elektive Operation asymptomatischer Patienten mit KTM ist komplikationsärmer im Vergleich zu der Patientengruppe, die bereits infektiöse Komplikationen erlitten hatte. Außerdem kann die Operation häufiger erfolgreich thorakoskopisch durchgeführt werden.
Nach einer Lobektomie im Säuglingsalter kommt es zu einer Normalisierung des Lungenvolumens im Laufe der Kindheit sowie zum Erreichen einer normalen Lungenfunktion innerhalb der ersten beiden postoperativen Jahre (Keijzer et al. 2009; Tocchioni et al. 2017). Patienten, die bereits Infektionen durchlaufen hatten oder zu einem späteren Zeitpunkt operiert wurden, zeigten im Vergleich zu jenen, die bis zur Operation asymptomatisch waren, eine geringere Vitalkapazität und ein erhöhtes Residualvolumen (Nakajima et al. 1998).

Interventionelle Therapie

Eine therapeutische Option zur Behandlung von Lungensequestern ist die interventionelle Embolisation der versorgenden Blutgefäße. Von verschiedenen Autoren konnte anhand von kleineren Patientenserien gezeigt werden, dass diese Methode sicher und erfolgreich durchführbar ist (Brown et al. 2012). Langzeitergebnisse liegen bisher nicht vor. Daher findet die Methode im Zentrum der Autoren lediglich in Ausnahmefällen Anwendung, z. B. bei kardiozirkulatorisch relevanten Shuntvolumina. Bei der Embolisation besteht der Nachteil, dass das Sequestergewebe nicht entfernt wird. Daher bleibt das potenzielle Risiko einer Infektion vermutlich bestehen. Eine Kombination von interventioneller Embolisation und anschließender Resektion des Sequesters ist ebenfalls beschrieben.

„Watch and wait“-Strategie

Einige kinderpneumologische Zentren favorisieren bei asymptomatischen Patienten mit großzystischer KTM ohne weitere Risikofaktoren (s. oben) ein abwartendes Verhalten. Es liegen jedoch keine prospektiven Studien vor, welche die Sicherheit dieser Strategie belegen. Ein vollständiger Verzicht auf weitere Diagnostik ist beschrieben (Ng et al. 2014), üblicherweise wird jedoch eine radiologische Verlaufskontrolle angestrebt.
Es wird kontrovers diskutiert, welche bildgebende Diagnostik im Verlauf bei beschwerdefreiem Kind erfolgen sollte. Da sich Typ-2- und -3-PPBs durch solide Anteile vom Typ-1-PBB und großzystischen CPAM’s unterscheiden, favorisieren einige eine konventionelle Röntgenaufnahme des Thorax zur Verlaufskontrolle. Auch eine thorakale MRT wäre als strahlenfreie Untersuchung zur frühen Detektion solider Tumoranteile eine mögliche Option. Wiederholte CT’s stellen aufgrund der hohen Strahlenbelastung keine sinnvolle Option dar.
Sowohl für die elektive chirurgische Resektion als auch für die „Watch and wait“-Strategie gibt es also grundsätzliche Argumente, die in der Übersicht stichwortartig zusammengefasst sind. Sie gelten im Wesentlichen für die Subentitäten der asymptomatischen CPAM und Lungensequester.
Argumente für die elektive Chirurgie und „Watch and wait“-Strategie
  • Pro elektive Chirurgie
    • Unklares Infektionsrisiko
    • Unklares Malignitätsrisiko
    • Diagnostische Unsicherheit (Bildgebung) hinsichtlich der genauen Entität
    • Weniger operative Komplikationen im Vergleich zur symptomatischen KTM
    • Denkbare Wachstumseinschränkung der gesunden Lunge durch Kompression
    • Wachstum verbliebener Lungenanteile bei frühzeitiger Resektion
    • Elternwunsch
  • Pro „Watch and wait“
    • Risiko operativer Komplikationen
    • Geringes Malignitätsrisiko
    • Neue klinische und genetische Möglichkeiten zur Einschätzung des Tumorrisikos
    • Möglichkeit der spontanen Remission in den ersten Monaten
    • Verlust gesunden Gewebes z. B. bei Lobektomie
    • Keine erhöhte Mortalität und keine klaren Langzeitschäden bei Operation nach Infektionen
    • Problematik des Managements bei multilobären Läsionen
    • Elternwunsch
Im Zentrum der Autoren erfolgt daher für jeden Patienten eine interdisziplinäre Beratung hinsichtlich der therapeutischen Alternativen. Letztlich muss am Einzelfall gemeinsam mit den Eltern entschieden werden, welche Strategie individuell sinnvoll erscheint.

Kongenitales lobäres Emphysem

Das kongenitale lobäre Emphysem (Congenital Lobar Emphysema, CLE) ist gekennzeichnet durch die Überblähung eines einzelnen oder auch mehrerer Lungenlappen, teilweise aber auch nur einzelner Segmente. Prinzipiell kann jeder Lappen betroffen sein, es besteht aber eine Prädisposition für die beiden Oberlappen und den Mittellappen (zusammen >90 %). Fälle, in denen mehr als ein Lappen betroffen sind, stellen eine Rarität dar.
In etwa der Hälfte der Fälle besteht eine anatomische bzw. funktionelle Ursache der Überblähung (Bronchomalazie oder -stenose, intrinsische Obstruktion, extrinsische Kompression), die im Sinne eines Ventilmechanismus imponiert. Bei anderen Patienten findet sich keine erkennbare Ursache. Es besteht eine Assoziation mit kardialen Fehlbildungen (bis 15 %).
Der pränatale Nachweis eines CLE kann gelingen. Hier fällt ein Lappen durch vermehrte Echogenität auf, die durch die gefangene Amnionflüssigkeit zustande kommt. Klinisch bleiben viele Patienten perinatal asymptomatisch. Etwa die Hälfte aller betroffenen Neugeborenen fällt noch in der Neonatalperiode durch Tachydyspnoe auf.
Diagnostik
In der Röntgenaufnahme des Thorax zeigen sich typischerweise die einseitige Hypertransparenz bei erhaltener Lungenstruktur mit Mediastinalshift zur kontralateralen Seite, eine Verbreiterung der ipsilateralen Interkostalräume und eine Abflachung des ipsilateralen Zwerchfells. Um die Überblähung sicher einem Lappen zuordnen zu können, ist vor einer Operation bzw. Intervention eine CT des Thorax obligat (Abb. 5). Eine Ventilationsperfusionsszintigrafie kann zur Diagnosesicherung beitragen.
Therapie
Asymptomatische Patienten werden beobachtet. In den ersten 6 Lebensmonaten zeigt sich, möglicherweise durch das Größenwachstum der Bronchien, eine gute spontane Remissionstendenz. Für das symptomatische CLE ist die Lobektomie die Standardtherapie. Diese kann auch thorakoskopisch durchgeführt werden. Bei etwa 10 % der Neugeborenen mit CLE kommt es direkt nach der Geburt zu einer dramatischen respiratorischen Verschlechterung (raumfordernde Wirkung, Mediastinalshift, reduzierte kardiale Vorlast) sodass eine Notfallsituation besteht, in der diese Patienten rasch thorakotomiert werden müssen. In den meisten dieser Fälle erholt sich der Patient kardiorespiratorisch sobald der betroffene Lappen in die Thorakotomie hervorluxiert wird. Die eigentliche Lobektomie kann dann wie üblich erfolgen.
Der Großteil der Patienten mit CLE kann elektiv operiert werden, nachdem die bildgebende Diagnostik abgeschlossen ist und der Patient ausreichend stabilisiert ist.
Das CLE kann durch den progredienten raumfordernden Charakter insbesondere bei beatmeten Patienten einen chirurgischen Notfall darstellen. In diesen Fällen ist eine sofortige Thorakotomie und Lobektomie anzustreben.

Spontanpneumothorax

Der Spontanpneumothorax ist durch das Eindringen von Luft in den Pleuraspalt ohne äußere Einwirkung gekennzeichnet. Er kann als primärer Pneumothorax beim bis dahin gesunden Patienten oder als sekundärer Pneumothorax bei prädisponierender Lungenerkrankung auftreten.
Im Kindesalter ist der Spontanpneumothorax selten, der typische Altersgipfel liegt in der Adoleszenz. Die jährliche Inzidenz wird 1–28/100.000 pro Jahr angegeben (männlich > weiblich). Häufiger tritt er bei großwüchsigen, schlanken männlichen Jugendlichen auf (marfanoider Habitus). Diese Häufung wird durch den vergleichsweise hohen negativen Druck im apikalen Pleuraspalt erklärt. Als Ursache beim lungengesunden Patienten bestehen meist rupturierten subpleuralen Bullae der Lungenspitze, die in der CT des Thorax oder in der Thorakoskopie nachgewiesen werden können.
Klinik
Klinisch fallen die Patienten durch thorakale Schmerzen, Dyspnoe, Husten und Atemnot auf. Veränderungen der Blutgase finden sich beim ansonsten Lungengesunden auf Grund der guten pulmonalen Kompensationsmechanismen nicht.
Diagnostik
Die Diagnose des Pneumothorax ergibt sich aus dem typischen Röntgenbild. Mitunter lassen sich in dieser Aufnahme bereits Bullae vermuten (Abb. 6). Die CT des Thorax ist zur sicheren Diagnosestellung der typischen apikalen Lungenbullae wird empfohlen. Sie zeigt zudem ggf. vorhandene Bullae der Gegenseite (Abb. 7) und lässt eine Beurteilung der gesamten Lunge hinsichtlich zugrunde liegender Lungenerkrankungen zu.
Therapie
Die therapeutische Strategie richtet sich nach dem Ausmaß des Pneumothorax und der Symptomatik. Kleinere Pneumothoraces resorbieren sich ohne weitere Intervention spontan. Durch Sauerstoffinhalation kann die Resorption um ein Mehrfaches gesteigert werden. Bei symptomatischen Patienten kann eine einmalige Pleurapunktion und Aspiration der pleuralen Luft durchgeführt werden. Bei Therapieversagen oder Rezidiv wird die Anlage einer Thoraxdrainage notwendig.
Eine Thorakoskopie ist spätestens beim ersten Rezidiv indiziert. Wenn sich die typischen apikalen Bullae darstellen, erfolgt eine atypische Spitzenresektion unter Einbeziehung aller sichtbaren Bullae. Unklar ist, inwieweit eine zusätzliche lokale Pleurodese bzw. apikale Pleurektomie in der Lage ist, das Rezidivrisiko zu verringern. Mittlerweile wird die Spitzenresektion häufig mit einer Pleurektomie kombiniert.
Beim ersten Rezidiv eines primären Spontanpneumothorax ist eine thorakoskopische Lungenspitzenresektion indiziert. Diese wird häufig mit einer apikalen Pleurektomie kombiniert.
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