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Kinderchirurgie
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Publiziert am: 07.07.2018

Gastroschisis

Verfasst von: Thomas M. Boemers
Bauchwanddefekte zählen zu den typischen kinderchirurgischen Krankheitsbildern, die bereits sehr früh pränatal diagnostiziert werden können. Die häufigsten Bauchwanddefekte sind die Gastroschisis und die Omphalozele. Daneben gibt es die ekstrophischen Bauchwanddefekte, die klassische Blasenekstrophie und die Kloakenekstrophie sowie das sehr seltene Prune-belly-Syndrom, bei dem die Bauchwandmuskulatur nahezu komplett fehlt. Im Gegensatz zur Gastroschisis und Blasenekstrophie liegen bei Kindern mit Omphalozele und Kloakenekstrophie fast immer assoziierte Fehlbildungen anderer Organsysteme vor. Bei Kindern mit Omphalozele sind zusätzliche chromosomale Aberrationen und genetische Defekte häufig. Die frühzeitige Diagnose dieser Fehlbildungen ermöglicht die geplante Entbindung und weitere Behandlung des Patienten in Perinatalzentren mit fundierter und kontinuierlicher kinderchirurgischer Expertise. Die operative Behandlung der meisten Bauchwanddefekte, mit Ausnahme der Gastroschisis, muss in der Regel nicht mehr akut, d. h. unmittelbar nach der Geburt erfolgen. In der überwiegenden Zahl der Fälle kann zunächst eine Stabilisierung und eingehende diagnostische Abklärung des Neugeborenen erfolgen. Nicht nur der Bauchwanddefekt selbst, sondern auch assoziierten Fehlbildungen müssen in die Therapieplanung miteinbezogen werden. Die sorgfältige Planung und Durchführung der Behandlung dieser Kinder stellt sehr hohe Anforderungen an die behandelnden Ärzte und setzt eine entsprechende breite kinderchirurgische Erfahrung voraus.
Bauchwanddefekte zählen zu den typischen kinderchirurgischen Krankheitsbildern, die bereits sehr früh pränatal diagnostiziert werden können. Die häufigsten Bauchwanddefekte sind die Gastroschisis und die Omphalozele. Daneben gibt es die ekstrophischen Bauchwanddefekte, die klassische Blasenekstrophie und die Kloakenekstrophie sowie das sehr seltene Prune-belly-Syndrom, bei dem die Bauchwandmuskulatur nahezu komplett fehlt. Im Gegensatz zur Gastroschisis und Blasenekstrophie liegen bei Kindern mit Omphalozele und Kloakenekstrophie fast immer assoziierte Fehlbildungen anderer Organsysteme vor. Bei Kindern mit Omphalozele sind zusätzliche chromosomale Aberrationen und genetische Defekte häufig. Die frühzeitige Diagnose dieser Fehlbildungen ermöglicht die geplante Entbindung und weitere Behandlung des Patienten in Perinatalzentren mit fundierter und kontinuierlicher kinderchirurgischer Expertise. Die operative Behandlung der meisten Bauchwanddefekte, mit Ausnahme der Gastroschisis, muss in der Regel nicht mehr akut, d. h. unmittelbar nach der Geburt erfolgen. In der überwiegenden Zahl der Fälle kann zunächst eine Stabilisierung und eingehende diagnostische Abklärung des Neugeborenen erfolgen. Nicht nur der Bauchwanddefekt selbst, sondern auch assoziierten Fehlbildungen müssen in die Therapieplanung miteinbezogen werden. Die sorgfältige Planung und Durchführung der Behandlung dieser Kinder stellt sehr hohe Anforderungen an die behandelnden Ärzte und setzt eine entsprechende breite kinderchirurgische Erfahrung voraus.

Definition und Historie

Bei der Gastroschisis besteht ein kleiner, nur wenige Zentimeter großer, Defekt der vorderen Bauchwand, der typischerweise immer rechts des Nabels lokalisiert ist (Abb. 1). Durch diesen Defekt kommt es zum Austritt von Darmschlingen aus der Bauchhöhle. Im Gegensatz zur Omphalozele ist die Nabelschnur immer intakt.
Die erste Beschreibung eines Bauchwanddefekts erfolgte durch den französischen Chirurgen Ambroise Paré, der Mitte des 16. Jahrhunderts über die schlechte Prognose dieser Patientengruppe berichtete. Der erste erfolgreiche Verschluss eines Bauchwanddefekts im Jahre 1803 geht auf den englischen Chirurgen William Hey zurück. Die konservative Behandlung von Omphalozelen durch Verschorfung des Bruchsacks mit Alkohol wurde 1899 durch den deutschen Arzt Johann Friedrich Ahlfeld beschrieben. C. Williams empfahl 1930 den mehrzeitigen Verschluss der Bauchwand bei kongenitalen Bauchwanddefekten und der amerikanische Kinderchirurg Robert E. Gross, entwickelte 1948 die Methode des einzeitigen Bauchwandverschlusses mittels lateral mobilisierter Hautlappen. Trotz der weiterentwickelten operativen Techniken wurde die Überlebensrate jedoch kaum verbessert. Eine deutlich höhere Überlebensrate bei Kindern mit Bauchwanddefekten ergab sich erst mit der Entwicklung der parenteralen Ernährung durch Stanley Dudrick ab 1960 und der Möglichkeit der künstlichen Beatmung operierter Neugeborener. Beide Methoden entwickelten sich etwa zur gleichen Zeit und verbesserten die Überlebensrate bei Kindern mit Bauchwanddefekten und anderen Fehlbildungen signifikant. Samuel Schuster berichtete 1967 über die erfolgreiche Anwendung der graduellen Reduktion von Darmschlingen in die Bauchhöhle mithilfe einer Teflonfolie, die als Säckchen in die Bauchwand eingenäht wurde und in die die Darmschlingen temporär eingebracht wurden (Schuster 1967). Diese Methode hat sich in modifizierter Form bis zum heutigen Tage bewährt (Allen und Wrenn 1969).

Inzidenz

Die Prävalenz lag vor 1990 bei 1,5:10.000 Geburten. In den letzten 10 Jahren nahm die Inzidenz weltweit deutlich zu und liegt momentan bei etwa 4,5:10.000 Geburten (Alvarez und Burd 2007; Holland et al. 2010). Beide Geschlechter sind zu gleichen Teilen betroffen. Die Prävalenz liegt bei Primipara deutlich höher und bei einem Großteil der Kinder sind die Mütter sehr jung. In bis zu 25 % der Fälle handelt es sich um „Teenagermütter“, mit einem Alter von <20 Jahren. In 40 % der Fälle werden die Kinder zu früh geboren oder sind zu klein für das jeweilige Gestationsalter (small for date).

Ätiologie

Die Ätiologie der Gastroschisis ist nicht bekannt. Möglicherweise hängt der Defekt mit einer abnormalen Rückbildung der rechten Umbilikalvene oder mit einem frühzeitigen Verschluss der A. omphalomesenterica in der 5.–6. Schwangerschaftswoche (SSW) zusammen. Das würde unter anderem zu dem Befund passen, dass bei Müttern von Kindern mit Gastroschisis eine Häufung der Einnahme von vasoaktiven Substanzen (Alkohol, Nikotin, Kokain, Pseudoephedrin) während der Schwangerschaft verzeichnet wird. Eine genetische Komponente ist nicht bekannt, obwohl es vereinzelte Berichte über familiäre Häufungen gibt (Schmidt et al. 2005). Chromosomale Aberrationen sind bei Kindern mit Gastroschisis eine Rarität. Die Inzidenz assoziierter Fehlbildungen anderer Organsysteme ist bei Kindern mit Gastroschisis sehr selten und entspricht in etwa der der Normalbevölkerung.

Klinik und Diagnostik

Die Gastroschisis tritt häufiger auf als eine Omphalozele: Die Ratio beträgt etwa 2:1. Im Gegensatz zur Omphalozele besteht bei der Gastroschisis keine Umhüllung der ausgetretenen Eingeweide mit einem Peritonealsack. Während der Schwangerschaft kann es daher zu einer chemischen Entzündung der ausgetretenen Eingeweide kommen. Diese wird durch die Amnionflüssigkeit hervorgerufen, insbesondere, wenn sie mekoniumhaltig ist (Correia-Pinto et al. 2002). In einigen Fällen sind die Darmschlingen stark entzündlich verändert, miteinander verbacken und mit einer dicken fibrinösen Membran überzogen (Abb. 2). Der Darm wirkt insgesamt verkürzt, die Darmwand ödematös und entzündlich verändert. Aufgrund dieser Veränderungen kommt es bei Kindern mit Gastroschisis fast immer zu ausgeprägten postoperativen intestinalen Motilitätsstörungen mit verlängerter intestinaler Passagezeit. Dies erfordert in vielen Fällen eine parenterale Ernährung über mehrere Wochen. Derzeit versucht man über einen intrauterinen Fruchtwasseraustausch die entzündlichen Darmwandveränderungen zu verhindern oder zumindest zu minimieren.
Der aus der Bauchhöhle ausgetretene Darm kann sich innerhalb der Bauchhöhle nicht normal verankern, daher liegt bei Kindern mit Gastroschisis immer eine Nonrotation und Nonfixation des Darms vor. Dies sollte nicht mit dem Krankheitsbild der Malrotation verwechselt werden. Mit einer Häufigkeit von etwa 10–15 % treten bei der Gastroschisis assoziierte Dünndarmatresien auf. Langstreckige Darmatresien sind in der Regel das Resultat eines intrauterin aufgetretenen Volvulus mit Abschnürung und kompromittierter Blutversorgung der extraabdominell gelegenen Darmabschnitte. Schließlich kommt es zu einer vollständigen Involution des extraabdominellen Darmkonvolutes. Langstreckige Dünndarmatresien können bei Kindern mit Gastroschisis daher zu einem primären Kurzdarmsyndrom führen.
Parenchymatöse Organe liegen so gut wie nie außerhalb der Bauchhöhle. Typischerweise sind bei der Gastroschisis Dünndarmschlingen ausgetreten, gelegentlich auch Dickdarm und Magen. In bis zu 5 % der Fälle findet sich zusätzlich eine Darmperforation im Bereich der außerhalb der Körperhöhle liegenden Dünndarmschlingen. In seltenen Fällen sind bei Mädchen die Eierstöcke und Eileiter außerhalb der Bauchhöhle lokalisiert. Bei Jungen können im Einzelfall auch die Hoden außerhalb der Bauchhöhle lokalisiert sein. Die Prävalenz eines Kryptorchismus bei Knaben mit Gastroschisis beträgt etwa 30 % (Hill und Durham 2011). Die Bauchhöhle ist aufgrund der ausgetretenen Darmanteile häufig sehr klein, da sie sich nicht entsprechend entwickeln konnte.
Die Diagnose einer Gastroschisis kann intrauterin, sonografisch, frühestens ab der 10.–12. SSW gestellt bzw. vermutet werden. Im Sonogramm sieht man häufig dilatierte Darmschlingen, die frei im Fruchtwasser liegen. Pränatal gemessene Darmschlingen mit einem Durchmesser von >11 mm gelten als deutlich erweitert und sind mit postpartalen Motilitätsstörungen verbunden (Piper und Jaksic 2006).
Die Austrittsstelle der Darmschlingen lateral des Nabels kann auch im Ultraschall identifiziert werden. Die pränatale Diagnosestellung ermöglicht die Überweisung der Mütter an Perinatalzentren mit der Möglichkeit der sofortigen kinderchirurgischen Versorgung.

Therapie

Für das Neugeborene mit Gastroschisis ergeben sich mehrere Probleme:
  • Erhöhter Flüssigkeitsverlust durch die außerhalb der Bauchhöhle gelegenen Darmschlingen,
  • Hypoalbuminämie,
  • Möglichkeit einer Infektion mit nachfolgender Sepsis,
  • Risiko eines Volvulus bzw. einer Minderperfusion der außerhalb der Bauchhöhle liegenden Darmschlingen.
Cave: In jedem Falle sollte vermieden werden, dass die Darmschlingen mit Mekonium in Berührung kommen, da Mekonium zu einer starken chemischen Entzündung der Serosa bzw. Darmwand führen kann.

Postpartale Versorgung

Der Flüssigkeitsbedarf in den ersten 24 h liegt bei Kindern mit Gastroschisis etwa doppelt bis 3-mal so hoch wie bei nicht betroffenen Neugeborenen. Je stärker die entzündlichen Veränderungen der Darmschlingen sind, desto höher ist der Flüssigkeitsbedarf. Aufgrund der Hypovolämie kann es bei Kindern mit Gastroschisis in den ersten Stunden zu einer metabolischen Azidose kommen, die ebenfalls ausgeglichen werden muss. Nach der Geburt wird zunächst eine Magensonde gelegt, um zu verhindern, dass sich die ausgetretenen Darmschlingen übermäßig mit Luft füllen. Im Anschluss daran wird das Kind in einen sterilen Plastiksack gelegt, um eine übermäßige Keimbesiedlung zu verhindern. Der Plastiksack sollte auf Höhe der Achseln geschlossen werden (Abb. 3). In jedem Fall muss auf die Durchblutung der Darmschlingen geachtet werden, da es postpartal leichter zu einer Strangulation des extraabdominell gelegenen Darms kommen kann.
Um die freiliegenden Darmschlingen vor einer bakteriellen Kontamination und Austrocknung sowie einer Verunreinigung durch Mekonium zu schützen, sollte die operative Behandlung unmittelbar, innerhalb der ersten Stunden nach der Geburt erfolgen.
Das Kind erhält zur Bestimmung der Diurese einen Blasenkatheter. Zusätzlich kann mithilfe eines transrektal eingebrachten Darmrohrs der Enddarm von Mekonium entleert werden. Dies führt unter anderem dazu, dass mehr Platz im Bauchraum geschaffen wird. Zur Vermeidung von entzündlichen Komplikationen sollte das Neugeborene breit antibiotisch abgedeckt werden.

Chirurgische Therapie

Im Operationssaal wird das Abdomen zunächst mit physiologischer Kochsalzlösung gereinigt. Die Darmschlingen werden vorsichtig in ein feuchtes Bauchtuch gelegt und anschließend wird das Abdomen mit einer nicht alkoholischen Desinfektionslösung steril abgewaschen. Nachdem das Kind steril abgedeckt ist, werden die Darmanteile, die sich außerhalb der Bauchhöhle befinden, vorsichtig gereinigt und inspiziert. Wenn Fibrinbeläge vorhanden sind, werden diese vorsichtig abgelöst, jedoch ohne die Serosa des Darms zu verletzen. Außerdem sollte darauf geachtet werden, ob Darmatresien vorliegen. Der Bauchwanddefekt kann, wenn nötig, in der Mittellinie nach kranial um ca. 1–3 cm erweitert werden. Dies ist jedoch nur dann nötig, wenn die Darmschlingen nicht durch den primären Defekt reponiert werden können. Der Darminhalt kann nach oral hin ausgemolken werden und muss dann über die Magensonde abgesaugt werden. Zusätzlich kann im Dickdarm befindliches Mekonium durch Ausstreifen des Kolons und Sigmoids nach aboral entfernt werden. Eine Enterotomie zur Aspiration des Mekoniums sollte jedoch nicht durchgeführt werden. Auch ein evtl. vorhandenes Meckel-Divertikel sollte in dieser Situation nicht abgetragen, sondern zunächst belassen werden. Die Bauchwand kann zirkulär, mit einem durch den Defekt in die Bauchhöhle eingeführten Finger gedehnt werden, um sie auf diese Weise zu vergrößern.
In unkomplizierten Fällen kann der Darm komplett in die Bauchhöhle reponiert werden. In diesem Fall wird der Bauchwanddefekt nach Anfrischen der Hautränder und der Faszie mit mehreren Nähten verschlossen. Um ein besseres kosmetisches Ergebnis zu erzielen, kann der Nabel mit einem ligierten Nabelschnurstumpf belassen werden. In selektierten Fällen kann die Reposition der Eingeweide in Analgosedierung auf der Station durchgeführt werden („elective delayed midgut reduction no general anaesthesia“; „EDMR No GA“). Dieses Verfahren hat durchaus seinen Stellenwert, sollte jedoch sehr differenziert angewandt werden (Bianchi et al. 2002).
In der Regel werden Kinder mit Gastroschisis nach Verschluss des Defekts und erhöhtem intraabdominellen Druck für 24–48 h nachbeatmet.

Vorgehen bei viszero-abdomineller Dysproportion

In etwa 10–20 % der Fälle kann ein primärer Bauchwandverschluss nicht durchgeführt werden, da die Bauchhöhle zu klein ist und die extraabdominell liegenden Darmanteile nicht aufnehmen kann (viszero-abdominelle Dysproportion). Eine forcierte Reposition der Eingeweide würde in dieser Situation zu einem abdominellen Kompartmentsyndrom führen (Kidd et al. 2003). Dies birgt die Gefahr mesenterialer Durchblutungsstörungen in sich, die bis hin zu einer kompletten Darmnekrose führen können. Darüber hinaus kommt es auch zu einer Minderperfusion parenchymatöser Organe und zu einem verminderten venösen Rückfluss zum Herzen durch Kompression der V. cava mit reduziertem kardialem Auswurfvolumen. Darüber hinaus kann der gestörte venöse Blutfluss in der V. cava und den Nierenvenen zu einer Nierenvenenthrombose führen. Eine verminderte Nierendurchblutung führt zu einem Rückgang der Diurese bis hin zur Anurie. Durch den hohen intraabdominellen Druck kommt es auch zu einem Zwerchfellhochstand mit dem Bedarf eines erhöhten Beatmungsdrucks.
Cave: Aufgrund der hohen Morbidität eines abdominellen Kompartmentsyndroms muss dieses unbedingt vermieden werden. Der intraabdominelle Druck kann über eine Magensonde, ein Darmrohr oder den Blasenkatheter gemessen werden und sollte in jedem Fall <20 mmHg liegen (Kidd et al. 2003; Olesevich et al. 2005).
Experimentelle Studien haben gezeigt, dass ein intraabdomineller Druck bereits ab 10 mmHg zu intrahepatischen Durchblutungsstörungen führen kann (Diebel et al. 1992). Zwei wichtige klinische Parameter zur Beurteilung, ob das Kind einen pathologisch erhöhten intraabdominellen Druck hat, sind u. a. die Diurese und der Beatmungsdruck. Generell sollte ca. 4–5 h nach Verschluss einer Gastroschisis eine Dopplersonografie der Leber mit Pfortader, der Nieren mit Nierengefäßen und der V. cava durchgeführt werden.
Zur Prävention des Kompartmentsyndroms wird der Bauchwanddefekt durch eine mediane Oberbauchlaparotomie erweitert. Anschließend wird eine Silastikfolie in die Bauchwand eingenäht. Ob die Folie an die Bauchwandfaszie genäht wird oder an die Haut, bleibt dem Operateur überlassen und muss auch situativ entschieden werden. Nach zirkulärer Einnaht der Folie, wird diese an der Längsseite ebenfalls durch eine fortlaufende Naht verschlossen. Üblicherweise sollte monophiles, nicht resorbierbares Nahtmaterial benutzt werden. Die außerhalb der Bauchhöhle liegenden Eingeweide befinden sich nun umhüllt von der Silastikfolie. Diese wird am oberen Ende auch durch fortlaufende Naht verschlossen. Um das so geschaffene Silastiksäckchen auf der Station mit leichter Spannung aufhängen zu können, wird üblicherweise eine weiche Darmklemme am oberen Rand platziert und das Säckchen anschließend mit Gummizügeln im Inkubator fixiert (Abb. 4). Diese operative Technik wird allgemein hin als „Schusterplastik“ bezeichnet (Schuster 1967; Allen und Wrenn 1969).
Im weiteren Verlauf werden die Eingeweide täglich immer weiter in die Bauchhöhle reponiert und die Darmklemmen so versetzt, dass das Silastiksäckchen kontinuierlich verkleinert wird. In der Regel gelingt es innerhalb von 7–10 Tagen, die Eingeweide komplett in die Bauchhöhle zurückzudrängen, um dann gezielt im Operationssaal die Bauchwandfaszie und Haut zu verschließen (Abb. 5). Beim Zurückdrängen der Eingeweide sollte wie beim Primärverschluss streng darauf geachtet werden, dass der intraabdominelle Druck nicht zu hoch wird und ein intraabdominelles Kompartmentsyndrom vermieden wird. Aufgrund der Tatsache, dass die Silastikfolie durchsichtig ist, kann die mesenteriale und murale Durchblutung der Eingeweide permanent optisch kontrolliert werden.

Vorgehen bei assoziierter Dünndarmatresie

In etwa 10–15 % der Fälle ist zusätzlich eine Dünndarmatresie vorhanden. Aufgrund der oft entzündlich veränderten Darmschlingen verbietet sich jedoch fast immer eine primäre End-zu-End-Anastomose zur Korrektur der Atresie. In dieser Situation gibt es zwei unterschiedliche Vorgehensweisen:
  • Der Operateur kann zunächst die Atresie belassen, die Eingeweide in die Bauchhöhle reponieren, die Bauchhöhle verschließen und das Kind über eine Dauer von etwa 2–3 Wochen parenteral ernähren und gleichzeitig den Mageninhalt über eine großlumige Magensonde ableiten. Nach etwa 14 Tagen kann dann gezielt eine Relaparotomie erfolgen (Snyder et al. 2001). In der Regel haben sich die entzündlichen Veränderungen der Darmschlingen so weit gebessert, dass eine primäre Anastomose möglich ist.
  • Bei kritisch kranken Kindern oder bei ausgedehnten entzündlichen Veränderungen der außerhalb der Bauchhöhle liegenden Darmschlingen ist es sinnvoll, zunächst einen passageren Anus praeter (AP) anzulegen. Üblicherweise wird der AP für 2–3 Monate belassen.
In seltenen Fällen ist die Ursache der Atresie ein bereits intrauterin stattgefundener Volvulus mit konsekutiver Nekrose der extraabdominellen Darmanteile durch zusätzliche Konstriktion der mesenterialen Blutgefäße im Bereich des Bauchwanddefekts. In diesen Fällen liegt häufig ein primäres Kurzdarmsyndrom vor. Ob in dieser Situation zunächst ein AP angelegt werden soll oder aber eine primäre End-zu-End-Anastomose durchgeführt werden muss, kann im Einzelfall nur situativ entschieden werden.

Komplikationen

Intestinale Motilitätsstörungen bei Kindern mit Gastroschisis sind die Regel und können über mehrere Wochen und Monate anhalten. Weitere Probleme sind Infektionen der Bauchwand, Sepsis, respiratorische Probleme, passageres Ödem der unteren Extremitäten bei grenzwertigem Kompartmentsyndrom, eine NEC und einen sekundäre Cholestase durch die parenterale Langzeiternährung. Aufgrund des erhöhten intraabdominellen Drucks kann es zum Auftreten eines signifikanten gastroösophagealen Refluxes und Leistenhernien kommen. Die Mortalität bei Gastroschisis liegt deutlich <10 %, wenn man das Gesamtkollektiv betrachtet (Driver et al. 2000). Frühgeburtlichkeit und ein niedriges Geburtsgewicht erhöhen die Mortalitätsrate in diesem Patientenkollektiv, eine elektive Sectio scheint die Mortalitätsrate dagegen nicht positiv zu beeinflussen (Clark et al. 2011).
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