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Kinderchirurgie
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Publiziert am: 26.09.2018

Wundversorgung bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: R. Böhm
Kinder und Jugendliche verletzen sich sehr oft. Schürfwunden, Quetschwunden, Schnittwunden, Platzwunden oder eingebrachte Fremdkörper als Beispiele für Verletzungen der Haut lassen regelhaft eine unverzügliche Therapie notwendig werden und sind ständige Praxis in der kinderchirurgischen Akutversorgung. Dieses Kapitel will mit der Darstellung der unterschiedlichen Verletzungsmuster, deren Therapie und möglichen Komplikationen eine Orientierung bieten. Auch besondere Hautverletzungsformen, wie Wunden im Gesicht und die Themen primäre und sekundäre Wundheilung werden erläutert. Weiterhin werden Therapiealgorithmen zu den Gesichtspunkten Dringlichkeit, Wundreinigung, Infektionsprophylaxe und zu Methoden des Wundverschlusses angeboten.
Kinder und Jugendliche verletzen sich sehr oft. Schürfwunden, Quetschwunden, Schnittwunden, Platzwunden oder eingebrachte Fremdkörper als Beispiele für Verletzungen der Haut lassen regelhaft eine unverzügliche Therapie notwendig werden und sind ständige Praxis in der kinderchirurgischen Akutversorgung. Dieses Kapitel will mit der Darstellung der unterschiedlichen Verletzungsmuster, deren Therapie und möglichen Komplikationen eine Orientierung bieten. Auch besondere Hautverletzungsformen, wie Wunden im Gesicht und die Themen primäre und sekundäre Wundheilung werden erläutert. Weiterhin werden Therapiealgorithmen zu den Gesichtspunkten Dringlichkeit, Wundreinigung, Infektionsprophylaxe und zu Methoden des Wundverschlusses angeboten.

Allgemeines

Verletzungen der Haut und Unterhaut bei Kindern und Jugendlichen sind häufig. Insbesondere im Kleinkindesalter sind diese durch Neugier und Unsicherheit bei gleichzeitig mangelnder Erfahrung mit gefährlichen Situationen oder Gerätschaften bedingt. Bei älteren Kindern und Jugendlichen finden sich vermehrt Verletzungen durch handwerkliche Tätigkeiten, durch Spiel und Sport oder durch Verkehrsunfälle.
Die typischsten Verletzungen sind Platz-, Quetsch-, Schürfwunden und Schnittverletzungen und die Einbringung von Fremdkörpern in oder unter die Haut. Zumeist lässt sich die Art der Hautverletzung direkt aus dem Unfallmechanismus ableiten. Dieser beeinflusst auch im hohen Maße durch die vorausgegangene mechanische Belastung des Gewebes und die daraus folgende mehr oder weniger ausgeprägte Gewebeschädigung und durch die in der Regel immer vorliegende Kontaminierung den Heilungsverlauf (Al-Abdullah et al. 2007; Hojjat et al. 2016; Mendelson und Fallat 2007).

Dringlichkeit der Wundversorgung

Generell gilt, dass jede Wunde unmittelbar, d. h. sobald wie möglich versorgt und verschlossen werden muss, um eine sekundäre Infektion mit den möglichen Folgen einer Wundheilungsstörung mit Lymphangitis, Phlegmone oder sogar einer Abszessbildung zu verhindern.
Als Zeitfenster wird hier nach wie vor ein Intervall von 5–7 h nach dem Trauma gefordert, wobei Ausnahmen die Regel bestätigen, z. B. die Versorgung von Verletzungen im Gesichtsbereich. Gesondert sind hier auch Bissverletzungen zu betrachten (Kap. „Bisswunden bei Kindern und Jugendlichen“) (Mendelson und Fallat 2007).
Verletzung der Haut – en dash to do first: Vor jeder Manipulation an einer Wunde muss eine ausreichende Analgesie erfolgen. Gegebenenfalls kann eine Wundinspektion nur in Sedierung oder Narkose durchgeführt werden. Eine unzureichende Schmerztherapie bedeutet Stress für die Patienten und damit neben dem psychischen Trauma auch ein Risiko für Wundheilungsstörungen.

Wundreinigung

Unabdingbar ist aber in jedem Falle eine gründliche Reinigung und Desinfektion der Wunde, die immer als kontaminiert anzusehen ist, auch dann, wenn sie makroskopisch und vom Aspekt her unverschmutzt erscheint. Die Wundreinigung sollte stets mechanisch und chemisch erfolgen, beispielsweise mit einer desinfizierenden Lösung (Octenisept®) mithilfe einer Kompresse, einem sterilen Schwamm oder Ähnlichem. Bei grob verschmutzten Wunden muss zunächst eine gründliche Entfernung von aufliegenden oder eingedrungenen Fremdkörpern erfolgen mit nachfolgender Desinfektion. Die früher praktizierte Wundausschneidung ist nicht erforderlich.

Infektionsprophylaxe und Tetanusschutz

Eine systemische Infektionsprophylaxe ist im Prinzip nicht notwendig, insbesondere wenn die Wunden sich gut reinigen und desinfizieren lassen. Probleme können allerdings bei mit biologischem Material (z. B. Holz) stark verschmutzten Wunden auftreten. Hier sollte der Wundverschluss unter einer einmaligen Antibiotikaprophylaxe mit einem Breitspektrumantibiotikum (z. B. einem Cephalosporin der 2. Generation oder Ähnlichem) erfolgen. Ansonsten sollte erst bei lokalen Infektionszeichen mit Phlegmone oder Lymphknotenschwellung innerhalb der ersten 24–72 h eine Antibiotikabehandlung erfolgen. Bei systemischen Infektionszeichen ist diese in jedem Fall obligatorisch.
Prinzipiell kann in unseren Regionen von einer vollständigen Tetanus-Immunisierung der Kinder und Jugendlichen ausgegangen werden. Trotzdem sollte immer der Impfausweis eingesehen werden. Ist der Impfschutz nicht vorhanden oder nicht komplett, gelten die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO). Dies trifft auch in besonderem Maße für Flüchtlinge aus Krisengebieten zu.

Methoden zum Wundverschluss

Für den Wundverschluss stehen mehrere Verfahren zur Verfügung. Sehr kleine Wunden, deren Wundränder sich schon spontan angenähert haben, können nach Reinigung und Desinfektion mit einem einfachen Pflaster abgedeckt werden (Zempsky et al. 2005).

Wundverschluss mit Gewebekleber

Für Wunden bis ca. 3–4 cm Länge – dies betrifft insbesondere Platzwunden am behaarten Schädel oder im Gesicht – hat sich die Wundrandadaptation mit Gewebekleber sehr bewährt. Hierzu darf die Wunde allerdings nicht mehr bluten, sollte sauber und nicht infiziert sein. Die Tiefe der Wunde, z. B. an der Kopfschwarte, ist dabei eher unerheblich, allerdings müssen sich die Wundränder ohne Spannung annähern lassen. Ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens ist, dass keine Lokalanästhesie notwendig ist. Auch bei größeren Wunden kann der Gewebekleber nach vorausgegangener subkutaner Adaptation mit einer Naht verwendet werden.
Selbstverständlich ist bei der Aufbringung dieses innerhalb von Sekunden abbindenden Klebstoffs sorgfältig darauf zu achten, dass insbesondere bei Wunden in der Nähe der Augen kein Klebstoff auf die Bindehaut oder zwischen die Lidkanten gerät.

Wundverschluss mit Naht

Größere Wunden oder nur unter Spannung anzunähernde Wundränder, z. B. bei Quetschverletzungen mit gleichzeitiger Schwellung, erfordern in der Regel einen mechanisch stabilen Hautverschluss mit einer Naht. Prinzipiell sollte hier der Einzelknopfnaht der Vorzug gegeben werden, da sie eher als eine fortlaufende Naht den Durchtritt von Wundsekret nach außen ermöglicht und weniger die Mikrodurchblutung der ohnehin mechanisch belasteten Wundränder beeinträchtigt.
In der Regel wird nichtresorbierbares, monofiles Material verwendet, da dieses geringere Umgebungsreaktionen auslöst, was insbesondere bei Einzelknopfnähten zu einem kosmetisch besseren Ergebnis führt. Ein Nachteil ist, dass diese Nähte wieder entfernt werden müssen, was gerade bei Kleinkindern aufgrund der geringen Compliance erschwert sein kann. Im Einzelfall kann auch die Verwendung von resorbierbaren Fäden sinnvoll sein, beispielsweise bei Verletzungen am Augenlid, um hier die Nahtentfernung zu vermeiden. Dies gilt auch für Wunden im Bereich der Schleimhäute (Oral- oder Genitalbereich) oder am Lippenrot (Abschn. 3.6). Im Gegensatz zur vorgenannten Wundklebung ist für eine Naht häufig eine Lokalanästhesie (topisch oder ggf. infiltrativ), evtl. sogar eine Allgemeinanästhesie erforderlich, insbesondere im Genitalbereich. Letztere ist oft auch die einzige Möglichkeit, um bei kleineren oder ängstlichen Kindern eine Wundversorgung durchführen zu können (s. auch im Folgenden) (Al-Abdullah et al. 2007; Evans und Jones 2006; Gaufberg et al. 2007; Quinn et al. 1998; Tremblay und Sullivan 2009).

Wundverschluss mit alloplastischem Material

Schürfwunden und ausgedehnte Verletzungen mit einer weitreichenden Gewebedestruktion oder Gewebeverlust erfordern in der Regel eine differenzierte und individuelle Behandlung. Häufig ist kein primärer Wundverschluss im Sinne einer Wundrandadaptation möglich. Hier muss nach einer gründlichen Wundreinigung eine sterile Abdeckung der Wundfläche erfolgen. Dabei können unterschiedliche Konzepte verfolgt werden (Tab. 1):
  • Auflage von Fett-, Hydrokolloid- oder Silikongaze, die zum einen eine Feuchtigkeitsregulierung des abgedeckten Gewebes erlaubt und zum anderen durch die Gitterstruktur eine gute Drainage von Wundsekreten gewährleistet und vor Verklebungen schützt.
  • Besonders bei oberflächlichen Schürfwunden bietet sich die Auflage von selbstklebenden Hydrokolloidverbänden an, die in unterschiedlichen Stärken verfügbar sind. Ein Vorteil ist der gute mechanische Schutz und die Förderung der Epithelialisierung. Darüber hinaus sind diese Verbände bedingt flexibel und können somit über Gelenke angelegt werden. Eine zusätzliche Fixierung mit Pflasterfolien oder Bandagen wie bei Gazeverbänden ist nicht notwendig.
  • Bei komplexeren Wunden, die ohnehin eine chirurgische Rekonstruktion erfordern, bietet sich in der Primärversorgung die Verwendung von einem gewebten Polyamidnetz (z. B. Tegapore®) als temporärer Hautersatz an. Dieses erlaubt den Durchtritt von Wundexsudat, das dann in einer darüber liegenden Verbandsschicht aufgefangen werden muss und nicht mit dem Wundgrund verklebt, wobei ein Austrocknen vermieden werden sollte (Brown et al. 2007).
Tab. 1
Methoden des Wundverschlusses
Form des Wundverschlusses
Einsatzgebiet
Pflaster/Steristrips
Kleine Wunden mit spontaner Wundrandadaptation
Gewebekleber
Kleine, saubere, nicht mehr blutende Wunden (<4 cm), ohne große Spannung
Naht
Wunden unter Spannung, über Gelenken (Konvexizitäten)
Alloplastisches Material
Flächige, verschmutzte Wunden mit Gewebeverlust
Sämtliche genannte Verfahren der Wundversorgung erfordern eine gewisse Mitarbeit des Patienten. Zudem sind über die Gewebeklebung hinausgehende Maßnahmen schmerzhaft und machen eine entsprechende Analgesie unumgänglich. Diese ist bei älteren Kindern und Jugendlichen abhängig von der Wundart evtl. in Form einer Lokalanästhesie möglich. Ansonsten kann für eine gründliche Wundexploration und Wundversorgung eine Sedierung bzw. Allgemeinanästhesie notwendig werden. Da die betreffenden Kinder in der Regel nicht nüchtern sind, besteht hier ein gewisses Narkoserisiko, das immer mit den Eltern in Abwägung der Notwendigkeit der Wundversorgung diskutiert werden muss (Gaufberg et al. 2007; Maier et al. 2010; Sinha et al. 2006).

Typische Wund- und Verletzungsformen

Platzwunden

Lokalisation
Platzwunden werden in der Regel durch stumpfe Gewalteinwirkung auf die Haut gegen den harten Knochen hervorgerufen. Dies erklärt auch die typischen Lokalisationen dieser Verletzungen: Die häufigsten Platzwunden finden sich im Gesicht und hier bei Kleinkindern bedingt durch den Unfallmechanismus zumeist an der Stirn. Bei älteren Kindern folgen Verletzungen auch am Hinterkopf oder unter dem Kinn. Bei Jugendlichen treten diese Verletzungen vermehrt an den Streckseiten der Extremitäten und hier v. a. über den Gelenken auf. Platzwunden an den Wangen oder über dem Jochbein sind eher selten und zumeist durch direkte Schlageinwirkung bedingt (Faustschlag). Platzwunden am Schädel bluten häufig zunächst stark, wobei eine Kompression schon eine Blutstillung bewirken kann (Hogg und Horswell 2006).
Wundversorgung
In den meisten Fällen lassen sich Platzwunden durch einen Gewebekleber verschließen (Abb. 1), ansonsten kann eine Naht der Wunde notwendig sein; im Zweifelsfall sollte immer genäht werden, um sekundäre Wundranddehiszenzen zu vermeiden. Die Wundränder sind zumeist unregelmäßig, sodass Narben verbleiben können. Hierüber müssen die Eltern aufgeklärt werden. Das Infektionsrisiko ist bei gründlicher Wundreinigung gering.

Quetschwunden

Lokalisation
Quetschwunden finden sich v. a. an den Extremitäten, selten am Rumpf oder am Schädel. Sie sind zumeist durch das Einklemmen des betreffenden Hautareals zwischen harten Gegenständen oder letzterem und dem Patienten selbst bedingt, z. B. bei einem Sturz. Häufig sind auch das Subkutangewebe und sogar tiefer gehende Strukturen betroffen; dies gilt insbesondere für Quetschwunden an der Hand, an den Fingern (Kap. „Bisswunden bei Kindern und Jugendlichen“) oder über den Gelenken aufgrund des hier verhältnismäßig dünnen Weichteilmantels. Typisches Beispiel hierfür ist die Einklemmverletzung des Sprunggelenks in die Fahrradspeichen.
Wundversorgung
Diese Verletzungen gehen durch den Mechanismus bedingt immer mit einer vermehrten Kompromittierung bis Zerstörung des Gewebes einher. Dies hat häufig Wundheilungsstörungen oder Infektionen durch sekundär absterbende Gewebeanteile zur Folge, sodass langfristige Heilungsverläufe, z. T. mit mehrfachen chirurgischen Interventionen im Sinne von Wunddébridements, notwendig werden können. Gelegentlich müssen bei zugrunde gegangener Haut Hauttransplantationen durchgeführt werden. Die primäre Versorgung beinhaltet von einer Wundrandadaptation über eine Naht bis hin zu einer temporären Defektdeckung sämtliche genannten Verfahren, abhängig von dem Ausmaß der Verletzung, Häufig ist hier die Ausheilung mit einer Narbenbildung verbunden, die z. B. bei Verletzungen über Gelenken funktionell wirksam sein kann (Aufklärung der Eltern!) (Bachier und Feliz 2016; Brown et al. 2007).

Schnittwunden

Lokalisation
Schnittverletzungen bei kleinen Kindern sind selten, sie finden sich eher ab dem Kindergartenalter, v. a. an den Händen oder Fingern durch Glas- und Keramikbruch bei Stürzen, seltener durch Messer, scharfe Gegenstände oder sonstige Werkzeuge. Derartige Verletzungen kommen bei Schulkindern oder Jugendlichen häufiger vor. Schnittverletzungen im Gesicht, am Rumpf oder an den Extremitäten sind zumeist durch Verkehrsunfälle oder zersplittertes Fensterglas bedingt und weniger häufig.
Wundversorgung
Bei allen Schnittverletzungen an den Händen oder Fingern besteht die Gefahr der Beteiligung von tiefer gehenden Strukturen, z. B. Sehnen, Nerven und Gefäßen, sodass immer eine gründliche Exploration in adäquater Analgesie oder sogar in Narkose erfolgen muss, auch um Glas- oder Keramiksplitter zu bergen, die sehr tief eindringen können. Eine Röntgenuntersuchung kann Splitter darstellen, sofern diese kontrastgebend sind, z. B. Bleiglas. Auch die Ultraschalluntersuchung kann helfen, eingedrungene Fremdkörper zu entdecken. Gelegentlich können Schnittwunden im Gesicht geklebt werden, ansonsten ist auch hier die Naht der Wundränder die Methode der Wahl. Durch die relativ glatten Wundränder ist in der Regel der Wundverschluss gut möglich und die Infektionsrate sehr gering.
Eine gewisse Sonderstellung nehmen die Fingerkuppenamputationen ein, insbesondere bei kleinen Kindern. Sie können durch Messer (Brotschneidemaschine), scharfe Metallkanten oder Ähnliches, aber auch durch Einklemmungen, z. B. in der Tür, hervorgerufen werden. Hier besteht die Therapie in der Readaptation des (Teil-)Amputats. Die Erholung des unter dem oftmals demarkiert erscheinenden Gewebes ist oft erstaunlich gut, kann aber viele Wochen benötigen und erfordert die Geduld des behandelnden Arztes und der Eltern (Aufklärung!) (Abb. 2) (Provencher et al. 2006).
Der äußere Aspekt einer Wunde kann über das tatsächliche Verletzungsausmaß hinwegtäuschen!

Schürfwunden

Lokalisation
Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Kinder laufen, bis zur Adoleszenz sind Schürfwunden sehr häufige Verletzungen. Sie entstehen durch tangentialen Abrieb der obersten Hautschicht (Epidermis) an einer rauen Oberfläche und finden sich unfalltechnisch bedingt an den Extremitäten, v. a. über den Streckseiten der großen Gelenke (Kniegelenk, Ellenbogen), aber auch am Schädel (Stirn, Jochbogen, Kinn).
Wundversorgung
Schürfwunden bluten in der Regel wenig, sind aber sehr schmerzhaft und nässen sehr häufig. Nach ausreichender Analgesie ist eine gründliche Wundreinigung und Desinfektion notwendig, ggf. auch eine Abdeckung (s. oben), da Textilverbände rasch mit dem Wundgrund verkleben. So ist die Therapie der Wahl immer noch ein Offenlassen der Wunde, die rasch eine Schutzschicht aus Fibrin bildet. Befinden sich Schürfwunden allerdings an normalerweise mit Kleidung bedeckten Lokalisationen, so können Hydrokolloidfolien zu Abdeckung verwendet werden, die gleichzeitig einen mechanischen Schutz bieten. Oberflächliche Schürfwunden heilen in der Regel folgenlos aus, die Infektionsrate ist nach gründlicher Reinigung und Desinfektion sehr gering (Merskey und Bogduk 1994).

Fremdkörper

Fremdkörper werden in der Regel durch einen Sturz (Steine, Sand, Splitter etc.) oder durch Abrieb (Holz, Dornen) in oder unter die Haut eingetrieben. Die Entfernung dieses Fremdmaterials aus größerflächigen Wunden bereitet in der Regel keine Probleme. Lange und dünne Fremdkörper wie Holzspreißel oder Dornen sind oft nur erschwert finden und zu bergen, ggf. nur unter adäquater Analgesie. Auch hier kann die Ultraschalluntersuchung hilfreich sein. Nicht selten verbleiben Reste, die dann z. T. sehr hartnäckige Weichteilinfektionen, sekundäre Abszesse und langwierige Heilungsverläufe zur Folge haben (Vargas et al. 2011).
Cave: Prinzipiell ist jeder Fremdkörper als infektiös anzusehen.
Ein Wundverschluss sollte daher nur bei sauberen Wundverhältnissen erfolgen. Gerade nach Bergung von biologischen Fremdkörpern (Holz etc.) kann eine grobe Wundrandadaptation genügen, um den Sekretabfluss zu sichern; evtl. ist die Einlage einer Drainage sinnvoll.

Wunden im Gesicht

Verletzungen im Gesicht nehmen eine Sonderstellung ein. Es sollte immer versucht werden, unter optimalen Bedingungen – womöglich unter Allgemeinanästhesie – ein kosmetisch bestmögliches Ergebnis zu erreichen. Dies betrifft v. a. Wunden, die aufgrund der Größe nicht geklebt werden können. Als Nahtmaterial sollten dünne Fadenstärken (4-0 bis 6-0) verwendet werden, am Augenlid und im Bereich des Lippenrots bietet sich resorbierbares Material an. Bei Wunden im Gesicht kann zudem das vorgenannte Zeitfenster von 5–7 h überschritten werden, da einer offenen Wundbehandlung in der Regel eine kosmetische Wund- bzw. Narbenkorrektur folgt, die es zu vermeiden gilt. So kann nach Rücksprache mit den Eltern und einer ausführlichen Aufklärung über eine mögliche Sekundärinfektion mit kosmetisch relevanter Wundheilungsstörung hier auch noch ein Verschluss bis zu 24 h nach dem Unfallereignis erfolgen.
Die Fadenentfernung im Gesicht sollte bereits nach 5 Tagen stattfinden, um Fremdkörperreaktionen an den Stichkanälen zu minimieren. Infizierte Wunden oder Wundabszesse im Gesicht müssen rasch chirurgisch saniert werden, um eine Ausbreitung der Infektion zu vermeiden. In der Regel ist dann eine antibiotische Therapie – womöglich erregeradaptiert – nötig, gefolgt von einem Sekundärverschluss nach Ausheilung (Islam et al. 2006; Luck et al. 2008; Singer et al. 2005; Svider et al. 2016; Vazquez et al. 2016; Webber et al. 2016).
Jede Verletzung, insbesondere eine Schnittwunde, muss sehr gründlich in adäquater Analgesie oder ggf. Narkose exploriert werden, um tiefer liegende Verletzungen von Gefäßen, Nerven und Sehnen zu erkennen.
Literatur
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