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Klinische Kardiologie
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Publiziert am: 08.02.2022

Kardiale und perikardiale Tumoren

Verfasst von: Uta C. Hoppe
Kardiale Tumoren sind selten, können benigne oder maligne sein und als primäre Tumoren oder Metastasen auftreten. In Abhängigkeit ihrer Lokalisation können kardiale Tumoren verschiedenste Symptome verursachen und kardiale Erkrankungen imitieren. Die Echokardiografie hat die wesentlichste Bedeutung bei der primären Diagnostik. Die Prognose benigner Herztumoren ist meist gut, die Prognose maligner kardialer Tumoren hingegen selbst bei chirurgischer Resektion schlecht.
Die erste Beschreibung einer kardialen Neoplasie erfolgte durch Realdo Colombo und reicht in das Jahr 1559 zurück. Die Inzidenz primärer Herztumoren ist niedrig und wird in Obduktionsberichten mit 0,0017–0,28 % angegeben. Kardiale und perikardiale Tumoren werden pathologisch-anatomisch in benigne angeborene Tumoren, benigne erworbene Tumoren, Keimzelltumoren und maligne Tumoren eingeteilt (Übersicht 1) (Burke und Tavaro 2016). Der Anteil benigner Tumoren wird mit 75–90 % angegeben.
Übersicht 1 Pathologie kardialer und perikardialer Tumoren
1.
Benigne angeborene Herztumoren
 
2.
Benigne erworbene Herztumoren
 
3.
Keimzelltumoren
  • Teratom
  • Dottersacktumor
 
4.
Primär maligne Tumoren
  • Angiosarkom
  • Undifferenziertes pleomorphes Sarkom
  • Rhabdomyosarkom
  • Fibrosarkom
  • Malignes Lymphom
  • Malignes Mesotheliom
  • Andere
 
5.
Sekundär maligne Tumoren
  • Metastasen
  • Kardiale/perikardiale Per-continuitatem-Infiltration extrakardialer Tumoren
 

Benigne angeborene Herztumoren

Rhabdomyom

Das Rhabdomyom ist der häufigste Herztumor im Kindesalter und zeigt eine enge Assoziation zur tuberösen Sklerose, die durch Mutationen des TSC-1- und TSC-2-Gens bedingt ist.
Histologisch wird das Rhabdomyom als Hamartom eingestuft. Rhabdomyome treten meist im ventrikulären Myokard, oft multilokulär auf. Aufgrund spontaner Regression wird der Tumor nur selten bei Erwachsenen gefunden.

Kardiales Fibrom

Kardiale Fibrome finden sich bevorzugt im Ventrikelmyokard der freien linksventrikulären Wand oder des Interventrikularseptums. Sie treten meist solitär auf. Kalzifizierungen sind häufig. Kardiale Fibrome sind die zweithäufigsten Tumoren des Kindesalters. Symptome, wie Arrhythmien, können sich nach der Geburt oder erst im Erwachsenenalter manifestieren. Bei kardialen Fibromen im Rahmen des Gorlin-Syndroms wurden Mutationen des PTC-Gens, eines Regulatorgens des Zellwachstums, nachgewiesen.

Histiozytoide Kardiomyopathie

Bei der histiozytoiden Kardiomyopathie handelt es sich um eine multifokale harmatöse Ansammlung von modifizierten Myozyten des Reizleitungssystems in Form von Knoten in Endo- oder Myokard. Die histiozytoiden Kardiomyopathie ist sehr selten und findet sich meist im 1. Lebensjahr. Ein Drittel der Kinder hat weitere kardiale oder extrakardiale Anomalien. Bei einigen Betroffenen wurden Mutationen im NADH:Ubiquinone-Oxidoreductase-B11-Gen (NDUFB11) nachgewiesen.

Benigne erworbene Herztumoren

Prinzipiell kann jedes mesenchymale Gewebe den Hauptanteil eines kardialen Tumors ausmachen (Palaskas et al. 2018). Myxome finden sich meist linksatrial. Nichtmyxomatöse Tumoren treten häufiger ventrikulär, intramyokardial und multipel auf.

Myxom

Mit 40 % aller primären kardialen Tumoren und 50 % der benignen Neoplasien stellt das Myxom den häufigsten Herztumor beim Erwachsenen dar.
Obwohl Myxome in jedem Lebensalter auftreten können, werden sie meistens zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr beobachtet. Frauen sind 1,7- bis 3-mal häufiger als Männer betroffen (Jain et al. 2015).
Myxome werden in 75–85 % der Fälle im linken Vorhof gefunden und sitzen meist gestielt, selten breitbasig der Fossa ovalis auf (Abb. 1a,b).
Bei einigen Patienten können Myxome der linken Vorhofhinterwand entspringen; dies sollte jedoch stets den Verdacht auf Malignität erwecken.
Mit einer Häufigkeit von etwa 11 % finden sich Myxome rechtsatrial (Abb. 1ce), 5 % verteilen sich auf die beiden Ventrikel. Selten werden Myxome auch auf den Herzklappen beobachtet. Von den Tumoren sind 90 % solitär, in 10 % der Fälle muss mit multiplen Manifestationen (besonders beim familiären Myxom) gerechnet werden.
Bei sporadischen wie nichtsporadischen Myxomen konnten Mutationen im Gen der Proteinkinase-A-Regulatoruntereinheit-1-α (PRKAR1A), einem Tumorsuppressorgen, nachgewiesen werden.

Makroskopischer und histologischer Befund

Myxome werden als Neoplasien eingestuft. Es wird diskutiert, dass Myxome von subendokardialen primitiven Mesenchymalzellen abstammen, der genaue zelluläre Ursprung ist aber noch nicht abschließend geklärt. Histologisch zeigt sich ein zellarmes myxoides Stroma mit Hämorrhagien, Nekrosen, Fibrosen, Kalzifikationen und Gefäßproliferationen. Makroskopisch werden polyploid-zottenförmige und ovoid-rundliche Myxome unterschieden.
Obwohl Myxome in der Regel benigne sind, wurden vereinzelt maligne Charakteristika mit lokaler Infiltration und invasivem Wachstum von Tumorembolien beschrieben. Inwieweit es sich hierbei um eine sekundäre maligne Entartung benigner Myxome oder um primäre Myxosarkome handelt, ist meistens schwierig zu differenzieren.

Familiäres Myxom

Etwa 93 % aller Myxome treten sporadisch auf. In den übrigen Fällen zeigt sich eine autosomal-dominante, genetisch heterogene Vererbung mit gleichmäßiger Geschlechtsverteilung. Familiäre Herzmyxome sind oft als „Myxomsyndrom“ oder „Carney-Syndrom“ mit kutanen Myxomen, mukokutanen Pigmentationen, myxoiden Mammafibroadenomen, adrenalen, testikulären oder Epiphysentumoren assoziiert.
Im Vergleich zu sporadischen Myxomen rezidivieren familiäre Tumoren häufiger, treten oft multipel und nicht im linken Vorhof auf. Zudem sind die Patienten in der Regel jünger.
Bei einem rechtsseitigen Myxom und/oder jungen Patienten wird wegen des Verdachts auf ein familiäres Myxom die echokardiografische Untersuchung der Verwandten ersten Grades empfohlen.

Papilläres Fibroelastom

Das papilläre Fibroelastom ist neben dem Myxom der häufigste primäre Herztumor und wird aufgrund besserer Bildgebung, besonders der transösophagealen Echokardiografie, zunehmend diagnostiziert.
Papilläre Fibroelastome finden sich meist an den Herzklappen, besonders der Aorten- und Mitralklappe (Abb. 2). In etwa 15 % der Fälle treten papilläre Fibroelastome zudem im Bereich des linksventrikulären Endokards auf, vorzugsweise bei Patienten mit engem Ventrikelkavum oder mit hypertroph obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM). Die Semilunarklappen sind in der Regel von der ventrikulären, die AV-Klappen von der atrialen Seite am Klappenrand betroffen. Papilläre Fibroelastome scheinen durch den gegenseitigen Kontakt der Klappenränder oder ventrikulärer Endokardflächen zu entstehen.
Klinisch sind papilläre Fibroelastome meist asymptomatisch und stellen bei der Mehrzahl der Patienten einen echokardiografischen oder autoptischen Zufallsbefund dar. Sie können aber embolisieren oder Koronarostien obstruieren und so zu Schlaganfällen bzw. Myokardinfarkten und plötzlichen Todesfällen führen.

Lipom

Lipome sind vorzugsweise subendo- bzw. subepikardial im Bereich des linken Ventrikels, des rechten Vorhofs oder des interatrialen Septums lokalisiert. Differenzialdiagnostisch muss eine lipomatöse Hypertrophie des atrialen Septums abgegrenzt werden, die nicht zu den Neoplasien gezählt wird. Bei intraperikardialer Lage können Lipome Perikardergüsse verursachen.

Kardiales Mesotheliom

Das kardiale Mesotheliom ist eine meist kleine Neoplasie, die vorzugsweise den AV-Knoten betrifft und bereits bei jungen Patienten zum kompletten AV-Block und plötzlichen Herztod führen kann. Ätiologisch wird ein Ursprung aus endodermalem Gewebe diskutiert.

Angiom

Angiome sind im Erwachsenenalter selten. Sie finden sich meist intramural, besonders im Interventrikularseptum oder dem AV-Knoten und können eine Perikardtamponade oder AV-Blockierung verursachen. Diese Tumoren werden am besten koronarangiografisch diagnostiziert.

Paragangliom

Selten treten Paragangliome meist intraperikardial auf (Abb. 3). Die Neoplasien können endokrin aktiv sein und u. a. dem klinischen Bild eines Phäochromozytoms zugrunde liegen. Intraperikardiale Tumoren müssen stets von Perikardzysten abgegrenzt werden, die nicht zu den Neoplasien gezählt werden.

Keimzelltumoren

Keimzelltumoren des Myokards sind sehr selten und können als Teratom oder Dottersacktumor im Ventrikel oder interatrialen Septum auftreten. Die Mehrzahl von Keimzelltumoren im Periakardbeutel betrifft nur den Perikardspalt und ist meist an der aszendierenden Aorta angeheftet. Die Hälfte der Diagnosen wird in utero, sonst meist vor dem 15. Lebensjahr gestellt.

Primäre maligne Tumoren

Etwa 25 % aller primären Herztumoren sind maligne. Histologisch handelt es sich meist um Sarkome. Etwa 75 % von diesen haben zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits metastasiert, vorwiegend pulmonal, pleural, mediastinal oder hepatisch.

Angiosarkom

Angiosarkome machen etwa 40 % aller kardialen Sarkome aus und finden sich bevorzugt bei Männern mittleren Lebensalters. Sie entspringen meist in der rechten atrioventrikulären Grube. Makroskopisch wachsen die Tumoren polypoid oder infiltrierend (besonders rechte Vorhofwand), haben z. T. intrakavitäre Tumoranteile und sind frühzeitig organübergreifend. Histologisch dominieren mit atypischen Endothelzellen ausgekleidete Gefäßkanäle.

Sarkome mit vorwiegend linksatrialer Lokalisation

Die Gruppe linksatrialer Sarkome macht etwa 50 % aller kardialen Sarkome aus. Zumeist handelt es sich um undifferenzierte pleomorphe Sarkome. Selten finden sich undifferenzierte Sarkome auch in anderen Herzkammern. Mittels kardialer Bildgebung sind sie anhand ihres infiltrativen Wachstums und fehlender atrioseptaler Adhäsion von Myxomen zu unterscheiden.
Darüber hinaus können selten Sarkome mit verschiedener spezifischer Gewebedifferenzierung auftreten. Maligne fibröse Histiosarkome, Osteo- und Chondrosarkome finden sich wie Myxome vorzugsweise linksatrial, gehen jedoch im Gegensatz zu Myxomen oft breitbasig von der posterioren Vorhofwand aus. Die Tumoren können zu Mitralklappen- oder Lungenvenenobstruktionen mit pulmonaler Stauung und Linksherzinsuffizienz führen. Osteosarkome sind z. T. bereits in Thoraxübersichtsaufnahmen röntgenkontrastgebend.

Rhabdomyosarkom

Sarkome, die von der gestreiften Herzmuskulatur ausgehen, sind selten und machen weniger als 5 % aller Sarkome aus. Im Gegensatz zu Angiosarkomen und undifferenzierten Sarkomen entstehen Rhabdomyosarkome vorwiegend im ventrikulären Myokard und finden sich meist bei Kindern mit einem mittleren Alter von 14 Jahren.

Fibrosarkom

Fibrosarkome haben ihre Primärlokalisation meist im rechten oder im linken Ventrikelmyokard und werden oft multipel gefunden.

Kardiales Lymphom

Eine kardiale Beteiligung maligner Lymphome wird in Autopsien bei etwa 20 % der Patienten beschrieben. Eine isolierte kardiale Lymphommanifestation ist hingegen bei Immunkompetenten selten, wird jedoch in steigendem Maß bei Patienten mit Immundefektsyndrom beobachtet. Meist ist der rechte Vorhof betroffen. Histologisch dominieren diffuse große B-Zell-Lymphome.

Malignes Mesotheliom

Die häufigste primär maligne Perikardneoplasie ist das maligne Mesotheliom.
Maligne Perikardmesotheliome können vom parietalen oder viszeralen Perikard ihren Ursprung nehmen und lokal oder diffus infiltrativ wachsen. Sekundär können meist hämorrhagische Perikardergüsse oder konstriktive Perikarditiden resultieren. Die Tumoren metastasieren in der Regel lokal thorakal bzw. mediastinal. Kasuistisch wurden Koronargefäßinfiltrationen mit konsekutivem Myokardinfarkt beschrieben.

Sekundäre maligne Tumoren

Extrakardiale Neoplasien können kardiale Symptome durch sekundäre Herztumoren bzw. externe Tumorkompression hervorrufen oder systemisch vermittelt kardiale Dysfunktionen (z. B. Embolien, Thrombosen bei Hyperkoagulopathie, Amyloidablagerung, Endokardfibrose) verursachen.
Sekundäre kardiale Tumoren sind 20- bis 40-mal häufiger als primäre kardiale Neoplasien und werden in Autopsien bei 1,5–20,6 % von Patienten mit malignen Grunderkrankungen gefunden.

Ätiologie

Extrakardiale Malignome können das Herz per continuitatem infiltrieren oder hämatogen bzw. lymphogen metastasieren. Zudem besteht die Möglichkeit einer typischerweise beim Hypernephrom, selten beim Endometriumsarkom oder Leberkarzinom beobachteten endoluminalen Tumorausbreitung in den rechten Vorhof über die V. cava inferior.
Prinzipiell kann jeder maligne Tumor sekundär das Herz befallen. Eine kardiale Beteiligung tritt aber am häufigsten bei malignen Melanomen, gefolgt von Keimzelltumoren, Leukämien, Lymphomen und Bronchialkarzinomen auf. Bei Patienten mit Immundefektsyndrom werden in zunehmendem Maß kardiale Manifestationen von Kaposi-Sarkomen und hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen beobachtet.

Lokalisationen

Perikard

Das Perikard wird am häufigsten bei extrakardialen Neoplasien mitbefallen. Je nach Ausmaß der Perikardinfiltration resultiert ein meist hämorrhagischer Erguss (Übersicht 2) bis hin zur Tamponade oder eine konstriktive Perikarditis (Chahine et al. 2021).
Übersicht 2 Befunde, die für Malignität eines Herztumors sprechen
  • Tumorlokalisation rechtsseitig oder im Bereich der freien Vorhofwand
  • Intrakavitäre und intramurale Tumoranteile
  • Rasche Tumorprogredienz
  • Extrakardiale Infiltration
  • Hämorrhagischer Perikarderguss
  • Metastasen
  • Thoraxschmerz
Neoplastische Perikarditiden sind die häufigste Ursache akuter Perikardergüsse in westlichen Ländern.

Myokard

Eine Myokardinfiltration oder -metastasierung stellt die zweithäufigste kardiale Manifestation extrakardialer Neoplasien dar. Funktionell wurden systolische Kontraktionsstörungen und restriktive Kardiomyopathien beschrieben. Je nach Lage eines Tumors können Ein- oder Ausflusstraktobstruktionen auftreten. Zudem können verschiedene Herzrhythmusstörungen von Vorhofflattern/-flimmern, AV-Blockierungen bis hin zu ventrikulären Arrhythmien resultieren.

Tumorassoziierter Myokardinfarkt

Myokardinfarkte werden am häufigsten bei Patienten mit Bronchialkarzinom, malignem Melanom und Leukämien beobachtet. Zumeist handelt es sich um die Manifestation einer koinzidenten Koronarsklerose. Tumorassoziierte Myokardinfarkte treten in etwa 60 % durch externe Koronararterienkompression, in etwa 35 % durch Embolien und selten durch Koronarthrombosen im Rahmen tumorbedingter Gerinnungsstörungen auf. Myokardinfarkte bei Patienten mit bereits fortgeschrittenem Tumorleiden sind Ausdruck einer besonders ungünstigen Prognose.

Tumorassoziierte Endokard- und Herzklappenbeteiligung

Wesentlich seltener als eine Perikard- und Myokardmetastasierung ist eine Endokard- bzw. Herzklappenbeteiligung extrakardialer Neoplasien. Es können intrakavitäre Tumormassen auftreten und daraus Klappendysfunktionen durch Tumorinvasion/-destruktion oder externe Klappenkompression resultieren.
Die häufigste Herzklappenveränderung bei extrakardialen Neoplasien ist jedoch die nichtbakterielle thrombotische Endokarditis, die vorzugsweise die Aorten- und die Mitralklappe befällt und besonders bei Adenokarzinomen und hämatologischen Malignomen beobachtet wird. Die nichtbakterielle thrombotische Endokarditis ist nicht klappendestruierend und stellt keine neoplastische Veränderung dar, kann aber zu vorwiegend zentralen, seltener koronaren Embolien führen.

Klinische Symptome

Extrakardiale Allgemeinsymptome

Nicht selten manifestieren sich kardiale Tumoren zuerst durch verschiedenste extrakardiale Allgemeinsymptome wie Fieber, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust oder allgemeine Schwäche. Hämoptysen können Folge pulmonaler Embolien oder Metastasen sein.
Extrakardiale Allgemeinbeschwerden treten jedoch nicht nur als Folge maligner Herztumoren auf. Besonders häufig werden unspezifische Symptome beim Myxom beobachtet (65–90 % der Patienten). Neben Fieber, Gewichtsverlust und allgemeiner Schwäche wurden Arthralgien, Myalgien und das Auftreten eines Raynaud-Syndroms beschrieben.
Bei einigen Patienten können die Begleiterscheinungen das klinische Bild dominieren; dies kann zur Diagnose einer Infektionserkrankung oder Kollagenose führen.
Es wird angenommen, dass die Produktion von IL-6 durch Myxomzellen diesen Begleitstörungen zugrunde liegt. Die Begleitbeschwerden und die Veränderung der IL-6-Spiegel sind nach Tumorresektion in der Regel reversibel.

Embolien

Bei Tumoren mit intrakavitären Tumoranteilen können periphere oder zentrale Embolien durch Tumorfragmente oder dem Tumor aufgelagerte Thromben entstehen. Dies kann zu einem Schlaganfall, Myokardinfarkt, peripheren Gefäßverschlüssen oder einem plötzlichen Herztod führen. Rechtsseitige kardiale Tumoren können zudem Ursache von Lungenembolien und embolisch bedingten akuten Pleuritiden sein.
Bei Myxomen werden Embolien mit einer Häufigkeit von 20–40 % beobachtet, besonders bei villösen Myxomen. Zudem embolisieren linksseitige papilläre Fibroelastome häufig.
Differenzialdiagnostisch muss besonders bei multiplen Embolisationen eine Endokarditis oder eine Vaskulitis abgegrenzt werden.
Als embolische Spätkomplikationen wurde über die Ausbildung von Gefäßaneurysmen mit der Gefahr einer sekundären Ruptur berichtet. Bei Myxomen fand sich zudem ein peripheres oder ein zentrales Wachstum tumoröser Fragmente ohne histologischen Malignitätsnachweis der Metastasen.
Klinisch relevant können diese Raumforderungen besonders bei intrakranieller Lage werden. Für die Zelladhäsion an der Gefäßwand und transendotheliale Migration soll von Tumorzellen produziertes IL-6 verantwortlich sein. Der genaue Pathomechanismus ist jedoch noch unklar.

Kardiale Symptome

Durch einen Tumor verursachte kardiale Symptome hängen in der Regel von der Lokalisation und nicht von den histologischen Merkmalen der Neoplasie ab. Tumoren können fast alle kardiovaskulären Störungen, insbesondere Rhythmusstörungen, imitieren (Übersicht 3).
Übersicht 3 Lokalisationsabhängige kardiale Symptome bei Herztumoren
  • Mitral-/Trikuspidalstenose (oft lageabhängig)/-insuffizienz durch Klappenverlegung bzw. -infiltration
  • Herzinsuffizienz durch Myokardinfiltration oder Klappenobstruktion
  • Supraventrikuläre und ventrikuläre Rhythmusstörungen, Leitungsstörungen, plötzlicher Herztod
  • Synkopen durch Ausflusstraktobstruktion
Sowohl eine Linksherzinsuffizienz mit pulmonaler Stauung als auch eine Rechtsherzinsuffizienz mit peripheren Ödemen, Aszites, oberer Einflussstauung und Hepatomegalie können Folge kardialer Tumoren sein. Bei einer Perikardtamponade können sich eine Jugularvenenstauung, das Kußmaul-Zeichen und ein Pulsus paradoxus zeigen.
Alle neu auftretenden kardialen Symptome bei Tumorpatienten sollten den Verdacht auf eine kardiale Beteiligung lenken.

Diagnostik

Klinische Untersuchung

Bei der klinischen Untersuchung ist auf kardiale Dekompensationszeichen sowie Herzgeräusche oder ein Perikardreiben zu achten. Gestielte, mobile Neoplasien können zu einer charakteristischen Änderung des Auskultationsbefundes mit wechselnder Position führen. Bei linksatrialen Myxomen zeigt sich bei einigen Patienten zudem ein niederfrequentes frühes Intervalldiastolikum, das auch als „tumor plop“ bezeichnet wird und wahrscheinlich durch einen plötzlichen Tumorkontakt mit der endokardialen Wand entsteht.

Laborbefunde

Verschiedene Laborparameter können bei kardialen Tumoren pathologisch sein. Nicht nur bei Malignomen, sondern besonders auch bei Myxomen werden Veränderungen des Blutbilds (Anämie, Polyglobulie, Thrombozytose/Thrombozytopenie, Leukozytose) und Beschleunigungen der Blutsenkung (BSG) gefunden.
Bei Myxompatienten korrelieren immunologische Begleitsymptome oft mit erhöhten IL-6-Spiegeln.

Elektrokardiogramm

Im EKG können sich uncharakteristische ST-Strecken-Veränderungen, Zeichen einer myokardialen Hypertrophie oder Volumenbelastung zeigen. Darüber hinaus können alle Arten ventrikulärer und supraventrikulärer Arrhythmien sowie Leitungsstörungen auftreten. Bei Perikardergüssen oder perikardialer Tumorverdickung kann eine Niedervoltage resultieren. Die EKG-Veränderungen sind jedoch wie die Laborbefunde unspezifisch und können z. T. bei Tumorpatienten durch Anämien, Hypoxie oder Elektrolytstörungen hervorgerufen werden.

Thoraxröntgenaufnahme

Auf Röntgenbildern kann durch kardiale Tumoren die Herzsilhouette entsprechend der Tumorlage vitiumtypisch konfiguriert sein, oder es können sich extrakardiale Primärmalignome bzw. Zeichen einer Metastasierung zeigen. Eine vermeintliche Kardiomegalie kann zudem Ausdruck eines Perikardergusses sein. Es finden sich Pleuraergüsse, Zwerchfellhochstand und Tumorverkalkungen, die differenzialdiagnostisch von Kalzifikationen anderer Strukturen wie z. B. Klappen- und Thrombusverkalkungen abgegrenzt werden müssen.
Als weiterer unspezifischer Befund sind Zeichen einer pulmonalen Stauung möglich. Die Thoraxröntgenaufnahme kann somit auf einen pathologischen kardialen Befund hindeuten, die Diagnose eines Herztumors aber nicht sichern.

Echokardiografie

Als nichtinvasives, gut verfügbares Verfahren stellt die Echokardiografie die Methode der Wahl bei der Diagnostik kardialer Tumoren dar.
Sie ermöglicht die Erfassung von Tumorgröße, -insertion, -kalzifikation und -mobilität, myokardialen Wandbewegungsstörungen sowie einem begleitenden Perikarderguss. Häufig ist die transösophageale der transthorakalen Echokardiografie überlegen. Dies gilt besonders für kleine Neoplasien, Tumoren im Bereich der Herzohren oder des interatrialen Septums und die Charakterisierung interner Tumoranteile. Zusätzliche Informationen bezüglich Größe, Form und Struktur können oft mit der 3-dimensionalen Echokardiografie erzielt werden. Bei Malignomen ist eine Infiltration parakardialer Strukturen meist bereits echokardiografisch nachweisbar. Bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung von Thromben ist die Kontrastechokardiografie hilfreich (Nomoto et al. 2017).

Computer- und Magnetresonanztomografie

Computer- und Magnetresonanztomografie ermöglichen eine genaue topografische Tumordiagnostik und durch Signalintensitäts-/Dichtemessung häufig eine Charakterisierung interner Tumorkomponenten. Eine definitive Artdiagnose kardialer Tumoren ist wie mit der Echokardiografie jedoch nicht möglich. Aufgrund des größeren Bildausschnitts sind beide Methoden bei der Beurteilung einer Tumorinfiltration und ggf. der Infiltrationstiefe extrakardialer Strukturen der Echokardiografie häufig überlegen.

Herzkatheteruntersuchung

Koronarangiografisch ist häufig die Tumorgefäßversorgung beurteilbar; dies kann für die Operationsplanung von Bedeutung sein. Hieraus ergibt sich jedoch keine sichere Differenzierung hinsichtlich Tumormalignität oder -benignität. Zudem kann sich eine Verlagerung der Koronargefäße durch Tumormassen zeigen.

Histologische Tumorklassifikation

Ein besonderer Stellenwert kommt der histopathologischen Tumorklassifikation zu, die bei jedem Patienten wegen therapeutischer Konsequenzen angestrebt werden sollte. Es besteht die Möglichkeit der präoperativen Gewebegewinnung aus peripherem Tumormaterial, peripheren Embolien, einem Perikardpunktat oder einer Perikard- bzw. Metastasenbiopsie zur histologischen/zytologischen Untersuchung. Eng sollte jedoch die Indikation zu einer direkten Herztumorbiopsie, besonders bei linksseitigen Tumoren, wegen der Emboliegefahr und der meist ohnehin bestehenden Operationsnotwendigkeit gefasst werden.

Therapie und Prognose

Benigne Herztumoren

Benigne Herztumoren sind aufgrund lokaler Komplikationen und peripherer/zentraler Embolien potenziell lebensbedrohlich. Daher sollte immer eine Diagnose angestrebt werden und meist eine operative Resektion erfolgen.
Myxome sollten in der Regel wegen des Embolierisikos reseziert werden. Wichtig ist eine komplette Tumorentfernung, da anderenfalls gehäuft Rezidive beobachtet werden (Wang et al. 2016). Auch bei linksseitigen papillären Fibroelastomen wird zur Vermeidung embolischer neurologischer Komplikationen oder Koronarostienobstruktionen eine Resektion empfohlen (Rodrigues et al. 2018).
Asymptomatische Lipome bedürfen hingegen keiner spezifischen Therapie. Rhabdomyome weisen meist nach der Geburt eine spontane Regression auf, sodass eine Operation nur in Ausnahmen erforderlich wird. Fibrome hingegen sollten komplett chirurgisch entfernt werden. Bei ausgedehnten Fibromen wurde in Einzelfällen eine Herztransplantation durchgeführt (Palaskas et al. 2018).
Nach radikaler Resektion liegt bei sporadischen Myxomen und den meisten nichtmyxomatösen Tumoren die Rezidivrate bei etwa 1 %, bei komplexen bzw. familiären Myxomen bei 10–21 %.

Maligne Herztumoren

Bei primären und sekundären malignen Herztumoren sind die Operationsmöglichkeiten durch ein fortgeschrittenes Tumorleiden mit ausgedehnter Metastasierung, diffuser Infiltration kardialer Strukturen und Einbruch in benachbarte vitale Organe oft limitiert. Häufig kann nur eine Palliation zur Vermeidung einer akuten Dekompensation erfolgen.
Insgesamt ist die Prognose primärer maligner Herztumoren als sehr schlecht einzuschätzen. Die mediane Überlebensdauer nach Diagnosestellung beträgt etwa 6 Monate (<1–51 Monate). Bei primären Sarkomen konnte kasuistisch durch eine ausgedehnte Tumorresektion mit adjuvanter Zytostatika- und Strahlentherapie ein Überleben von bis zu 7 Jahren erzielt werden. Therapie und Prognose metastatischer Herztumoren werden meist durch den Primärtumor bestimmt. Bei malignen Lymphomen wird die Prognose durch eine Multichemotherapie mit oder ohne Radiatio verbessert.
Die Behandlung maligner Perikardergüsse ist vom tumorhistologischen Befund und der bisher durchgeführten Therapie abhängig. Lymphomassoziierte Perikardergüsse können auf eine Chemotherapie und/oder eine Radiatio ansprechen. Symptomatisch kann ein maligner Perikarderguss vorübergehend durch Perikardiozentese gegebenenfalls. mit Drainage entlastet werden. Zur langfristigen Perikarddrainage können chirurgisch Perikardfenster (thorakaler, subxiphoidaler oder thorakoskopischer Zugang) angelegt werden.
Aufgrund der geringeren Invasivität werden darüber hinaus in steigendem Maß Ballonperikardiotomien mit geringer Komplikationsrate und guter Effektivität durchgeführt. Zudem können zur Verhinderung häufiger Rezidivergüsse Tetracyclin, Doxycyclin, Bleomycin oder andere sklerosierende Substanzen intraperikardial mit einer Erfolgsrate von bis zu 80 % instilliert werden. Über die Instillation von Chemotherapeutika liegen keine kontrollierten Studienergebnisse vor.
Literatur
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Nomoto N, Tani T, Konda T, Kim K, Kitai T, Ota M, Kaji S, Imai Y, Okada Y, Furukawa Y (2017) Primary and metastatic cardiac tumors: echocardiographic diagnosis, treatment and prognosis in a 15-years single center study. J Cardiothorac Surg 12:103CrossRef
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