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Klinische Neurologie
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Verfasst von:
Katharina Kamm und Stefanie Förderreuther
Publiziert am: 27.02.2020

Andere primäre Kopfschmerzerkrankungen

Zu dieser Gruppe sehr heterogener und seltener primärer Kopfschmerzerkrankungen zählen der Donnerschlagkopfschmerz, der primäre stechende Kopfschmerz, der Münzkopfschmerz und der schlafgebundene Kopfschmerz. Vor Diagnosestellung dieser Kopfschmerzen ist der Ausschluss einer sekundären Genese erforderlich.
Zu dieser Gruppe sehr heterogener und seltener primärer Kopfschmerzerkrankungen zählen der primäre Donnerschlagkopfschmerz, der primäre stechende Kopfschmerz, der Münzkopfschmerz und der schlafgebundene Kopfschmerz. Vor Diagnosestellung dieser Kopfschmerzen ist der Ausschluss einer sekundären Genese erforderlich.
In Kapitel 4 der ICHD-3 werden andere primäre, insgesamt sehr heterogene Kopfschmerzerkrankungen zusammengefasst. Diesen Kopfschmerzen ist gemein, dass die Pathogenese weitgehend unverstanden ist und die Therapieempfehlungen häufig auf Fallberichten beruhen. Vor Diagnosestellung dieser Kopfschmerzen ist meist der Ausschluss einer sekundären Genese erforderlich (Kap. „Sekundäre Kopfschmerzsyndrome“).

Primärer Donnerschlagkopfschmerz

Der primäre Donnerschlagkopfschmerz ist ein plötzlich einsetzender Vernichtungskopfschmerz wie bei einer Subarachnoidalblutung (s. Übersicht unten für weitere Differenzialdiagnosen), der zwischen einer Stunde und bis zu 10 Tagen anhalten kann. Für die Diagnose müssen Bildgebung mit Gefäßdarstellung und Liquoranalytik unauffällig sein. Es wird diskutiert, ob dem primären Donnerschlagkopfschmerz nicht Mikroaneurysmen oder Vasospasmen zugrunde liegen, die der Bildgebung entgehen (Dilli 2014; Ducros und Bousser 2013; Schwedt 2015).
Diagnosekriterien für den primären Donnerschlagkopfschmerz (ICHD-3)
A
Heftiger Kopfschmerz, der die Kriterien B und C erfüllt
B
Plötzlicher Beginn; die maximale Intensität wird in <1 Minute erreicht
C
Dauer ≥5 Minuten
D
Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose1;2.
1Der Donnerschlagkopfschmerz tritt häufig in Verbindung mit ernsthaften intrakraniellen vaskulären Erkrankungen auf, insbesondere einer Subarachnoidalblutung. Eine solche und andere solche Erkrankungen wie eine intrazerebrale Blutung, zerebrale Venenthrombose, nichtrupturierte vaskuläre Missbildung (meist Aneurysma), arterielle Dissektion (intra- und extrakraniell) und ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) sowie ein Hypophyseninfarkt müssen daher ausgeschlossen werden. Andere organische Ursachen eines Donnerschlagkopfschmerzes sind Meningitis, eine Kolloidzyste des dritten Ventrikels, eine spontane intrakranielle Hypotension und akute Sinusitis (besonders in Verbindung mit einem Barotrauma). Die Diagnose eines 4.4 primären Donnerschlagkopfschmerzes sollte nur im äußersten Notfall in Erwägung gezogen werden und nur wenn alle anderen organischen Ursachen nachweislich ausgeschlossen werden konnten. Das bedeutet eine normale zerebrale Bildgebung, darunter und/ oder ein normaler Liquorbefund.
2Vasokonstriktionen sind im Frühstadium eines RCVS nicht unbedingt festzustellen. Aus diesem Grund ist wahrscheinlicher primärer Donnerschlagkopfschmerz keine Diagnose, die gestellt werden sollte, nicht einmal temporär.
Wichtige Differenzialdiagnosen des Donnerschlagkopfschmerzes (Schwedt 2015)
Sekundäre Ursachen für Donnerschlagkopfschmerz

Primärer stechender Kopfschmerz

Häufigkeit und Vorkommen
Beim primären stechenden Kopfschmerz kommt es zu kurzen schmerzhaften Stichen, die spontan vereinzelt und irregulär, aber auch in Serie und ohne organische Erkrankung auftreten. Es ist ein wahrscheinlich häufig vorkommender Kopfschmerz, der jedoch aufgrund seines für die meisten Patienten niedrigen Leidensdrucks selten beklagt wird. Es wurden Prävalenzen zwischen 0,2 und 35 % beschrieben (Murray und Dilli 2019). Bei Patienten mit Migräne ist das Auftreten eines primär stechenden Kopfschmerzes deutlich häufiger.
Klinik und Diagnostik
Die Diagnose wird aufgrund der Anamnese und einer unauffälligen klinisch-neurologischen Untersuchung gestellt. Sekundäre Formen sind nicht beschrieben. Für die Abgrenzung zum SUNCT-/SUNA-Syndrom ist das Fehlen einer trigeminoautonomen Begleitsymptomatik und die eher frontoparietotemporale, z. T. wechselnde und oft bilaterale Lokalisation entscheidend (Lee et al. 2016; Kim et al. 2017).
Diagnosekriterien für den primären stechenden Kopfschmerz (ICHD-3)
A
Kopfschmerz in Form einzelner Stiche oder einer Serie von Stichen, die die Kriterien B und C erfüllen
B
Die einzelnen Stiche halten nur wenige Sekunden an1
C
Die Stiche wiederholen sich mit einer unregelmäßigen Frequenz von einem Stich bis zu vielen pro Tag2
D
Keine kranioautonomen Symptome
E
Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.
1In Studien hielten 80 % der Stiche 3 oder weniger Sekunden an; in seltenen Fällen halten die Stiche 10–120 Sekunden lang an.
2Die Attackenhäufigkeit ist im Allgemeinen gering, eine oder wenige pro Tag. In seltenen Fällen können die Stiche über mehrere Tage hinweg wiederholt auftreten. Ein Status mit einer Dauer der aktiven Periode bis zu 1 Woche wurde beschrieben.
Therapie
Die Frage nach Behandlungsoptionen stellt sich nur bei extremer Häufung der Attacken. Mittel der Wahl sind Indometacin oder Gabapentin.

Münzkopfschmerz

Häufigkeit und Vorkommen
Der Münzkopfschmerz wurde 2002 erstmals in einer Fallserie mit 13 Patienten beschrieben und 2004 in die ICHD-2 aufgenommen. Die genaue Prävalenz ist aufgrund der Seltenheit unklar; es scheint eine weibliche Prädominanz zu bestehen (Cuadrado et al. 2018; Guerrero et al. 2012). Circa die Hälfte der Patienten berichtet über eine primäre Kopfschmerzerkrankung in der Vorgeschichte.
Klinik
Der Münzkopfschmerz ist definiert als ein dauerhafter oder intermittierender Kopfschmerz, der meist unilateral in einem umschriebenen Bereich mit einem Durchmesser zwischen 1–6 cm auftritt (Schmerzareale zwischen 0,2 und 10 cm sind beschrieben). Die Patienten können dieses Areal in der Regel klar abgrenzen.
Das Schmerzareal ist meist rund (ca. 80 %) oder oval/elliptisch (ca. 20 %) und tritt überwiegend parietal, seltener okzipital, temporal oder frontal auf. Der Kopfschmerz wird als mild bis moderat und von drückender oder stechender Qualität beschrieben. Circa 60 % der Patienten berichten über intermittierend auftretende Schmerzexazerbationen.
Begleitend können im Bereich des Kopfschmerzes sensible Auffälligkeiten (ca. 50 %) auftreten. Trophische Störungen im Bereich der Kopfschmerzen wurden berichtet, in veröffentlichten Fällen, in denen eine Hautbiopsie durchgeführt wurde, blieben diese unauffällig. Manche Patienten berichten Triggerfaktoren wie sexuelle Aktivität, Husten oder Valsalva-Manöver.
Diagnosekriterien für den Münzkopfschmerz (ICHD-3)
A
Kontinuierlich vorhandener oder intermittierender Kopfschmerz, der Kriterium B erfüllt
B
Der Kopfschmerz wird ausschließlich an einer bestimmten Stelle der Kopfhaut wahrgenommen und weist alle der 4 folgenden Merkmale auf:
1. scharf umrissen
2. konstante Größe und Form
3. rund oder elliptisch
4. 1–6 cm Durchmesser
C
Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose1.
1Sonstige Ursachen, insbesondere strukturelle und dermatologische Läsionen, wurden aufgrund der Vorgeschichte, der körperlichen Untersuchung und von sonstigen entsprechenden Untersuchungen ausgeschlossen.
Diagnostik
Die Diagnosestellung beruht auf einer Anamnese, einer unauffälligen klinisch-neurologischen Untersuchung mit Inspektion und Palpation der Kopfhaut und einer unauffälligen kraniellen Bildgebung. Sekundäre Verläufe scheinen am häufigsten nach Kopftrauma aufzutreten (Trigo et al. 2019), seltenere sekundäre Ursachen sind ebenfalls beschrieben.
Therapie
Aus verschiedenen Fallserien ist bekannt, dass die Einnahme von NSAR oder Gabapentin (600–1200 mg/Tag) ein gutes Ansprechen in ca. 60 % der Patienten zeigt (Cuadrado et al. 2018). Alternativ können trizyklische Antidepressiva ausprobiert werden. Subkutane Injektionen, Indometacin, Carbamazepin, Topiramat und Pregabalin scheinen keine Wirkung zu zeigen (Martins und Abreu 2018). Bei fehlendem Ansprechen auf eine medikamentöse Prophylaxe scheint auch die lokale Applikation von Onabotulinumtoxin A bei einzelnen Patienten Wirkung zu zeigen.

Schlafgebundener Kopfschmerz (engl. Hypnic Headache)

Häufigkeit und Vorkommen
Der primäre schlafgebundene Kopfschmerz ist selten und seine Prävalenz ist unbekannt (Lanteri-Minet 2014); er tritt in der Regel nach dem 50. Lebensjahr auf (durchschnittliches Alter bei erstmaligem Auftreten 60.4 ± 10.4 Jahre (Silva-Néto et al. 2019)), allerdings ist auch das Auftreten bei Kindern beschrieben. Frauen sind etwa doppelt so häufig wie Männer betroffen.
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie des Hypnic Headache ist letztendlich nicht geklärt. Diskutiert wird – aufgrund des zeitlichen Auftretens – eine Beteiligung des Hypothalamus als Integrator von Schmerzkontrolle und Schlafregulation (Holle et al. 2014), eine Störung des REM-Schlafes durch Fehlfunktion des antinozizeptiven Systems im Hirnstamm, wobei die früher vermutete REM-Schlaf-Abhängigkeit bislang nicht bestätigt werden konnte, und eine Störung der chronobiologischen Steuerung oder des serotonergen Systems.
Klinik
Der schlafgebundene Kopfschmerz ist meist ein leichter bis mittelschwerer, nur in 1/3 der Fälle wird ein schwerer Kopfschmerz beschrieben. Die Kopfschmerzcharakteristik ist meist dumpf, selten pochend oder stechend. Der Schmerz ist bei einem Drittel der Patienten einseitig, in der überwiegenden Zahl aber beidseits temporal lokalisiert. Autonome Begleitsymptome sind selten, migränöse Begleitsymptome können hingegen vorhanden sein.
Er tritt überwiegend aus dem Schlaf heraus meist stereotyp zur selben Uhrzeit zwischen 2:00 und 4:00 Uhr auf und hält im Mittel etwa eine Stunde an (15 bis 180 Minuten). Nächte mit 1–2 Attacken überwiegen die schmerzfreien Tage deutlich, durchschnittlich treten Attacken an 21 Tagen im Monat auf.
Diagnosekriterien für den schlafgebundenen Kopfschmerz (ICHD-3)
A
Wiederkehrende Kopfschmerzattacken, die die Kriterien B bis D erfüllen
B
Der Kopfschmerz entsteht ausschließlich im Schlaf und weckt den Patienten
C
Die Attacken treten seit >3 Monaten an ≥10 Tagen/Monat auf
D
Die Attacken halten 15 Minuten bis 4 Stunden nach dem Aufwachen an
E
Keine kranioautonomen Symptome und keine Unruhe
F
Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose1;2.
1Die Unterscheidung von einem der Typen oder Subtypen der 3. trigeminoautonomen Kopfschmerzerkrankungen, insbesondere von einem 3.1 Clusterkopfschmerz, ist für die erfolgreiche Behandlung erforderlich
2Andere mögliche Ursachen von im Schlaf entstehenden Kopfschmerzen, die zum Aufwachen führen, sollten ausgeschlossen werden, unter besonderer Berücksichtigung von Schlafapnoe, nächtlicher Hypotonie, Unterzuckerung und Medikamentenübergebrauch; intrakranielle Erkrankungen müssen ebenfalls ausgeschlossen werden. Das Vorliegen eines Schlafapnoe-Syndroms schließt jedoch nicht unbedingt die Diagnose eines 4.9 schlafgebundenen Kopfschmerzes aus.
Therapie
Akuttherapeutische Ansätze fehlen bislang. Kontrollierte Studien zu prophylaktisch wirksamen Medikamenten liegen ebenfalls nicht vor. Wegen der relativ guten Verträglichkeit sollte zunächst die Einnahme von Koffeintabletten (100 mg) oder der Genuss einer Tasse Kaffee direkt vor dem Zubettgehen versucht werden. Alternativen sind Lithium in einer Dosis zwischen 300–600 mg pro Tag oder Indometacin in Dosierungen von 25–150 mg pro Tag.

Neu aufgetretener täglicher Kopfschmerz (New daily persistent headache)

Häufigkeit und klinisches Bild
Der neu aufgetretene tägliche Kopfschmerz (NDPH) wurde erstmals 1986 beschrieben (Vanast 1986). Er gilt als selten und betrifft meist bislang nicht von Kopfschmerzen geplagte Patienten (Yamani und Olesen 2019). Er beginnt abrupt und ist von Beginn an chronisch, sodass Patienten sich typischerweise an den Tag erinnern, an dem er erstmals aufgetreten ist. Der Schmerz ist meist bilateral und von moderater Intensität mit nur geringen Fluktuationen. Er ähnelt einem Spannungskopfschmerz, aber auch ein migränetypischer Kopfschmerz mit den entsprechenden Charakteristika wie Übelkeit, Photo- oder Phonophobie und unspezifische Begleitsymptome wie Benommenheit oder Lethargie können vorkommen (Rozen 2014).
Der primär chronische, über Jahre anhaltende Verlauf bedingt oft eine deutliche psychische Belastung. Die Entwicklung von Depressionen oder Angststörungen wird in ca. der Hälfte der Fälle beschrieben. Da prophylaktische Therapieversuche oft unergiebig sind, kommt es häufig zum Medikamentenübergebrauch.
Diagnosekriterien für den neu aufgetretenen täglichen Kopfschmerz (ICHD-3)
A
Anhaltender Kopfschmerz, der die Kriterien B und C erfüllt
B
Eindeutig und klar erinnertes erstmaliges Auftreten, wobei der Schmerz sich innerhalb von 24 Stunden zum kontinuierlichen Dauerschmerz ohne Remissionen entwickelt
C
Besteht > 3 Monate
D
Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose1,2;3;4.
1Der 4.10 neu aufgetretene tägliche Kopfschmerz ist von daher einmalig, dass er von Anfang an täglich auftritt und sehr schnell keine Remissionen mehr aufweist sowie im Regelfall bei Personen mit keiner Vorgeschichte von Kopfschmerzen auftritt. Patienten mit dieser Erkrankung erinnern sich unweigerlich eindeutig an diese Art von Beginn und können diesen genau beschreiben; ansonsten sollte eine andere Diagnose gestellt werden. Dennoch sind Patienten mit Kopfschmerz in der Vorgeschichte (1. Migräne oder 2. Kopfschmerz vom Spannungstyp) nicht von dieser Diagnose ausgeklammert, sie sollten jedoch keine sich steigernde Kopfschmerzfrequenz vor dessen Beginn beschreiben. Ebenso sollten Patienten mit Kopfschmerzen in der Vorgeschichte keine Verschlechterung in Verbindung mit oder gefolgt von Medikamentenübergebrauch beschreiben.
24.10 Neu aufgetretener täglicher Kopfschmerz kann Merkmale aufweisen, die entweder an 1. Migräne oder 2. Kopfschmerz vom Spannungstyp denken lassen. Obwohl auch Kriterien für eine 1.3 chronische Migräne und/oder einen 2.3 chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp erfüllt sein mögen, lautet die Standarddiagnose 4.10 neu aufgetretener täglicher Kopfschmerz, wann immer die Kriterien für diese Erkrankung erfüllt sind. Sind jedoch sowohl die Kriterien für 4.10 neu aufgetretener täglicher Kopfschmerz und 3.4 Hemicrania continua erfüllt, ist Letzteres die definitive Diagnose
3Ein akuter Medikamentengebrauch kann die Grenzen überschreiten, die für einen 8.2 Kopfschmerz zurückzuführen auf einen Medikamentenübergebrauch als ursächlich beschrieben werden. In solchen Fällen kann nicht die Diagnose eines 4.10 neu aufgetretenen täglichen Kopfschmerzes gestellt werden, es sei denn, der Beginn der täglichen Kopfschmerzen liegt zeitlich eindeutig vor dem Medikamentenübergebrauch. Ist das der Fall, sollten beide Diagnosen 4.10 neu aufgetretener täglicher Kopfschmerz und 8.2 Kopfschmerzen zurückzuführen auf einen Medikamentenübergebrauch gestellt werden.
4In sämtlichen Fällen sollten andere sekundäre Kopfschmerzen wie etwa 5.1 akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf eine traumatische Kopfverletzung, 7.1 Kopfschmerzen zurückzuführen auf eine Liquordrucksteigerung und 7.2 Kopfschmerz zurückzuführen auf einen Liquorunterdruck durch entsprechende Untersuchungen ausgeschlossen werden.
Diagnostik
Die Diagnose eines neu aufgetretenen anhaltenden Kopfschmerzes erfordert einen regelrechten neurologischen Untersuchungsbefund und den Ausschluss einer anderen primären chronifizierten Kopfschmerzerkrankung wie der chronischen Migräne (im Vorfeld episodisches Auftreten von Attacken), dem chronischen Spannungskopfschmerz (allmählicher Beginn) oder der Hemicrania continua (Indometacin-responsibel). Weiterhin müssen ein Medikamentenübergebrauchskopfschmerz, ein Liquorunterdruck-Kopfschmerz, eine zerebrale Venen-/Sinusthrombose und eine idiopathische intrakranielle Druckerhöhung differenzialdiagnostisch bedacht und ggf. durch geeignete Bildgebung und Lumbalpunktion inkl. Messung des Liquoreröffnungsdrucks ausgeschossen werden. Die kommentierten Diagnosekriterien nach der ICHD-3 sind in der o. g. Übersicht aufgelistet.
Therapie
Die Behandlung gestaltet sich häufig langwierig und schwierig, viele therapierefraktäre Patienten sind beschrieben. Typischerweise haben beim NDPH stark antiinflammatorische Substanzen wie Indometacin keinen Effekt. Auch andere üblicherweise bei Kopfschmerzen Verwendung findende Substanzen wie Triptane sowie die gesamte Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika zeigen hier keinerlei Effekte.
Die prophylaktische Therapie wird sich v. a. nach dem Kopfschmerz-Phänotyp richten, wobei die Medikamente in diesem Kopfschmerz meist schlechter ansprechen. Antidepressiva wie Amitriptylin oder SSRIs und Antiepileptika wie Topiramat und Valproat können ausprobiert werden.

Weitere seltene primäre Kopfschmerzen

Primärer Husten- und Anstrengungskopfschmerz

Der primäre Hustenkopfschmerz sowie der primäre Anstrengungskopfschmerz sind plötzlich bei Belastung bzw. kurzzeitiger intrakranieller Drucksteigerung auftretende Kopfschmerzen. Der primäre Hustenkopfschmerz ist von kurzer Dauer (Sekunden bis 30 Minuten). Für eine primäre Kopfschmerzdiagnose müssen v. a. Pathologien in der hinteren Schädelgrube ausgeschlossen werden. Bei ca. 20–40 % der Patienten mit persistierenden Hustenkopfschmerzen bestehen anatomische Dispositionen wie Arnold-Chiari-Malformationen Typ I oder Aneurysmen (dann sekundärer Hustenkopfschmerz). Ständig auftretende Hustenkopfschmerzen sollten daher hinsichtlich obiger Differenzialdiagnosen eingeordnet werden. Die Behandlung, sofern notwendig, erfolgt symptomatisch mit nichtsteroidalen Analgetika (Cordenier et al. 2013).
Der primäre Anstrengungskopfschmerz hält zwischen 30 Minuten und 48 Stunden an und entspricht einem Vernichtungskopfschmerz wie bei einer Subarachnoidalblutung. Umgebungsfaktoren wie heißes Wetter oder größere Höhen können das Auftreten des Kopfschmerzes begünstigen. Auch diese Diagnose darf nur gestellt werden, wenn symptomatische Ursachen (Aneurysma, Dissektate, Blutungen) sicher ausgeschlossen sind (Sandoe und Kingston 2018).

Primärer Kopfschmerz bei sexueller Aktivität

Der primäre Kopfschmerz bei sexueller Aktivität kann sich allmählich in der Erregungsphase vor dem Orgasmus als dumpfer, bilateraler Kopfschmerz entwickeln oder als plötzlicher Vernichtungskopfschmerz in der Orgasmusphase auftreten (González-Quintanilla und Pascual 2019). Die Dauer ist sehr unterschiedlich zwischen wenigen Minuten bis Stunden. Auch hier ist die Subarachnoidalblutung die wichtigste Differenzialdiagnose, die ausgeschlossen werden muss. Therapeutisch kann bedarfsabhängig vor dem Verkehr Indometacin oder bei längeren Episoden eine Prophylaxe mit Metoprolol oder Propranolol analog zur Migräne eingesetzt werden.

Facharztfragen

1.
Welche Differenzialdiagnosen des Donnerschlagkopfschmerzes kennen Sie?
 
2.
Wie kann der primäre stechende Kopfschmerz von einer Trigeminusneuralgie oder einem SUNCT-/SUNA-Syndrom abgegrenzt werden?
 
3.
Welche Medikamente können für den neu aufgetretenen täglichen Kopfschmerz ausprobiert werden?
 
4.
Welche therapeutischen Maßnahmen können für den schlafgebundenen Kopfschmerz eingesetzt werden?
 
Literatur
Zitierte Literatur
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