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Klinische Neurologie
Info
Verfasst von:
Andrés Ceballos-Baumann
Publiziert am: 16.10.2018

Idiopathische Dystonien

Dystonien stellen ein breites Spektrum von zentralnervös bedingten Bewegungsstörungen dar. Sie sind durch anhaltende Muskelkontraktionen gekennzeichnet, die häufig abnorme Haltungen oder repetitive Bewegungen verursachen. Bei etwa 80 % der Patienten findet man keine Ursache für die Bewegungsstörung. Die Dystonie in ihren unterschiedlichen Formen stellt eine häufige neurologische Erkrankung dar, die einer effizienten Therapie zugänglich ist. Für die Mehrzahl der Patienten mit fokalen Dystonien stellt Botulinumtoxin A die Therapie der Wahl dar. Die tiefe Hirnstimulation hat einen festen Stellenwert bei Patienten mit primär generalisierten Dystonien und wird auch in der Behandlung von weniger schwer betroffenen Patienten mit fokalen oder segmentalen Dystonien erwogen, wenn diese nicht gut auf die Therapie mit Botulinumtoxin ansprechen.
Dystonien stellen ein breites Spektrum von zentralnervös bedingten Bewegungsstörungen dar. Sie sind durch anhaltende Muskelkontraktionen gekennzeichnet, die häufig abnorme Haltungen oder repetitive Bewegungen verursachen. Bei etwa 80 % der Patienten findet man keine Ursache für die Bewegungsstörung. Die Dystonie in ihren unterschiedlichen Formen stellt eine häufige neurologische Erkrankung dar, die einer effizienten Therapie zugänglich ist. Für die Mehrzahl der Patienten mit fokalen Dystonien stellt Botulinumtoxin A die Therapie der Wahl dar. Die tiefe Hirnstimulation hat einen festen Stellenwert bei Patienten mit primär generalisierten Dystonien und wird auch in der Behandlung von weniger schwer betroffenen Patienten mit fokalen oder segmentalen Dystonien erwogen, wenn diese nicht gut auf die Therapie mit Botulinumtoxin ansprechen.
Definition
Die Definition der Dystonie hat sich im Laufe seiner Geschichte gewandelt. 2013 wurde nach einer Konsensus-Konferenz folgende Definition veröffentlicht:
Dystonie ist eine Bewegungsstörung, die gekennzeichnet ist durch anhaltende oder intermittierende Muskelkontraktionen, die abnormale, häufig sich wiederholende Bewegungen und Haltungen oder beides verursachen. Dystone Bewegungen sind typischerweise verdrehend (engl. „twisting“), und können dem Zittern ähnlich (engl. „tremulous“) sein. Dystonie wird häufig durch Willkürbewegungen getriggert oder verschlechtert und ist vergesellschaftet mit überschießender Aktivierung benachbarter Muskeln. (Albanese et al. 2013)
Der Begriff Dystonie wird darüber hinaus zum einen gebraucht, um ein Symptom zu beschreiben, zum anderen, um eine eigenständige Krankheitsentität zu bezeichnen (s. folgende Übersicht) und schließlich, um sich auf ein Syndrom (sekundäre Dystonie) im Rahmen einer anderen Grundkrankheit zu beziehen.
Übersicht zum Dystoniebegriff
Dystonie ist durch anhaltende Muskelkontraktionen gekennzeichnet, die häufig zu abnormen Haltungen und repetitiven Bewegungen führen.
1. Eigenständige Krankheitsentität:
Idiopathische Torsionsdystonie und Varianten
2. Sekundäres Dystoniesyndrom:
Bei identifizierbarer Ursache als sekundäre (symptomatische) Dystonie z. B. nach perinatalem Hirnschaden, Morbus Wilson
3. Krankheitszeichen:
z. B. dystone Zehenextensionsspasmen bei Parkinson-Patienten im Rahmen von hypostimulatorischen Dyskinesien
Der Begriff Dystonie geht auf Oppenheim zurück, der 1911 ein Syndrom als Dystonia musculorum deformans (Synonym Torsionsdystonie) bezeichnete, um es von anderen Bewegungsstörungen wie der Paralysis agitans, der Chorea oder Athetose abzugrenzen. Er beschrieb eine hereditäre, progressive Erkrankung mit Beginn im Jugendalter, die zu sekundären Deformationen des Bewegungsapparates führt. Der Begriff Torsionsdystonie wird auch für diese generalisierte Form der Dystonie mit Beginn in frühen Jahren gebraucht.
Die im Erwachsenenalter auftretenden umschriebenen Dystonien werden seit den 1980er-Jahren als fokale Dystonien bezeichnet. Die Subsumierung dieser heterogenen Dystonieformen wie z. B. Blepharospasmus oder Schreibkrampf unter dem Oberbegriff Dystonie wird durch praktische Erwägungen (ähnliche Therapie und Abklärung) und durch elektrophysiologische und genetische Gemeinsamkeiten gerechtfertigt.
Klassifikation
Die seit Beginn der 1980er-Jahre gängige Klassifikation unterteilt die Dystonien nach der Ätiologie (idiopathisch oder primär, symptomatisch oder sekundär), nach dem Alter beim erstmaligen Auftreten (infantile, juvenile und adulte Form) und nach ihrer topischen Verteilung (fokale, segmentale, multifokale, generalisierte Dystonie, Hemidystonie). Eine generalisierte Dystonie kann sich aus verschiedenen fokalen Dystonien zusammensetzen. Hemidystonien betreffen nur eine Körperseite an unterer und oberer Extremität und weisen meist strukturelle Anomalien in den kontralateralen Basalganglien auf. Die Klassifikation wurde 2013 erweitert um die Rubriken zeitlicher Verlauf und assoziierte Symptome (Tab. 1 und 2, Albanese et al. 2013).
Tab. 1
Klassifikation der Dystonien
Kategorie
Klassifikationskriterien
Ätiologie
1.
Primär (idiopathisch)
Sporadisch, hereditär
2.
Sekundär (symptomatisch)
Degenerativ, vaskulär, medikamentös, metabolisch, siehe Tab. 2
Alter
1.
Infantile Form
0–12 Jahre
2.
Juvenile Form
13–20 Jahre
3.
Adulte Form
>20 Jahre
Topische Verteilung
1.
Fokal
Auf eine Körperregion begrenzt, z. B. Blepharospasmus im orbitalen Bereich
2.
Segmental
Auf zwei benachbarte Körperregionen begrenzt, z. B. Torticollis und oromandibuläre Dystonie
3.
Multifokal
Zwei oder mehrere nicht benachbarte Körperregionen betroffen, z. B. Schreibkrampf plus Blepharospasmus
4.
Generalisierte Dystonie
Ausdehnung auf mehrere nicht benachbarte Körperregionen einschließlich mindestens eine der unteren Extremitäten
5.
Hemidystonie
Nur eine Körperseite an unterer und oberer Extremität betroffen
Zeitlicher Verlauf
 
Krankheitsdynamik
• Statisch
• Progredient
 
Symptomvariabilität
• Persistierend
• Aktionsspezifisch
• Tageszeitlich
• Paroxysmal
Assoziierte Symptome
 
• Isolierte Dystonie
• Kombiniert mit anderen Bewegungsstörungen
• Kombiniert mit weiteren neurologischen Symptomen
 
Tab. 2
Ätiologische Klassifikation der Dystonien. (Mod. nach Albanese et al. 2013)
Hereditär
Erworben
Idiopathisch
Autosomal-dominant
Perinatale Hirnschädigung
Sporadisch
Autosomal-rezessiv
Infektion
Familiär
X-chromosomal-rezessiv
Medikament
 
Mitochondrial
Toxisch
 
Vaskulär
Neoplastisch
Psychogen
Häufigkeit und Vorkommen
Extrapoliert man die epidemiologischen Daten aus Rochester (Nutt et al. 1988) ergibt sich für den isolierten Blepharospasmus eine Prävalenz von 1,7, für die oromandibuläre Dystonie mit Blepharospasmus (Meige-Syndrom) von 6,8, für die spasmodische Dysphonie (laryngeale Dystonie) von 5,1, für die zervikale Dystonie (Torticollis spasmodicus) von 8,7, für den Schreibkrampf von 7,0 und für die generalisierte Dystonie von 3,4 Patienten pro 100.000 Einwohner. Eine Metaanalyse der vorhandenen Daten schätzt eine Dystonieprävalenz von 16,4/100.000 nur für isolierte Dystonien (Steeves et al. 2012). Die Daten unterschätzen mit großer Wahrscheinlichkeit die tatsächliche Prävalenz der idiopathischen Dystonien, da bis zur Diagnose einer Dystonie oft eine lange Zeit vergeht und bei manchen Patienten nie eine Diagnose gestellt wird. Das legen „Service-based-Untersuchungen“ nahe, in denen die Prävalenz der fokalen primären Dystonien anhand der Inanspruchnahme von Botulinumtoxin-Therapie in der Stadt München ermittelt wurde (Castelon Konkiewitz et al. 2002).
Klinik
Primäre oder idiopathische Dystonien
Sie entsprechen der idiopathischen Torsionsdystonie, d. h. die Dystonie ist isoliert die einzige klinische Manifestation, wobei Tremor und myoklonieähnliche Bewegungen auch vorkommen können. Paradigmatisch für alle Dystonien gilt die genetisch definierte DYT1. Dazu gehören die häufigsten Dystonieformen mit Beginn im Erwachsenenalter, die fokalen Dystonien, die nicht einem Gen zugeordnet werden können.
Dystonie mit assoziierten Symptomen (früher Dystonie-Plus-Syndrome)
Die Dystonie wird von anderen Bewegungsstörungen begleitet. Am wichtigsten ist die sog. Dopa-responsive-Dystonie (Segawa-Syndrom) und das Dystonie-Myoklonus-Syndrom.
Erworbene (sekundäre) Dystonien
Hier ist die dystone Störung durch einen exogenen Faktor entstanden, der zu einer neurochemischen oder strukturellen Hirnläsion führte. Die Ursachen sind Neuroleptika (Dopaminrezeptorenblocker), perinataler Hirnschaden, zerebrovaskuläre Ereignisse, Hirntraumata, Enzephalitis, Tumor u. a.
Heredodegenerative Erkrankungen
Hierzu gehören Erkrankungen, denen ein neurodegenerativer Prozess zugrunde liegt. Bei vielen sind schon die genetischen Ursachen bekannt. Eine Dystonie tritt hierbei nicht immer auf und, wenn vorhanden, wird sie meistens von anderen neurologischen Symptomen begleitet, v. a. von einem Parkinson-Syndrom. Dazu zählen die Wilson-Krankheit, die Huntington-Krankheit, das idiopathische Parkinson-Syndrom, die Multisystematrophie, mitochondriale Enzephalopathien, spinozerebelläre Ataxien (SCAs) u. a.
Dyskinesie-Syndrome mit Dystonie
In dieser Kategorie befinden sich die paroxysmalen Dystonien (die kinesiogene und die nichtkinesiogene dystone Choreoathetose; benigne paroxysmale Dyskinesien der Kindheit), die Tic-Störungen mit dystonen Tics und die hypnogene Dystonie. Hier kann eine differenzialdiagnostische Abgrenzung von Epilepsien zumeist schwierig sein.
Die Frage nach der Psychopathologie der Dystonie hat Neurologen und Psychiater lange Zeit beschäftigt. Weiterhin führen auch erfahrene Kliniker immer wieder psychopathologische Auffälligkeiten der Patienten mit fokaler Dystonie ins Feld. Die umfangreiche Literatur spricht dafür, dass derzeit mit objektiven Messmethoden die Dystonien psychopathologisch nicht von „reaktiven Anpassungsstörungen“ abzugrenzen sind, die mit anderen chronischen Erkrankungen einhergehen.
Gründe, die Dystonien als „psychoneurotisch“ einzustufen, liegen in der charakteristischen Phänomenologie dieser Erkrankungen:
  • die oftmals bizarre Natur vieler Dystonieformen,
  • das aktionsinduzierte Auftreten nur bei spezifischen Tätigkeiten; z. B. zeigen die Patienten mit Schreibkrampf bei anderen feinmotorischen Leistungen, wie Auf- und Zuknöpfen, eine vollkommen normale Feinmotorik. Blepharospasmuspatienten haben oft keine Störung beim Lesen, sind aber unfähig, Fernsehbilder zu betrachten;
  • die Linderung durch bestimmte „Tricks“; z. B. können Patienten mit Blepharospasmus durch Gähnen die Augenlider wieder öffnen, oder Patienten mit zervikaler Dystonie können die Kopfdrehung mit einer „geste antagonistique“, wie das Anlegen des kleinen Fingers an das Kinn, unterdrücken. Bei anderen Patienten hingegen kann eine Dystonie im Hals- oder Rumpfbereich durch das Anlehnen des Kopfes oder durch Liegen verstärkt werden;
  • die Symptomverstärkung unter psychosozialer Belastung;
  • die leichte Zugänglichkeit für eine psychoanalytische Interpretation: Augenschluss beim Blepharospasmus als „etwas im Leben nicht sehen wollen“, die gepresste Stimme bei der spasmodischen Dysphonie als „Ausdruck verdrängter Verbalisierungswünsche“ oder Kopfdrehung bei der zervikalen Dystonie als „Abwendung vom Schicksal“.
Fokale und segmentale Dystonien
Die fokalen Dystonien stellen die häufigste Dystonieform dar. Sie beginnen in der Regel im mittleren Erwachsenenalter. Es handelt sich im Wesentlichen um kraniozervikale Dystonien und den Schreibkrampf. Kraniozervikale Dystonie stellt den Oberbegriff für Blepharospasmus, oromandibuläre, pharyngeale, laryngeale und zervikale Dystonie dar. Eine Schulterdystonie wird zu den kraniozervikalen Dystonien gerechnet, sofern sie Bestandteil einer zervikalen Dystonie ist. Wird der Begriff kraniozervikale Dystonie als Diagnose gebraucht, sollte man davon ausgehen können, dass bei dem jeweiligen Patienten tatsächlich Anteile aller oben aufgeführten fokalen Dystonien vorliegen. Meistens lässt sich keine Ursache für die fokalen Dystonien im Erwachsenenalter finden. Im Gegensatz zur Dystonie mit Beginn im Kindes- oder Jugendalter zeigen sie kaum eine Tendenz, sich über benachbarte Körperregionen hinaus auszubreiten. Sie bleiben fokal oder segmental. Eine Fußdystonie im Erwachsenenalter, ein Blepharospasmus oder eine frühzeitige bulbäre Beteiligung in jungen Jahren ist eher symptomatisch.
Blepharospasmus
Der essenzielle Blepharospasmus ist charakterisiert durch unwillkürliche tonische oder klonische Spasmen hauptsächlich des M. orbicularis oculi und ferner der Mm. corrugatores supercilii und M. procerus. Meist ist er mit einer oromandibulären Dystonie vergesellschaftet und tritt im mittleren bis höheren Lebensalter gehäuft bei Frauen auf. Neben einer kosmetischen Beeinträchtigung und sozialen Stigmatisierung kann diese fokale Dystonie zu Sehbehinderung in verschiedensten Situationen (Autofahren, Bildschirmarbeit u. a.) bis zur funktionellen Blindheit bei intaktem Sehorgan führen.
Regelhaft wird angegeben, dass helles Licht und Luftzug den Blepharospasmus verstärken, weshalb viele dieser Patienten ständig Sonnenbrillen tragen. Initiales Symptom ist oft ein Fremdkörpergefühl, das zunächst häufig zur Diagnose eines Siccasyndroms führt. Patienten können mit bestimmten Tricks (Gähnen, Singen, Anlegen eines Fingers an die Schläfe) insbesondere zu Beginn der Erkrankung den Blepharospasmus durchbrechen.
Das Spektrum der Phänomenologie des Blepharospasmus ist viel breiter und reicht von einem klassischen Blepharospamus bis zu einer Lidöffnungsinhibition, bei der ein Spasmus gar nicht sichtbar ist. Klinische Klassifikation (Ceballos-Baumann 1996):
  • klassischer Blepharospasmus (klonischer Spasmus, als intermittierender bis anhaltend kräftiger Lidschluss imponierend),
  • tonischer Blepharospasmus (tonische Dauerkontraktion, zu anhaltender Lidspaltenverengung führend),
  • Lidöffnungsinhibitionstyp (kein offensichtlicher Krampf des M. orbicularis oculi, aber Kontraktion des M. frontalis mit entsprechender Stirnfalte).
Der letztgenannte Blepharospasmustyp („atypischer Blepharospasmus“) bereitet die größten diagnostischen und therapeutischen Schwierigkeiten. Die Patienten haben bei geschlossenen Lidern Schwierigkeiten, auf Aufforderung die Augen zu öffnen und kontrahieren dafür den M. frontalis. Bei tatsächlich vorliegender ausschließlicher Levatorinhibition tritt diese Form der Lidöffnungsstörung vorwiegend bei der progressiven supranukleären Paralyse (PSP) und Multisystematrophien (MSA) auf. Synonym werden dafür auch Begriffe wie Lidöffnungsapraxie, „Akinese der Lidöffner“ oder supranukleäre Lidöffnungsparese gebraucht. Ein prätarsaler Blepharospasmus, bei dem die Kontraktionen primär oder sekundär (nach Denervierung der präseptalen und periorbitalen Anteile des M. orbicularis oculi) entstehen, imponiert aber ebenfalls wie ein Lidöffnungsinhibitionstyp (Abb. 1).
Beim Blepharospasmus im höheren Erwachsenenalter findet man meist keine Ursache. Die häufigste Ursache für einen Blepharospasmus als sekundäre Dystonie sind vermutlich Neuroleptika. Differenzialdiagnostisch müssen beim Blepharospasmus Ursachen abnormaler Blinkbewegungen und abnormaler Lidschluss/Lidöffnung (Ptosis) ausgeschlossen werden. Akute ophthalmologische Ursachen wie Iritis, Konjunktivitis u. a. bereiten wegen der vorhandenen Begleitsymptomatik (rotes Auge, Schmerzen) keine Schwierigkeiten. Bei chronischen ophthalmologischen Störungen wie Achromatopsie oder Albinismus tritt die abnorme Blinkfrequenz nur bei Helligkeit auf (verstärkter optikopalpebraler Reflex). Die häufigste Fehldiagnose stellt die okuläre Myasthenie beim Lidöffnungsinhibitionstyp dar. Übergänge zu chronischen Tic-Störungen müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Eine entsprechende Anamnese mit willkürlicher Unterdrückbarkeit der Tics, wachsender innerer Anspannung bis zur Auslösung, sensorischen Missempfindungen im Gesichtsbereich, die nach Tic-Auslösung nachlassen, sollte den Blepharospasmus vom chronischen Zwinkertic differenzieren helfen.
Oromandibuläre Dystonie, linguale Dystonie
Hier treten Kontraktionen der Muskeln des Kiefers und des Mundes auf, die sich durch periorale Unruhe, Grimassieren, Fältelung der Nase, Schnauzbewegungen, Kiefersperre und Kieferaufreißen bemerkbar machen. Man kann 3 Typen oromandibulärer Dystonie unterscheiden: einen fazialen Typ (oberflächliche, vom VII. Hirnnerven versorgte periorale Gesichtsmuskulatur), einen Kieferschließungstyp (vom V. Hirnnerven versorgte Muskeln: M. masseter, M. pterygoides medialis, M. temporalis) und einen Kieferöffnungstyp (Inhibition der Kieferschließer, Überaktivität der submentalen Muskulatur).
Meige-Syndrom (Brueghel-Syndrom)
Über 60 % der Patienten mit einem Blepharospasmus weisen zusätzlich eine oromandibuläre Dystonie auf. Diese Kombination wird als Meige-Syndrom bezeichnet, benannt nach Henry Meige, der das Krankheitsbild ausführlich 1910 beschrieb. Man spricht auch vom Brueghel-Syndrom, da Pieter Brueghel d. Ä. das Krankheitsbild schon im 16. Jahrhundert auf einem Bild mit dem Titel „Der Gähner“ (Abb. 2) festhielt.
Zervikale Dystonie (Torticollis spasmodicus)
Die zervikale Dystonie ist die häufigste fokale Dystonie mit einer Prävalenz von etwa 1 auf 10.000 und tritt gehäuft bei Frauen im mittleren Alter auf (Nutt et al. 1988). Sie ist charakterisiert durch unwillkürliche, drehende (Torticollis), seitwärts neigende (Laterocollis) oder nach vorwärts (Anterocollis) oder rückwärts (Retrocollis) gerichtete, tonische oder phasische Spasmen der Hals- und Nackenmuskulatur. Als Oberbegriff ist die Bezeichnung zervikale Dystonie günstiger als Torticollis spasmodicus, zumal meistens Mischformen von Torti-, Latero-, Antero- bzw. Retrocollis vorliegen. Vergesellschaftung mit anderen fokalen Dystonien wie der oromandibulären, pharyngealen oder spasmodischen Dysphonie sind häufig. Neben den Spasmen der Hals- und Nackenmuskulatur, die von den Patienten oft mit sensorischen Tricks wie der Geste antagonistique (Anlegen eines Fingers an die Wange) durchbrochen werden können, treten oft auch myokloniforme oder tremorartige Wackelbewegungen bzw. Zuckungen des Kopfes und der Schulter sowie ein tonischer Schulterhochstand auf.
Differenzialdiagnostisch ergeben sich kaum Probleme, die zervikale Dystonie von folgenden Krankheitsbildern zu unterscheiden: essenzieller Kopftremor (keine Geste!), okulärer Torticollis (kompensatorisch bei Trochlearisparese), kongenitale oder erworbene Anomalien des kraniozervikalen Übergangs, atlantoaxiale Fehlstellung und vordere Subluxation, HWS-Veränderungen, muskulärer Schiefhals (bei 0,4 % aller Neugeborenen), benigner paroxysmaler Torticollis des Kindesalters, anhaltende postprandiale Kopfneigung bei Kindern aufgrund eines gastroösophagealen Refluxes (Sandifer-Syndrom).
Spasmodische Dysphonie, dystoner Stridor, pharyngeale Dystonie
Die spasmodische Dysphonie stellt die Dystonie innerer Larynxmuskeln dar. Diese Stimmstörung betrifft beide Geschlechter gleichermaßen und tritt als fokale Dystonie meist im frühen bis mittleren Erwachsenenalter auf.
Die spasmodische Dystonie wird im Wesentlichen in zwei gegensätzliche Typen, den Adduktortyp (gepresste Stimme) und den 20-mal selteneren Abduktortyp (Flüsterdysphonie), eingeteilt.
Beim Adduktortyp klingt die Stimme gepresst, als versuchte man während des Erstickens zu sprechen. Kompensatorisch versuchen manche Patienten während der Inspiration zu sprechen. Bei über 40 % der Patienten liegt zusätzlich ein Stimmtremor vor. Laryngologische Untersuchungen zeigen, dass die Stimmlippen entweder ständig überadduziert sind bzw. intermittierende Spasmen aufweisen, die zu Pausen und Abbrüchen in der Stimmbildung führen.
Schreibkrampf und andere Beschäftigungskrämpfe
„Aktionsinduzierte“ Dystonien wie der Schreibkrampf (Grafospasmus, Mogigrafie) treten in der Regel im jüngeren und mittleren Erwachsenenalter auf. Beide Geschlechter sind gleichermaßen betroffen. Tritt die Symptomatik ausschließlich beim Schreiben auf, handelt es sich nach der Einteilung von Sheehy und Marsden um einen einfachen Schreibkrampf; ist sie aktionsinduziert und kommt auch bei anderen Handtätigkeiten vor, spricht man von einem dystonen Schreibkrampf (Sheehy und Marsden 1982). Remissionen kommen kaum vor. Das Erlernen des Schreibens mit der anderen Hand führt bei etwa 25 % der Patienten nach 5 Jahren zu einem ähnlichen Schreibkrampf auch auf der Gegenseite.
Der einfache Schreibkrampf stellt nur eine Variante eines großen Spektrums von Beschäftigungskrämpfen dar. Darunter finden sich auch Klavierspieler-, Violinisten-, Flötisten-, Cellisten-, Näherinnen, Telegrafisten-, Schneider-, Zigarrenwickler-, Uhrmacher-, Melker-, Schmiede- und Tänzerinnenkrampf u. a. Die Differenzialdiagnose zu Überlastungssyndromen ist gerade bei Musikern und Sportlern schwierig. Die Beratung ist für die betroffenen Individuen von Bedeutung, zumal Pianisten sich wegen der Bewegungsstörung manchmal fälschlicherweise handorthopädischen Eingriffen unterziehen.
Dystonie-Plus-Syndrome
L-Dopa-sensitive Dystonie
Eine besondere Form der idiopathischen Dystonien mit Beginn im Kindesalter stellt die L-Dopa-sensitive Dystonie dar (Synonyma hereditär progressive Dystonie, Segawa-Syndrom, hereditärer Dystonie-Parkinson-Komplex u. a.; Nygaard et al. 1991). Betonte Tagesfluktuationen mit Verschlechterung abends und nach körperlicher Belastung treten bei 75 % der Patienten auf. Das Leiden betrifft vorwiegend Mädchen und beginnt als dystone Gangstörung mit eingeschränkten Stellreflexen im Kindesalter. Parkinson-Zeichen können im späteren Verlauf hinzukommen oder sogar überwiegen. Kinder mit einer L-Dopa-sensitiven Dystonie werden gelegentlich als Zerebralparese fehldiagnostiziert, obwohl sie unter L-Dopa praktisch symptomfrei werden. Bei jedem Kind mit einer dystonen („spastischen“) Gangstörung muss daher eine L-Dopa-sensitive-Dystonie durch einen Therapieversuch ausgeschlossen werden.
Myoklonus-Dystonie-Syndrom (MDS, Gen DYT11), hereditäre myokloniforme Dystonie
Diese Variante ist durch einen Beginn in den ersten 2 Lebensdekaden mit bilateralen, vorwiegend aktionsinduzierten Myokloni in Arm- und axialen Muskeln gekennzeichnet, der durch Alkohol gelindert wird. Die Dystonie wird hingegen durch den Alkohol kaum beeinflusst. Eine fokale Dystonie wie ein Schreibkrampf bzw. Torticollis kommt bei den meisten Patienten hinzu und kann das einzige Symptom darstellen. Psychiatrische Auffälligkeiten wie Zwangsstörungen, Panikattacken wurden bei dem Myoklonus-Dystonie-Syndrom vermehrt beschrieben. Ob es sich tatsächlich um eine eigenständige Variante der idiopathischen Torsionsdystonie handelt, wurde zunächst angezweifelt, da myokloniforme Aktivierungsmuster mit der idiopathischen Torsionsdystonie vereinbar sind. Für das Myoklonus-Dystonie-Syndrom können viele Mutationen auf dem Gen für Epsilon-Sarcoglycan (SGCE) verantwortlich sein (Zimprich et al. 2001).
Paroxysmale Dystoniesyndrome
Man kann im Wesentlichen drei Arten von paroxysmalen Dystoniesyndromen unterscheiden: eine paroxysmale nichtkinesiogene dystone Choreoathetose mit mittlerer Attackendauer nach Muskelbelastung, eine mit längerer Attackendauer sowie die paroxysmale kinesiogene dystone Choreoathetose. Alle Formen treten autosomal-dominant mit reduzierter Penetranz und unterschiedlicher Expressivität sowie sporadisch auf.
Die paroxysmale nichtkinesiogene dystone Choreoathetose ist durch episodische Attacken von Dystonie und/oder Choreoathetose bei erhaltenem Bewusstsein gekennzeichnet, die Stunden oder Minuten anhalten und selten mehr als 4-mal am Tag auftreten. Präzipitierende Faktoren können der Konsum von Alkohol und Kaffee, Temperaturänderungen, Übermüdung und emotionaler Stress darstellen (Klinz und Biesold 1990).
Die paroxysmale nichtkinesiogene dystone Choreoathetose ist von der paroxysmalen kinesiogenen dystonen Choreoathetose zu differenzieren. Während beide Formen im Kindes- und Jugendalter beginnen, werden dystone oder choreoathetotische Attacken durch rasche Bewegungen (kinesiogen) (z. B. vom Stuhl aufstehen) bis zu 100-mal am Tag ausgelöst und halten nur Sekunden bis Minuten an. Die Attacken können auf eine Seite beschränkt sein oder nur fokal auftreten. Die Patienten versuchen über einen langsameren Bewegungsablauf oder Vermeidung von Bewegungen die Attacken unter Kontrolle zu halten.
Ätiopathogenese und Pathophysiologie
Neuropathologische und neurochemische Untersuchungen sowie strukturelle Bildgebung haben bei der idiopathischen Dystonie bisher keine spezifischen Befunde erbracht. Das Verständnis zur Pathophysiologie der idiopathischen Dystonie ist aber seit Mitte der 1980er-Jahre gewachsen.
Traditionell wird davon ausgegangen, dass die idiopathischen Dystonien auf eine Funktionsstörung im Bereich der Basalganglien zurückzuführen sind, zum einen, weil das ganze Spektrum an dystoner Symptomatik bei erwiesenen Basalganglienerkrankungen wie dem idiopathischen Parkinson-Syndrom auftreten kann, und zum anderen, weil bei etwa 80 % der Patienten mit sekundären Hemidystonien Läsionen in den kontralateralen Basalganglien, vornehmlich im Putamen, oder im Thalamus nachweisbar sind (Abb. 3) (Ceballos-Baumann et al. 1995a).
Medikamente wie Neuroleptika, die in den Basalganglienstoffwechsel eingreifen, können zu akuten und tardiven Dystonien führen.
Allerdings beschränken sich bei funktionellen elektrophysiologischen und bildgebenden Untersuchungen die auffälligen Befunde im Wesentlichen auf kortikale Regionen des sensomotorischen Systems (Ceballos-Baumann et al. 1995b; Deuschl et al. 1995).
Genetik
Schon frühe Studien legten nahe, dass bis zu 85 % der idiopathischen, segmentalen, multifokalen sowie generalisierten Dystonien mit einer Penetranz von 40 % bei Beobachtung bis zum 70. Lebensjahr und mit dabei sehr unterschiedlicher Expressivität dominant vererbt werden (Waddy et al. 1991). Auch bei Betrachtung nur der fokalen Dystonie lässt sich eine hereditäre Komponente finden, denn ca. 25 % der Verwandten ersten Grades zeigten zumindest diskrete Symptome einer Dystonie. Für eine zunehmende Zahl von Dystonien konnten seit Mitte der 1990er-Jahre die genetischen Grundlagen erarbeitet werden. Im Jahre 1994 wurde das verantwortliche Gen für die Dopa-responsive Dystonie (DYT-GCH1) und im Jahr 1997 das DYT-Tor1A-Gen (früher DYT1) für die isolierte generalisierte Dystonie mit Beginn im Kindesalter gefunden. Letztere Dystonie entspricht der erstmals von Oppenheim 1911 beschriebenen autosomal-dominant erblichen Dystonia musculorum deformans.
Die Klassifikation der erblichen Dystonieformen befindet sich im Fluss. Eine Revision der alten Nomenklatur („DYT“ plus laufende Nummer) wurde erforderlich, da die ursprüngliche Liste nicht nur immer länger wurde (über 20 DYT), sondern auch Fehler und Platzhalter für Dystonieformen ohne bekanntes Gen enthielt. Erbliche Dystonieformen mit bekanntem Gen sollten mit dem Präfix „DYT“ gefolgt vom Gen bezeichnet werden (z. B. DYT-Tor1A für die DYT1-Dystonie). Bei den kombinierten Dystonien mit Parkinson z. B. gibt es kombinierte Präfixe (z. B. DYT-PARK).
Differenzialdiagnose
Den Ausschlag für die Diagnose eines dystonen Syndroms gibt das Erkennen von bestimmten Bewegungsmustern. In bestimmten Fällen ist die Symptomatik angesichts der Abhängigkeit von äußeren Einflüssen (z. B. Licht beim Blepharospasmus) und affektiven Faktoren bei Befunderhebung schwer nachzuvollziehen. Hier kommt der Vorgeschichte eine zentrale Bedeutung zu. Außerdem werden bestimmte sekundäre Dystonien, z. B. tardive Dystonien (Medikamentenanamnese) oder verzögert auftretende Dystonien (Geburtsanamnese) nach frühkindlichem Hirnschaden nur durch eine genaue Anamnese eruierbar sein.
Die Differenzialdiagnose dystoner Syndrome beinhaltet die Abgrenzung von den anderen Bewegungsstörungen wie Myoklonus, Stereotypien, Tremor, Tics, Chorea und Spastik. In bestimmten Fällen, vorwiegend bei Hinweisen auf eine symptomatische Form (Atrophien, Paresen, Pyramidenbahnzeichen, Ataxie, Bradyhypokinese, kognitive Leistungseinbußen, Epilepsie, verzögerte Entwicklung, Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt) und bei Beginn im jugendlichen Alter, sollte jedoch eine Ausschlussdiagnostik erfolgen (s. folgende Übersicht). Insbesondere dürfen eine Kupferstoffwechselstörung (Morbus Wilson) und eine L-Dopa-sensitive Form nicht übersehen werden, da deren Therapie sekundäre Folgeschäden verhindern kann.
Hinweise für sekundäre Dystonien oder mit einer primär idiopathischen Dystonie nicht vereinbare Zeichen und Symptome
a.
Anamnese
 
b.
Befund
  • Atrophien
  • Paresen
  • Pyramidenbahnzeichen
  • Ataktische, sensible und sensorische Befunde
  • Brady-/Hypokinese
  • Kognitive Leistungseinbußen
  • Gestörte Stellreflexe
 
c.
Dystoniecharakteristik
  • Hemidystonie
  • Kontrakturen
  • Frühzeitige bulbäre Beteiligung bei Kindern und Jugendlichen
  • Rasche Progression bei Erwachsenen
  • Beinbeteiligung bei Erwachsenen
 
Sekundäre (symptomatische) Dystonien
Wann ist ein dystones Syndrom Ausdruck eines zugrunde liegenden sekundären Krankheitsprozesses? Diese Frage ist von Bedeutung, weil sie das Ausmaß der Labor- und apparativen Zusatzuntersuchungen bestimmt.
Ein über das typische isolierte dystone Syndrom (s. Übersicht oben) hinausgehender Befund ist mit einer idiopathischen Dystonie schwer vereinbar und sollte zu weiteren diagnostischen Anstrengungen führen. Insgesamt kann bei etwa 20 % aller Dystoniker eine Ursache für die Erkrankung gefunden werden. Je älter der Patient und je fokaler die Dystonie, desto weniger wahrscheinlich findet sich eine Ursache. Bei Beginn einer fokalen Dystonie im Erwachsenenalter wird in weniger als 10 % eine Ursache gefunden. Einen Morbus Wilson mit Beginn jenseits des 50. Lebensjahres gibt es so gut wie nicht. Bei Beginn im Kindesalter findet man in 30 % und bei generalisierten bzw. multifokalen Formen unabhängig vom Alter in 45 % eine Ursache der Dystonie. Bei Kindern, Jugendlichen sowie bei generalisierten und rasch progredienten Dystonien ist daher eine ausgedehnte apparative und Labordiagnostik durchzuführen. Eine Auswahl an sinnvollen Untersuchungen, abhängig von der Klinik, ist Tab. 3 zu entnehmen.
Tab. 3
Untersuchungen bei Dystonie abhängig von klinischer Situation, Anamnese und Befund. (Mod. nach Marsden und Quinn 1990 und DGN Leitlinien). Viele dieser Untersuchungen können durch genetische Tests redundant werden
 
Beginn Kindes-, Jugendalter
Beginn Erwachsenenalter
Bei Hinweisen auf sekundäre Dystonie unabhängig vom Alter
Blut
 
+
+a
+
Luesserologie
+
+
+
BSG, Blutbild, Gerinnung
+
+
+
Leberenzyme, Elektrolyte, Nierenwerte
+
+
+
Antinukleäre-AK
+
 
+
Schilddrüsen-AK
+
 
+
Kreatininkinase
+
 
+
+
 
+
Immunelektrophorese (IgA)
  
+
Frischer Blutausstrich (Akanthozythen)
  
+
  
+
Lysosomale Enzyme
  
+
Langkettige Fettsäuren
  
+
α-Fetoprotein
  
+
Hypoxanthinguaninphosphoribosyltransferase-Aktivität
  
+
Liquor (einschließlich Laktat)
+
 
+
Urin
 
Kupferausscheidung
+
 
+
Aminosäuren
  
+
  
+
Mucopolysaccharide
  
+
Biopsien
 
Muskel
  
+
Leber
  
+
  
+
Haut
  
+
Augenärztliche Spaltlampenuntersuchung
+
+a
+
Magnetresonanztomografie
+
+a
+
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EMG, NLG, SEP
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VEP, ERG
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aBei Erwachsenen unter 50 Jahren sollte immer ein Morbus Wilson mit diesen Screening-Untersuchungen ausgeschlossen werden
BSG Blutsenkungsgeschwindigkeit; AK Antikörper; EEG Elektroenzephalogramm; EMG Elektromyografie; NLG Nervenleitgeschwindigkeit; SEP somatosensibel evozierte Potenziale; VEP visuell evozierte Potenziale; ERG Elektroretinogramm
Die Liste der Erkrankungen, bei denen eine sekundäre Dystonie auftreten kann, ist lang und umfasst viele seltene neurologische Erkrankungen (s. folgende Übersicht). Häufigere Ursachen für sekundäre Dystonien stellen Neuroleptika, perinataler Hirnschaden, zerebrovaskuläre Ereignisse und Traumata (peripher und zentral) dar. Ein perinataler Hirnschaden kann bemerkenswerterweise zu einem erst im Jugend- oder Erwachsenenalter auftretenden dystonen Syndrom („delayed-onset dystonia“) führen (Saint et al. 1991).
Sekundäre Dystonien
Bei Dystonikern unter 50 Jahren muss an den behandelbaren Morbus Wilson gedacht werden. Das Durchschnittsalter in einer der größten Serien von Wilson-Patienten betrug bei Beginn der Symptomatik im Mittel 16,2 Jahre (9–40 Jahre). Meistens bestanden zusätzlich zur Bewegungsstörung kognitive Leistungseinbußen oder psychiatrische Auffälligkeiten (Walshe und Yealland 1992). Als Screening-Test reicht eine Coeruloplasminbestimmung im Serum und Spaltlampenuntersuchung (Kupferablagerung in der Kornea: Kayser-Fleischer-Ring) aus.
Therapie
Bisher gibt es keine allgemeingültige erfolgreiche Behandlungsmethode für die Dystonien. Symptomatisch erfolgen die Botulinumtoxin-Therapie sowie unterstützende Verfahren wie Krankengymnastik. Daneben bestehen medikamentöse und chirurgische Therapieansätze, die in der folgenden Übersicht zusammengefasst sind.
Spezielle Therapie der Dystonien nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie 2012
  • Fokale Dystonien
    • Blepharospasmus
      1.
      Botulinumtoxin
       
    • Oromandibuläre Dystonie
      1.
      Botulinumtoxin
       
      2.
      Anticholinergika
       
      3.
      Tetrabenazin
       
      4.
      Medikamentöse Kombinationstherapie
       
    • Zervikale Dystonie (Torticollis spasmodicus)
      1.
      Botulinumtoxin
       
      2.
      Anticholinergika
       
      3.
      Tetrabenazin
       
      4.
      Medikamentöse Kombinationstherapie
       
      5.
      Selektive periphere Denervierung
       
    • Schreibkrampf (Grafospasmus)
      1.
      Ergotherapeutische Beratung
       
      2.
      Botulinumtoxin
       
      3.
      Anticholinergika
       
    • Laryngeale Dystonie (spasmodische Dysphonie)
      1.
      Botulinumtoxin
       
  • Segmentale, multifokale und generalisierte Dystonien
    • Idiopathische, generalisierte Dystonien des Kinder- und Jugendalters
      1.
      L-Dopa-Test
       
      2.
      Anticholinergika
       
      3.
      Baclofen
       
      4.
      Tetrabenazin
       
      6.
      Medikamentöse Kombinationstherapie
       
      7.
      Botulinumtoxin bei störenden Fokalsymptomen
       
    • Idiopathisch generalisierte Dystonien des Erwachsenenalters
      1.
      Anticholinergika
       
      2.
      Baclofen
       
      3.
      Tetrabenazin
       
      4.
      Benzodiazepine
       
      5.
      Medikamentöse Kombinationstherapie
       
      6.
      Botulinumtoxin bei störenden Fokalsymptomen
       
      7.
      Tiefe Hirnstimulation
       
    • Tardive Dystonien
      2.
      Anticholinergika (Cave: Exazerbation einer vorbestehenden Psychose)
       
      3.
      Baclofen (Cave: Exazerbation einer vorbestehenden Psychose)
       
      4.
      Tetrabenazin
       
      5.
      Benzodiazepine
       
      6.
      Medikamentöse Kombinationstherapie
       
      7.
      Botulinumtoxin bei störenden Fokalsymptomen
       
      8.
      Tiefe Hirnstimulation (experimentell)
       
    • Andere sekundäre Dystonien
      1.
      Anticholinergika
       
      2.
      Baclofen
       
      3.
      Tetrabenazin
       
      4.
      Benzodiazepine
       
      5.
      Medikamentöse Kombinationstherapie
       
      6.
      Botulinumtoxin bei störenden Fokalsymptomen
       
      7.
      Tiefe Hirnstimulation
       
Botulinumtoxin-Therapie
Botulinumtoxin ist für die meisten Patienten mit fokaler Dystonie das Mittel der ersten Wahl.
Biologie der Botulinumtoxine
Botulinumtoxin A (BTX A) ist das Exotoxin von Clostridium botulinum, einem grampositiven anaeroben Sporenbildner, welches nur unter bestimmten Bedingungen gebildet wird (pH 4,5, proteinreiches Nährmedium, Temperatur 40 °C). Der Botulismus als Lebensmittelvergiftung durch Aufnahme von BTX A mit kontaminierten Nahrungsmitteln wie Konserven, Schinken und Fisch ist hinreichend bekannt. Immunologisch kann man 7 Serotypen (A, B, C1, C2, D, E, F) von BTX unterscheiden. Klinisch in Verwendung ist das BTX A, das in Reinform ein Molekulargewicht von 140.000–150.000 Dalton hat, im Rahmen von Studien wird auch Typ F und B eingesetzt.
Botulinumtoxin besteht aus 2 durch mindestens 1 Disulfidbrücke verbundene Proteinketten, wobei die schwere Proteinkette eine hohe Affinität zu präsynaptischen Akzeptoren (Ganglioside) an motorischen Nervenendigungen aufweist (Poulain et al. 1988). Die Bindung an diese Akzeptoren führt zu einer Endozytose, d. h. Aufnahme des gesamten Moleküls in die motorischen Nervenendigungen. Intrazellulär wirksamer Bestandteil des Moleküls ist die leichte Kette, die durch zelluläre Reduktionssysteme von der schweren Kette getrennt werden muss, um wirksam zu werden. Als zinkbindende Metalloprotease mit hoher Substratspezifität für einen funktionellen Proteinbestandteil (Typ A und E: SNAP-25 – Synaptomal associated protein; Typ B Synaptobrevin) der Membran acetylcholinspeichernder Vesikel verhindert die kurze Kette von Botulinumtoxin durch Komplexbildung mit SNAP-25 die Verschmelzung der Vesikel mit der Plasmamembran und damit die Ausschüttung von Acetylcholin (Breidenbach und Brunger 2004). SNAP-25 und Synaptobrevin sind Proteinbestandteile des synaptischen Andockungs- und Fusionskomplexes für acetylcholinspeichernde Vesikel. Diese Proteinbestandteile werden durch die leichte Kette von Botulinumtoxin A bzw. B in der Synapse funktionslos, und damit setzt die quantenhafte und Ca++-abhängige Freisetzung von Acetylcholin aus.
Die Störung der neuromuskulären Übertragung bewirkt eine Schwäche der Muskulatur, die je nach Applikationsweise und Dosierung des Toxins nach Stunden oder Tagen eintreten kann. Zunächst kommt es zu einer Muskelatrophie. Nerv und Muskel reagieren mit einer Latenz von etwa 7 Tagen auf die funktionelle Denervierung mit Synthese von neuen Acetylcholinrezeptoren. Diese sind zunächst vom embryonalen Typ, was die kollaterale Aussprossung von Axonen anregt (Költgen et al. 1994). Im Tierversuch kommt es zu einer polyneuronalen Reinnervation von Muskelfasern, d. h. eine Muskelfaser wird von mehreren Nervenendigungen innerviert. Die ersten neuromuskulären Endplatten werden nach 1–2 Wochen, mit einem Maximum nach 5–10 Wochen gebildet, womit der Muskel seine Funktion graduell wiedererlangt. Diese Phänomene entsprechen dem Zeitverlauf des Einsetzens und allmählichen Nachlassens des Effekts bei der klinischen Anwendung von Botulinumtoxin.
Eine Quelle von schon folgenreichen Missverständnissen stellt die fehlende Dosisstandardisierung bei gleicher Dosisbezeichnung der auf dem Markt befindlichen Präparate (Dysport, Botox und Xeomin) dar. Alle drei beziehen sich auf Einheiten als Maß für ihre biologische Wirksamkeit. Das gilt auch für das nur sehr selten eingesetzte Botulinumtoxin Typ B. Die Einheiten sind klinisch jedoch schwer zu konvertieren. Deswegen muss bei Dosierungsempfehlungen immer darauf geachtet werden, auf welches Toxin sie sich beziehen.
Im klinischen Bereich zeichnet sich Botulinumtoxin jedoch durch eine hohe Handhabungssicherheit aus. 4–6 h nach Zubereitung der Injektionslösung verliert das Toxin seine biologische Wirksamkeit. Die therapeutische Breite ist groß. Die letale Dosis (LD50) für den Menschen wird nach Extrapolieren der Daten aus Versuchen am Affen bei intraorbitaler Injektion bei 2000 ng (5000 Einheiten Botox) Botulinumtoxin A angenommen (Schanz und Johnson 1992). In den kommerziell erhältlichen Ampullen sind 500 Einheiten Dysport bzw. 100 Einheiten Botox oder Xeomin enthalten. Selbst bei den relativ hohen Dosen, die bei der Therapie der zervikalen Dystonie verabreicht werden, kommt man in der Regel mit 1000 Einheiten Dysport bzw. 300 Einheiten Botox oder Xeomin aus.
Entwicklung des klinischen Einsatzes
Botulinumtoxin A wurde in den USA (Dezember 1989, Handelsname zunächst Oculinum, seit 1992 Botox) für die Indikationen Strabismus und Blepharospasmus und in einer unterschiedlichen Komplexform in England (März 1991 als Dysport) für die Indikationen Blepharospasmus und Spasmus hemifacialis von den zuständigen Behörden als Medikament zugelassen. In Deutschland erfolgte zunächst eine eingeschränkte Zulassung (Einsatz nur an Kliniken mit entsprechender Erfahrung) beider Produkte 1993 für die Indikationen „idiopathischer Blepharospasmus“ und „Spasmus hemifacialis“. 1995 wurde die Zulassung auf die Indikation „rotierender Torticollis spasmodicus“ erweitert. Andere Zulassungen für die Spastik, die infantile zerebrale Parese, die Hyperhidrosis folgten.
Schon 1990 wurde festgestellt, dass nicht nur beim Blepharospasmus, Spasmus hemifacialis und bei bestimmten Formen des Strabismus, sondern auch bei der zervikalen Dystonie, bei der spasmodischen Dysphonie vom Adduktortyp und bei der oromandibulären Dystonie vom Kieferschließungstyp die selektive, temporäre Denervierung mittels lokaler Injektionen von Botulinumtoxin Typ A effektiv und sicher ist (Report NIH 1991).
Botulinumtoxin vom Typ B (Neurobloc) wurde 1999 in Europa und Nordamerika zugelassen. Die letzten Jahre im klinischen Alltag haben aber gezeigt, dass es sich wegen seiner hohen Nebenwirkungsrate nicht als Alternative zu den beiden Typ-A-Toxinen bewähren konnte. Schließlich wurde in einer nordamerikanischen Studie das Botulinumtoxin Typ A mit dem Typ B formal genau verglichen (Comella et al. 2005). 122 Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip entweder mit Typ A oder einer entsprechenden Menge von Typ B behandelt. Die Besserung war in beiden Gruppen vergleichbar, aber die Wirkdauer war bei Typ B um 2 Wochen kürzer. Wesentlich ist die unterschiedliche Rate der Nebenwirkungen: Schluckstörungen traten bei nur 5 % der Patienten unter Typ A auf, hingegen bei 37 % unter Typ B. Trockener Mund wurde nur von 5 % der mit Typ A behandelten Patienten angegeben, aber bei 43 % der mit Typ B therapierten. Botulinumtoxin Typ B (Neurobloc) ist damit nur noch für Patienten vorbehalten, die nach einem zunächst guten Ansprechen auf Typ A plötzlich keine Besserung mehr erleben, weil bei ihnen das seltene Problem (<5 %) der Antikörperbildung gegen Botulinumtoxin Typ A aufgetreten ist.
Außerdem wurde im Mai 2005 ein hochgereinigter Serotyp A als Xeomin zugelassen, dass in sog. „non-inferiority“ doppelblinden randomisierten Studien gegen Botox bei Verwendung der gleichen Dosis in Einheiten von Xeomin und Botox für die Indikationen zervikale Dystonie und Blepharospasmus mindestens genauso effektiv und sicher war wie Botox (Benecke et al. 2005; Roggenkamper et al. 2006).
Botulinumtoxin ist anderen verfügbaren Therapieformen bei fokalen Dystonien eindeutig überlegen. Daher gilt es als Mittel der ersten Wahl, so wie es auch in Empfehlungen der verschiedenen nationalen Leitlinien empfohlen wird.
Fließende Übergänge ergeben sich zwischen Dystonie- und Spastikbehandlung, da hier nicht die Spastik in ihrer Reinform als muskeldehnungsgeschwindigkeitsabhänge Zunahme des Muskeltonus Zielsymptom ist, sondern meist die mit der Spastik verbundene abnorme Haltung, die definitorisch einer Dystonie entspricht.
Lokalisation der Injektionen, Rolle der EMG-Steuerung
Zur Verfügung stehen die visuelle Inspektion, die Palpation in Zusammenhang mit der vertrauten Anatomie, die Angaben des Patienten (Wo zuckt es?; bei zervikalen Dystonikern: Wo sind Myogelosen? Wo werden muskuläre Schmerzen angegeben?), die Polyelektromyografie, die Muskelsonografie, Injektion durch eine EMG-Nadel bei Ableitung der elektrischen Muskelaktivität oder/und Stimulation von Muskelfaszikeln mit derselben. In Einzelfällen ist auch über die Applikation unter CT oder Bildwandlerkontrolle berichtet worden. Am meisten wird bei den Dystonien die Rolle der EMG-Steuerung und simultaner Kontrolle mittels EMG-ableitefähigen Injektionsnadeln diskutiert und unterschiedlich bewertet. Beim Blepharospasmus und Spasmus hemifacialis wurde in vielen Untersuchungen keine EMG-Steuerung verwendet. In der überwiegenden Mehrzahl der Untersuchungen zur zervikalen Dystonie wurde ohne EMG-Steuerung gearbeitet und über 60 % der zervikalen Dystonie-Patienten hält Botulinumtoxin auch noch nach Jahren für eine lohnenswerte Therapie. Beim Schreibkrampf, beim Musikerkrampf, beim Golfer-Krampf („Yips“) wird das EMG zur Injektionssteuerung heranzogen. Bei diesen Indikationen sowie bei weiteren Beschäftigungskrämpfen, der Kieferöffnungsdystonie und Problemsituationen bei der zervikalen Dystonie wie der Anterocollis sind EMG-gesteuerte Injektionen meist Voraussetzung, um Botulinumtoxin sinnvoll injizieren zu können. Bei einer unkomplizierten zervikalen Dystonie, dem rotatorischen Torticollis, und der Spastik ist der Nutzen der EMG-Steuerung, etwa durch Dosiseinsparung, höhere Effektivität und geringere Nebenwirkungsrate bisher unzureichend belegt. Bei diesen häufigen Indikationen werden gute Ergebnisse auch ohne EMG-Steuerung erreicht. Hingegen ist sie für die Lokalisation bestimmter Muskeln bei der perkutanen Behandlung der spasmodischen Dysphonie und der oromandibulären Dystonie vom Kieferöffnungstyp Voraussetzung. Die EMG-Steuerung wird mehrheitlich als wesentlich bei der Therapie der Beschäftigungskrämpfe angesehen, obwohl eine klinisch relevante Verteilung von Botulinumtoxin über Muskelgrenzen hinweg auch bei präzisester Lokalisation der dystonen Muskeln unvermeidbar ist.
Botulinumtoxin-Langzeiteffekte
Die Frage nach lokalen und systemischen Langzeiteffekten der Botulinumtoxin-Behandlung ist bisher nicht endgültig geklärt. Untersuchungen des M. orbicularis oculi nach Myektomieoperationen bei Patienten mit Blepharospasmus, die zuvor mit Botulinumtoxin behandelt worden waren, sprechen für ein evtl. persistierendes polyneuronales Reinnervationsmuster (Alderson et al. 1991). Andererseits liegen Langzeitbeobachtungen von größeren Kollektiven vor, die regelmäßig über 10 Jahre behandelt wurden, die weder Wirkungsverlust noch andere therapiebedingte Probleme zeigen (Haussermann et al. 2004; Mejia et al. 2005).
Systemische Effekte
Einzelfaser-EMG-Untersuchungen konnten nach Botulinumtoxin-Injektionen neuromuskuläre Veränderungen in den vom Injektionsort entfernten Muskeln nachweisen (Lange et al. 1991). Klinisch wurden, abgesehen von den injizierten Muskeln, keine Paresen erkennbar. Am ehesten sind diese subtilen systemischen Effekte auf eine hämatogene Verteilung geringster Mengen des Toxins im gesamten Organismus zurückzuführen.
Die Entwicklung von Antikörpern gegen Botulinumtoxin kann zu sekundären Therapieversagern führen. Über die Prävalenz des Antikörpersyndroms gibt es bisher nur wenige Daten. Die Häufigkeit liegt zwischen 1–10 % bei Tortikollispatienten, die wiederholt therapiert worden waren, und könnte produktspezifisch sein. Folgende Risikofaktoren können bei Tortikollispatienten zu einem Botulinum-Antikörper-Syndrom führen: höhere Dosen, wiederholte Injektionen mit kurzen Abständen zwischen den Injektionen, Reinjektionen („Booster-Injektionen“) nach 2–3 Wochen zur Effektoptimierung. Darüber hinaus fanden sich eine nicht signifikante Assoziation zu geringem Körpergewicht, Nebenwirkungen bei der ersten Injektion und weiblichem Geschlecht (Greene et al. 1994). Für die Diagnose eines Botulinumtoxin-Antikörper-Syndroms ist das Ausbleiben der Verschmächtigung des injizierten Muskels und der Nachweis von Antikörpern in einem Mäusebioassay wesentlich. Um das Ausbleiben der Denervierung zu objektivieren, kann man in den M. abductor digiti minimi oder M. extensor digitorum brevis eine definierte Testdosis injizieren und mit dem EMG nach einigen Tagen untersuchen. Bisher ist das Phänomen der Antikörperbildung fast ausschließlich bei der chronischen Behandlung von Patienten mit zervikaler Dystonie beschrieben worden. Berichte über Antikörperbildung bei Blepharospasmus, die auf einer Nachweismethode mit ELISA-Technik im Gegensatz zu einem Mausbioassay basieren (Siatkowski et al. 1993), werden insbesondere bei Blepharospasmus als Indikation angezweifelt. Im Fall des Auftretens von Antikörpern besteht die Möglichkeit, auf einen anderen Serotyp von Botulinumtoxin auszuweichen. Botulinumtoxin B hat sich ansonsten wegen seiner schlechteren erwünschten und vermehrten unerwünschten Wirkung im Vergleich zu den drei verfügbaren Botulinumtoxin A nicht weit verbreiten können.
Therapie des Blepharospasmus
Eine der dankbarsten Indikationen für Botulinumtoxin stellt sicherlich der Blepharospasmus dar, da es hier bei schwerem Verlauf zur funktionellen Blindheit bei intaktem Sehorgan kommen kann. 90 % der Patienten profitieren von der Therapie, ein großer Teil mit vorübergehender Symptomfreiheit.
Klinisch fassbare systemische Nebenwirkungen von Botulinumtoxin-Injektionen im periorbitalen und orbitalen Bereich wurden bisher nicht beobachtet. Lokale Nebenwirkungen nach periorbitalen Injektionen sind im Allgemeinen tolerabel und passager und werden von den Patienten oft gar nicht als solche erlebt. Ptosis, Hämatome, vermehrter Tränenfluss, unvollständiger Lidschluss mit der Gefahr einer Keratitis und weitere eher seltene Nebenwirkungen wie Diplopie, Ektropium, Entropium und Lagophthalmus sind vorübergehender Natur. Patienten sollten auf jeden Fall über das Risiko einer vorübergehenden Ptosis aufgeklärt werden, da sie häufig vorkommt (etwa 10 %) und es in seltenen Fällen zu einer vorübergehenden bilateralen funktionell kompletten Ptosis kommen kann (Tab. 4).
Tab. 4
Vorübergehende Nebenwirkungen (<6 Wochen) von Botulinumtoxin im Bereich des M. orbicularis oculi. (Nach Ceballos-Baumann et al. 1990a)
Nebenwirkungen
Häufigkeit (%)
Periorbitale Flüssigkeitsansammlung (von den meisten Patienten nicht bemerkt)
53
Unvollständiger Lidschluss (von den meisten Patienten nicht bemerkt)
36
Tränenfluss
12
Ptosis
13
 
• Unilateral (von den meisten Patienten nicht bemerkt)
8
• Bilateral
3
• Bilateral, funktionell komplett (6 Wochen bis komplette Rückbildung)
2
Spannungsgefühl in unterer Gesichtshälfte
11
Trockenes Auge
9
Mundastschwäche des VII. Hirnnervs
5
Diplopie
2
Therapie der zervikalen Dystonie (Torticollis spasmodicus)
Die Botulinumtoxin-Behandlung der zervikalen Dystonie führt bei 60–80 % der Patienten zu einer Besserung der Kopfkontrolle und -haltung und ist in der Zwischenzeit evidenzbasiert (Ceballos-Baumann 2001). Regelhaft wird damit die Besserung von zervikalen Schmerzen angegeben.
Cave
Bei etwa 9 % der Patienten kann es jedoch zu einer Verstärkung der Schmerzsymptomatik nach den Injektionen kommen, vermutlich wegen denervierungsbedingter Veränderungen in der Mechanik der Wirbelsäule.
Die Wirkung auf die Kopfhaltung ist bei vielen Patienten nicht so eindeutig und dramatisch wie die bei der Behandlung im Bereich des M. orbicularis oculi. Wie beim Blepharospasmus wird aber in der Mehrheit der Fälle eine Wiederholungsinjektion gewünscht. Als wesentliche vorübergehende unerwünschte Wirkungen sind Schwäche der behandelten Muskeln mit erschwerter Kopfhaltung (etwa 10 %) und Schluckstörungen (etwa 10 %) sowie Heiserkeit und ein grippeähnliches Syndrom zu nennen (Tab. 5). Hilfreich erscheinen die EMG-Ableitungen während der Injektion mit teflonbeschichteten Injektionsnadeln, die gleichzeitig als EMG-Nadel dienen, insbesondere bei Injektionen in die tiefe Nackenmuskulatur, bei komplexen Aktivierungsmustern und adipösen Patienten. Injektionen können dann gezielt am Ort der stärksten EMG-Aktivität erfolgen. Zudem lassen sich Toxininjektionen außerhalb von Muskelgewebe oder in nicht beteiligte Muskeln vermeiden, sodass einerseits die Gefahr unerwünschter Wirkungen verringert und andererseits die Chance für einen günstigen Therapieeffekt vergrößert wird.
Tab. 5
Vorübergehende Nebenwirkungen von Botulinumtoxin in % und ihre Dauer bei zervikaler Dystonie. (Nach Ceballos-Baumann et al. 1990b)
Nebenwirkungen
Häufigkeit (%)
Dauer
Lokale Schwäche
31,8
2,8 (3–8) Wochen
Müdigkeit, Abgeschlagenheit
15,2
4,2 (1–14) Tage
Lokale Schmerzen
9,1
<2 Wochen
Mundtrockenheit
6,1
2,7 (2–3) Wochen
Dysphagie
6,1
2,5 (2–6) Wochen
Erhöhte Temperatur
3,5
3–4 Tage
Wichtig ist es, bei der zervikalen Dystonie zwischen primären und sekundären Therapieversagern zu unterscheiden. Zunächst muss man davon ausgehen, dass etwa 20 % der behandelten zervikalen Dystoniker nach ihrer initialen Behandlung unzufrieden mit der Therapie sind (primäre Therapieversager) und dass bei Wiederholungsbehandlungen der Erfolg unterschiedlich ausfallen kann. Als Ursache für sekundäres Therapieversagen (kein therapeutischer Effekt bei Patienten, die zuvor von einigen Injektionsbehandlungen profitiert haben) kommen die Antikörperbildung gegen das Toxin und Veränderungen im Aktivierungsmuster in Frage. Sekundäre Therapieversager nach Antikörperbildung zeigen keine Muskelatrophie nach Injektionen, die besonders leicht am M. sternocleidomastoideus zu beobachten ist (Abb. 4) (Kessler und Benecke 1997). Unter therapiebedingter Veränderung im Aktivierungsmuster von einzelnen Muskeln versteht man, dass die Dystonie auf vorher nicht betroffene Muskeln übergreift, die u. U. in der Tiefe liegen und mit den Injektionen kaum mehr erreicht werden können.
Pharmakotherapie
Eine medikamentöse Therapie ist indiziert bei generalisierten und multifokalen Dystonien mit Beginn im Kindes- und Jugendalter sowie bei fokalen und segmentalen Dystonien, die mit Botulinumtoxin-Therapie nicht befriedigend zu behandeln sind.
Bei Erwägung einer medikamentösen Therapie muss man grundsätzlich zwischen fokalen oder segmentalen Dystonien mit Beginn im Erwachsenenalter und einer generalisierten Dystonie mit Beginn im Kindesalter unterscheiden.
Beispielsweise vertragen jüngere Patienten aus noch nicht geklärten Gründen hohe Dosen von Anticholinergika, während bei Erwachsenen unerwünschte Wirkungen schnell therapielimitierend wirken.
Patienten mit Schreibkrampf oder anderen Beschäftigungskrämpfen entwickeln ihren Leidensdruck meist aufgrund der Behinderung in ihrem Beruf. Kognitive Leistungseinbußen, die in der Regel mit einer medikamentösen Therapie einhergehen würden, stehen in diesem Fall in keinem Verhältnis zu dem geringen therapeutischen Nutzen. Bei Patienten mit generalisierter Dystonie, insbesondere bei Jugendlichen und Kindern, kann es sein, dass die Dystonie zu fixierten Haltungen mit sekundären Kontrakturen führt. Hier ist eher eine aggressivere Pharmakotherapie gerechtfertigt.
L-Dopa
Bei Dystonien mit Beginn vor dem 20. Lebensjahr wird zunächst eines der modernen L-Dopa-Kombinationspräparate versucht. Damit wird die L-Dopa-sensitive Dystonie (Segawa-Syndrom) ausgeschlossen oder bestätigt. Außerdem profitieren von L-Dopa einige Patienten mit sekundärer Dystonie.
Therapieempfehlungen
  • Die Dosierung erfolgt einschleichend, um bei Verträglichkeit eine Tagesdosis von 3-mal 200 mg L-Dopa zu erreichen (bei initialer Unverträglichkeit zusätzlich Domperidon 3-mal 20 mg/Tag).
  • Wenn nach 8 Wochen keine Besserung erzielt worden oder eine Verschlechterung eingetreten ist, bricht man den Therapieversuch ab.
  • Typischerweise reichen bei der klassischen L-Dopa-sensitiven Dystonie gleich zu Beginn kleine Dosen (<2-mal 100 mg L-Dopa) aus, um die Symptomatik fast vollständig zu kupieren.
Bei Frauen, die schwanger werden wollen, ist ein Präparat mit Carbidopa als Decarboxylasehemmer im L-Dopa-Präparat vorzuziehen (Benserazid in Madopar ist wegen Störung im Knochenaufbau kontraindiziert). Bei Beginn einer fokalen Dystonie im Erwachsenenalter lohnt sich ein Therapieversuch mit L-Dopa kaum; es sei denn, es handelt sich um eine sekundäre Dystonie, etwa bei einem Parkinson-Syndrom.
Anticholinergika
Trihexyphenydil (Artane) ist das Anticholinergikum, bei dem die meiste Erfahrung in der Therapie der Dystonie besteht. Die Dosierung des Trihexyphenydil erfolgt einschleichend (1–2 mg pro Woche steigern).
Es kann zu Erhöhung der Transaminasen und Verlängerung der PT (Quick) unter hoch dosierten Anticholinergika kommen, weshalb eine regelmäßige Bestimmung der Leberwerte sinnvoll ist.
Hochdosierte Anticholinergika sind besonders bei jugendlichen Patienten mit generalisierter idiopathischer Dystonie zu erwägen. Etwa die Hälfte der jugendlichen Dystoniker profitiert, oft erst nach längerer Einnahme, von einer hochdosierten anticholinergen Therapie. Hingegen erzielt man im Langzeitverlauf nur bei etwa 10 % (initial bei einem Fünftel der Blepharospasmuspatienten) erwachsener Dystoniker mit Anticholinergika eine Besserung. Bei der Aufdosierung mit Trihexyphenydil kann es initial durch Auflösen der dystonen Haltungen zu einer vermeintlichen Verschlechterung kommen, weil myokloniforme Aktivierungsmuster demaskiert werden. In diesem Fall sollte man eine Kombinationstherapie mit Clonazepam erwägen.
Nebenwirkungen: Probleme bereiten bei Anticholinergika periphere (Verschwommensehen, trockener Mund, Obstipation, Harnverhalt etc.) und zentralnervöse (z. B. kognitive Leistungseinbußen, Vergesslichkeit, Psychosyndrom, Chorea) Nebenwirkungen. Die medikamentös induzierte Chorea kann bei älteren Patienten schon bei geringen Dosen von 12 mg/Tag auftreten und ist von dem dystonen Syndrom zu differenzieren. Limitieren lediglich periphere Nebenwirkungen den therapeutischen Nutzen der Anticholinergika, kann man periphere Cholinesterasehemmer wie Pyridostigmin (Mestinon) oder ein Miotikum als Augentropfen bei Verschwommensehen einsetzen. Zentralnervöse unerwünschte Effekte können nur mit einer Dosisreduktion angegangen werden. Ein plötzliches Absetzen von hochdosierten Anticholinergika kann zu einer Verschlechterung der Dystonie und zu einem gravierenden Psychosyndrom führen. Kombinationen von Anticholinergika mit Baclofen können bei jugendlichen Dystonikern hilfreich sein, um die Anticholinergikadosis zu reduzieren.
Weitere Medikamente und Kombinationstherapie
Falls Anticholinergika keinen Erfolg zeigen, können weitere Medikamente einzeln oder in Kombination eingesetzt werden. Baclofen in hoher Dosierung (40–120 mg/Tag) hilft in Einzelfällen. Antiepileptika wurden vorgeschlagen, sind aber praktisch nur bei den seltenen paroxysmalen kinesiogenen Dystonien effektiv. Hier kann auch Acetazolamid versucht werden, das bei periodischen Ataxien und bei symptomatischen paroxysmalen Dystonien wirksam ist. Benzodiazepine sind bei bestimmten Patienten trotz der Gewöhnungsproblematik zu vertreten. Für Patienten mit myokloniformen Aktivierungsmustern stellt Clonazepam eine Alternative dar. Neuroleptika sind kontraindiziert, da hier das Risiko besteht, neben der Dystonie iatrogen ein zusätzliches tardives Dyskinesiesyndrom zu induzieren. Tetrabenazin oder Reserpin sind Dopaminspeicherentleerer, die vermutlich nicht das Risiko bergen, tardive Dyskinesien zu verursachen. Allerdings werden sie häufig wegen ihrer Nebenwirkungen nicht vertragen. Tetrabenazin kann eine akute Akathisie und akute Dystonien auslösen, weshalb es günstig ist, die initiale Einstellung (jeden Tag um 25 mg steigern, bis maximal 300 mg) unter Beobachtung durchzuführen. Parkinsonismus, Depression, Übelkeit sind weitere unerwünschte Wirkungen, die u. U. in Kauf genommen werden müssen.
Bei sehr schweren Dystonien (CK-Erhöhung, Bildung von Kontrakturen) kann eine Dreierkombination erforderlich werden: Tetrabenazin (3-mal 25 mg), Pimozid (langsam einschleichend 6–25 mg) und Trihexyphenydil bis zur Verträglichkeitsgrenze.
Unter der Langzeittherapie mit Pimozid sind EKG-Kontrollen erforderlich, da hier QT-Verlängerungen und Herzrhythmusstörungen auftreten können.
Invasive Verfahren
Stereotaktive Verfahren
In der ersten prospektiven multizentrischen Studie zur bilateralen tiefen Hirnstimulation im Globus pallidus bei 22 Patienten mit generalisierter idiopathischer (primärer) Dystonie zeigte sich eine Besserung um etwa 50 % sowohl im Teil zur Erfassung des motorischen Schweregrades (vor OP 46, nach OP 21) als auch in der Behinderungsskala (vor OP 12 nach OP 7) der Burke-Fahn-Marsden-Dystonie-Skala nach 12 Monaten. Es kam weder zu einer Verschlechterung in kognitiven oder affektiven Funktionen noch zu operationsbedingten irreversiblen unerwünschten Wirkungen (Vidailhet et al. 2005).
Intrathekales Baclofen
Bei Patienten mit schwerer Bein- und/oder axialer Dystonie in Kombination mit Spastik, kann der Einsatz von intrathekalem Baclofen per Pumpe erwogen werden (Ford et al. 1996).
Denervierungsoperationen
Bei Botulinumtoxin-refraktärer zervikaler Dystonie ist bei ausgesuchten Patienten eine selektive Denervierung nach Bertrand zu diskutieren. Nur wenige Neurochirurgen haben sich auf diese langwierige Operation spezialisiert. Die selektive Fazialisneurektomie bei Patienten mit Blepharospasmus stellt eine weitere Denervierungsoperation dar.
Physio-/Ergotherapie
Im Gegensatz zu dem Stellenwert bei der Parkinson-Therapie, vermisst man wissenschaftlich evaluierte neurophysiologisch fundierte Therapiekonzepte bei der Behandlung der zervikalen Dystonie, obwohl viele Patienten solche in Anspruch nehmen. Halskrawatten und orthopädische Schienen führen häufig zu einer Verschlechterung der Dystonie.
Cave
Eine Fixierung der Dystonie ist kontraindiziert.
Hingegen ist die Situation anders bei der Behandlung des Schreibkrampfes. Hier wird eine ergophysiotherapeutische Schreibschulung als Mittel der ersten Wahl angesehen. Patienten mit Schreibkrampf können zunächst versuchen, durch die Wahl eines anderen, erheblich gröberen und dickeren Schreibgerätes, die Spasmen zu verhindern.

Facharztfragen

1.
Inwiefern hat die Klassifikation der Dystonien einen Einfluss auf das Ausmaß der diagnostischen Bemühungen?
 
2.
Was ist die Rolle der Botulinumtoxin-Therapie?
 
3.
Was gilt es bei der Botulinumtoxin-Therapie im Hinblick auf die verschiedenen Markenpräparate unter Sicherheitsaspekten zu beachten?
 
Literatur
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