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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 09.08.2017

Intrazerebrale Blutung

Verfasst von: Hans-Christian Koennecke
Intrazerebrale Blutungen (ICB) sind parenchymatöse Hämorrhagien des Gehirns (Großhirn, Kleinhirn, Hirnstamm) aufgrund einer Störung der vaskulären Integrität intrazerebraler Gefäße. Sie sind zu differenzieren von anderen Formen der zerebralen Gewebeblutung, wie hämorrhagischen Hirninfarkten, venösen Stauungsblutungen bei zerebralen Sinus- und Venenthrombosen, traumatischen Kontusionsblutungen, primär intraventrikulären Blutungen oder subarachnoidalen Blutungen infolge einer Aneurysmaruptur. Prinzipiell unterscheidet man anhand der Ursachen primäre von sekundären bzw. symptomatischen ICB. Ebenso wie bei den zerebralen Ischämien handelt es sich bei den ICB um eine sehr heterogene Entität, die eine differenzierte Diagnostik sowie entsprechende therapeutische Strategien erfordert.
Intrazerebrale Blutungen (ICB) sind parenchymatöse Hämorrhagien des Gehirns (Großhirn, Kleinhirn, Hirnstamm) aufgrund einer Störung der vaskulären Integrität intrazerebraler Gefäße. Sie sind zu differenzieren von anderen Formen der zerebralen Gewebeblutung, wie hämorrhagischen Hirninfarkten, venösen Stauungsblutungen bei zerebralen Sinus- und Venenthrombosen, traumatischen Kontusionsblutungen, primär intraventrikulären Blutungen oder subarachnoidalen Blutungen infolge einer Aneurysmaruptur. Prinzipiell unterscheidet man anhand der Ursachen primäre von sekundären bzw. symptomatischen ICB. Ebenso wie bei den zerebralen Ischämien handelt es sich bei den ICB um eine sehr heterogene Entität, die eine differenzierte Diagnostik sowie entsprechende therapeutische Strategien erfordert.
Epidemiologie
Etwa 10–15 % aller Schlaganfälle sind ICB (Qureshi et al. 2001), wobei die Inzidenz mit höherem Lebensalter ansteigt (Kase et al. 2004). Ausgehend von einer jährlichen Inzidenz von 15/100.000 Einwohner ereignen sich in Deutschland pro Jahr ca. 12.500 spontane ICB. Nach populationsbasierten Langzeitbeobachtungen hat sich die Gesamtinzidenz zerebraler Hämorrhagien seit Anfang der 1980er-Jahre nicht geändert. Zwar hat in dieser Zeit der Anteil von mit Hypertonie assoziierten ICB offenbar abgenommen, gleichzeitig aber stieg der Anteil von ICB infolge antithrombotischer Therapien (Lovelock et al. 2007). Interessanterweise variiert die Inzidenz von ICB erheblich zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen. So sind ICB beispielsweise in China mit fast 30 % aller Schlaganfälle doppelt so häufig wie in westlichen Gesellschaften (Zhang et al. 2003). Auch unter Afroamerikanern ist die Inzidenz von ICB im Vergleich zu Weißen höher (Qureshi et al. 1995). Die Ursache hierfür ist nicht bekannt, vermutlich spielen dabei genetische Determinanten, unterschiedliche Risikoprofile, Ernährung, Lebensstil und andere Ursachen eine Rolle. Wahrscheinlich differiert die Inzidenz von ICB zwischen den Geschlechtern nicht wesentlich. Die Häufigkeit bestimmter Ursachen einer ICB variiert mit dem Alter. Bei Patienten im jüngeren Erwachsenenalter (bis ca. 40 Jahre) ist häufiger mit einer arteriovenösen Malformation (AVM), einer Sinus- bzw. Venenthrombose oder der Folge des Gebrauchs stimulierender Drogen zu rechnen, während im mittleren Alter (40–60 Jahre) Ursachen wie Hypertonie, AVM, Tumoren und Aneurysmen als Ursache dominieren. Jenseits der 6. Dekade sind Hypertonie, zerebrale Amyloidangiopathie (CAA), Antithrombotika und Tumoren von größerer ätiologischer Bedeutung. Angesichts der prognostizierten demografischen Entwicklung und des zunehmenden Einsatzes von Antithrombotika ist innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte mit einer Zunahme der ICB-Inzidenz um bis zu 30 % zu rechnen.
Klassifikation
Bei der Klassifikation von ICB sind sowohl ursächliche als auch lokalisatorische Aspekte zu berücksichtigen. Prinzipiell werden die primären (ca. 80 %) von den weniger häufigen, sekundären (= symptomatischen, ca. 20 %) ICB unterschieden. Primäre Hirnblutungen umfassen die hypertensiven, typischerweise im Bereich der Stammganglien (Nucleus lentiformis, Striatum, Thalamus) lokalisierten ICB (Abb. 1) sowie die mit einer CAA assoziierten, lobären Blutungen. Die Ursachen sekundärer oder symptomatischer ICB sind sehr vielfältig; eine Auflistung der häufigsten Ätiologien zeigt Tab. 1. Besonders ventrikelnahe, parenchymatöse Blutungen sind oft mit einem Einbruch in das Ventrikelsystem assoziiert (Abb. 2). Davon zu unterscheiden sind primäre intraventrikuläre Blutungen, die wiederum, ebenso wie die subarachnoidale Blutung, gelegentlich parenchymatöse Blutungsanteile aufweisen können (Darby et al. 1988).
Tab. 1
Ursachen, Diagnostik und Charakteristika primärer und sekundärer intrazerebraler Blutungen
Ursachen
Diagnostik zur ätiologischen Klärung
Charakteristika
Hypertonie
Anamnese
CCT/MRT
Ruptur hypertensiv alterierter Arteriolen; typische Lokalisation (Stammganglien, Hirnstamm, Kleinhirn); assoziiert mit Lakunen/Leukoaraiose; effektive Sekundärprävention durch antihypertensive Therapie
Zerebrale Amyloidangiopathie
Anamnese
Blutsensitive MRT-Sequenzen
Ablagerung von β-Amyloid in Gefäßwänden; rezidivierende lobäre Blutungen aus kleinen Arterien und Arteriolen; Patient meist >70 Jahre; keine kausale Therapie bekannt
Koagulopathie
Anamnese
Gerinnungslabor
CCT
Vor allem assoziiert mit Antikoagulation oder Fibrinolyse; rasche Korrektur der Gerinnungsstörung kann prognostisch entscheidend sein
Hämorrhagischer Hirninfarkt
Anamnese/Verlauf
MRT mit DWI
Ruptur/Extravasat bei ischämischer Gefäßwandschädigung; vor allem nach Reperfusion; hält sich meist an arterielle Territorien
Zerebraler Tumor
Anamnese
MRT > CCT
Ruptur/Extravasat pathologischer Gefäße bei tumorbedingter Neoangiogenese/Nekrose; Glioblastom; Metastasen (Melanom, Nierenzellkarzinom)
Hirnkontusion
Anamnese
CCT/MRT
ICB durch Abscherung von Gefäßen bei äußerer Gewalteinwirkung; oft im Verlauf progredient und konfluierend; typische Lokalisation (frontobasal, temporopolar)
Anamnese
Blutsensitive MRT-Sequenzen
Ruptur kapillarähnlicher, pathologischer Gefäße; Neigung zu Rezidiven; operative Entfernung nur selten indiziert
Sinus- und/oder Venenthrombose
CT- oder MR-Venografie
Blutsensitive MRT-Sequenzen
Venöser Infarkt mit meist lobärer Stauungsblutung; oft ungewöhnliche oder beidseitige Lokalisation; sofortige Antikoagulation auch bei Blutung indiziert
Aneurysma
CTA/MRA
DSA
Meist (nicht immer) mit SAB assoziiert; typische Lokalisation perisylvisch und medial frontobasal; Intervention oder OP dringlich
CTA/MRA
DSA
Ruptur abnormaler Gefäße im Nidus oder in assoziierten Aneurysmen; meist jüngere Patienten; Neigung zu Rezidiven; ggf. Embolisation/OP/Radiatio
Durale arteriovenöse Fistel
Anamnese
DSA
Venöse Stauungsblutung durch shunt-bedingte Druckerhöhung im venösen System; endovaskuläre Therapie
Anamnese
Liquor- und Blutserologie
ggf. Biopsie
Ruptur kleiner Arterien/Arteriolen bei inflammatorisch alterierter Gefäßwand; Immunsuppression meist effektiv
Anamnese
Oft wie hypertensive ICB; seltener Blutung infolge drogeninduzierter Vaskulitis; jüngere Patienten
CCT kraniale Computertomografie; MRT Magnetresonanztomografie; DWI diffusionsgewichtete MRT; CTA/MRA CT-/MR-Angiografie; DSA digitale Subtraktionsangiografie; SAB Subarachnoidalblutung
Der Begriff „atypische ICB“ sollte zumindest im Zusammenhang mit lobären Blutungen bei älteren Patienten verlassen werden, da diese meist Folge einer CAA und damit bei Älteren vielmehr sehr „typisch“ sind.
Venöse Entwicklungsanomalien („developmental venous anomaly“, DVA, venöses Angiom) sind die häufigsten Gefäßanomalien des Gehirns (Prävalenz bis 2,5 %), die aufgrund des zunehmenden Einsatzes der MRT meist zufällig entdeckt werden (Oyelese et al. 2004) (Kap. „Intrazerebrale vaskuläre Malformationen“). DVA sind nahezu immer asymptomatisch, stellen also auch keine relevante Ursache sekundärer ICB dar und bedürfen keiner Behandlung. Ihr Nachweis im Zusammenhang mit einer ICB sollte allerdings Anlass zur Durchführung blutsensitiver MRT-Sequenzen (s. unten) geben, da sie häufig (30 %) mit Kavernomen assoziiert sind (Mohr et al. 2004).
Eine zunehmende Rolle in der Pathogenese sekundärer ICB spielen gerinnungshemmende Substanzen (Antithrombotika). Mehr als 10 % aller ICB werden auf eine antithrombotische Therapie zurückgeführt (Kase et al. 2004), wobei die orale Antikoagulation (OAK) eine wesentliche Rolle spielt. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass auch Thrombozytenfunktionshemmer (TFH), insbesondere bei dualer Anwendung (z. B. Acetylsalicylsäure und Clopidogrel), mit einem erhöhten ICB-Risiko assoziiert sind. Zudem werden immer häufiger Patienten mit der Kombination von TFH und oralen Antikoagulanzien behandelt, wodurch sich das ICB-Risiko insbesondere bei Älteren um das Dreifache gegenüber einer Monotherapie mit OAK erhöht. Da in Zukunft die Prävalenz altersassoziierter Erkrankungen (v. a. Vorhofflimmern) mit einer Indikation zur Antikoagulation steigen wird, ist mit einer weiteren Zunahme von ICB durch Antithrombotika zu rechnen.
Risikofaktoren
Der wichtigste Risikofaktor intrazerebraler Blutungen ist die arterielle Hypertonie (Qureshi et al. 2001), deren Prävalenz bei ICB bis zu 80 % beträgt (Kase et al. 2004). Vor allem jüngere (<55 Jahre) und schlecht eingestellte Hypertoniker sind einem bis zu 7-fach höheren Risiko ausgesetzt (Zhang et al. 2003). Auch ist überzeugend belegt, dass eine effektive antihypertensive Therapie das Risiko sowohl erster als auch rekurrenter ICB deutlich verringert (Kase et al. 2004). Bei lobären Blutungen, die ebenfalls Folge einer Hypertonie sein können, sollten trotz anamnestisch ggf. bekannter Hypertonie auch andere Differenzialdiagnosen in Erwägung gezogen werden, da allein die Koinzidenz eines häufigen Risikofaktors nicht immer auch Kausalität bedeutet. Weitere Risikofaktoren sind exzessiver Alkoholgebrauch und Rauchen (Qureshi et al. 2001). Auch niedrige Gesamtcholesterinwerte (<4,1 mmol/l) prädisponieren zu ICB (Segal et al. 1999), v. a. bei Patienten mit koinzidenter Hypertonie oder Alkoholabusus (Ebrahim et al. 2006). Darüber hinaus sind erniedrigte Low-density-Lipoprotein(LDL)- sowie höhere High-density-Lipoprotein(HDL)-Spiegel mit einem höheren Risiko für ICB assoziiert (Wang et al. 2013), sodass sich die Frage stellt, ob die deshalb eingesetzten Statine das Risiko einer ICB erhöhen können. Eindeutig dagegen sprechen jedoch die Ergebnisse einer umfassenden Metaanalyse randomisierter Statinstudien mit mehr als 90.000 vaskulären Risikopatienten, da sich die Inzidenz hämorrhagischer Schlaganfälle nicht zwischen den Behandlungsgruppen unterschied (McKinney und Kostis 2012). Allerdings wurde im Rahmen einer kontrollierten Studie an Patienten nach transitorischer ischämischer Attacke (TIA) oder Hirninfarkt in der mit einem hoch dosierten Statin behandelten Gruppe ein höherer Anteil hämorrhagischer Insulte beobachtet, was jedoch aufgrund des positiven Effektes auf rekurrente Hirninfarkte keinen negativen Effekt auf das Gesamtergebnis hatte (SPARCL Investigators 2006). Die Einnahme eines Statins zum Zeitpunkt einer ICB scheint sich zudem nicht negativ auf das Outcome auszuwirken, und selbst die fortgesetzte Statinbehandlung nach einer ICB erhöht das Rezidivrisiko meist nicht (FitzMaurice et al. 2008). Aufgrund der protektiven Wirkung einer Statinbehandlung auf koronare und zerebral ischämische Ereignisse besteht somit kein Grund, Risikopatienten diese Therapie vorzuenthalten, solange eine koinzidente Hypertonie oder Alkoholmissbrauch behandelt bzw. eingestellt werden.
Zweithäufigste Ursache einer primären ICB ist die zerebrale Amyloidangiopathie (CAA), auf die mindestens ein Drittel aller ICB bei Älteren (≥60 Jahre) zurückzuführen ist. Dabei handelt es sich um eine bisher unbehandelbare, teils genetisch determinierte Erkrankung, die zu lobären Blutungen mit hoher Rezidivneigung führt (Abb. 2) (Greenberg 2004). Da bei den über 75-Jährigen die Prävalenz einer mittel- bis schwergradigen CAA mehr als 10 % beträgt, ist künftig mit einer höheren Inzidenz CAA-assoziierter Blutungen zu rechnen. Bei den selteneren familiären Formen der CAA kann es bereits im 3. oder 4. Lebensjahrzehnt zu Hirnblutungen kommen. An eine entzündliche Variante der CAA ist zu denken, wenn progrediente kognitive Defizite sich mit Kopfschmerzen, epileptischen Anfällen und multifokalen Symptomen kombinieren. Die Diagnose wird durch eine Hirnbiopsie gesichert. Histopathologisch werden die „CAA-related inflammation“ (CAA-ri) mit perivaskulären entzündlichen Infiltraten und die „Amyloid-β-related Angiitis“ (ABRA) mit histologischem Nachweis einer transmuralen Vaskulitis unterschieden (Berlit et al. 2015).
ICB infolge einer CAA sind zu mehr als 80 % im Frontal-, Parietal- und Temporallappen lokalisiert. Pathoanatomisch wird die CAA durch eine Ablagerung von β-Amyloid in den Wänden kortikaler und leptomeningealer Gefäße (Kapillaren, Arteriolen und mittlere bis kleine Arterien) mit Degeneration der Gefäßwand, Bildung von Mikroaneurysmen und fibrinoider Nekrose charakterisiert, wobei die Blutungen sehr wahrscheinlich Folge der daraus resultierenden „Brüchigkeit“ der Gefäßwand sind. Da die Erkrankung bisher nur histopathologisch verifiziert werden kann, lässt sich die Diagnose klinisch nicht eindeutig stellen. Hilfreich sind die von einer Bostoner Arbeitsgruppe entwickelten Kriterien, welche eine diagnostische Annäherung erlauben und später durch MR-morphologische Kriterien ergänzt wurden, wobei insbesondere der Nachweis kortikaler, subpialer Einblutungen (sog. superfizielle Siderose) mittels blutsensitiver MRT-Sequenzen bedeutsamer Indikator einer CAA ist (Tab. 2) (Greenberg 2004; Linn et al. 2010; Abb. 3).
Tab. 2
Boston-Kriterien für Hirnblutungen bei zerebraler Amyloidangiopathie (CAA). (Mod. nach Linn et al. 2010)
Sichere CAA
Durch Autopsie gesicherte histopathologische Veränderungen im Sinne einer schweren Vaskulopathie bei CAA mit lobärer ICB und Fehlen anderer möglicher Ursachena
Wahrscheinliche CAA mit histopathologischer Evidenz
Klinische und histopathologische Befunde (z. B. aus kortikaler Biopsie oder Hämatom-OP) entsprechend einer CAA bei lobärer ICB ohne andere mögliche Ursachen
Wahrscheinliche CAA
Multiple lobäre oder subkortikale Blutungen (inkl. Kleinhirn) oder singuläre lobäre/subkortikale ICB mit fokaler oder disseminierter superfizieller Siderose
Patienten ≥55 Jahre ohne andere mögliche Ursachen einer lobären ICB
Mögliche CAA
Einzelne klinisch und CT- oder MR-morphologisch nachgewiesene, lobäre/subkortikale ICB oder fokale/disseminierte superfizielle Siderose bei ≥55 Jahre alten Patienten ohne andere mögliche Ursachen
aINR >3 (außer bei „Mögliche CAA“), andere Koagulopathie, Trauma, Hirninfarkt, Tumor, vaskuläre Malformation, Vaskulitis
Prinzipiell muss bei allen Patienten ab 55 Jahren mit lobärer ICB, für die sich keine andere Ursache findet, an eine CAA gedacht werden, insbesondere wenn sich anamnestisch oder bildgebend Hinweise auf frühere Hirnblutungen ergeben.
Prädiktoren zerebraler Blutungen
In den letzten Jahren konnten zerebrale Mikroblutungen (CMB) als potenzielle Indikatoren einer künftigen ICB identifiziert werden (Koennecke 2006; Greenberg et al. 2009). Dabei handelt es sich um asymptomatische, wenige Millimeter große Ablagerungen von Hämosiderin, die in blutsensitiven MRT-Sequenzen zu einem umschriebenen Signalabfall führen, sodass sie als punktförmige, hypointense Läsionen imponieren (Abb. 4). CMB kommen auch bei gesunden älteren Menschen mit einer Prävalenz von bis zu 7 % vor; in populationsbasierten Studien wurden CMB bei durchschnittlich 70-Jährigen sogar in mehr als 20 % nachgewiesen (Greenberg et al. 2009). Bei Patienten mit primärer ICB finden sich CMB in 50–80 % der Fälle. Ähnliche Prävalenzraten sind von Patienten mit mikroangiopathischen Hirninfarkten bzw. Läsionen bekannt, worin die Assoziation von vor allem in den Stammganglien lokalisierten CMB mit arterieller Hypertonie ihren Ausdruck findet. CMB mit überwiegend kortikaler/lobärer Lokalisation werden auch bei CAA (Abb. 4, bis zu 40 %) und Morbus Alzheimer (27 %) nachgewiesen (Koennecke 2006). Trotz der noch nicht eindeutig geklärten prädiktiven Bedeutung von CMB für Hirnblutungen ist es sehr wahrscheinlich, dass CMB Indikatoren einer erhöhten zerebralen Blutungsneigung sind. Allerdings erlaubt der gegenwärtige Kenntnisstand noch nicht, Diagnosen oder therapeutische Strategien (z. B. Antikoagulation oder thrombolytische Behandlung) vom Nachweis zerebraler Mikroblutungen abhängig zu machen.
Pathologie und Pathophysiologie
Häufigste Lokalisationen spontaner zerebraler Blutungen sind die telenzephalen Stammganglien (insgesamt 35–50 %; allein Putamen ca. 35 %), gefolgt vom subkortikalen Marklager der Großhirnlappen (ca. 30 %), Thalamus (10–15 %) und Kleinhirn (7–10 %), während pontine und andere Hirnstammblutungen seltener (<5 %) vorkommen. Anschluss an das Ventrikelsystem finden vor allem ICB im Thalamus, Nucleus caudatus und Kleinhirn, seltener auch mediale putaminale Blutungen. Die meisten ICB sind die Folge einer Ruptur kleiner penetrierender Arterien bzw. Arteriolen. Bei den von Charcot und Bouchard bereits Mitte des 19. Jahrhunderts beschriebenen Mikroaneurysmen zerebraler Arteriolen, deren Ruptur lange für die wesentliche Blutungsquelle von ICB gehalten wurde (sog. „Rhexisblutung“), handelt es sich wahrscheinlich eher um subadventitiale oder kleine extravasale Hämatome auf dem Boden einer chronischen, hypertensiven Gefäßwandschädigung (Qureshi et al. 2001). Histopathologisch wurde ein ähnlicher Befund auch bei den bereits erwähnten CMB nachgewiesen (Fazekas et al. 1999), was die Hypothese bestärkt, dass Mikroblutungen die Vorstufe einer ICB sind. Auch der CAA liegt eine zerebrale Mikroangiopathie mit Degeneration der arteriolären Gefäßwand zugrunde, was histopathologisch u. a. die Ausbildung von Mikroaneurysmen zur Folge hat, deren MRT-Korrelat wiederum die auch bei der CAA häufigen CMB sein könnten (Greenberg 2004; Koennecke 2006). Es liegt also nahe anzunehmen, dass CMB die Folge unterschiedlicher Pathomechanismen sind, welche letztlich zu einer Schädigung der arteriolären Gefäßwand mit sowohl hämorrhagischen als auch ischämischen Konsequenzen führen.
Ausgehend von der Vorstellung eines primären Blutungsherdes infolge der Ruptur einer vorgeschädigten Arteriole ist die Annahme berechtigt, dass es aufgrund der blutungsbedingten Scherkräfte auf umliegende, ebenfalls vorgeschädigte Gefäße kaskadenartig zu weiteren (sekundären) Rupturen mit konsekutiver Expansion der Blutung kommt. Dies steht im Einklang mit der Tatsache, dass – entgegen früheren Vorstellungen – ICB pathodynamisch kein monophasisches Ereignis sind. Vielmehr sind mehr als 30 % der ICB im Verlauf der ersten 3–5 Stunden um ca. ein Drittel größenprogredient (Abb. 5), was mit erhöhter Mortalität sowie einem schlechteren funktionellen Outcome assoziiert ist (Kase et al. 2004; Davis et al. 2006). Neben der mechanischen Abscherung benachbarter Arteriolen tragen vermutlich auch die Kompression venöser Gefäße mit konsekutiver Abflussstörung, ein Zusammenbrechen der Blut-Hirn-Schranke sowie vorübergehende lokale Gerinnungsstörungen zur Progredienz der Blutung bei (Mayer und Rincon 2005). Auch wenn die Vorstellung einer periläsionellen Minderperfusion mit ischämischer Penumbra mittlerweile verlassen wurde, gibt es Hinweise aus tierexperimentellen und humanen Modellen, wonach inflammatorische Prozesse, die vor allem die Folge der Gerinnungsaktivierung sind, zu sekundärer neuronaler Schädigung in der Umgebung des Hämatoms führen (Mayer und Rincon 2005). Durch die Freisetzung osmotisch aktiver Serumproteine entsteht zudem früh ein Begleitödem, welches die raumfordernde Wirkung der ICB verstärkt (Qureshi et al. 2001).
Klinik und Verlauf
Prinzipiell sind die Symptome einer ICB niemals von denen eines Hirninfarktes zu unterscheiden, sodass zur Differenzierung in jedem Fall eine zerebrale Bildgebung erfolgen muss.
Die ersten Symptome eines zerebralen Hämatoms hängen, neben der Lokalisation, insbesondere von der Größe und der Dynamik seiner Ausbreitung ab. Zwar treten ICB im Vergleich zu Hirninfarkten häufiger im Zusammenhang mit körperlicher Anstrengung auf, insgesamt ereignen sich jedoch die meisten ICB während unspektakulärer, wenig anstrengender Aktivitäten des täglichen Lebens (Caplan 1994), allerdings eher selten im Schlaf. Allgemeine Symptome umfassen Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, die insbesondere bei großen, mit erhöhtem intrakraniellem Druck einhergehenden Blutungen sowie Lokalisation in der hinteren Schädelgrube vorkommen. Während vor Einführung der CT Kopfschmerzen als typisch für ICB galten, ist mittlerweile unstrittig, dass die meisten Blutungen ohne Schmerzen einhergehen. Insbesondere bei kleineren, ausschließlich intraparenchymatösen ICB, die nicht zu einer Distension schmerzsensibler meningealer bzw. vaskulärer Strukturen oder einem Ventrikeleinbruch führen, fehlen Schmerzen meist ganz. Auch bei älteren Patienten mit größeren subarachnoidalen Reserveräumen sind Kopfschmerzen seltener (Caplan 1994).
Vor allem größere ICB gehen infolge des plötzlich erhöhten intrakraniellen Drucks, Kompression bzw. Distorsion thalamischer Strukturen oder Affektion des aktivierenden retikulären Systems bereits initial mit einer Bewusstseinsstörung einher. Zudem können im Verlauf vieler ICB vegetative Symptome wie Herzrhythmusstörungen, Hyperventilation und (v. a. nach Ventrikeleinbruch) zentrales Fieber beobachtet werden (Mayer und Rincon 2005). Meningeale Reizphänomene deuten darauf hin, dass die Blutung Anschluss an das Ventrikelsystem oder den Subarachnoidalraum hat. Zu beachten ist, dass auch Patienten ohne bekannte Hypertonie in der Akutphase sehr oft erhöhte Blutdruckwerte haben.
In Analogie zu Hirninfarkten entwickeln sich die fokalen Symptome von ICB entsprechend der Blutungslokalisation, erreichen jedoch ihr Maximum meist binnen weniger Minuten. Da sich die Ausdehnung von ICB nicht an Gefäßterritorien orientiert, erlaubt die Symptomkonstellation oft keine lokalisatorische Zuordnung. Häufigste Zeichen supratentorieller Blutungen sind sensomotorische Hemiparese, konjugierte kontralaterale Blickparese, Aphasie, homonyme Hemianopsie und andere neuropsychologische Defizite. Vor allem bei lobären ICB mit Beteiligung des Kortex sind, anders als bei zerebralen Ischämien, epileptische Anfälle häufig und werden bei bis zu einem Drittel der Patienten beobachtet. Eine plötzliche Bewusstseinstrübung mit pathologischer Pupillo- und Okulomotorik, ausgefallenen Cornealreflexen, Dysarthrie und Tetraparese, teils mit Beuge- und Strecksynergien, deuten auf eine primäre Hirnstammblutung bzw. eine Kompression des Hirnstamms bei infratentoriellen Blutungen hin, sind differenzialdiagnostisch aber niemals von einer Thrombose der A. basilaris sicher abzugrenzen. Bei zerebellären Hämorraghien imponieren eine ipsilaterale Ataxie mit Fallneigung, Augenbewegungsstörungen mit sakkadierter Blickfolge, Blickrichtungsnystagmus sowie Übelkeit/Erbrechen.
Progredienz der klinischen Defizite innerhalb der ersten Stunden ist meist Folge einer Hämatomprogression, während eine Zunahme des perifokalen Hirnödems eher die Ursache einer subakuten Verschlechterung des klinischen Befundes ein bis zwei Tage nach Störungsbeginn ist (Mayer und Rincon 2005). Bei etwa 25 % der initial wachen Patienten ist innerhalb der ersten 24 Stunden eine Vigilanzminderung festzustellen (Qureshi et al. 1995), was mit einer schlechteren Prognose assoziiert ist.
Fallbeispiel
Ein 67-jähriger Patient bemerkt plötzlich unwillkürliche Zuckungen der linken Hand, die nach 10 Minuten spontan sistieren, jedoch eine leichte, armbetonte Hemiparese links hinterlassen und bei Aufnahme als fokaler, motorischer Anfall interpretiert werden. Ursächlich findet sich eine kleine, kortikale Blutung rechts frontal lateral. Zwei Stunden nach der Aufnahme kommt es zu einer deutlichen Zunahme der jetzt auch das linke Bein betreffenden Hemiparese. Im CT-Verlauf erhebliche Zunahme der lobären Blutung (Abb. 5), deren Ursache in einer histopathologisch gesicherten CAA besteht.
Prognose
ICB haben insgesamt eine schlechtere Prognose als Hirninfarkte, bedingt vor allem durch die höhere Mortalität in der Akutphase. So liegt die Mortalitätsrate 6 Monate nach spontaner ICB zwischen 30 % und 50 %. Wesentliche Determinanten der Mortalität sind die Glasgow Coma Scale, Hämatomvolumen, Patientenalter, infratentorielle Blutungslokalisation und der Nachweis von Blut im Ventrikelsystem. Anhand dieser Merkmale lässt sich ein Punktwert errechnen, der eine prognostische Einschätzung innerhalb des ersten Monats erlaubt (Tab. 3; Hemphill et al. 2001). Nicht überraschend sind ICB bei antikoagulierten Patienten durchschnittlich größer, vor allem wenn die INR bei Aufnahme über 3,0 liegt, weshalb diese Blutungen eine entsprechend schlechtere Prognose haben (Flaherty et al. 2008). Etwa die Hälfte aller Todesfälle ereignet sich als direkte Folge der Blutung in den ersten zwei Tagen. Später wird die Letalität meist durch medizinische Komplikationen bedingt (Hemphill et al. 2001). Von den Überlebenden sind ca. zwei Drittel nach einem Jahr funktionell unabhängig (Juvela 1995). In einer retrospektiven Untersuchung von Langzeitüberlebenden war das Sterberisiko nach ICB im ersten Jahr nach der Blutung 4-fach höher als in einer gematchten Vergleichspopulation ohne ICB (Fogelholm et al. 2005). Entsprechend einer neueren Metaanalyse zur Langzeitprognose überleben weniger als 50 % der Patienten das erste Jahr, nach 5 Jahren sind mehr als zwei Drittel verstorben (Tin Chung Poon et al. 2014). Im Vergleich zu Hirninfarkten scheint sich die Langzeitüberlebensrate von ICB damit nicht wesentlich zu unterscheiden (McGuire et al. 2007).
Tab. 3
Punkteskala zur prognostischen Einschätzung zerebraler Blutungen. (Nach Hemphill et al. 2001; mod. nach Koennecke und Kauert 2007)
Merkmal
Punktwert
Glasgow Coma Scale (Punkte)
 
 
3–4
2
5–12
1
13–15
0
Volumen der Blutung (ml)
 
 
≥30
1
<30
0
Ventrikeleinbruch
 
 
Ja
1
Nein
0
Patientenalter (Jahre)
 
 
≥80
1
<80
0
Infratentorielle Blutung
 
 
Ja
1
Nein
0
Gesamtpunktzahl
Mortalität nach 30 Tagen (%)
≥5
100
4
97
3
72
2
26
1
13
0
0
Anders als bei ischämischen Schlaganfällen ist das Rezidivrisiko von ICB weniger gut untersucht. Die Studienergebnisse hierzu sind relativ heterogen und liegen zwischen Null und 24 %, wobei überwiegend jährliche Rezidivraten zwischen 1 % und 8 % berichtet werden (Tin Chung Poon et al. 2014). Gründe dafür sind vor allem unterschiedliche Rekrutierungskriterien, Beobachtungsintervalle sowie differierende Anteile eingeschlossener Patienten mit bestimmten Blutungslokalisationen. So haben Patienten mit lobären Blutungen und genetischen Merkmalen, die häufige (wenn auch nicht spezifische) Kennzeichen einer CAA sind, ein besonders hohes Rezidivrisiko mit einer kumulierten Rate von 21 % in 2 Jahren (O’Donnell et al. 2000).
Diagnostik
Anamnese und klinisch-neurologische Untersuchung
Bei den meisten Patienten treten die Symptome einer ICB abrupt auf, sodass sie als medizinischer Notfall zur Aufnahme gelangen. Die Anamneseerhebung bei den oft schwerkranken Patienten muss initial aus Zeitgründen meist auf das Wesentliche beschränkt bleiben, sollte aber in jedem Fall die Fragen nach einem stattgehabten Schädeltrauma, prädisponierenden Erkrankungen bzw. Risikofaktoren, antithrombotischer Therapie (vor allem Antikoagulation) und Drogenmissbrauch beinhalten. Die klinisch-neurologische Untersuchung kann keine Aussagen zu Ätiologie und Pathogenese machen, wozu eher die allgemeine medizinische Untersuchung beiträgt, wenn sich etwa Hinweise auf eine Lebererkrankung mit konsekutiver, hämorrhagischer Diathese finden. Einen für die ICB pathognomonischen klinischen bzw. neurologischen Befund gibt es nicht! Insbesondere eine Abgrenzung zum Hirninfarkt ist nicht möglich. Das Notfalllabor dient vor allem zum Nachweis von Gerinnungsstörungen, unterscheidet sich aber nicht von dem bei ischämischen Insulten.
Kranielle und vaskuläre Bildgebung
Bei Verdacht auf eine ICB ist die native zerebrale Computertomografie (CCT) Notfalluntersuchung der Wahl. Sie differenziert einerseits klar vom Hirninfarkt und demonstriert andererseits Größe und Lokalisation der Blutung. Die dabei erlangten Informationen erlauben fast immer wesentliche therapeutische Entscheidungen bereits in der Akutphase. Zusätzlich ergeben sich auch schon im Nativ-CCT häufig Hinweise auf eine symptomatische ICB bei Aneurysmen, arteriovenöse Malformationen oder Neoplasien. Auch prädisponierende Veränderungen, etwa eine schwere zerebrale Mikroangiopathie bei hypertensiven Blutungen, und frühe Komplikationen wie Herniation, Ventrikeleinbruch und Liquorzirkulationsstörungen werden im CCT sicher erkannt. Inzwischen ist aber unstrittig, dass bei Anwendung eines multimodalen Untersuchungsprotokolls die MRT mittels blutsensitiver und Fluid-attenuation-inversion-recovery(FLAIR)-Sequenzen eine hyperakute Blutung ebenso zuverlässig wie das CCT nachweisen kann (Kidwell et al. 2004). Vorteil der CCT gegenüber der MRT ist allerdings ihre höhere Praktikabilität, da die oft schwer betroffenen Patienten in der Akutphase nicht immer MRT-fähig sind.
Bei (unter Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils) untypischer Lokalisation der Blutung oder fehlenden Risikofaktoren, insbesondere in jüngerem Lebensalter, ist weitere Diagnostik erforderlich, um ggf. einen neurochirurgischen oder endovaskulären Interventionsbedarf zu klären. Dies gilt vor allem für symptomatische Blutungsursachen wie Aneurysma, arteriovenöse Malformation und durale AV-Fistel. Diese lassen sich bereits in der Frühphase meist mit der MR- oder CT-Angiografie (MRA, CTA) nachweisen. Eine digitale Subtraktionsangiografie (DSA) ist unter Notfallbedingungen nur noch selten notwendig. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass bei Patienten über 45–50 Jahre mit Hypertonie und Lokalisation in Stammganglien oder hinterer Schädelgrube meist keine weitere Diagnostik zum Ausschluss einer symptomatischen ICB erforderlich ist. Demgegenüber ist vor allem bei jüngeren (bis 45 Jahre), normotensiven Patienten mit ICB jeglicher Lokalisation eine symptomatische Ursache wahrscheinlich und entsprechende Diagnostik zu veranlassen, ebenso bei Patienten mit primär intraventrikulärer ICB (Broderick et al. 1999). Zeitpunkt und Technik der weiteren Evaluation hängen vom klinischen Zustand des Patienten und der Dringlichkeit einer etwaigen Intervention oder Operation ab.
Das typische Bild einer ICB im CCT ist die deutlich hyperdense Raumforderung (Abb. 1), bedingt durch die im Rahmen der Blutgerinnung erfolgende Aggregation von Erythrozyten mit Verdichtung der im Hämoglobinmolekül enthaltenen Eisenatome und konsekutiv verstärkter Abschwächung der Röntgenstrahlung, welche im CCT hyperdens kodiert wird. Bei schwerer Anämie (Hb <8–9 g/dl) kann die Blutung allerdings isodens zum Hirnparenchym sein. Auch bei Antikoagulation oder nach thrombolytischer Therapie stellen sich ICB oft weniger hyperdens und mit einem Flüssigkeitsspiegel dar (Abb. 6). Ein subakut (3–6 Wochen) durchgeführtes CCT mit Kontrastmittel (KM) weist oft eine Schrankenstörung auf, die einer tumorösen Raumforderung ähnelt und somit Anlass zu einer falschen Einordnung der Blutungsursache geben kann (Abb. 7), weshalb bei subakuten ICB vorzugsweise die MRT eingesetzt werden sollte.
Mittels der akut durchgeführten CTA lassen sich prädiktive Befunde für eine prognostisch bedeutsame Hämatomexpansion nachweisen. Dabei handelt es sich um punktförmige KM-Extravasate innerhalb der Blutung (sog. „Spot Sign“, Abb. 8), deren Nachweis mit einer Progression der ICB assoziiert ist (Wada et al. 2007; Delgado Almandoz et al. 2009).
Sieht man bei ungewöhnlicher Hämatomlokalisation im Akut-CT zusätzlich subarachnoidales Blut in den basalen Zisternen, muss an eine aneurysmatische Blutung gedacht werden. Dies gilt insbesondere für perisylvische ICB, bei denen der subarachnoidale Blutungsanteil sehr gering sein oder ganz fehlen kann, die aber dennoch den Verdacht auf ein Aneurysma der A. cerebri media lenken sollten. Hier ist die Durchführung einer CTA oder MRA in vielen Fällen ausreichend, da diese Aneurysmen ab einer Größe von 3–5 mm mit hoher Sensitivität nachweisen können (Kouskouras et al. 2004).
Die MRT ist die beste Technik zum Nachweis von Gefäßmalformationen mit langsamem Fluss (vor allem Kavernome), aber auch hämorrhagischer Tumoren und anderer Gefäßerkrankungen. Darüber hinaus gelten CTA oder MRA als die Methoden der Wahl, wenn eine zerebrale Sinus- oder Venenthrombose als Ursache einer ICB vermutet wird. Bei akuten größeren Blutungen gilt es zu beachten, dass die Hämodynamik insbesondere von kleinen AVM sich infolge des raumfordernden Effektes so verändern kann, dass der Nachweis mit keiner der genannten Techniken gelingt und die entsprechende Diagnostik zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden muss.
Die zum Nachweis von Blutungen jeglichen Alters empfindlichste bildgebende Methode sind blutsensitive MRT-Sequenzen, v. a. sog. suszeptibilitätsgewichtete Sequenzen (SWI). Damit können auch subakute ICB und chronische Hämorrhagien noch Jahre nach dem Ereignis nachgewiesen werden, da bereits geringe Inhomogenitäten des lokalen Magnetfeldes, wie sie durch kleinste Blutungen und ihre Abbauprodukte hervorgerufen werden (Abb. 4), als Signalauslöschung sichtbar werden.
Von wesentlicher Bedeutung sind blutsensitive MRT-Sequenzen bei der Detektion von kavernomassoziierten ICB (Kap. „Intrazerebrale vaskuläre Malformationen“), deren Nachweis (Abb. 9) häufig eine pathogenetische Zuordnung von ICB ermöglicht. Auch bei älteren Patienten mit lobärer Blutung kann die MRT mittels der SWI wichtige ätiologische Hinweise geben, da diese oft die Residuen älterer kortikaler und subkortikaler ICB zeigt, welche typisch sind für eine zugrunde liegende CAA (Abb. 3).
Therapie
Allgemeine Maßnahmen
Obwohl sich die Pathophysiologie zerebraler Hämorrhagien von der ischämischer Insulte deutlich unterscheidet und kontrollierte Studien zum Nachweis einer Wirksamkeit einzelner, allgemeiner Maßnahmen meist fehlen, wird auch bei ICB davon ausgegangen, dass sich Monitoring und Modifikation von Parametern wie Blutdruck, Körpertemperatur und Blutzucker positiv auf das funktionelle Outcome auswirken (Mayer und Rincon 2005). Deshalb müssen auch Patienten mit ICB, sofern sie nicht intensivpflichtig sind, auf einer Stroke Unit behandelt werden, zumal dies nachweislich die Prognose verbessert (Terént et al. 2009; Langhorne et al. 2013).
Bei Patienten mit einer Bewusstseinstrübung in der Akutphase muss immer mit einer weiteren Verschlechterung des Zustandes und damit auch dem Ausfall von Schutzreflexen gerechnet werden. Diese Patienten sind daher primär intensivmedizinisch zu überwachen, wobei die Entscheidung zur Intubation nicht verzögert werden darf. Durch die endotracheale Beatmung besteht zudem die Option, einer akuten Steigerung des intrakraniellen Drucks mittels Hyperventilation zumindest kurzzeitig entgegenzuwirken (Mayer und Rincon 2005).
Erhöhter Blutdruck in der Akutphase ist ein häufiges Phänomen bei Patienten mit ICB, jedoch keinesfalls immer Ausdruck einer zugrunde liegenden Hypertonie. Initial hohe Blutdruckwerte gelten dennoch als wesentlicher Prädiktor einer klinischen Verschlechterung und Zunahme der Hämatomgröße (Willmot et al. 2004). Neuere Studienergebnisse zum Effekt einer akuten Blutdrucksenkung (<140 mmHg syst.) bei Patienten mit akuter ICB sind jedoch inkongruent. Während eine große randomisierte Studie an fast 2800 Patienten mit akuter (≤6 h) ICB einen deutlich positiven Trend im Hinblick auf das funktionelle Outcome bei rascher (= binnen 60 min) Senkung des systolischen Blutdrucks auf Werte ≤140 mmHg zeigte (Anderson et al. 2013; Arima et al. 2015), konnte dies in einer weiteren randomisierten Studie an 1000 Patienten nicht bestätigt werden (Qureshi et al. 2016).
Dennoch empfehlen aktuelle Leitlinien bei ICB <6 h eine möglichst rasche (1 h) Senkung des systolischen Blutdrucks auf Werte zwischen 130 und 140 mmHg, zumal dieses Vorgehen keine negativen Effekte aufweist (Steiner et al. 2014; Hemphill et al. 2015).
Besteht die Möglichkeit zur intrakraniellen Druckmessung, sollte der zerebrale Perfusionsdruck (= mittlerer arterieller Druck minus intrakranieller Druck) über 70 mmHg liegen. Zur Senkung hypertensiver Werte sind gut steuerbare Medikamente (Urapidil, Clonidin) einzusetzen, wobei die Blutdruckmessung idealerweise intraarteriell erfolgt (Steiner et al. 2012). Zur Behandlung weniger geeignet ist Nitroprussid, da es aufgrund seiner vasodilatatorischen Wirkung den intrakraniellen Druck zusätzlich erhöhen kann (Mayer und Rincon 2005).
Aufgrund des offensichtlich negativen Effektes auf das klinische Outcome (Leira et al. 2004) ist Fieber bei Patienten mit ICB ebenfalls konsequent zu behandeln. Insbesondere bei Ausdehnung der ICB nach intraventrikulär steigt die Wahrscheinlichkeit einer Hyperthermie. Auch wenn es keine Evidenz aus prospektiven Interventionsstudien gibt, sollte ab einer Temperatur ≥37,5 °C rasch eine antipyretische Behandlung eingeleitet werden. Mittel der Wahl ist Paracetamol (z. B. 4 g/Tag), eskalierend kann auch Metamizol (cave: Gefahr der Agranulozytose) verabreicht werden. Bei anhaltendem Fieber können zudem physikalische Maßnahmen wie Kühldecken oder endovaskuläre Kühlungskatheter eingesetzt werden (Mayer und Rincon 2005). Der Nutzen einer induzierten, moderaten Hypothermie (32–33 °C) ist angesichts der relativ häufigen Nebenwirkungen (Herzrhythmusstörungen, Pneumonie, Thrombopenie, Rebound-Ödem) jedoch fraglich.
Diabetes mellitus, aber auch die Hyperglykämie bei nichtdiabetischen Patienten sind in der Akutphase einer ICB mit höherer Sterblichkeit assoziiert (Passero et al. 2003). Zwar ist in Ermangelung entsprechender Studien keine Empfehlung zur Therapie einer Hyperglykämie bei akuter ICB möglich, basierend auf den vorgenannten Daten erscheint es jedoch gerechtfertigt, Werte über 10 mmol/l rasch und ggf. unter vorübergehendem Einsatz von Insulin auch beim Nichtdiabetiker zu behandeln.
Immobilisation bei Hemiparese führt bei Patienten mit ICB zu einem hohen Thrombose- und Lungenembolierisiko, weshalb frühzeitig präventive Maßnahmen erforderlich sind. Neben dem Anlegen von Kompressionsstrümpfen ist ab dem 2. Tag auch die Behandlung mit niedrig dosierten Heparinen (2-mal 5000 U/Tag unfraktioniertes Heparin oder low-dose-niedermolekulare Heparine) angezeigt, da dies offenbar nicht mit der Gefahr einer Zunahme der ICB assoziiert ist (Mayer und Rincon 2005).
Die initiale Ausdehnung vor allem größerer ICB verursacht auch bei supratentoriellen Hämorrhagien einen raschen Anstieg des intrakraniellen Drucks, zu dem im Verlauf auch der raumfordernde Effekt des perifokalen Ödems beiträgt. Finden sich dabei klinische und bildmorphologische Hinweise auf eine obere, mesenzephale Einklemmung, ist (unter Berücksichtigung der Gesamtprognose) sofortiges Handeln erforderlich, schon um ggf. Zeit für die Entscheidung über eine neurochirurgische Intervention zu gewinnen. Neben der Hochlagerung des Kopfes um 30° werden die rasche Infusion von 20 %igem Mannitol (0,75–1 g/kg KG als Bolus, danach 6-mal täglich 100 ml, Ziel: Serumosmolalität 310–320 mOsml/l; ab Tag 6 ausschleichen) und eine kurzfristige Hyperventilation (Ziel-pCO2 ca. 30 mmHg) empfohlen (Mayer und Rincon 2005; Steiner et al. 2012). Beide Maßnahmen sind jedoch aufgrund potenzieller Nebenwirkungen (Mannitol) bzw. einer nur kurz anhaltenden Wirkung (Hyperventilation) nur für die akute Krisenintervention geeignet. Nicht indiziert sind Kortikosteroide, da sie keinen positiven Effekt haben, aufgrund ihrer potenziellen Nebenwirkungen (Hyperglykämie, Immunsuppression, Wundheilungsstörungen) die Prognose jedoch verschlechtern können (Poungvarin et al. 1987).
Vorgehen bei antikoagulierten Patienten
Mehr als 10 % aller ICB ereignen sich bei antikoagulierten Patienten (Kase et al. 2004), wobei der Anteil antithrombotika-induzierter ICB vor allem bei Älteren in den letzten 2–3 Dekaden deutlich zugenommen hat (Lovelock et al. 2007) und künftig aufgrund der steigenden Prävalenz nichtrheumatischen Vorhofflimmerns (VHF) mit konsekutiver oraler Antikoagulation (OAK) weiter steigen wird. Orale Antikoagulanzien erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Vergrößerung der Blutung und verdoppeln bis verdreifachen die Mortalität (Flibotte et al. 2004; Flaherty et al. 2008).
Demzufolge besteht trotz des Fehlens evidenzbasierter Behandlungsrichtlinien allgemeiner Konsens, dass eine Normalisierung der Gerinnungsparameter bei diesen Patienten umgehend erfolgen muss (Steiner et al. 2012). Bei mit einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) antikoagulierten Patienten ist die alleinige Verabreichung von Vitamin K keinesfalls ausreichend, da ein relevanter Effekt auf die INR viel zu spät (oft erst nach Tagen) eintritt. Eine Zunahme der Hämatomgröße wurde in einer allerdings retrospektiven Untersuchung nach Verabreichung von Prothrombinkomplex-Konzentrat (PTK) im Vergleich zu Frischplasma (FFP) seltener beobachtet (Huttner et al. 2006). Neuere, prospektive Daten deuten darauf hin, dass PTK schneller die INR normalisieren und einer Hämatomprogression häufiger entgegenwirken als FFP (Steiner et al. 2016). Unklar ist allerdings, ob sich dies bei ICB auch positiv auf das klinische Outcome auswirkt.
Die Gabe von rekombinantem Faktor VIIa führt zwar binnen weniger Minuten zu einer Normalisierung der INR, ein Effekt auf die Prognose VKA-assoziierter Blutungen ist bisher jedoch nicht hinreichend untersucht. Ereignet sich eine ICB unter Therapie mit unfraktioniertem Heparin, ist Protamin Mittel der Wahl (bei i.v.-Gabe langsame Applikation; cave: Hypotension, Anaphylaxie). Zur Antagonisierung von niedermolekularen Heparinen kann die Gabe von Gerinnungsfaktoren hilfreich sein (Mayer und Rincon 2005).
Mit Einführung der neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) ergibt sich die Notwendigkeit, auch deren Effekt bei Blutungskomplikationen rasch antagonisieren zu können, zumal NOAK die klassischen VKA künftig bei vielen Indikationen ersetzen werden. Derzeit lässt sich die Wirkung zumindest eines NOAK (Dabigatran) binnen Minuten durch Gabe eines monoklonalen Antikörperfragmentes (Idarucizumab) vollständig aufheben (Pollack et al. 2015); Antagonisten für weitere NOAK werden aktuell entwickelt. Auch hier ist jedoch noch zu klären, ob eine frühzeitige Antagonisierung die Prognose verbessert.
Nach einer intrakraniellen Blutung gilt die Behandlung mit Antithrombotika meist als kontraindiziert. Bei hohem Thrombose- oder Embolierisiko, z. B. mechanischer Herzklappe, ist die Fortsetzung einer OAK jedoch unumgänglich. Während der blutungsbedingten Zwangspause von 2–3 Wochen sind embolische Komplikationen selbst bei Patienten mit mechanischem Herzklappenersatz offenbar selten (Ananthasubramaniam et al. 2001), und das Risiko einer erneuten intrakraniellen Blutung scheint nach Fortsetzung der Antikoagulation bei diesen Patienten ebenfalls gering zu sein (Leker und Abramsky 1998).
Ein nicht seltenes Dilemma stellen Patienten mit anamnestischer ICB und koinzidentem VHF mit hohem Embolierisiko dar. Insbesondere bei älteren Frauen (>75 Jahre) mit einer stattgehabten zerebralen Ischämie, die zudem eine Hypertonie oder Diabetes mellitus oder eine Herzinsuffizienz haben, beträgt das jährliche Hirninfarktrisiko bis zu 20 % (Gage et al. 2001). Offenbar haben ICB im Bereich der Stammganglien ein geringeres Rezidivrisiko als lobäre Blutungen (Hill et al. 2000), sodass Patienten mit hohem Embolierisiko bei VHF selbst nach stattgehabter, nicht lobärer ICB von einer langfristigen OAK profitieren können (Eckman et al. 2003). Ist eine OAK nach ICB nicht vertretbar, kann bei entsprechender Indikation eine Antiaggregation erfolgen, da bei Patienten, die nach ICB mit Acetylsalicylsäure behandelt wurden, das Rezidivrisiko sowohl nach lobärer als auch nach subkortikaler ICB (Stammganglien, Kleinhirn, Hirnstamm) nicht erhöht ist (Viswanathan et al. 2006).
Epileptische Anfälle und antikonvulsive Therapie
Fast 10 % der Patienten erleiden binnen des ersten Monats nach ICB einen epileptischen Anfall, wobei lobäre Blutungen besonders dazu prädisponieren, und etwa jeder 5. Patient entwickelt nach ICB eine symptomatische Epilepsie (Passero et al. 2002). Anfälle in der Akutphase sollten zur Einleitung einer antikonvulsiven Therapie mit einem intravenös applizierbaren Standard-Antiepileptikum Anlass geben. Sistieren die akuten Anfälle rasch, ist es vertretbar, die Therapie nach einem Monat ausschleichend abzusetzen (Broderick et al. 1999). Treten Anfälle jedoch erstmals später als 14 Tage nach der ICB auf, ist eine symptomatische Epilepsie wahrscheinlich und von einem langfristigen Therapiebedarf auszugehen (Qureshi et al. 2001).
Der Nutzen einer prophylaktischen antikonvulsiven Behandlung ist nicht belegt (Passero et al. 2002) und wird nach aktueller Studienlage nicht empfohlen (Steiner et al. 2012).
Bei soporöser oder komatöser Bewusstseinslage, vor allem wenn diese nicht mit Lokalisation und Ausdehnung der Blutung erklärt werden kann, sollten Patienten regelmäßig mittels EEG untersucht werden, da epilepsietypische Potenziale oder ein non-konvulsiver Status epilepticus in ca. 30 % dieser Patienten gefunden werden (Szaflarski et al. 2008). In diesen Fällen ist ein antikonvulsiver Therapieversuch mit einer möglichst wenig sedierenden Substanz (Valproat, Levetiracetam) indiziert und bei Erfolg fortzusetzen.
Operative Interventionen
Vor dem Hintergrund der prognostischen Bedeutung des Hämatomvolumens sowie der sekundär schädigenden Auswirkungen des Hämatoms auf das umliegende Hirnparenchym erscheint es einleuchtend, die „Noxe“ operativ zu verkleinern oder zu entfernen. Die Effektivität dieses Ansatzes wurde in zwei großen randomisierten Studien (STICH – Surgical Trial in Intracerebral Haemorrhage I & II) an 1600 Patienten mit supratentorieller ICB jeglicher Lokalisation (STICH I) oder mit oberflächlicher, lobärer ICB (STICH II) untersucht (Mendelow et al. 2005, 2013). Randomisiert wurden Patienten innerhalb von 72 (STICH I) bzw. 48 Stunden (STICH II) nach Symptombeginn gemäß dem sog. „principle of clinical uncertainty“, d. h. die behandelnden Ärzte (meist Neurochirurgen) waren bezüglich des weiteren Vorgehens (operativ vs. konservativ) unsicher. Dieser Ansatz hatte allerdings sehr wahrscheinlich zur Folge, dass viele (aus neurochirurgischer Sicht) geeignete OP-Kandidaten nicht randomisiert wurden. In beiden Studien konnte kein signifikanter Unterschied zwischen OP und konservativem Vorgehen bezüglich des funktionellen Zustands nach 6 Monaten nachgewiesen werden. Allerdings fand sich in STICH II bei Patienten ohne Ventrikeleinbruch eine geringere Sterblichkeit in der operierten Gruppe. Angesichts der methodischen Schwächen der Studien darf für die klinische Praxis also keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass Patienten mit spontaner, supratentorieller ICB prinzipiell nicht operiert werden sollten. Vielmehr ist auch weiterhin die Indikation zur OP unter Berücksichtigung von Alter, Komorbidität und Ausdehnung der Blutung individuell zu prüfen.
Einbruch der ICB in das Ventrikelsystem ist mit einer höheren Mortalität assoziiert, wozu u. a. die komplizierende Entwicklung eines Hydrozephalus beiträgt (Qureshi et al. 2001). Dabei differenziert man obstruktive (z. B. nach Kleinhirnblutung) von nichtobstruktiven (vor allem nach ICB mit größerem subarachnoidalen Blutungsanteil) Formen des Hydrozephalus. Obwohl es bisher keine Studien zum Nachweis einer Effektivität von Ventrikeldrainagen gibt, werden diese bei Blutungen mit konsekutiver Liquorzirkulationsstörung empfohlen, auch wenn sich diese Maßnahme offenbar nur selten positiv auf die Prognose auswirkt (Adams und Diringer 1998). Ein hierzu ergänzender therapeutischer Ansatz besteht in der intraventrikulären Applikation thrombolytisch wirksamer Substanzen über einen Ventrikelkatheter. Ob sich dies positiv auf den Effekt einer externen Drainage und möglicherweise auch die Prognose auswirkt, wird anhand prospektiver Studien untersucht (Zial et al. 2014).
Anders als bei supratentoriellen ICB und trotz fehlender Evidenz aus randomisierten Studien besteht weitestgehender Konsens darüber, dass Patienten mit einer Kleinhirnblutung ab 3 cm Durchmesser (Abb. 10) von einer raschen Dekompression profitieren und deshalb umgehend neurochirurgisch vorzustellen sind (Qureshi et al. 2001; Mayer und Rincon 2005).
Patienten mit kleinerer zerebellärer Blutung müssen innerhalb der ersten 3–5 Tage engmaschig neurologisch und mittels CCT-Kontrollen überwacht werden, um bei Progredienz ein sofortiges operatives Eingreifen zu ermöglichen.
Hämostatische Therapie
Ein weiterer therapeutischer Ansatzpunkt ergibt sich aus der Tatsache, dass ca. 30–40 % der ICB in der Frühphase größenprogredient sind und sich dies ungünstig auf die Prognose auswirkt. In zwei randomisierten Studien mit mehr als 1200 Patienten konnte gezeigt werden, dass die Gabe von rekombinantem Faktor VIIa (rFVIIa) innerhalb der ersten 3–4 Stunden nach Symptombeginn bei spontaner ICB (supra- und infratentoriell) im Vergleich zu Placebo tatsächlich seltener zu einer Progression des Hämatoms führt, wobei dieser Effekt desto ausgeprägter war, je früher die Therapie begonnen wurde (Mayer und Rincon 2005; Mayer et al. 2008). Leider war dies in der größeren der beiden Studien nicht mit einem relevanten Effekt auf das klinische Outcome nach 3 Monaten assoziiert (Mayer et al. 2008). Da die Therapie zudem das Risiko thrombembolischer Komplikationen erhöht, kann derzeit die Gabe von rFVIIa bei spontaner ICB nicht empfohlen werden (Steiner et al. 2012). Ob möglicherweise Patienten mit CT-morphologischen Hinweisen auf eine wahrscheinliche Hämatomprogression (Abb. 8) von einer hämostatischen Therapie profitieren, ist derzeit noch unklar.
Bei den entzündlichen Varianten der Amyloidangiopathie, der „CAA-related- inflammation“ (CAA-ri) mit perivaskulären entzündlichen Infiltraten und der Amyloid-β-related Angiitis (ABRA) mit histologischem Nachweis einer transmuralen Vaskulitis sollte eine Behandlung mit Kortikoiden und Immunsuppressiva wie bei anderen Vaskulitiden erfolgen (Berlit et al. 2015; Kap. „Vaskulitiden, rheumatoide Arthritis und Kollagenosen in der Neurologie“).

Facharztfragen

1.
Sind bei einem 63-jährigen Patienten mit links-frontaler, lobärer ICB und arterieller Hypertonie weitere Untersuchungen zur Klärung der Ätiologie erforderlich? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
 
2.
Welches sind die häufigsten Ursachen einer symptomatischen ICB?
 
3.
Welche Parameter determinieren die Prognose einer ICB?
 
4.
Bei welchen Patienten mit ICB ist eine operative Intervention potenziell lebensrettend?
 
5.
Ein Patient mit ICB erleidet 6 Stunden nach Störungsbeginn einen ersten generalisierten epileptischen Anfall. Wie gehen Sie weiter vor?
 
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