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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 04.03.2020

Migräne

Verfasst von: Stefanie Förderreuther und Katharina Kamm
Kopfschmerzen gehören zu den am häufigsten beklagten Symptomen überhaupt. Die Klassifikationskriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society, IHS) definiert alle Kopfschmerzerkrankungen und bildet die Grundlage zur Einordnung von Kopfschmerzen. In der aktuell dritten Auflage der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3) werden die bekannten primären und sekundären Kopfschmerzsyndrome beschrieben, kommentiert und in insgesamt 14 Kapitel eingeteilt. Die Kapitel 1–4 behandeln die primären Kopfschmerzformen wie Migräne, Spannungskopfschmerz, Clusterkopfschmerz, alle weiteren trigeminoautonomen Kopfschmerzen und andere seltene primäre Kopfschmerzerkrankungen, Kapitel 5–12 die sekundären Kopfschmerzen wie Subarachnoidalblutungen, intrazerebrale Blutungen oder die Riesenzellarteriitis, Kapitel 13 schmerzhafte Läsionen der Gehirnnerven und andere Gesichtsschmerzen und Kapitel 14 die nicht klassifizierbaren Formen. Trotz der großen Zahl möglicher Diagnosen kann man davon ausgehen, dass die Kenntnis der ca. 20–30 wichtigsten Kopfschmerzsyndrome und Differenzialdiagnosen ausreicht, um im klinischen Alltag über 95 % aller präsentierten Fälle einordnen zu können. Die gesamte Klassifikation mit allen Details kann auf der Webseite https://ichd-3.org/de/ abgerufen werden. Ausgewählte wichtige Kopfschmerzformen werden im Folgenden in der Reihenfolge der Kapitel der IHS-Klassifikation dargestellt. In diesem Kapitel wird die Migräne besprochen, weitere Kopfschmerzformen in Kap. „Spannungskopfschmerzen“, „Clusterkopfschmerzen und andere trigeminoautonome Kopfschmerzerkrankungen“, „Sonstige Kopfschmerzerkrankungen“ und „Sekundäre Kopfschmerzsyndrome“. Alle diagnostischen und therapeutischen Angaben entsprechen im Wesentlichen den Empfehlungen und Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und können ausführlicher auf deren Webseiten nachgelesen werden.
Kopfschmerzen gehören zu den am häufigsten beklagten Symptomen überhaupt. Die Klassifikationskriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society, IHS) definiert alle Kopfschmerzerkrankungen und bildet die Grundlage zur Einordnung von Kopfschmerzen. In der aktuell dritten Auflage der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3) werden die bekannten primären und sekundären Kopfschmerzsyndrome beschrieben, kommentiert und in insgesamt 14 Kapitel eingeteilt. Die Kapitel 1–4 behandeln die primären Kopfschmerzformen wie Migräne, Spannungskopfschmerz, Clusterkopfschmerz, alle weiteren trigeminoautonomen Kopfschmerzen und andere seltene primäre Kopfschmerzerkrankungen, Kapitel 5–12 die sekundären Kopfschmerzen wie Subarachnoidalblutungen, intrazerebrale Blutungen oder die Riesenzellarteriitis, Kapitel 13 schmerzhafte Läsionen der Gehirnnerven und andere Gesichtsschmerzen und Kapitel 14 die nicht klassifizierbaren Formen (Tab. 1). Trotz der großen Zahl möglicher Diagnosen kann man davon ausgehen, dass die Kenntnis der ca. 20–30 wichtigsten Kopfschmerzsyndrome und Differenzialdiagnosen ausreicht, um im klinischen Alltag über 95 % aller präsentierten Fälle einordnen zu können. Die gesamte Klassifikation mit allen Details kann auf der Webseite https://ichd-3.org/de/ abgerufen werden. Ausgewählte wichtige Kopfschmerzformen werden im Folgenden in der Reihenfolge der Kapitel der IHS-Klassifikation dargestellt. In diesem Kapitel wird die Migräne besprochen, weitere Kopfschmerzformen in Kap. „Spannungskopfschmerzen“, Kap. „Clusterkopfschmerzen und andere trigeminoautonome Kopfschmerzerkrankungen“, Kap. „Sonstige Kopfschmerzerkrankungen“ und Kap. „Sekundäre Kopfschmerzsyndrome“. Alle diagnostischen und therapeutischen Angaben entsprechen im Wesentlichen den Empfehlungen und Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und können ausführlicher auf deren Webseiten nachgelesen werden.
Tab. 1
Die Hauptgruppen der Kopfschmerzerkrankungen entsprechend der 3. Auflage der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3)
1.
Migräne
 
1.1
Migräne ohne Aura
1.2
Migräne mit Aura
1.3
Chronische Migräne
1.4
Migränekomplikationen
1.5
Wahrscheinliche Migräne
1.6
Episodische Syndrome, die mit einer Migräne einhergehen können
2.
Kopfschmerz vom Spannungstyp
 
2.1
Selten auftretender episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp
2.2
Häufig auftretender episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp
2.3
Chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp
2.4
Wahrscheinlicher Kopfschmerz vom Spannungstyp
3.
Trigeminoautonome Kopfschmerzerkrankungen (TAK)
 
3.1
Clusterkopfschmerz
3.2
3.3
3.4
3.5
Wahrscheinliche trigemino-autonome Kopfschmerzerkrankung
4.
Andere primäre Kopfschmerzen
 
4.1
Primärer Hustenkopfschmerz
4.2
Primärer Anstrengungskopfschmerz
4.3
Primärer Sexualkopfschmerz
4.4
4.5
Kältebedingter Kopfschmerz
4.6
Kopfschmerz durch Einwirkung von Druck oder Zug auf den Kopf
4.7
4.8
Münzkopfschmerz (engl. Nummular headache)
4.9
Schlafgebundener Kopfschmerz (engl. Hypnic headache)
4.10
Neu aufgetretener täglicher anhaltender Kopfschmerz (engl. New daily persistent headache)
5.
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Verletzung oder ein Trauma des Kopfes und/oder der HWS
 
5.1
Akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf eine traumatische Verletzung des Kopfes
5.2
Anhaltender Kopfschmerz zurückzuführen auf eine traumatische Verletzung des Kopfes
5.3
Akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf ein HWS-Beschleunigungstrauma
5.4
Anhaltender Kopfschmerz zurückzuführen auf ein HWS-Beschleunigungstrauma
5.5
Akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Kraniotomie
5.6
Anhaltender Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Kraniotomie
6.
Kopfschmerz zurückzuführen auf Gefäßstörungen im Bereich des Kopfes und/oder des Halses
 
6.1
Kopfschmerz zurückzuführen auf ein zerebrales ischämisches Ereignis
6.2
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine nichttraumatische intrakranielle Blutung
6.3
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine nicht-rupturierte Gefäßfehlbildung
6.4
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Arteriitis
6.5
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Störung der A. carotis oder A. vertebralis
6.6
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Hirnvenenerkrankung
6.7
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine sonstige akute intrakranielle Störung
6.8
Kopfschmerz und/oder migräneartige Aura zurückzuführen auf eine chronische intrakranielle Vaskulopathie
 
6.9
Kopfschmerz zurückzuführen auf einen Hypophyseninfarkt
7.
Kopfschmerz zurückzuführen auf nichtvaskuläre intrakranielle Störungen
 
7.1
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Liquordrucksteigerung
7.2
Kopfschmerz zurückzuführen auf einen Liquorunterdruck
7.3
Kopfschmerz zurückzuführen auf nichtinfektiöse entzündliche Erkrankungen
7.4
Kopfschmerz zurückzuführen auf ein intrakranielles Neoplasma
7.5
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine intrathekale Injektion
7.6
Kopfschmerz zurückzuführen auf einen epileptischen Anfall
7.7
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Chiari-Malformation Typ I (CM1)
7.8
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine andere nichtvaskuläre intrakranielle Störung
8.
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Substanz oder deren Entzug
 
8.1
Kopfschmerz zurückzuführen auf Substanzgebrauch oder Substanzexposition
8.2
8.3
Kopfschmerz zurückzuführen auf den Entzug einer Substanz
9.
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Infektion
 
9.1
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine intrakranielle Infektion
9.2
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine systemische Infektion
10.
Kopfschmerz zurückzuführen eine Störung der Homöostase
 
10.1
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Hypoxie und/oder Hyperkapnie
10.2
Dialysekopfschmerz
10.3
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine arterielle Hypertonie
10.4
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Hypothyreose
10.5
Kopfschmerz zurückzuführen auf Fasten
10.6
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine kardiale Erkrankung
10.7
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine andere Störung der Homöostase
11.
Kopf- oder Gesichtsschmerzen zurückzuführen auf Erkrankungen des Schädels sowie von Hals, Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähnen, Mund und anderen Gesichts- oder Schädelstrukturen
 
11.1
Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Schädelknochen
11.2
Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen des Halses
11.3
Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Augen
11.4
Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Ohren
11.5
Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Nase oder der Nasennebenhöhlen
11.6
Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Zähne
11.7
Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen des Kiefergelenkes
11.8
Kopf- oder Gesichtsschmerz zurückzuführen auf Entzündungen des Ligamentum stylohyoideum
11.9
Kopf- oder Gesichtsschmerz zurückzuführen auf andere Erkrankungen des Schädels sowie von Hals, Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähnen, Mund oder anderen Gesichts- oder Schädelstrukturen
12.
Kopfschmerz zurückzuführen auf psychiatrische Störungen
 
12.1
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Somatisierungsstörung
12.2
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine psychotische Störung
13.
Schmerzhafte Läsionen der Hirnnerven und andere Gesichtsschmerzen
 
13.1
Schmerzen zurückzuführen auf eine Läsion oder Erkrankung des N. trigeminus
13.2
Schmerz zurückzuführen auf eine Läsion oder Erkrankung des N. glossopharyngeus
13.3
Schmerz zurückzuführen auf eine Läsion oder Erkrankung des N. intermedius
13.4
Okzipitalisneuralgie
13.5
Nacken-Zungen-Syndrom (engl. Neck-tongue syndrome)
13.6
Schmerzhafte Optikusneuritis
13.7
Kopfschmerz zurückzuführen auf eine ischämische Lähmung des N. oculomotorius
13.8
Tolosa-Hunt-Syndrom
13.9
Paratrigeminales okulosympathisches (Raeder-)Syndrom
13.10
Rezidivierende schmerzhafte ophthalmoplegische Neuropathie
13.11
Syndrom des brennenden Mundes (engl. Burning mouth syndrome – BMS)
13.12
Anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz (engl. Persistent idiopathic facial pain – PIFP)
13.13
14.
Andere Kopfschmerzerkrankungen
 
14.1
Kopfschmerz nicht anderweitig klassifiziert
14.2
Kopfschmerz nicht spezifiziert
Migräne ist der häufigste schwere Kopfschmerz, der Patienten zum Arzt führt. Migräne geht in den meisten Fällen mit periodisch auftretenden Attacken von Kopfschmerzen und zahlreichen Begleitsymptomen einher. Bei bestimmten Sonderformen können aber auch andere Symptome als Kopfschmerz im Vordergrund stehen oder der Kopfschmerz ganz fehlen. Das Wissen um die pathophysiologischen Abläufe der Migräne ist umfassend: Gendefekte wurden identifiziert und mittels moderner Bildgebungstechniken auch Schmerzzustände und Auraphänomene sichtbar gemacht. Viele biologische Grundlagen der Migräne sind inzwischen aufgedeckt worden, doch es sind noch immer Fragen offen.
Grundsätzlich wird phänomenologisch zwischen der Migräne ohne Aura und der Migräne mit Aura sowie zwischen der episodischen und der chronischen Verlaufsform differenziert. Darüber hinaus sind verschiedene Unterformen definiert wie Aura ohne Kopfschmerzen, die familiär hemiplegische Migräne sowie Sonderformen wie die retinale Migräne und Migränekomplikationen. Tab. 2 gibt einen Überblick über alle Formen der Migräne nach der derzeit gültigen IHS-Klassifikation.
Tab. 2
Klassifikation der Migräne und ihrer Unterformen nach der ICHD-3 (Olesen 2018)
1.
Migräne
 
1.1
Migräne ohne Aura
1.2
Migräne mit Aura
 
1.2.1
Migräne mit typischer Aura
 
1.2.1.1
Typische Aura mit Kopfschmerz
1.2.1.2
Typische Aura ohne Kopfschmerz
1.2.2
Migräne mit Hirnstammaura
1.2.3
Hemiplegische Migräne
 
1.2.3.1
Familiäre hemiplegische Migräne (FHM)
 
1.2.3.1.1
Familiäre hemiplegische Migräne Typ 1 (FHM1)
1.2.3.1.2
Familiäre hemiplegische Migräne Typ 2 (FHM2)
1.2.3.1.3
Familiäre hemiplegische Migräne Typ 3 (FHM3)
1.2.3.1.4
Familiäre hemiplegische Migräne, andere Genloci
1.2.3.2
Sporadische hemiplegische Migräne (SHM)
1.2.4
Retinale Migräne
1.3
Chronische Migräne
1.4
Migränekomplikationen
 
1.4.1
Status migränosus
1.4.2
Anhaltende Aura ohne Hirninfarkt
1.4.3
Migränöser Infarkt
1.4.4
Epileptischer Anfall, durch Migräneaura getriggert
1.5
Wahrscheinliche Migräne
 
1.5.1
Wahrscheinliche Migräne ohne Aura
1.5.2
Wahrscheinliche Migräne mit Aura
1.6
Episodische Syndrome, die mit einer Migräne einhergehen können
 
1.6.1
Rezidivierende gastrointestinale Störungen
 
1.6.1.1
Zyklisches Erbrechen
1.6.1.2
Abdominelle Migräne
1.6.2
Gutartiger paroxysmaler Schwindel
1.6.3
Gutartiger paroxysmaler Tortikollis
Häufigkeit und Vorkommen
Die Prävalenz der Migräne in Deutschland liegt zwischen 12–15 % in der weiblichen und 6–8 % in der männlichen Bevölkerung (Stovner und Andree 2010). Mit ca. 8 Mio. betroffenen Patienten in Deutschland ist die Migräne eine der häufigsten Erkrankungen.
Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Bis zu 5–7 % der Kinder sind bereits betroffen. Im Kindesalter ist das Geschlechterverhältnis noch ausgeglichen, die Attacken sind meist kürzer und es stehen häufiger gastrointestinale Beschwerden (Bauchschmerzen, zyklisches Erbrechen) im Vordergrund. In vielen Fällen treten Migräneanfälle erstmals während der Pubertät auf (Greene et al. 2019).
Bei etwa 10–15 % aller Migränepatienten tritt im Rahmen der Attacke eine Aura auf. Die weiteren Unter- und Sonderformen sind wesentlich seltener.
Pathophysiologie
Die Migräne wird als eine komplexe neurologische Erkrankung verstanden, in die sowohl periphere und zentrale Strukturen involviert sind, die die Vielzahl an Symptomen erklären. Das bislang vermutete vaskuläre Erklärungsmodell wird mittlerweile als nicht mehr ausreichend angesehen, um die komplexe und vielfältige Symptomatik zu erklären. Die Vasodilatation, die früher als Schmerzursache vermutet wurde, wird eher als Epiphänomen im Rahmen der Transmitterfreisetzung eingeordnet (Puledda et al. 2017).
Prodromalphase
Während der Prodromalphase können Tage bis Stunden vor Auftreten des Kopfschmerzes Symptome wie Gähnen, Polyurie, Stimmungsschwankungen und Konzentrationsschwierigkeiten auftreten, die vermutlich auf die Aktivität von subkortikalen Strukturen zurückzuführen sind. In verschiedenen Bildgebungsstudien mittels PET und fMRT konnten in spontanen und experimentell induzierten Migräneattacken Veränderungen in Aktivität und Konnektivität im Hypothalamus gezeigt werden. Der Hypothalamus reguliert homöostatische Mechanismen wie Schlaf-Wach-Regulation, Appetit und Schmerzverarbeitung (Dodick 2018).
Aura
Neurophysiologisch handelt es sich um eine Depolarisationswelle („cortical spreading depression“, CSD), die meist im visuellen Kortex beginnt und sich mit einer Geschwindigkeit von 2–3 mm/min über den Kortex ausbreitet. Dies führt zunächst zu einer kortikalen Erregung mit anschließender für mehrere Minuten anhaltender Untererregbarkeit sowie zu einer Dysregulation von Adenosintriphosphat (ATP), Glutamat, Kalium und Stickoxid (NO). Dabei wird gemutmaßt, ob die Freisetzung dieser Botenstoffe zu einer Aktivierung von meningealen Nozizeptoren führt, wie im Tiermodell nachgewiesen wurde. Diese Kausalität konnte bisher beim Menschen nicht nachvollzogen werden (Charles 2018).
Kopfschmerzphase
Der Kopfschmerz ist durch die Aktivierung des trigeminovaskulären Systems gut verstanden, unklar bleibt allerdings, wie es zur Entstehung und Beendigung des Kopfschmerzes kommt.
Trigeminale Afferenzen aus dem Ganglion trigeminale (insbesondere N. ophthalmicus [V1]) innervieren die Meningen und intrakranielle Gefäße mittels dünn myelinisierten und unmyelinisierten Aδ- und C-Fasern und projizieren zum trigeminozervikalen Kernkomplex (TCC) im Hirnstamm. Okzipitale Areale werden zusätzlich durch zervikale Afferenzen aus dem Hinterstrangganglion des oberen Halsmarks innerviert (Goadsby und Holland 2019).
Die Aktivierung dieses Systems führt zur Ausschüttung von verschiedenen Neuropeptiden, die sich in den axonalen Endigungen dieser Nervenfasern befinden, wie Calcitonin gene-related peptide (CGRP), Neurokinin A und Pituitary adenylate cyclase-activating peptide (PACAP). Die Freisetzung führt zu vasoaktiven und perivaskulären Veränderungen, die als schmerzhaftes Signal nach zentral weitergeleitet werden.
Der trigeminozervikale Komplex zeigt zahlreiche Verbindungen zu Hypothalamus, Thalamus und Hirnstamm (rostrale ventromediale Medulla, Locus coeruleus, periaquäduktales Grau) sowie zu schmerzverarbeitenden kortikalen Regionen, wo es zu einer Modulation und Bewertung des Schmerzes kommt. Die Nozizeption wird aber auch durch absteigende (hemmende) Schmerzbahnen aus dem Hypothalamus und Hirnstamm beeinflusst. Weiterhin zeigt der trigeminozervikale Komplex Verbindungen zum Nucleus salivatorius superius und zum Ganglion sphenopalatinum, deren Aktivierung zum Auftreten von kranialen autonomen Symptomen führen kann.
Klinik
Die Migräne verläuft in mehreren Phasen, die aber nicht zwangsläufig sämtlich durchlaufen werden müssen (Abb. 1):
1.
eine initiale Prodomalphase, die z. B. Stimmungsschwankungen, Gähnen oder Heißhunger umfassen und 24–48 h vor den eigentlichen Kopfschmerzen auftreten kann (Karsan et al. 2017),
 
2.
eine Auraphase mit visuellen und evtl. zusätzlichen sensiblen, aphasischen oder motorischen Reiz- und Ausfallsymptomen über ca. 20–45 min,
 
3.
eine Kopfschmerzphase, klassischerweise heftig, oft einseitig mit pulsierendem Schmerz und vegetativen Begleitsymptomen über 4–72 h,
 
4.
eine postiktale Phase mit Abgeschlagenheit und Konzentrationsstörungen (Giffin et al. 2016),
 
5.
eine interiktale Phase (kopfschmerzfreie Phase zwischen Kopfschmerzattacken).
 
Im Mittelpunkt steht für die meisten Patienten der anfallsartig auftretende Kopfschmerz, der typischerweise mit autonomen Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Geräusch- und Geruchsüberempfindlichkeit einhergeht. Gelegentlich werden zusätzlich auch autonome Störungen ähnlich wie beim Clusterkopfschmerz mit Augenrötung oder Tränen beschrieben. Der Kopfschmerz ist unbehandelt mittelschwer bis schwer, von stechendem, pulsierendem oder pochendem Charakter und halbseitig oder holocephal lokalisiert. Während einer Migräneattacke kann der Schmerz auch die Seite wechseln. Anders als beim Spannungskopfschmerz nimmt der Schmerz bereits bei leichter bis mäßiger körperlicher Belastung an Intensität zu. Die Patienten ziehen sich deshalb zurück und weisen ein deutliches Ruhebedürfnis auf. Migräneattacken halten unbehandelt beim Erwachsenen 4–72 h an.
Bei einzelnen Patienten werden Attacken z. B. durch hormonelle Schwankungen (menstruelle Migräne), das Auslassen einer Mahlzeit, unzureichende Flüssigkeitszufuhr, Stress, Entlastung nach Stress oder Schwankungen in der gewohnten Tagesrhythmik (Schichtarbeit) ausgelöst. Von diesen Triggern muss die Prodromalphase unterschieden werden.
Diese setzt bis zu 48 h vor der Aura bzw. der eigentlichen Kopfschmerzphase mit Heißhunger, Gähnen, Stimmungsschwankungen, euphorischen Gefühlen oder Polyurie ein. Symptome der Prodromalphase werden von Patienten häufig als Trigger fehlinterpretiert und führen so zu einem Vermeidungsverhalten, wie z. B. unnötigen Diäten. Tatsächlich spielen Nahrungsmittel jedoch keine Rolle bei der Generierung von Migräneattacken.
Aus pathophysiologischer Sicht sind die Prodromalzeichen äußerst interessant, da sie den eigentlichen Beginn einer Attacke widerspiegeln und gewisse Hinweise darauf liefern, dass zu Beginn der Attacke möglicherweise eine Fehlfunktion hypothalamischer Kerngebiete vorliegt (May und Burstein 2019).
Viele Patienten erfahren nach Abklingen der Kopfschmerzen eine Postdromal- oder Erholungsphase, in der sie sich abgeschlagen und deutlich weniger leistungsfähig als üblich fühlen.
Migräne ohne Aura
Migräne ohne Aura ist die häufigste aller Formen und betrifft 80–85 % der Patienten. Kopfschmerzen und die typischen autonomen Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Lärm- und Geruchsüberempfindlichkeit stehen hier im Vordergrund. Kopfschmerz wie Begleiterscheinungen können in Ausprägung, Intensität und auch Lokalisation intra- und interindividuell deutlich variieren.
Der Kopfschmerz ist einseitig oder holocephal und oft betont an der Stirn-, Schläfen- oder Augenpartie. Zu Beginn einer Attacke werden von über 70 % der Patienten auch Nackenbeschwerden beklagt, was oft zur Fehldiagnose eines halswirbelsäulenbedingten Kopfschmerzes führt. Neuroanatomisch und pathophysiologisch lässt sich die Schmerzprojektion in den Nacken durch eine Konvergenz von Projektionen aus den Segmenten C1–C2 und trigeminaler Afferenzen im sog. trigeminozervikalen Komplex erklären (Lampl et al. 2015).
Migräne mit Aura
Etwa 10–15 % aller Migränepatienten leiden an einer Migräne mit Aura. Dabei kommt es insbesondere vor (und selten auch während) der Kopfschmerzphase zu neurologischen Reiz- oder Ausfallerscheinungen. Viele dieser Patienten berichten auch von gelegentlichem Auftreten isolierter Auren oder von Migränekopfschmerzen ohne vorangehende Auraphase (Shah et al. 2018).
Am häufigsten sind visuelle Auren in Form von Flimmerskotomen mit hellen gezackten Figuren (Fortifikationen), die meist zentral beginnen, sich in ihrer Größe langsam nach peripher im Gesichtsfeld ausdehnen und von Skotomen gefolgt werden. Nach ca. 20–45 min und dem Moment der größten Ausdehnung lassen die Sehstörungen nach und die Kopfschmerzphase beginnt. Neben visuellen Ausfällen können sowohl halbseitige von distal nach proximal aszendierende als auch von proximal nach distal deszendierende Sensibilitätsstörungen (meist Kribbelparästhesien) sowie Sprech- oder Sprachstörungen und sehr selten auch Paresen auftreten (Viana et al. 2017). Die neurologischen Ausfälle entwickeln sich üblicherweise graduell über 5–20 min und dauern in den meisten Fällen nicht länger als 60 min. Selten sind prolongierte Auren, wobei die neurologischen Ausfälle bis zu maximal 1 Woche anhalten können und danach wieder völlig abklingen. Im kraniellen CT oder MRT kommt es dann anders als beim migränösen Infarkt zu keinem nachweisbaren Gewebedefekt (Thissen et al. 2014).
Typische Aura ohne Kopfschmerz
Selten werden insbesondere von männlichen Migränepatienten im mittleren oder höheren Lebensalter visuelle Auraphänomene beschrieben, denen kein oder nur ein ganz schwacher Kopfschmerz folgt. Differenzialdiagnostisch müssen in erster Linie transitorisch-ischämische Attacken (laufen nicht stereotyp ab) sowie Okzipitallappenepilepsien (Ausschluss von symptomatischen Ursachen) abgegrenzt werden. Die Diagnose darf erst nach eindeutigem Ausschluss aller möglichen symptomatischen Differenzialdiagnosen gestellt werden (Vongvaivanich et al. 2015).
Hemiplegische Migräne
Nach genetischen Kriterien unterscheidet man bei dieser seltenen Migräneform die sporadische hemiplegische Migräne (SHM) und familiäre Formen (FHM), wobei diese Klassifikation keinen Einfluss auf die Therapie nimmt. Von einer hemiplegischen Migräne betroffene Patienten erleiden während der Migräneattacke u. U. eine komplette Halbseitenlähmung, die für 30–60 min, in einigen Fällen sogar mehrere Tage andauern kann (Russell und Ducros 2011). Zudem treten häufiger Hirnstammsymptome, Fieber, Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma auf. Bei etwa der Hälfte der Patienten mit FHM tritt auch eine chronische progressive zerebelläre Ataxie auf.
FHM1
Die FHM1 entsteht durch Mutationen auf Chromosom 19p13 (Ophoff et al. 1996), das eine Untereinheit eines hirnspezifischen P/Q-Kalzium-Kanals kodiert (CACNA1A). Die Beeinträchtigung des Kalziumkanals verursacht eine erhöhte Öffnungsfrequenz (sog. Gain-of-function-Mutation) mit einer unphysiologischen Erhöhung des Kalziumeinstroms in die Zelle. Einige Mutationen können inzwischen auch spezifischen phänotypischen Besonderheiten zugeordnet werden. So können Patienten mit einer spezifischen Mutation gleichzeitig noch unter einer Ataxie (episodische Ataxie Typ 2) oder unter vermehrtem Tremor leiden.
FHM2
Der FHM2 liegt ein Gendefekt auf Chromosom 1q23 zugrunde. Dieses Gen kodiert eine spezifische zerebrale Natrium-Kalium-Pumpe (ATP1A2) (De Fusco et al. 2003). Diese Mutation führt zur verminderten Aktivität der Pumpe mit Anstieg des extrazellulären Kaliums und Abnahme des Membranpotenzials. Klinisch kommt es neben motorischen Ausfällen in der Aura vermehrt zu Sprachstörungen und generalisierten Krampfanfällen; Ataxien kommen bei der FHM2 dagegen nicht vor.
FHM3
Die FHM3 entsteht durch die Mutation eines Natriumkanals auf Chromosom 2q24 (SCN1A) (Dichgans et al. 2005). Dieser Kanaldefekt wird bereits mit frühkindlichen Fieberkrämpfen assoziiert. Tatsächlich leiden betroffene Migränepatienten auch häufiger unter epileptischen Anfällen als die Normalbevölkerung.
Bei der normalen Migräne mit und ohne Aura sind die genannten Genloci dagegen normal. Daraus kann man ableiten, dass Migräne als heterogene Erkrankung zu verstehen ist, der unterschiedliche pathophysiologische Mechanismen zugrunde liegen.
Migräne mit Hirnstammaura
Diese sehr seltene Form imponiert mit typischen Hirnstammzeichen und wird beim erstmaligen Auftreten differenzialdiagnostisch meist als Hirnstamminfarkt eingeordnet. Neben Gesichtsfelddefekten können Sehstörungen, Schwindel, Tinnitus, Hörstörungen, Doppelbilder und eine Ataxie auftreten. Die Klassifikation fordert allerdings das Fehlen einer motorischen Schwäche (DeLange und Cutrer 2014).
Cave Aufgrund der schwerwiegenden Differenzialdiagnosen ist die Migräne mit Hirnstammaura eine Ausschlussdiagnose, d. h. die Diagnose darf erst nach sorgfältiger Ausschlussdiagnostik, insbesondere von vertebrobasilären Ischämien, gestellt werden.
Retinale Migräne
Während der akuten Attacke entwickeln diese Patienten über 5–60 min eine monokuläre Visusstörung mit Skotomen oder im Extremfall eine monokuläre Amaurose, gefolgt von Migränekopfschmerzen. Diese Störungen sind temporär und restituieren innerhalb weniger Stunden wieder komplett. Die Diagnose einer retinalen Migräne fordert im symptomfreien Intervall einen unauffälligen ophthalmologischen Befund. Andere zugrunde liegende Ursachen wie z. B. eine Stenose der A. carotis interna oder eine Riesenzellarteriitis mit Amaurosis fugax müssen ausgeschlossen sein (Evans und Grosberg 2008).
Chronische Migräne
Die chronische Migräne (CM) entwickelt sich aus der episodischen Verlaufsform durch stete Zunahme der Attackenfrequenz (Adams et al. 2015; Aurora und Brin 2017; Diener et al. 2012; Schwedt 2014). Oft verliert die Migräne dabei etwas von ihrer klassischen Charakteristik und es kommt zu Tagen, an denen Schmerzintensität und Begleitsymptomatik schwächer ausgeprägt sind als sonst in einer Migräneattacke. Dies kann dazu führen, dass die Patienten nur noch von den schweren Kopfschmerztagen berichten, was zu einer Unterschätzung der Schwere der Migräne führt, oder dass eine Komorbidität von Migräne und Spannungskopfschmerz angenommen wird.
Bei der Entwicklung der CM steigt die Zahl der Kopfschmerztage kontinuierlich an, bis schließlich monatlich mehr als 15 Kopfschmerztage auftreten. Viele Patienten haben kaum mehr Tage ohne Kopfschmerz. Ist die Zahl der Kopfschmerztage über 3 Monate hinweg so hoch und erfüllen mindestens 8 der Kopfschmerztage die Kriterien für eine Migräne oder sprechen auf spezifische Migränemedikamente an, so ist die Diagnose einer CM zu stellen.
Die Beeinträchtigung durch eine CM ist im Privatleben wie auch im Beruf extrem hoch und die Lebensqualität erheblich reduziert. Psychiatrische Komorbiditäten sind häufig.
Ein Großteil der Patienten betreibt einen Übergebrauch an Schmerzmitteln. In solchen Fällen soll sowohl die Diagnose einer CM als auch eines Kopfschmerzes bei Medikamentenübergebrauch gestellt werden. Typische Risikofaktoren für die Chronifizierung einer Migräne sind episodische Migräneverläufe mit bereits initial hoher Attackenfrequenz, weibliches Geschlecht, begleitende Depression oder Angststörung sowie andere chronische Schmerzerkrankungen und der Übergebrauch von Akutmedikation.
Die Behandlung von Patienten mit CM erfordert immer ein multimodales Therapiekonzept mit Einleitung einer medikamentösen Prophylaxe, Abbau des Medikamentenübergebrauchs bzw. falls möglich Medikamentenentzug, verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und ggf. auch gezielter psychologischer Schmerztherapie (Aurora und Brin 2017; Diener et al. 2015).
Status migränosus
Der Status migränosus ist definiert als eine Attacke, die über mehr als 72 h anhält und nicht ausreichend auf Akutmedikation angesprochen hat (kurze kopfschmerzfreie Intervalle nach Einnahme von Akutmedikation dürfen vorhanden sein). Der Kopfschmerz darf ferner auf keine andere Ursache zurückführbar sein. Zur Behandlung haben sich Kortikoide bewährt.
Migräne bei Kindern
Die kindliche Migräne zeichnet sich durch eine kürzere Attackendauer und eine meist holokranielle Schmerzverteilung aus. Beim Kind können Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen sehr stark ausgeprägt sein und sogar klinisch im Vordergrund stehen. Auch Auren kommen bei Kindern vor, neben den typischen visuellen Phänomenen mit Flimmersehen und Fortifikationsspektren können auch Wahrnehmungsstörungen (Alice-im-Wunderland-Syndrom) auftreten. Bereits kurze Schlafphasen bessern die Symptomatik deutlich. Kindliche Migräneäquivalente sind der paroxysmale Torticollis, der benigne paroxysmale Schwindel der Kindheit und das periodische Erbrechen der Kindheit (Gelfand 2018).
Persistierende Aura ohne Hirninfarkt und migränöse Infarkte
Selten können die Symptome einer Aura über mehrere Tage bestehen bleiben. Hier ist die zerebrale Ischämie die wichtigste Differenzialdiagnose. Bleiben die Symptome über eine Woche bestehen, ohne dass eine Ischämie vorliegt (cMRT unauffällig), wird die Symptomatik als persistierende Aura ohne Hirninfarkt bezeichnet. Hier ist die Prognose meist gut. Bei Patienten, die häufiger unter einer Aura leiden, werden oft signalintense Herde in der cMRT gesehen, deren Ätiologie weitgehend unklar ist. Mehrere Studien konnten nachweisen, dass Ausmaß und Zahl der Herde mit der Aurafrequenz korrelieren. Der Übergang in eine Ischämie kann fließend sein. Von einem migränösen Infarkt wird jedoch nur dann gesprochen, wenn eine Aura länger als 60 min anhält und sich unmittelbar hieran ein Infarktareal im cMRT nachweisen lässt (Laurell und Lundström 2012).
Diagnostik
Die Symptome einer Migräne sind so charakteristisch, dass die Diagnose bei typischer Beschwerdeschilderung und einem regelrechten bzw. die Kopfschmerzen nicht erklärenden neurologischen Befund auch ohne weitere Zusatzdiagnostik gestellt werden kann. Atypische Beschwerden und Verläufe, wozu auch ein ungewöhnliches Alter bei Erstmanifestation zählt, erfordern dagegen eine gezielte Ausschlussdiagnostik.
In der Kopfschmerzanamnese werden die Dauer und Frequenz der Kopfschmerzattacke, Lokalisation und Intensität des Schmerzes, die mögliche Verstärkung bei körperlicher Betätigung, die vegetativen Begleitphänomene und das spezifische Verhalten erfasst. Dies gelingt oft besser, wenn die Patienten einen Kopfschmerzkalender geführt haben (Abb. 2; Download von Kopfschmerzkalendern in verschiedenen Sprachen unter www.DMKG.de).
Zudem sollte nach Risikofaktoren für einen sekundären Kopfschmerz wie z. B. schwerwiegenden Begleiterkrankungen (Malignom, HIV-Infektion, Thromboseneigung), Medikamentenübergebrauch und immunsuppressiven Therapien gefragt werden.
Es wird ein normaler neurologischer und allgemeinmedizinischer Untersuchungsbefund gefordert. Bestehende Befunde sollten zumindest nicht mit der Entstehung des Kopfschmerzes in Verbindung gebracht werden können. Ein spezifisches apparatives Verfahren zum Nachweis einer Migräne oder anderen primären Kopfschmerzform existiert nicht.
Nicht selten zeigen Kernspintomografien bei Patienten mit Migräne mit Aura als Zufallsbefund unspezifische signalintense Läsionen im Marklager, die u. U. als lakunäre Infarkte oder Demyelinisierungsherde einer bisher nicht erkannten multiplen Sklerose fehlinterpretiert werden, aber keinen Krankheitswert haben und nach neueren Vorstellungen mit Dauer und Intensität der Erkrankung assoziiert sind.
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen der Migräne sind in Tab. 3 zu finden.
Tab. 3
Wichtige Differenzialdiagnosen einer Migräne und die notwendige Diagnostik
Differenzialdiagnose
Kopfschmerz und Begleitsymptom
Besonderheiten
Clusterkopfschmerz
Maximal heftige, stets einseitige, seitenkonstante, retroorbital sitzende Kopfschmerzen mit trigeminoautonomen Symptomen der betroffenen Seite (Lakrimation, konjunktivale Injektion, Nasenkongestion)
Häufiger Männer betroffen, Schmerzphase kürzer als bei der Migräne (15–180 min), begleitend motorische Unruhe
Heftigster nie gekannter, plötzlich auftretender Kopfschmerz, Meningismus, evtl. Bewusstseinstrübung, fokal-neurologische Ausfälle
Auftreten spontan oder nach Anstrengung
cCT und ggf. Lumbalpunktion (blutiger/xanthochromer Liquor) diagnostisch erforderlich
Heftige Kopfschmerzen, Bewusstseinsstörung, fokal-neurologische Symptome, Krampfanfälle
Häufig arterielle Hypertonie bzw. hypertensive Krise; ggf. Antikoagulation, duale Plättchenhemmung
cCT
Zerebrale Sinus-/Venenthrombose (CVST)
Langsam mitunter über Wochen progrediente fluktuierende Kopfschmerzen, fokale Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen
Junge (adipöse) Frauen, orale Kontrazeptiva, Nikotinabusus, Schwangerschaft, Thrombophilie
cMRT oder cCT mit venöser Angiografie
Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)
Rezidivierende heftige Vernichtungskopfschmerzen
Frauen > Männer betroffen, ggf. Medikamente als Auslöser (auch Triptane!)
Gefäßdarstellung (Duplex, CTA, MRA, DSA)
Entwicklung von Kopfschmerzen über Tage bis wenige Wochen, oft Allgemeinsymptome, Visusminderung, begleitende Polymyalgia rheumatica
Alter >50 Jahre, Schmerzen beim Kauen (!), cCT nicht wegweisend!
BSG >50 mm in der 1. Stunde, CRP erhöht, Leukozytose
Halozeichen im Duplex der (oft verdickten) A. temporalis, ggf. Biopsie
Glaukomanfall
Heftigster orbital lokalisierter einseitiger Schmerz, Übelkeit, ipsilaterale Mydriasis, Corneatrübung
Alter >50 Jahre, Risikofaktoren, Bulbus steinhart, Augeninnendruck messen
cCT kraniale Computertomografie; cMRT kraniale Kernspintomografie; CTA computertomografische Angiografie; DSA digitale Subtraktionsangiografie; MRA Kernspinangiografie
Therapie
Therapie der Migräneattacke
Für die Therapie der Migräne existiert eine ausführliche Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), die auf den Webseiten von DGN und DMKG eingesehen werden können (http://www.DGN.de; www.dmkg.de).
Analgetika
Migräneattacken können mit peripher wirksamen Analgetika und nichtsteroidalen Analgetika (NSAR) in Kombination mit einem Prokinetikum/Antiemetikum behandelt werden. Durch die Gabe von Prokinetika und Antiemetika wie Metoclopramid oder Domperidon wird die Resorption der Analgetika verbessert und die begleitende Übelkeit gelindert. Sofern damit ausreichend schnell eine akzeptable Schmerzreduktion oder sogar Schmerzfreiheit erreicht wird, sind diese Substanzen ausreichend. Wichtig ist es, die Substanzen früh in der Attacke und in ausreichend hoher Dosierung einzusetzen und gleichzeitig einen Übergebrauch von Akutmedikation zu vermeiden. Opiate eignen sich grundsätzlich nicht zur Behandlung der Migräne. Sie führen zu starken Nebenwirkungen und sind ein erheblicher Risikofaktor für eine Chronifizierung. Einen Überblick über die einzelnen Substanzen und deren Darreichungsformen gibt Tab. 4.
Tab. 4
Analgetika und Prokinetika zur Behandlung der Migräneattacke
Arzneimittel
Dosierung
Nebenwirkungen
Kontraindikationen
Analgetika
   
Acetylsalicylsäure (ASS)
1000 mg p.o.
500–1000 mg i.v.
Magenschmerzen, Übelkeit, Gerinnungsstörungen
Magen-Darm-Ulzera, Asthma, Blutungsneigung, Schwangerschaft 1. und 3. Trimenon
400–600 mg
Wie ASS, Ödeme
Wie ASS (Blutungsneigung geringer), Niereninsuffizienz, 3. Trimenon der Schwangerschaft
Naproxen
500–1000 mg
Wie Ibuprofen
Wie Ibuprofen
Ketoprofen
50–100 mg
Diclofenac-K
50–100 mg
1000 mg
Allergische Reaktion, Blutbildveränderungen, arterielle Hypotonie
Erkrankungen des hämatopoetischen Systems
1000 mg
Leberschäden in hohen Dosierungen
Leberschäden
Kombinationsanalgetika
ASS 250/265 mg + Paracetamol 200/265 mg +Coffein 50/65 mg
2 Tbl.
siehe Einzelsubstanzen
siehe Einzelsubstanzen
Prokinetika
   
Metoclopramid
10–20 mg p.o.
20 mg rektal
10 mg i.m., i.v., s.c.
Frühdyskinetisches Syndrom, Unruhezustände
Kinder unter 14 Jahren, Hyperkinesen, Schwangerschaft, Prolaktinom
Domperidon
20–30 mg p.o.
Seltener als bei Metoclopramid
Kinder unter 10 Jahren, sonst s. Metoclopramid, aber geringer ausgeprägt und seltener
Spezifische Migränemedikamente
Bei mittelschweren und schweren Migräneattacken oder unzureichendem Ansprechen auf die genannten Substanzen sollte mit einem Triptan behandelt werden. Triptane entfalten ihre migränespezifische Wirkung als Agonisten am Serotonin1B/D-Rezeptor. Sie sind Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der Migräneattacke. Es sind 7 verschiedene Triptane in unterschiedlichen Darreichungsformen (Tablette, Schmelztablette, subkutane Injektion, Nasenspray) im Handel. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wirkbeginns, der Wirkstärke, des Auftretens von Nebenwirkungen und dem Auftreten von Wiederkehrkopfschmerzen innerhalb von 2–24 h nach initial gutem Ansprechen (sekundäres Therapieversagen) (Cameron et al. 2015; Thorlund et al. 2017). Bis dato sind nur die Wirkstoffe Naratriptan (Tablette 2,5 mg) und Almotriptan (Tablette 12,5 mg) auch ohne Rezept erhältlich. Tab. 5 gibt einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Präparate nach der Reihenfolge der Zulassung.
Tab. 5
Verfügbare Triptanpräparate, Darreichungsformen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Wirkstoff
Dosis und Darreichungsform
Nebenwirkungen
Kontraindikationen
Sumatriptan
50–100 mg p.o.
10–20 mg nasal
Engegefühl im Bereich der Brust und des Halses, Parästhesien der Extremitäten, Kältegefühl
Hypertonie, koronare Herzerkrankung, Angina pectoris, Myokardinfarkt in der Vorgeschichte, Morbus Raynaud, arterielle Verschlusskrankheit der Beine, transitorisch-ischämische Attacke oder Schlaganfall, schwere Leber- oder Niereninsuffizienz, multiple vaskuläre Risikofaktoren, relativ: Schwangerschaft, Stillzeit
6 mg s.c.
Lokalreaktion an der Injektionsstelle
Zolmitriptan
2,5–5 mg p.o.
2,5–5 mg Schmelztablette
5 mg Nasenspray
Wie Sumatriptan
Wie Sumatriptan
Naratriptan
2,5 mg p.o.
Etwas geringer als Sumatriptan
Wie Sumatriptan
Rizatriptan
5–10 mg Tbl. oder Schmelztablette
Wie Sumatriptan
Wie Sumatriptan, Dosis 5 mg bei Einnahme von Propranolol
Almotriptan
12,5 mg p.o.
Etwas geringer als Sumatriptan
Wie Sumatriptan
Eletriptan
20, 40 mg p.o.
Schweiz: 80 mg p.o.
Wie Sumatriptan
Wie Sumatriptan
Frovatriptan
2,5 mg p.o.
Geringer als Sumatriptan
Wie Sumatriptan
Alle Triptane haben sich in kontrollierten Studien als signifikant wirksam erwiesen. Die subkutane Injektion von 6 mg Sumatriptan ist die schnellstwirksame Therapie, führt aber durch das schnelle Anfluten des Wirkstoffs zu mehr Nebenwirkungen. Ebenfalls sehr schnell wirksam sind die nasalen Darreichungsformen. In Metaanalysen waren Eletriptan und Rizatriptan die wirksamsten oralen Triptane, während sich Almotriptan und Eletriptan durch die beste Verträglichkeit auszeichnen. Naratriptan und Frovatriptan haben die längste Halbwertszeit und führen etwas seltener zu Wiederkehrkopfschmerzen als die schnell wirksamen Triptane. Insgesamt muss in 15–40 % nach Einnahme eines Triptans mit Wiederkehrkopfschmerzen gerechnet werden.
In den meisten randomisierten Studien wird nach Einnahme eines Triptans häufiger innerhalb von 2 Stunden Schmerzfreiheit erzielt als nach Einnahme von einfachen Analgetika oder NSAR. In Metaanalysen bestehen aber nur geringe Unterschiede in der Wirksamkeit der einzelnen Triptane.
Triptane eignen sich nicht als Diagnostikum, da es auch Migränepatienten gibt, die nur auf bestimmte Triptane oder gar kein Triptan ansprechen. Wirkt ein Triptan nicht, sollte stets ein anderes Triptan, ggf. in einer anderen Darreichungsform versucht werden.
Bei schweren Attacken, die nicht suffizient auf Triptane ansprechen, oder bei regelmäßigem Auftreten von Wiederkehrkopfschmerzen, können Triptane auch mit Naproxen kombiniert werden. Naproxen zeichnet sich durch eine besonders lange Halbwertszeit aus und kann so bei vielen Patienten das Wiedereinsetzen von Kopfschmerzen verhindern.
Mutterkornalkaloide spielen in Deutschland für die Migränetherapie praktisch keine Rolle mehr. Sie sind Triptanen bezüglich der Wirksamkeit und dem Auftreten von Nebenwirkungen unterlegen und dürfen auch nicht mit Triptanen kombiniert werden.
Auren lassen sich durch Triptane nicht beeinflussen, sodass der Einsatz der Triptane erst nach einer abgelaufenen Aura erfolgen sollte.
Auch wenn Patienten gut auf Akutmedikation ansprechen, müssen sie darüber informiert werden, dass der häufige Einsatz von Akutmedikation zu einer Zunahme der Attackenfrequenz, längeren Attacken und schließlich Chronifizierung der Migräne führen kann. Triptane, Kombinationspräparate und die Einnahme von verschiedenen Wirkstoffen zur Akuttherapie führt ab einer Schwelle von 10 Einnahmetagen pro Monat zur Chronifizierung. Werden ausschließlich ein einfaches Analgetikum oder NSAR zur Therapie der Migräne eingenommen, sind maximal 14 Einnahmetage pro Monat vertretbar. Werden verschiedene Akutmedikamente oder Triptane an mehr als 9 Tagen pro Monat über mindestens 3 Monate eingenommen, liegt ein Übergebrauch vor (Kap. „Sekundäre Kopfschmerzsyndrome“).
Prophylaxe
Durch eine wirksame Migräneprophylaxe wird die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessert, die Behandlung akuter Attacken wirkungsvoller und das Risiko einer Chronifizierung und eines Medikamentenübergebrauchs geht zurück. Grundsätzlich wird zwischen medikamentösen und nicht-medikamentösen Verfahren unterschieden.
Für die Patienten ist von großer Bedeutung, zu wissen, wann mit dem Wirkeintritt einer Prophylaxe gerechnet werden kann, welche Nebenwirkungen auftreten könnten und wie lange eine prophylaktische Behandlung in der Regel praktiziert wird. Wird eine medikamentöse Prophylaxe eingeleitet, sollte der Therapieeffekt durch einen Kopfschmerzkalender kontrolliert werden (Abb. 2). Ziel ist eine mindestens 50 %-ige Reduktion der Kopfschmerztage. Herkömmliche Prophylaktika bereiten meist in der Eindosierungsphase Nebenwirkungen, weisen einen verzögerten Wirkeintritt auf und können bezüglich ihrer Wirksamkeit frühestens nach 8–12 Wochen beurteilt werden. Die neuen migränespezifischen Antikörper wirken dagegen bereits innerhalb von 4–8 Wochen und sind besser verträglich (s .unten).
Die Indikation zur Einleitung einer Prophylaxe besteht bei folgenden Konstellationen:
  • mehr als 3 Migräneattacken/Monat
  • Migräneattacken, die länger als 72 h anhalten (prolongierte Attacken)
  • Therapieversagen oder Unverträglichkeiten von Akutpräparaten
  • manifester oder drohender Übergebrauch von Akutmedikation
  • schwere und lang anhaltende Auren
Herkömmliche, unspezifische Substanzen zur Migräneprophylaxe
Allen herkömmlichen Substanzen ist gemein, dass sie nicht primär zur Prophylaxe der Migräne entwickelt wurden. Ihre migräneprophylaktische Wirkung wurde zufällig entdeckt, als diese Medikamente in ihrer ursprünglichen Indikation bei Menschen eingesetzt wurden, die auch unter einer Migräne litten. Diese Beobachtungen führten dann zu placebo-kontrollierten Studien, in denen Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Patienten mit Migräne belegt wurde (Tab. 6).
Tab. 6
Herkömmliche Substanzen zur Migräneprophylaxe
Substanz/Dosis
Evidenz/Wirkstärke
Zielgruppe/Besonderheiten
Nebenwirkungen
Kontraindikation
Metoprolol 50–200 mg
Propranolol 40–240 mg
(Bisoprolol 5–10 mg, off-label)
Hoch/hoch
Mittel der 1. Wahl bei langsamer Eindosierung auch bei Patienten mit Neigung zur Hypotonie, Kinderwunsch, günstig bei Komorbidität Hypertonus, Angststörung
H: Müdigkeit, arterielle Hypotonie
S: Hypoglykämie, Bronchospasmus, Bradykardie, Magen-Darm-Beschwerden, erektile Dysfunktion
R: Diabetes mellitus, orthostatische Dysregulation, Depression
Flunarizin 5–10 mg
Hoch/hoch
Mittel der 1. Wahl
Schlanke Patienten, begleitende Schlafstörungen
H: Müdigkeit, Gewichtszunahme
G: gastrointestinale Beschwerden, Depression
S: Hyperkinesen, Tremor, Parkinsonoid
A: fokale Dystonie, Schwangerschaft, Stillzeit, Depression
R: Morbus Parkinson in der Familie, Adipositas
Topiramat 25–100 mg
Hoch/hoch
Chronische und episodische Migräne mit hoher Attackenfrequenz, kein Ansprechen auf Betablocker oder Flunarizin
Komorbidität Epilepsie
H: Müdigkeit, kognitive Störungen, Gewichtsabnahme, Parästhesien
G: Geschmacksveränderungen, Psychosen, Nierensteine, Depression
S: Engwinkelglaukom
A: Niereninsuffizienz, Nierensteine, Engwinkelglaukom
R: Depression, Angststörung, geringes Körpergewicht, Anorexie
Amitriptylin
50–75 mg
Hoch/hoch
Komorbidität Angststörung, Depression, Schlafstörung, neuropathische Schmerzen, Spannungskopfschmerz. Möglich bei Kinderwunsch
H: Müdigkeit, Benommenheit, Mundtrockenheit, Schwindel, Gewichtszunahme
A: Herzinsuffizienz, Glaukom, Prostatahypertrophie, -adenom
R: kognitive Störungen, beginnende Demenz
Valproinsäure 500–1000 mg
Hoch/mittel bis hoch
Erstattungsfähige Off-Label-Therapie bei Männern und nichtgebärfähigen Frauen
Begleitende Epilepsie, affektive Störung mit Indikation zur Phasenprophylaxe
H: Müdigkeit, Schwindel, Tremor
G: Hautausschlag; Haarausfall, Gewichtszunahme
S: Leberfunktionsstörungen
A: Leberfunktionsstörungen, Schwangerschaft (Neuralrohrdefekte), Frauen im gebärfähigen Alter, Alkoholmissbrauch
Onabotulinumtoxin 155–195 U i.m. (definiertes Injektionsschema)
Hoch/mittel bis hoch
Ausschließlich chronische Migräne
G: muskelkaterartige Beschwerden, kosmetisch unerwünschte Paresen, Nackenmuskelschwäche
R: Antikoagulation
Opipramol 50–150 mg off-label
Gering/mittel bis schwach
Begleitende Angststörung/Depression, Unverträglichkeit von Amitriptylin
Wie Amitriptylin (aber meist geringer ausgeprägt)
Wie Amitriptylin
Magnesium 2-mal 300 mg plus Vitamin B2 2-mal 200 mg plus Coenzym Q10 2-mal 75 mg
Gering/mittel bis schwach
Milde Verläufe, Ablehnung von Pharmaka, Kinderwunsch, keine Kostenerstattung durch Krankenkassen
H: Durchfall bei zu rascher Aufdosierung
Keine
Candesartan 16 mg off-label (laufendes Verfahren zur Kostenerstattung)
Mittel/wie Propranolol
Komorbidität arterieller Hypertonus
G: Schwindel, Kopfschmerzen
S: angioneurotisches Ödem
Nierenfunktionsstörungen, Herzklappenfehler, Kardiomyopathie, Schwangerschaft und Stillzeit
H: häufig, G: gelegentlich, S: selten, A: absolut, R: relativ
Bis heute sind die Mechanismen, auf denen die migräneprophylaktische Wirkung beruht, jedoch nicht geklärt. Zudem sind die Substanzen nicht bei allen Patienten effektiv und weisen zum Teil unerwünschte Nebenwirkungen auf, die zur Beendigung der Therapie führen können.
Die Auswahl der medikamentösen Therapie sollte immer unter Berücksichtigung der Schwere der Migräne, der persönlichen Lebenssituation (z. B. Schichtdienst), der zu erwartenden Nebenwirkungen und der Begleiterkrankungen erfolgen.
Um die Compliance und Adhärenz für eine Prophylaxe zu verbessern, sollten neben den bereits genannten Aspekten auch folgende Punkte angesprochen werden:
  • Die Verordnung der gewählten Substanz beruht auf seiner gesicherten, migräneprophylaktischen Wirkung. Andere Indikationen, die im Beipackzettel aufgeführt sind, sind entweder irrelevant für die Verordnung oder aufgrund der begleitenden Effekte (z. B. Blutdrucksenkung bei Hypertonus) erwünscht.
  • Die Verordnung führt nicht zu Abhängigkeit.
  • Die Prophylaxe kann die Migräne nicht heilen, aber signifikant lindern. Ziel ist mindestens eine Halbierung der Attackenfrequenz und ein deutlicher Rückgang der notwendigen Akutmedikation.
  • Über relevante und für den Patienten abschreckende Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oder erektile Dysfunktion sollte im Vorfeld der Verordnung immer aufgeklärt werden.
  • Die Dauer der Behandlung hängt von der Schwere der Migräne ab und beträgt üblicherweise mindestens 6–12 Monate. Danach wird die Indikation zur Prophylaxe erneut überprüft.
  • Kinderwunsch ist keine Kontraindikation für eine Prophylaxe, muss aber bei der Auswahl des Therapieverfahrens berücksichtigt werden.
  • Akutmedikamente sind nicht für den häufigen Gebrauch bestimmt. Sie können eine Prophylaxe nicht ersetzen.
Tab. 6 liefert eine Übersicht über die herkömmlichen Substanzen zur Migräneprophylaxe.
Spezifische Substanzen zur Migräneprophylaxe
Der Bedarf an besser verträglichen Substanzen zur Prophylaxe hat aufbauend auf den Kenntnissen um die pathophysiologischen Abläufe während einer Migräneattacke zur Entwicklung neuer Substanzen geführt, die in die Wirkweise des Neuropeptids Calcitonin gene-related peptide (CGRP) eingreifen (Edvinsson 2018). Die Überlegung, durch die Blockade von CGRP Einfluss auf die Häufigkeit von Migräneattacken zu nehmen, führte zur Entwicklung von Antikörpern, die sich gegen CGRP bzw. dessen Rezeptor richten (Abb. 3).
In Deutschland sind als migränespezifische Substanzen zur Prophylaxe bereits der CGRP-Rezeptor-Antikörper Erenumab sowie die CGRP-Ligandenblocker Galcanezumab und Fremanezumab erhältlich (Übersicht in Tab. 7). Als vierte Substanz ist Eptinezumab in der Entwicklung.
Tab. 7
CGRP-(Rezeptor-)Antikörper zur Migräneprophylaxe
Substanz
Dosierung
Zulassung
Nebenwirkungen
Kontraindikationen
Erenumab
Rezeptor-Antikörper
70/140mg s.c. alle 4 Wochen
Ab 4 Migränetage/Monat
Reaktionen an der Injektionsstelle, Obstipation,
Muskelspasmen
Schwangerschaft,
aus theoretischen Überlegungen zum Wirkmechanismus strenge Indikation bei hohem kardiovaskulärem Risiko und entzündlichen Darmerkrankungen
Galcanezumab
Liganden-Antikörper
Zu Beginn 240 mg s.c., dann 120mg s.c. alle 4 Wochen
Ab 4 Migränetage/Monat
Reaktionen an der Injektionsstelle, Obstipation, Schwindel
Wie Erenumab
Fremanezumab
Liganden-Antikörper
225mg s.c. monatlich oder 675mg s.c. vierteljährlich
Ab 4 Migränetage/Monat
Reaktionen an der Injektionsstelle
Wie Erenumab
Die drei bereits zugelassenen Antikörper haben sich in placebo-kontrollierten Studien als wirksam bei der episodischen und chronischen Migräne erwiesen und sind ab einer Zahl von 4 Migränetagen pro Monat zur Prophylaxe zugelassen.
Die Behandlung mit einem Antikörper führt allerdings zu erheblichen Therapiekosten. Wegen bereits bestehender bzw. erwarteter Beschränkungen für die Kostenübernahme sollten nur Patienten, die nachweislich auf Betarezeptorenblocker, Flunarizin, Amitriptylin, Topiramat und bei chronischer Migräne auch Botulinumtoxin nicht ausreichend angesprochen haben oder diese aufgrund von Kontraindikationen oder Nebenwirkungen nicht anwenden konnten, eingestellt werden. Andernfalls muss zumindest bei gesetzlich versicherten Patienten damit gerechnet werden, dass die Therapiekosten nicht erstattet werden.
Aufgrund der physiologischen Effekte (Vasodilatation, Entzündungshemmung) des ubiquitär im Körper vorhandenen CGRP sollte die Anwendung von CGRP-(Rezeptor-)Antikörpern vorsichtshalber bei Patienten mit hohem vaskulären Risikoprofil, entzündlichen Darmerkrankungen, Kinderwunsch oder bevorstehenden großen operativen Eingriffen vermieden werden. CGRP-Rezeptoren sind im ganzen Körper vorhanden, u. a. in der Darmmukosa, am Herzen, an der glatten Gefäßmuskulatur und im respiratorischen Endothel (Hay und Walker 2017). Dort kommt CGRP wahrscheinlich v. a. unter pathophysiologischen Bedingungen eine protektive Funktion zu (MaassenVanDenBrink et al. 2016).
Bislang beruhen die Erfahrungen mit diesen Substanzen noch ganz überwiegend auf den Studiendaten (Tab. 7 und 8). Alle genannten Antikörper zeichnen sich durch eine ausgezeichnete Verträglichkeit und einen raschen Wirkeintritt aus. Die ersten Erfahrungen außerhalb von Studien sind selbst bei den bislang nicht mit Erfolg behandelten Patienten meist positiv. Bislang kennt man keine Prädiktoren für das Ansprechen auf die Therapie oder die Überlegenheit einer Rezeptorblockade im Vergleich zu einer Ligandenblockade. Die Behandlung mit einer der neuen Substanzen ist für viele der schwer betroffenen Patienten ein Durchbruch in der Therapie. Dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade schwer Betroffene häufig Komorbiditäten wie Angststörungen und Depressionen aufweisen und deshalb in aller Regel eines multimodalen Therapiekonzepts, das auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen inkludiert, bedürfen. Die Behandlung schwer Betroffener und der Einsatz von Antikörpern sollte durch einen speziell in der Migränetherapie erfahrenen Arzt erfolgen.
Tab. 8
Wirksamkeitsdaten aus den Zulassungsstudien der CGRP-(Rezeptor-)Antikörper
Substanz
Episodische Migräne
≥50 % Ansprechraten
Chronische Migräne
≥50 % Ansprechraten
Quelle
Erenumab
70 mg: 43.3 %
140 mg: 50.0 %
Placebo: 26.6 %
70 mg: 39.9 %
140 mg: 41.2 %
Placebo: 23.5 %
(Goadsby et al. 2017; Tepper et al. 2017)
Galcanezumab
120 mg: 59.3–62.3 %
240 mg: 56.5–60.9 %
Placebo: 36.0–38.6 %
120 mg: 27.6 %
240 mg: 27.5 %
Placebo:15.4 %
(Detke et al. 2018; Skljarevski et al. 2018; Stauffer et al. 2018)
Fremanezumab
225 mg/Monat: 47.7 %
675 mg/3 Monate: 44.4 %
Placebo: 27.9 %
225 mg/Monat: 40.8 %
675 mg/3 Monate: 37.6 %
Placebo: 18.1 %
(Dodick et al. 2018; Silberstein et al. 2017)
Behandlung der Migräneaura
Für einige Patienten steht nicht nur der Kopfschmerz einer Migräneattacke im Vordergrund, sondern auch die Aurasymptome. In einer kleinen Pilotstudie konnte gezeigt werden, dass der NMDA-Antagonist Ketamin in der Lage ist, Auren signifikant zu reduzieren (Afridi et al. 2013). Ketamin eignet sich jedoch nicht für den Routineeinsatz.
Häufige Auren können nur durch prophylaktische Maßnahmen reduziert werden. Neben den oben genannten etablierten Prophylaktika konnten in mehreren Studien auch mit Lamotrigin, einem Natriumantagonisten, der außerdem NMDA-antagonistische Qualitäten hat, sowohl Frequenz als auch Intensität der Auren deutlich vermindert werden (Lampl et al. 2005). In einer Studie mit 60 Patienten wurde bei einer ausreichenden Therapiedauer (mindestens 4 Monate) eine Responderrate von über 70 % erzielt. Die Dosierung liegt hier zwischen 50 und 125 mg pro Tag (off-label).
Verhaltensmaßnahmen und Lebensführung
In der Attacke verhalten sich viele Patienten intuitiv so, dass die Schmerzen möglichst gelindert werden. Sie ziehen sich zurück, suchen eine von Außenreizen abgeschirmte Umgebung und versuchen zu schlafen. Auch Eisbeutel im Nacken werden von vielen Patienten als schmerzlindernd empfunden. Grundsätzlich sollten diese Strategien empfohlen werden, da Akutmedikamente so ihre Wirkung besser entfalten können. Als alleinige Therapie sind die Maßnahmen meist unzureichend.
Im Hinblick auf die Vorbeugung von Migräneattacken kommt dem Lebensstil dagegen eine hohe Bedeutung zu. Bei vielen Patienten spielen private und berufliche Stressoren, oft begünstigt durch einen hohen Eigenanspruch und das Unvermögen, sich von Anforderungen zu distanzieren, eine große Rolle bei der Generierung von Attacken. Ausgleichende und entlastende Momente wie Sport und Entspannung werden zugunsten von Beruf und Ansprüchen der Familie vernachlässigt. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen und Beratung zu Strategien, wie Stress besser bewältigt werden kann, sind wichtige Therapieelemente.
Im Hinblick auf die allgemeine Lebensführung sollten Patienten abrupte Änderungen des Lebensrhythmus vermeiden. Hierzu zählen ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, regelmäßige Mahlzeiten, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und das Einhalten von Pausen.
Es empfiehlt sich grundsätzlich, zu regelmäßiger körperlicher Betätigung (Ausdauersport 3-mal pro Woche für mindestens 30 min) zu raten und gerade bei hoher Stressbelastung im Alltag regelmäßig eine Entspannungstechnik zu praktizieren (Baillie et al. 2014).
Nichtmedikamentöse therapeutische Maßnahmen
Zahlreiche Arbeitsgruppen haben sich bemüht, gezielte verhaltenstherapeutische Ansätze als Ergänzung zu den herkömmlichen medikamentösen Verfahren zu entwickeln.
Standard ist heutzutage die Muskelrelaxation nach Jacobson. Bei regelmäßiger Anwendung können migräneprophylaktische Effekte annähernd wie bei Einnahme eines Betarezeptorenblockers erzielt werden (Kropp et al. 2016). Wird die Muskelrelaxation mit einer medikamentösen Therapie kombiniert, verstärken sich die Effekte, wohingegen die Kombination zweier migräneprophylaktischer Medikamente zu keiner Verstärkung des Therapieeffektes führt.
Auch Biofeedback ist gesichert prophylaktisch wirksam. Patienten können durch Biofeedback computergesteuert durch visuelle Rückkopplung erlernen, die Gefäßweite ihrer kranialen Gefäße zu kontrollieren. Allerdings ist die Methode aufwendig zu erlernen und es fehlen vielerorts Therapieplätze und Therapeuten für die Schulung der Patienten.
Akupunktur
Es liegen mehrere multi-zentrisch Studien zur Wirksamkeit der Akupunktur bei Migräne vor. Eine aktuelle Cochrane-Analyse hat deren Wirksamkeit als Add-on in der Migräneprophylaxe bestätigt (Linde et al. 2016). Es bleibt allerdings das Problem der fehlenden oder unzureichenden Verblindung. Es ist anzunehmen, dass auch die Erwartungshaltung des Patienten das therapeutische Ergebnis beeinflusst.
Homöopathie
Alle nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführten randomisierten placebo-kontrollierten Studien waren negativ, sodass eine homöopathische Behandlung nicht empfohlen werden kann.
Weitere Methoden ohne nachgewiesenen Nutzen bzw. mit schädlichen Effekten
Aus der Beobachtung, dass Patienten mit einer Migräne mit Aura möglicherweise eine höhere Prävalenz von persistierendem offenem Foramen ovale (PFO) aufweisen, entstanden erste Berichte, dass ein Verschluss des PFO bei Migränepatienten zu einer signifikanten Reduktion der Attackenfrequenz beitragen könnte. Randomisierte Studien konnten den Effekt jedoch nicht nachweisen (Elbadawi et al. 2019). Ein PFO-Verschluss zur Behandlung einer Migräne kann aufgrund der aktuellen Studienlage nicht empfohlen werden.
In den letzten Jahren wurde ferner die Durchtrennung des M. corrugator oder auch Piercing zur Prophylaxe der Migräne propagiert. Auch diese Methoden sind wissenschaftlich durch keine einzige Studie belegt. Patienten sollten vor Eingriffen dieser Art gewarnt werden. Die Liste von Maßnahmen, die Patienten (nicht selten aus Verzweiflung) zur Anwendung bringen, die aber eindeutig nutzlos, nur teuer, teilweise sogar schädlich sind, ist lang:
  • Amalganfüllungsaustausch
  • Chiropraktik
  • Einrenkmanöver
  • Heilfasten
  • Homöopathie
  • Hysterektomie
  • Injektionen ins Ganglion Gasseri
  • Osteopathie
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Facharztfragen

1.
Wann sollte die Diagnose einer chronischen Migräne gestellt werden?
 
2.
Welche apparative Zusatzdiagnostik ist für die Diagnose Migräne erforderlich?
 
3.
Was sind die Charakteristika einer Migräne-Aura?
 
4.
Welche Substanzen zur Akuttherapie der Migräne kennen Sie?
 
5.
Worüber klären Sie Patienten auf, wenn Sie Akutmedikation zur Therapie der Migräne verordnen?
 
6.
Wann besteht die Indikation für eine prophylaktische Therapie?
 
7.
Welchen Stellenwert haben die neuen CGRP-(Rezeptor-)Antikörper in der Therapie der Migräne?
 
Literatur
Zitierte Literatur
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