Skip to main content

3-Methylglutarsäure

Verfasst von: G. F. Hoffmann, C.-D. Langhans und A. Schulze
3-Methylglutarsäure
Synonym(e)
3-Methyl-1,5-Pentandisäure
Englischer Begriff
3-methylglutaric acid
Definition
Die verzweigtkettige Dicarbonsäure entsteht als pathologischer Metabolit im Abbau der Aminosäure Leucin.
Struktur
C6H10O4; Strukturformel:
Molmasse
146,14 g.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Im Verlauf des Abbaus der Aminosäure Leucin, der letztlich im Acetyl-CoA endet, wird 3-Methylglutaconyl-CoA durch die 3-Methylglutaconyl-CoA-Hydratase zu 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA umgesetzt. Ein Defekt dieses Enzyms führt zu einer Akkumulation von 3-Methylglutaconyl-CoA, das wiederum durch Hydrogenierung und Hydrolyse 3-Methylglutarsäure bildet (3-Methylglutaconazidurie Typ I–V).
Bei Defekten des darauffolgenden Enzyms, der 3-Hydroxymethylglutaryl(HMG)-CoA-Lyase, staut sich ebenfalls 3-Methylglutaconyl-CoA in großem Ausmaß an und wird zu 3-Methylglutarsäure umgesetzt.
Die 3-Methylglutarsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird effizient renal ausgeschieden.
Funktion – Pathophysiologie
3-Methylglutarsäure hat keine bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel. Untersuchungen zur Toxizität liegen erst in Ansätzen vor.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma.
Präanalytik
  • Durch Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether
  • Mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) als Di-Trimethylsilylester
Retentionsindex RI: 1428
M+ (m/z): 290
Quant Ion (m/z): 204
Conf. Ion (m/z): 69
Internationale Einheit
μmol/L (Plasma, Liquor).
Referenzbereich – Kinder
Pathologische Bereiche:
  • 14–400 mmol/mol Kreatinin (3-Methylglutaconacidurie Typ I)
  • 10–85 mmol/mol Kreatinin (3-Methylglutaconacidurie Typ II)
  • 5–215 mmol/mol Kreatinin (3-Methylglutaconacidurie Typ IV)
  • 10–85 mmol/mol Kreatinin (3-Methylglutaconacidurie Typ V)
  • 14–3000 mmol/mol Kreatinin (3-Hydroxy-3-Methylglutaracidurie)
Indikation
Hypoketotische Hypoglykämien, metabolische Ketoacidose, Optikusatrophie, Kardiomyopathie mit Neutropenie, progrediente psychomotorische Retardierung.
Interpretation
Erhöhte Ausscheidungen von 3-Methylglutarsäure findet man bei verschiedenen Erkrankungen mit nur zum Teil geklärter biochemischer und genetischer Basis, den 3-Methylglutaconacidurien Typ I–V:
  • Typ I beruht auf einem Defekt der 3-Methylglutaconyl-CoA-Hydratase, der sich enzymatisch und molekular sichern lässt.
  • Typ II: Barth-Syndrom (Kardiopathie, Myopathie, Minderwuchs, Neutropenie) wird durch eine Tafazzindefizienz verursacht.
  • Typ III: Costeff-Syndrom (Optikusatrophie, extrapyramidale Dysfunktion, Spastik) wird durch Defekte im OPA3-Gen verursacht, das ein mitochondriales Membranprotein kodiert.
  • Typ IV umfasst bislang nicht klassifizierbare Entitäten.
  • Typ V: Dilatative Kardiomyopathie mit Ataxie (DCMA) beruht auf Mutationen im DNAJC19-Gen.
Des Weiteren tritt 3-Methylglutarsäure erhöht bei der 3-Hydroxy-3-Methylglutaracidurie im Urin auf, wiederum mit 3-Methylglutaconsäure als führenden Begleitmetabolit.
Diagnostische Wertigkeit
Erhöhte Urinausscheidungen von 3-Methylglutarsäure weisen auf einen Defekt im Leucinstoffwechsel hin. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekulare Bestätigungsdiagnostik.
Literatur
Blau N, Duran M, Gibson KM, Dionisi-Vici C (Hrsg) (2014) Physician’s guide to the diagnosis, treatment, and follow-up of inherited metabolic diseases. Springer, Berlin/Heidelberg