Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
A. M. Gressner und O. A. Gressner
Publiziert am: 04.09.2017

Alkoholdehydrogenasen

Alkoholdehydrogenasen
Synonym(e)
ADH
Englischer Begriff
alcohol dehydrogenases
Definition
Eine Gruppe von relativ unspezifischen, in Leber und anderen Geweben vorkommenden alkoholabbauenden Enzymen mit breiter Substratspezifität, die auch dem oxidativen Abbau von Ethanol zu Acetaldehyd in Gegenwart von NAD+ als Coenzym dienen.
Beschreibung
ADH sind zytosolisch lokalisierte, aus zwei Untereinheiten der Molmassen von je ca. 40 kDa bestehende, 4 Zinkatome pro Molekül enthaltende Enzyme (Molmassen zwischen 79–83 kDa) des oxidativen Abbaus von Ethanol, die folgende reversible Reaktion katalysieren:
Die ADH-Aktivität in der Leber nimmt von der perivenösen Zone 3 zur periportalen Zone 1 des Leberazinus kontinuierlich zu. Neben Ethanol und anderen aliphatischen Alkoholen wird eine Vielzahl endo- und exogener Substrate oxidativ in Anwesenheit von NAD+ als Coenzym zu Aldehyden und Ketonen abgebaut, z. B. Glyzerol zu Glyzerolaldehyd, Retinol zu Retinal, Steroidalkohole zu Aldehyden und die Fettsäure-Omega-Oxidation katalysiert. Das pH-Optimum liegt bei 10,8, sodass beim physiologischen pH von 7,4 nur ca. 40 % der maximalen Reaktionsgeschwindigkeit erreicht werden. Gegenwärtig sind mehr als 20 Isoenzyme, die von 7 Genloci kodiert werden, bekannt. Sie werden hinsichtlich Untereinheitenzusammensetzung, Substratspezifität, Michaelis-Konstante (Km), Inhibitorempfindlichkeit (Pyrazol) und Organverteilung in 5 Klassen eingeteilt (Tab. 1). Klasse 1 der ADH-Enzyme haben die höchste Affinität für Ethanol und sind daher die für den Ethanolabbau wichtigste Enzymklasse. Zusätzlich vorhandener, ausgeprägter Enzympolymorphismus wird in Zusammenhang gebracht mit individuellen Unterschieden des Ethanolstoffwechsels, Auftreten von Alkoholabhängigkeit und Manifestation alkoholischer Lebererkrankungen.
Tab. 1
Klassen der menschlichen Alkoholdehydrogenasen (ADH)
Klasse
Genlokus
Allele
Km
Auftreten
I
ADH1
ADH2
ADH1
ADH2*1
ADH2*2
ADH2*3
α1
β1
β2
β3
0,1–1,0 mmol/L
1,0–4,0 mmol/L
Leber
Leber, Lunge
I
ADH3
ADH3*1
γ1
 
Leber, Magen
I
ADH3
ADH3*2
γ2
 
Leber, Magen
II
ADH4
ADH4
Π
34 mmol/L
Leber, Kornea, Niere, Lunge, alle Gewebe
III
ADH5
ADH5
X
>1,0 mol/L
Leber, Magen, Haut, Kornea
IV
ADH7
ADHΔ
Δ
41,0 mmol/L
 
IV
 
ADHμ
M
 
Leber, Magen
V
ADH6
ADH6
28,0 mmol/L
Literatur
Zintzaras E, Stefanidis I, Santos M, Vidal F (2006) Do alcohol-metabolizing enzyme gene polymorphisms increase the risk of alcoholism and alcoholic liver disease? Hepatology 43:352–361CrossRefPubMed