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Aminosäuren-Bestimmung mit ESI-MS/MS aus Trockenblut

Verfasst von: G. F. Hoffmann, C. -D. Langhans und A. Schulze
Aminosäuren-Bestimmung mit ESI-MS/MS aus Trockenblut
Synonym(e)
Aminosäuren-Trockenblut-Elektrospray-Ionisations-Tandem-Massenspektrometrie
Englischer Begriff
amino acid profiling from dried blood spot specimens
Definition
Simultane quantitative Bestimmung zahlreicher physiologischer Aminosäuren mittels Elektrospray-Ionisations-Tandem-Massenspektrometrie (ESI-MS/MS) im Trockenblut zur Früherkennung angeborener Stoffwechselkrankheiten im Neugeborenenscreening und zur selektiven Stoffwechseldiagnostik und Therapieverlaufskontrolle.
Physikalisch-chemisches Prinzip
Aus der Trockenblutprobe werden die Analyte mit Methanol extrahiert, zu Butylestern derivatisiert und in Gasform mittels Elektrospray ionisiert. Die Ionen gelangen über elektrische Linsensysteme in das Tandemmassenspektrometer. Die Quantifizierung erfolgt zuverlässig über interne stabile Isotopenstandards und externe Kalibration (Abb. 1).
Bei der Quadrupoltechnologie erfolgt die Massenselektion durch Hochfrequenzfelder. Zur Fragmentierung wird eine mit Stickstoff gefüllte Kollisionseinheit verwendet. Durch spezifische Eltern- und Tochterionenexperimente können die einzelnen Analyte identifiziert werden (Abb. 2).
Die meisten Aminosäuren bilden bei der Fragmentierung ein neutrales Fragment der Masse 102. Deshalb scannen die beiden Massenspektrometer (Massenspektrometrie) MS1 und MS2 simultan versetzt um 102, sodass alle Verbindungen, die bei der Fragmentierung einen neutralen Verlust von 102 aufweisen, erfasst werden (konstanter Neutralverlust-Scan-Modus).
Abweichend von diesen Gruppenreaktionen werden einzelne Aminosäuren entsprechend ihrer spezifischen Fragmentierung im MRM-(„multi reaction monitoring“-)Modus bestimmt.
Einsatzgebiet
Neugeborenenscreening, Stoffwechseldiagnostik.
Untersuchungsmaterial
Vollblut getrocknet auf Filterpapier (= Trockenblut).
Instrumentierung
Elektrospray-Tandemmassenspektrometer, Autosampler, HPLC-Pumpe, Mikrotiterfilterplatten, Mikrotiterplatten, Umlufttrockenschrank, Abblasstationen, Pipetten, Computer.
Spezifität
Diagnostische Spezifität (Spezifität, diagnostische) im Screening: ca. 99,65 % für die Zielkrankheiten.
Analytische Spezifität: sehr hoch (Ausnahmen: Methionin, Glutamin/Glutamat; Asparagin/Aspartat und Leucin/Isoleucin).
Sensitivität
Diagnostische Sensitivität (Sensitivität, diagnostische) im Screening: für die meisten Zielkrankheiten im Screening >99 %; Ausnahmen: Tyrosinämie und Homocystinurie.
Analytische Sensitivität: 2–30 μmol/L (für die meisten Aminosäuren), ca. 70 μmol/L (Alanin, Valin, Threonin).
Fehlermöglichkeit
Aminosäureninfusion, postprandiale Blutentnahme. Die Konzentration einer Reihe von Aminosäuren im Trockenblut unterscheidet sich von denen im Plasma oder Serum. Referenzwerte von letzteren können deshalb nicht für Trockenblut verwendet werden. Ohne flüssig-chromatographische Trennung der Probe (z. B. LC-MS/MS) können Aminosäuren mit gleichem Molekulargewicht nicht unterschieden werden. Deshalb stellt das Ergebniss für Leucin und Isoleucin immer die Summe aus beiden Aminosäuren dar. Die Aminosäuren Glutamin und Asparagin können nicht zuverlässig quantifiziert werden, da sie während der Aufarbeitung der Probe spontan desaminieren.
Praktikabilität – Automatisierung – Kosten
Praktikabilität: sehr gut.
Automatisierung: insbesondere bezüglich der Interpretation der Ergebnisse nur bedingt möglich.
Kosten: ca. 0,60–3,50 Euro/Test (Chemikalien und Verbrauchsmaterialien), Gesamtkosten hängen von der Probenzahl ab.
Bewertung – Methodenhierarchie (allg.)
Die Bestimmung der Aminosäuren mittels ESI-MS/MS stellt ein zuverlässiges, äußerst spezifisches und sensitives Verfahren zur Früherkennung einer ganzen Reihe angeborener Stoffwechselkrankheiten im Neugeborenenscreening dar. Die Bestimmung ist außerdem von Wert für die selektive Stoffwechseldiagnostik und zur Therapieverlaufskontrolle von Stoffwechselkrankheiten, z. B. der Phenylketonurie.
Literatur
Schulze A, Lindner M, Kohlmueller D, Olgemoeller K, Mayatepek E, Hoffmann GF (2003) Expanded newborn screening for inborn errors of metabolism by electrospray ionization-tandem mass spectrometry: results, outcome, and implications. Pediatrics 111:1399–1406CrossRef