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Atemteste für Leberfunktionsdiagnostik

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Atemteste für Leber- und Gastrointestinalfunktionsdiagnostik
Synonym(e)
Funktionsdiagnostik, hepato-gastro-intestinale
Englischer Begriff
breath tests for assessment of liver function
Definition
Patientennah durchgeführte Funktionsteste zur Erfassung der gastrointestinalen Sekretions- bzw. Absorptionsleistungen und der hepatischen Metabolisierungskapazität für oral oder intravenös applizierte [13C]- oder [14C]-markierte Substrate durch Messung der exhalierten Menge des isotopmarkierten Kohlendioxids als Stoffwechselendprodukt. Die Tabelle fasst die Atemteste zur Erfassung der Leberfunktion zusammen (nach Schneider et al. 2004):
Testsubstanz
Isotopenmarkierte Verbindung
Gemessene Enzymfunktion
Aminopyrin
4,4‘-Di[13C]methylaminopyrin
Cytochrom P1A2, Cytochrom P3A
[N-1,3,7-Trimethyl-13C]Coffein
Cytochrom P1A2
Diazepam
[N-1-Methyl-14C]Diazepam
Cytochrom P2C19
Erythromycin
[N-Methyl-14C]-Erythromycin
Cytochrom P3A
[U-13C]-D-Galaktose
Galaktosekinase (zytosolisch)
Ketoisocapronsäure
2-Keto[1-13C]Isocapronsäure
Decarboxylase
Methacetin
(N-[4-Methoxy-13C-phenyl])-Acetamid
[1-13C]-L-Methionin
 
Octanoat
Natrium-[1-13C]-Octanoat
β-Oxidation
Phenacetin
[N-Acetyl-13C]-Phenacetin
Cytochrom P1A2/2E1
[1-13C]-L-Phenylalanin
Zytosolische Enzyme
Beschreibung
Atemteste dienen der Erfassung (Diagnostik), der Feststellung des Schweregrades und der möglichen Ursachen der metabolischen Partialfunktionen der Leber (z. B. Aminopyrinatemtest), der Leistungen des Gastrointestinaltraktes (Absorptions-, Resorptionsteste, z. B. Taurocholat-Absorptionstest) und möglicher bakterieller Fehlbesiedlungen (z. B. Dysbiose). Die Leberfunktionsteste reflektieren vorzugsweise (aber nicht ausschließlich) die Aktivität spezifischer mikrosomaler Cytochrom-P450-Enzyme. Dabei kommen [13C]- oder [14C]-markierte Substrate nach intravenöser oder oraler Applikation zum Einsatz (s. Tabelle). Einflussgrößen können Enzyminduktionen, z. B. durch Langzeitapplikation von Barbituraten, Phenytoin, Rifampicin, Enzyminhibitoren, z. B. Cimetidin, orale Kontrazeptiva, Alkoholabusus, Veränderungen der Leberdurchblutung, Niereninsuffizienz, Störungen der Magenentleerung und Resorption (bei oraler Applikation) sowie Veränderungen des Grundumsatzes sein. Die verwendeten Substrate sind überwiegend nicht toxisch und kommerziell verfügbar.
13C-Analytik in der Atemluft
Da das Kohlenstoffisotop 13C in ca. 1,11 % aller Kohlenstoffatome natürlich vorkommt, muss bei jeder Anwendung von [13C]-Substraten der Ausgangswert vor Applikation des Tracersubstrats ermittelt und die relative Zunahme nach Substratapplikation festgestellt werden. Hierzu eignen sich:
  • Isotopenverhältnismassenspektrometrie (IRMS, Isotopenmuster), die die aufwendige, durch hohe Genauigkeit und Präzision gekennzeichnete Referenzmethode darstellt
  • Nicht dispersive Infrarot-Spektrometrie als preisgünstige und praktikable Methode
  • Laser assisted ratio analyzer (LARA), der das Isotopverhältnis von 13CO2/12CO2 mittels optogalvanischer Spektrometrie quantifiziert (Laser, Spektrometrie/Spektroskopie)
Anwendung der Atemteste
Der relativ große analytisch-instrumentelle und personelle Aufwand beschränkt den Einsatz der nicht invasiven hepatologischen Atemluftfunktionsdiagnostik auf entsprechend ausgewiesene medizinisch-diagnostische Zentren, die über geeignete Erfahrungen und Einrichtungen verfügen.
Literatur
Schneider ARJ, Caspary WF, Stein J (2004) 13C-basierte Atemtests in der Leberfunktionsdiagnostik. Z Gastroenterol 42:269–275CrossRefPubMed
Stein J, Wehrmann T (Hrsg) (2006) Funktionsdiagnostik in der Gastroenterologie, Medizinische Standards, 2. Aufl. Springer Medizin Verlag, Heidelberg