Skip to main content
Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
J. Knecht
Publiziert am: 11.04.2018

Atomabsorptionsspektrometrie

Atomabsorptionsspektrometrie
Synonym(e)
Atomabsorptionsspektroskopie; AAS
Englischer Begriff
atomic absorption spectrometry
Definition
Ein durch ein angeregtes Atom emittiertes Lichtteilchen wird durch ein Atom des gleichen Elements, das sich im Grundzustand befindet, absorbiert (Resonanzabsorption). Die Schwächung des von einer Hohlkathodenlampe ausgehenden Lichts wird gemessen.
Schematische Darstellung des Reaktionsablaufs:
Beschreibung
Bei der Atomabsorptiosspektrometrie (AAS) unterscheidet man zwischen der Flammenanregung (F-AAS = „flame atomic absorption spectrometry“; s. Flammenatomabsorptionsspektrometrie/-spektroskopie), der elektrothermischen Anregung – heute meist durch ein Grafitrohr – (ET-AAS = „electrothermal-atomic absorption spectrometry“) und bei einigen Elementen der Hydridmethodentechnik (HG-AAS = „hydride-generation atomic absorption spectrometry“) sowie beim Quecksilber der Kaltdampfmethode (CV-AAS = „cold vapour atomic absorption spectrometry“).
Bei der Flammen-AAS wird eine Lösung des zu bestimmenden Elements als Aerosol in die Flamme (entweder Luft-Acetylen [C2H2] [2400 °C] oder Lachgas-[N2O-]Acetylen [2800 °C]) gesaugt und dort versprüht. Hierbei laufen folgende Schritte ab:
1.
Desolvatation des Aerosols (das Wasser der Lösung wird verdampft, zurück bleiben feste Teilchen)
 
2.
Verdampfung der festen Teilchen zu Molekülen
 
3.
Dissoziation der Moleküle in Atome
 
4.
Teilweise Ionisation der Atome (unerwünscht, da nur die Konzentration der Atome in der Flamme gemessen werden kann)
 
5.
Reaktion der Atome mit anderen Teilchen, die in der Flamme sind (unerwünscht, da die Konzentration an freien Atomen in der Flamme verringert wird)
 
Bei der elektrothermischen Anregung wird eine kleine, genau abgemessene Menge (meist zwischen 5 und 100 μL) der zu untersuchenden Lösung in ein Grafitrohr eingespritzt. Danach wird zuerst durch geringeres Erwärmen (durch das elektrisch leitende Grafitrohr fließt ein elektrischer Strom) das Lösungsmittel verdampft, danach bei höheren Temperaturen die organischen Anteile der Probe verbrannt (verascht) und anschließend durch sehr schnelles Aufheizen der Probe auf bis zu 3000 °C die Probe atomisiert.
Bei der Hydrid- und Kaltdampfmethode, die nur bei einigen Elementen (bei As, Bi, Sb, Se, Sn und Hg) angewendet werden kann, wird in einem ersten Schritt entweder der Metalldampf direkt (bei Quecksilber) oder zunächst ein thermisch instabiles Hydrid (bei As, Bi, Sb, Se und Sn) gebildet. Dieses wird dann durch Erwärmen in die Elementatome zersetzt, und anschließend wird die Konzentration der Elementatome gemessen.
Wenn die Flammen- oder Grafitrohrtemperatur hoch genug ist, um eine Ionisierung der Atome zu ermöglichen (vierter Schritt; s. oben), versucht man diese zu unterdrücken, indem man einen Ionisationspuffer zugibt. Dieser dient dazu, dass die Konzentration der Atome in der Flamme proportional der Konzentration des Elements in der Lösung ist. Am Beispiel der Natriumbestimmung wird dies gezeigt:
In der Flamme bzw. im Grafitrohr liegt folgendes chemische Gleichgewicht vor:
Setzt man jetzt Kalium in größerem Überschuss zu (etwa die hundertfache Natriummenge), ein Element das leichter ionisiert als das Natrium, so sind in der Flamme bzw. im Grafitrohr folgende Gleichgewichte:
Die vom Kalium freigesetzten Elektronen reagieren auch und sogar bevorzugt mit den Natriumionen, da das Natrium schwerer ionisierbar als das Kalium ist, und stellen so sicher, dass praktisch keine Natriumatome ionisieren.
Dies nennt man den Zusatz eines Ionisationspuffers. Der Zusatz ist für eine richtige Messung der Natriumkonzentration unerlässlich! Besonders bei der Bestimmung der Alkali- und Erdalkalimetalle (hauptsächlich Na, K, Mg und Ca) ist die Zugabe eines Ionisationspuffers (beim K setzt man Rb-, Cs- oder Sr-Salze zu) unbedingt erforderlich.
Die Atomisierungsrate von Lösungen hängt auch von den Begleitstoffen des zu bestimmenden Elements ab. So werden sich in einer Flüssigkeit größerer Viskosität (z. B. Blut oder Serum) beim Versprühen in der Flamme größere Tröpfchen bilden als beim Versprühen einer verdünnten wässrigen Lösung. Entsprechend sind die Festkörperteilchen vor der Verdampfung zu Molekülen größer, und die Verdampfung ist unvollständig. Dementsprechend sind die Atomisierungsrate und damit das Messsignal geringer. Um diesen Fehler zu eliminieren, wird die Matrix (alle Komponenten in der untersuchten Lösung außer dem zu bestimmenden Element) möglichst angeglichen. In den Blindwert und alle Kalibrierproben (Kalibriernormal) gibt man dann neben dem zu bestimmenden Element alle Matrixbestandteile zu. Falls dies nicht möglich ist, kann die Bestimmung auch nach dem Standardadditionsverfahren durchgeführt werden.
Das von der elementspezifischen Hohlkathodenlampe oder elektrodenlosen Entladungslampe ausgehende Licht wird nicht nur von den Atomen des zu bestimmenden Elements, sondern auch unspezifisch durch kontinuierlichen Untergrund geschwächt. Um die das Messsignal störende unspezifische Untergrundabsorption zu beseitigen, wird diese entweder mit einem Kontinuumstrahler (meist mit einer Deuteriumlampe) oder mit der sog. Zeeman-Kompensation korrigiert.
In neuerer Zeit wird manchmal die Fließinjektionsanalyse mit der Flammen-AAS gekoppelt, um diese gerade im Routinebetrieb noch vielseitiger einzusetzen. Damit ermöglicht man.
  • Online-Aufkonzentrierung des zu bestimmenden Elements, um die Nachweisgrenzen zu erniedrigen,
  • Verdünnungen durchzuführen, um den linearen Bereich zu erweitern,
  • teilweise Entfernung der Matrix, um deren Störungen zu verringern.
Literatur
Sanz-Medel A, Pereiro R (2014) Atomic absorption spectrometry: an introduction, 2. Aufl. Momentum Press LLC, New York
Welz B, Sperling M (1997) Atomabsorptionsspektrometrie, 4. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim