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Autoantikörper gegen β2-Glykoprotein I

Verfasst von: W. Stöcker
Autoantikörper gegen β2-Glykoprotein I
Synonym(e)
Anti-β2-Glykoprotein-I-Antikörper
Englischer Begriff
antibodies to β2-glycoprotein I
Definition
β2-Glykoprotein I (β2GP1) ist ein Phospholipid-bindendes Plasmaprotein. Im Zusammenhang mit Autoimmunreaktionen fungiert es als Kofaktor der Antikörperbindung an das Phospholipid Cardiolipin.
Funktion – Pathophysiologie
Untersuchungsmaterial
Probenstabilität
Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.
Analytik
Antikörper gegen β2GP1 lassen sich zuverlässig nur in solchen Enzyme-linked Immunosorbentassay-Systemen nachweisen, bei denen β2GP1 als alleiniges Antigen eingesetzt wird. Das Antigen β2GP1 ist auch als Kofaktor in Anti-Cardiolipin-ELISA enthalten, diese eignen sich aber nicht als Screeningmethode für den parallelen Nachweis der Autoantikörper gegen Cardiolipin (ACA) und gegen β2GP1. Wahrscheinlich führt die strukturelle Modifizierung des β2GP1 durch die Bindung an Cardiolipin zum Verlust von Epitopen, die von einer Subpopulation der Antikörper gegen β2GP1erkannt werden.
Zur serologischen Diagnostik des Antiphospholipid-Syndroms (APS) empfiehlt sich zunächst der Nachweis der Antikörper gegen Cardiolipin (IgG und IgM; IgA ist weniger aussagekräftig) sowie des Lupus-Antikoagulans (LA). Die Bestimmung dieser Antikörper muss nach 6–12 Wochen wiederholt werden, da erst ein zweimaliger positiver Befund die serologischen APS-Kriterien erfüllt. Bei negativem Cardiolipinantikörperbefund sollten Antikörper der Klassen IgA, IgG und IgM gegen β2GP1 untersucht werden. Diese treten bei APS mit hoher Prävalenz (60–90 %) sowie unabhängig von ACA und LA auf. Durch die parallele Untersuchung von ACA und Anti-β2GP1-Antikörpern lässt sich die serologische Trefferquote auf nahezu 100 % steigern; s. a. Autoantikörper gegen Phospholipide.
Referenzbereich – Erwachsene
Negativ.
Referenzbereich – Kinder
Negativ.
Indikation
Antiphospholipid-Syndrom.
Diagnostische Wertigkeit
Die klinischen Komplikationen, die mit dem Vorkommen von Antikörpern gegen Phospholipide und gegen β2GP1 assoziiert sind, hat man unter dem Begriff Antiphospholipid-Syndrom (APS) zusammengefasst. Antikörper gegen β2GP1 treten mit hoher Prävalenz (60–90 %) bei APS-Patienten auf, ihre Präsenz (persistierend über mehrere Wochen) gilt gemäß der Kriterienliste zur APS-Diagnose nach Miyakis et al. (2006) bei entsprechenden klinischen Anzeichen als Beweis für das Vorliegen eines APS. Antikörper gegen β2GP1 werden auch bei Anticardiolipin-negativen APS-Patienten gefunden und umgekehrt. Die parallele Bestimmung beider Parameter erhöht also die serologische Trefferquote für diese Erkrankung. Von den Patienten mit SLE weisen 15–30 % Antikörper gegen β2GP1 auf, insbesondere wenn bereits typische APS-Symptome vorliegen. Antikörper gegen β2GP1 gelten als spezifischer für den Nachweis des APS als Autoantikörper gegen Cardiolipin, die auch bei bestimmten Infektionen (z. B. Syphilis, Borreliose, AIDS, Hepatitis, Tuberkulose) nachgewiesen werden können (s. a. Autoantikörper gegen Phospholipide).
Literatur
Lakos G, Favaloro EJ, Harris EN, Meroni PL, Tincani A, Wong RC, Pierangeli SS (2012) International consensus guidelines in anticardiolipin and anti-β2-Glykoprotein I testing. Arthritis Rheum 64(1):1–10CrossRefPubMed
Levine JS, Branch DW, Rauch J (2002) The Antiphospholipid Syndrome. N Engl J Med 346:752–763CrossRefPubMed
McNeil HP, Simpson RJ, Chesterman CN et al (1990) Anti-phospholipid antibodies are directed against a complex antigen that includes a lipid-binding inhibitor of coagulation: beta 2-glycoprotein I (apolipoprotein H). Proc Natl Acad Sci USA 87:4120–4124CrossRefPubMedPubMedCentral
Miyakis S, Lockshin MD, Atsumi T, Branch DW, Brey RL, Cervera R, Derksen RHWM, Groot de PG, Koike T, Meroni PL, Reber G, Shoenfeld Y, Tincani A, Vlachoyiannopoulos PG, Krilis SA (2006) International consensus statement on an update of the classification criteria for definie antiphospholioid syndrome (APS). J Thromb Haemost 4(2):295–306CrossRefPubMed