Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
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Verfasst von:
W. Stöcker und J. Fraune
Publiziert am: 15.12.2017

Autoantikörper gegen ATP1A3 (ATPase Alpha-3-Untereinheit)

Autoantikörper gegen ATP1A3 (ATPase Alpha-3-Untereinheit)
Synonym(e)
ATP1A3-Autoantikörper; Anti-ATP1A3-Antikörper
Englischer Begriff
ATP1A3 autoantibodies; anti-ATP1A3 antibodies
Definition
Autoantikörper gegen die katalytisch aktive Alpha-3-Untereinheit der neuronalen und kardialen Natrium-Kalium-Ionenpumpe Na+/K+-ATPase (ATP1A3).
Pathophysiologie
Unter der Hydrolyse von ATP katalysiert die Na+/K+-ATPase den Transport von 3 Natriumionen aus der Zelle und 2 Kaliumionen in die Zelle entgegen des elektrochemischen Potenzialgefälles. Die ATPase ist damit an der Aufrechterhaltung des Ruhemembranpotenzials der Nerven- und Muskelzellen beteiligt. Darüber hinaus wird der Ionenpumpe eine mögliche Rolle in der Ausbildung des Gedächtnisses und der Kontrolle der Motorik durch das Zerebellum zugesprochen.
Autoimmunität gegen die Alpha-3-Untereinheit der neuronalen Na+/K+-ATPase wurde in einer Patientin beschrieben, die Symptome eines kombinierten Hirnstamm- und Kleinhirnsyndroms aufwies. Zeitgleich wurde ein Kolonkarzinom diagnostiziert.
Untersuchungsmaterial
Serum, Plasma, Liquor.
Probenstabilität
Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg.
Analytik
Autoantikörper gegen ATP1A3 lassen sich mithilfe der indirekten Immunfluoreszenz (Immunfluoreszenz, indirekte) bestimmen (s. Abbildungen): Auf dem Sustrat Kleinhirn ist bei positiver Reaktion eine homogene bis feingranuläre Fluoreszenz der Körner- und der Molekularschicht erkennbar. Die Nuklei der Körner- und Purkinje-Zellen reagieren nicht. HEK-Zellen, die rekombinante ATP1A3 exprimieren, eigenen sich zum monospezifischen Nachweis der Antikörper.
Autoantikörper gegen ATP1A3, indirekte Immunfluoreszenz mit Substrat Kleinhirn (Ratte):
Autoantikörper gegen ATP1A3, indirekte Immunfluoreszenz mit Substrat Hippocampus (Ratte):
Autoantikörper gegen ATP1A3, indirekte Immunfluoreszenz mit Substrat transfizierte Zellen:
Diagnostische Wertigkeit
Bislang existiert nur eine Fallbeschreibung einer Patientin mit IgG gegen ATP1A3. Die Frau litt an vertikaler Blickparese, progressiver Ataxie und spastischer Tetraparese, Einschränkungen des Sehvermögens sowie Dysarthrie und Dysphagie. Zusätzlich wurde ein Kolonkarzinom diagnostiziert, was auf ein paraneoplastisches Syndrom hindeutet. Im Tumorgewebe, aber nicht im gesunden Kolon, konnte entsprechend überexprimierte ATP1A3 nachgewiesen werden.
Ähnliche neurologische Symptome, unter anderem infantile Hemiplegie, Dystonie und CAPOS-(„cerebellar ataxia, areflexia, pes cavus, optic atrophy, and sensorineural hearing loss“-)Syndrom wurden auch bei Patienten mit Mutationen im ATP1A3-Gen beschrieben.
Es empfiehlt sich, die wichtigsten Autoantikörper gegen neuronale Antigene parallel zu untersuchen, um schnell zu einer sicheren Diagnose zu gelangen.
Literatur
Scharf M, Miske R, Heidenreich F, Giess R, Landwehr P, Blöcker IM, Begemann N, Denno Y, Tiede S, Dähnrich C, Schlumberger W, Unger M, Teegen B, Stöcker W, Probst C, Komorowski L (2015) Neuronal Na+/K+ ATPase is an autoantibody target in paraneoplastic neurologic syndrome. Neurology 84:1–7CrossRef