Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
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Verfasst von:
W. Stöcker
Publiziert am: 15.12.2017

Autoantikörper gegen Myelin-assoziiertes Glykoprotein

Autoantikörper gegen Myelin-assoziiertes Glykoprotein
Synonym(e)
Autoantikörper gegen MAG; Anti-MAG-Antikörper
Englischer Begriff
antibodies to myelin associated glycoprotein
Definition
Gegen Myelin-assoziiertes Glykoprotein der Schwann-Scheide gerichtete Autoantikörper, deren Präsenz mit Erkrankungen des peripheren Nervensystems assoziiert ist.
Funktion – Pathophysiologie
Myelin-assoziiertes Glykoprotein (MAG) ist ein 100 kDa großes integrales Membranprotein aus der Familie Neuraminsäure-bindender Lektine. Das Protein hat einen Kohlenhydratanteil von 30 %. Als Adhäsionsmolekül vermittelt MAG die Interaktion zwischen den Zellen. Im Tierversuch ruft die Injektion von Anti-MAG-Antikörpern eine lokale Demyelinisierung hervor.
Untersuchungsmaterial
Serum, Plasma, Liquor.
Probenstabilität
Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.
Analytik
Antikörper gegen MAG werden durch indirekte Immunfluoreszenz (Immunfluoreszenz, indirekte) nachgewiesen, mit peripheren markhaltigen Nerven und Kleinhirn von Primaten als Antigensubstraten (s. Abbildungen). Bei der Reaktion mit Nerven rufen sie eine streifige Fluoreszenz hervor, die sich gut vom Bild der diagnostisch weniger relevanten Autoantikörper gegen Myelin unterscheidet. Im Kleinhirn ist vor allem die weiße Substanz vollflächig angefärbt.
Autoantikörper gegen Myelin-assoziiertes Glykoprotein, indirekte Immunfluoreszenz mit Substrat Primatenkleinhirn:
Autoantikörper gegen Myelin-assoziiertes Glykoprotein, indirekte Immunfluoreszenz mit Substrat Primatennerv:
Außerdem sind für den Anti-MAG-Nachweis auch Enzyme-linked Immunosorbentassay und Western blot-Techniken geeignet.
Es werden Antikörper der Klassen IgG und IgM untersucht, die IgM-Reaktion ist meist monoklonal (Paraprotein) und richtet sich gegen Epitope des Kohlenhydratanteils.
Referenzbereich – Erwachsene
Negativ.
Referenzbereich – Kinder
Negativ.
Indikation
Antikörper gegen MAG werden untersucht bei jedem Verdacht auf eine periphere demyelinisierende Neuropathie. Typisch sind symmetrische distale Sensibilitäts- und Motorikstörungen mit elektroneurographischen Auffälligkeiten, die auf Demyelinisierung bzw. Axondegeneration deuten.
Diagnostische Wertigkeit
Anti-MAG-Antikörper können bei der Hälfte aller Patienten mit IgM-Gammopathie-assoziierter peripherer Neuropathie nachgewiesen werden. Verbunden damit sind Muskelatrophien, Paresen, Ataxie und Intentionstremor.
Auch beim Guillain-Barré-Syndrom sind zuweilen Autoantikörper gegen MAG nachweisbar. Die Krankheit ist durch multifokale Entzündungen mit Zellinfiltrationen in den Myelinscheiden peripherer Nerven und in den Spinalganglien charakterisiert. Klinische Symptome sind Störungen der Sensibilität und der Motorik, beginnend mit einer Reflexabschwächung in den Beinen, im weiteren Verlauf kommt es zu Lähmungserscheinungen bis hin zu Tetraplegie und Atemlähmung.
Literatur
Jaskowski TD, Martins TB, Litwin CM et al (2004) Immunoglobulin (Ig)M antibody against myelin associated glycoprotein (MAG): a comparison of methods. J Clin Lab Anal 18:247–250CrossRefPubMed