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Automation in der Bakteriologie

Verfasst von: W. Stöcker und W. Schlumberger
Automation in der Bakteriologie
Englischer Begriff
automation in bacteriology
Definition
Systeme zur automatischen Identifikation von Mikroorganismen (Bakterien, Hefen) und zur Messung ihrer Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika.
Beschreibung
Die Systeme bestehen aus einem Inkubator, einem Handhabungssystem, einer Messeinheit und einem Computer, der alles steuert und die Ergebnisse aufzeichnet. Sie bilden das klassische Vorgehen der Mikrobiologie von Anzucht und Identifizierung der Keime ab.
Für die Inkubation stehen, je nach System, Zusammenstellungen verschiedener eingefrorener oder gefriergetrockneter Reagenzien in einer Mikrotiterplatte oder verschlossenen Karten bereit. Nach der manuellen Zugabe der definierten Bakteriensuspension werden die Reagenzien rekonstituiert, mit Aliquoten der Suspension versetzt und die Bebrütung gestartet. Die unterschiedlichen Mikroorganismen werden entsprechend ihren Reaktionsmustern identifiziert.
Das Wachstum wird nach einem der folgenden Prinzipien gemessen:
  • Trübung: Sich vermehrende Mikroorganismen trüben eine Nährlösung, die Zunahme der Trübung korreliert mit der Konzentration an Mikroorganismen.
  • Farbumschlag: Während ihres Wachstums geben Mikroorganismen Stoffwechselprodukte ab, die entweder den pH-Wert oder das Redox-Potenzial in der Nährlösung verändern, was durch geeignete Indikatoren angezeigt wird.
  • Fluoreszenz: Bei der Fermentation von Kohlenhydraten sinkt der pH-Wert, und die Intensität eines Fluoreszenzfarbstoffs ändert sich.
Die computergestützte Auswertung und Identifizierung der Mikroorganismen erfolgt anhand einer integrierten Datenbank, die Informationen über den Stoffwechsel aller relevanten Krankheitserreger enthält.
Ein weiteres Prinzip der Identifizierung von Mikroorganismen basiert auf der Bestimmung spezifischer Fettsäuren in der Zellmembran. Die Mikroorganismen werden unter standardisierten Bedingungen inkubiert und anschließend in kochendem Wasser lysiert. Die Fettsäuren werden verestert und mittels hochauflösender Gaschromatographie aufgetrennt. Das Chromatogramm wird mit gespeicherten Daten verglichen und der Mikroorganismus ermittelt, der dem gesuchten am nächsten kommt. Anwendung z. B. bei Anaerobiern.
Durch die MALDI-TOF-(„matrix-assisted laser desorption/ionization time-of-flight“-)Massenspektrometrie können Mikroorganismen anhand ihrer spezifischen Proteinmassenspektren identifiziert werden. Eine kleine Menge einer Bakterien- oder Pilzkultur wird mit einer Matrixlösung versetzt und auf einen Träger aufgetragen. Im Gerät wird die Probe mit einem Laserstrahl beschossen, es kommt zur Ionisierung der enthaltenen Proteine. Diese Ionen können anschließend in einem elektrischen Feld beschleunigt und ihre Flugzeit, die sowohl von der Masse als auch dem Grad der Ionisierung abhängt, im Vakuum genau gemessen werden. Die Messsignale werden in einem Gesamtspektrum dargestellt, das charakteristisch für einzelne Mikroorganismen ist. Der Abgleich mit einer Datenbank ermöglicht die exakte Identifizierung.
Eine Alternative zu den Prinzipien der vollautomatischen Keimidentifizierung bietet die moderne Molekularbiologie über die Bestimmung genetischer Marker mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion), Hybridisierungs- und Sequenzierungstechniken.
Einsatzgebiet
Die Automatisierung in der klinischen Bakteriologie ist vor allem für größere Labore in Kliniken geeignet. Sie dient dazu, Mikroorganismen schnell, objektiv und sicher zu identifizieren und mögliche Antibiotika herauszufinden, die das Wachstum dieser Mikroorganismen hemmen. Nach wie vor ist man auf definierte Einzelkolonien angewiesen, aus denen die zu analysierende Zellsuspension hergestellt wird, die klassische Mikrobiologie behält weiter ihre Existenzberechtigung.
Literatur
Lehman DC (2007) Biochemical identification of gram-negative bacteria. In: Mahon CR, Lehman DC, Manuselis G (Hrsg) Textbook of diagnostic microbiology, 3. Aufl. Saunders Elsevier, Maryland Heights, Missouri, S 226–232
Schubert S, Weig M (2009) MALDI-TOF-MS-basierte Verfahren zur Differenzierung von Bakterien und Pilzen. In: Neumeister B, Geiss HK, Braun R, Kimmig P (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik, 2. Aufl. Thieme Verlag, Stuttgart, S 166–170