Skip to main content

C3-Komplement

Verfasst von: G. Töpfer
C3-Komplement
Synonym(e)
β1C/β1A-Globulin
Englischer Begriff
complement component C3; β1A/β1C
Definition
Protein des Komplementsystems (s. Komplementsystem, klassische Aktivierung, Komplementsystem, alternative Aktivierung), das sowohl durch die klassische Aktivierung als auch durch den alternativen Aktivierungsweg gespalten wird. Die Spaltprodukte sind bedeutungsvoll u. a. für die Opsonierung von Fremdstoffen wie Bakterien und Viren, das Anlocken von Phagozyten (Chemotaxis) und die Einleitung der Bildung des Zellangriffkomplexes, der zur Lyse von Fremdzellen führt. Stellt elektrophoretisch in der Zonenelektrophorese die β2-Fraktion des frischen Serums dar.
Struktur
Glykoprotein aus 2 Polypeptidketten (α-Kette mit 110 kDa und β-Kette mit 75 kDa), die durch 2 Disulfidbrücken zusammengehalten werden. C3 wird durch einen Genabschnitt von >40 Kb im Chromosom 19 des Menschen kodiert.
Molmasse
185 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Die Synthese erfolgt in der Leber, in Monozyten, Makrophagen, Fibroblasten u. a. Die extrahepatische C3-Synthese scheint die C3-Bereitstellung im Falle des schnellen Bedarfs zu decken, bevor C3 aus den Kapillaren in ausreichender Konzentration in das Gewebe einströmen kann. Lipid A löst die C3-Synthese in Monozyten und Fibroblasten aus. Zytokine lösen die Synthese in Hepatozyten aus (Interleukin-1 und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) zusammen mit Interleukin-6 oder Interleukin-6 allein). Interleukin-4 verstärkt den Synthese-steigernden Effekt von TNF. Bei Lebersynthesestörungen verläuft die Synthese verzögert. Bei Erkrankungen mit Bildung von Immunkomplexen (s. Immunkomplexe) und bei alternativer Komplementaktivierung (Komplementsystem, alternative Aktivierung) ist der Abbau stark beschleunigt. Bei Verbrennungen und bei Proteinverlust (Enteropathie) kann es ebenfalls zum schnellen Abfall kommen.
Halbwertszeit
0,5–1 Tag.
Funktion – Pathophysiologie
C3 ist im Blutplasma gesunder Erwachsener in einer Konzentration von etwa 1 g/L (0,83–1,60 g/L) vorhanden. Zu einem kleinen Teil findet ständig spontan eine Spaltung in C3b (176 kDa) und C3a (9,1 kDa) statt. Sowohl im Plasma als auch an körpereigene Zellen gebunden werden die C3-Spaltprodukte so wie sie entstehen auch wieder abgebaut. Auf den Körperzellen gebundenes C3b bindet zwar Faktor B, der durch Faktor D zum C3bBb-Komplex umgewandelt wird. Körpereigene Zellen binden aber nun Faktor H, der Bb aus der Bindung mit C3b verdrängt und ermöglicht, dass Faktor I C3b inhibiert. Damit ist die Komplementaktivierung im Normalfall blockiert.
Anders, wenn die Bindung des C3b (das eine hohe Affinität zu Zellen aufweist) auf Pilzen oder Bakterien erfolgt. In dem Falle ist eine Bindung von Faktor H (aufgrund fehlender Kofaktoren und fehlender Neuraminsäure, die eine Bindung von Faktor H auf Körperzellen begünstigen) erschwert. Damit wird die Bindung von Faktor P (Properdin) an den C3bBb-Komplex möglich, der C3bBb stabilisiert. C3bBb wirkt als C3-„Spaltenzym“ (Konvertase). Die Wirkung der Konvertase löst eine Kettenreaktion mit Produktion größerer Mengen an C3bBb aus. Dieser Aktivierungsweg läuft Antikörper-unabhängig als Sofortreaktion auf das Eindringen eines Pathogens ab (alternative Komplementaktivierung).
Sind spezifische Antikörper der Klasse IgG1, IgG2, IgG3 oder IgM schon an das Antigen (Pathogen) gebunden, so wird die klassische Komplementaktivierung (Komplementsystem, klassische Aktivierung) eingeleitet. C1q bindet zunächst an den (gebundenen) Antikörper. Über mehrere Enzymaktivierungen wird die C3-Konvertase C4b2a gebildet, die eine gleiche Wirksamkeit wie C3bBb in der alternativen Komplementaktivierung entfaltet, nämlich die Bildung von C3b zu katalysieren. Auch dieser Vorgang läuft auf körperfremden Zellen begünstigt ab. Die C3b-Produktion aktiviert nun wegen der Ansammlung von C3b auf den Zellen die alternative Komplementaktivierung, sodass die C3b-Entstehung aus der klassischen Aktivierung auf dem alternativen Weg eine Verstärkung erfährt (Amplifikation). Die klassische Komplementaktivierung kann auch ohne Antikörper erfolgen:
  • Mannose-bindendes Protein (MBP) (1,5 mg/L im Plasma) bindet an Mannose-haltige Strukturen von Mikroorganismen. Da MBP eine chemische Struktur ähnlich dem C1q aufweist, kann MBP die Rolle des C1q bei der unspezifischen Aktivierung übernehmen. MBP-Mangel führt zu einer Infektgefährdung.
  • Auch CRP kann die klassische Komplementaktivierung nach Bindung an Bakterienstrukturen einleiten, indem dann eine CRP-C1q-Bindung entsteht (CRP übernimmt den Part des Antikörpers).
Allerdings soll CRP auch die Wirkung von Faktor H verstärken (Hemmeffekt auf die Aktivierung). Hat sich bei der alternativen Komplementaktivierung genügend C3b gebildet, so entsteht aus C3Bb das (C3b)2Bb. Durch Bindung eines zweiten C3b-Moleküls bei dem klassischen Aktivierungsweg bildet sich C3b4b2a. Sowohl (C3b)2Bb als auch C3b4b2a wirken als C5-Konvertase. Die C5-Spaltung in C5a und C5b verlangt eine optimale sterische Anordnung von C3b und C5. Ist diese vorhanden, so wird nunmehr unter Mithilfe von C5b, C6, C7, C8 und C9 der Membranangriffskomplex gebildet, der zur Zelllyse führt. Ob es zur Bildung dieses Komplexes kommt, hängt von sterischen Voraussetzungen ab und davon, wie wirksam die Inhibitoren dieses Vorgangs sind. Häufig steht bei der Komplementaktivierung die Aktivierung der Phagozytose durch C3b (Bindung an den Komplementrezeptor CR-1 der Phagozyten u. a.) sowie die Entzündungsreaktion und Anlockung von Phagozyten u. a. durch C3a mehr im Vordergrund des Geschehens als die Lyse der Zellen durch den Membranangriffskomplex.
Funktionen von C3b:
  • Erleichtert die Bindung von Bakterien, Viren und Immunkomplexen an Neutrophile, Monozyten, Makrophagen (wirksamstes Opsonin). Hohe Blutglukose hemmt die Bindung (Opsonierung) von C3b und C3bi an Bakterien.
  • Löst die Endozytose und die Phagozytose der Phagozyten aus und aktiviert den „respiratory burst“ durch die C-Rezeptor-vermittelte Aktivierung.
  • Erleichtert die Bindung an Erythrozyten-Komplement-Rezeptor (CR-1) und damit die Clearance von Immunkomplexen (IK) aus der Zirkulation durch Abbau in der Milz.
Funktionen von C3a:
  • Kontraktion der glatten Muskelzellen.
  • Erhöhung der Gefäßpermeabilität.
  • Degranulierung von Mastzellen, Freisetzung von Histamin.
  • Chemotaktische Anlockung von Granulozyten.
  • Interleukin-1-Freisetzung aus Monozyten – Suppression der Antikörperproduktion.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum oder EDTA-Plasma.
Präanalytik
Frisch in das Labor! Serum/Plasma sofort bei <−20 °C einfrieren. Oder sofort (innerhalb von 1 Stunde) bestimmen, da Anstieg der Werte bei Lagerung um bis zu 15 %. Trübungen und Lipämie vor Bestimmung durch 10 Minuten Zentrifugation bei 15.000 × g entfernen (Sedimentation bzw. Flotation).
Analytik
Standard: ERM – DA 470 k/IFCC basiert auf C3c.
Bestimmung innerhalb von 1 Stunde nach der Blutentnahme erforderlich, da Umwandlung des C3-Moleküls zu Veränderungen der Antigenität führt. VK von Tag zu Tag = 3,8–6,4 % (Immunnephelometrie).
Konventionelle Einheit
mg/dL.
Internationale Einheit
g/L.
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
mg/dL:100 = g/L.
Referenzbereich – Erwachsene
0,90–1,80 g/L.
Referenzbereich – Kinder
Bis 2 Tage 0,36–1,12 g/L, bis 4 Tage 0,45–1,27 g/L, bis 10 Tage 0,45–1,50 g/L, bis 20 Tage 0,60–1,35 g/L, bis 1 Jahr 0,75–1,35 g/L.
Indikation
  • Verdacht auf Immunkomplexkrankheiten
  • Hereditärer Mangel bei Infektabwehrschwäche
  • Verdacht auf hereditäres angioneurotisches Ödem (HANE)
Interpretation
  • Erhöhungen bei Akute-Phase-Reaktion (bei Entzündungen und Tumoren). Bei Sepsis zeigt ein hohes C3-Komplement die Gefahr einer disseminierten intravasalen Gerinnung (DIG) an. Als Risikofaktor für eine koronare Herzkrankheit und/oder Arteriosklerose der Aorta bei Frauen nach der Menopause besonders bei Fettgewebeablagerungen um Herz und Aorta. Risikofaktor für Prädiabetes.
  • Erniedrigungen bei Komplementdefekt (selten) oder Verbrauch durch Ausbildung von Immunkomplexen (mit Ag-IgM oder Ag-IgG) bei LE, Glomerulonephritis, Polyarthritis, Hämolyse durch antierythrozytäre Antikörper (Autoimmunhämolyse).
Diagnostische Wertigkeit
Verdacht auf folgende Immunkomplexerkrankungen und Verlaufsbeurteilung (Korrelation mit Krankheitsaktivität):
  • Lupus erythematodes (dabei häufig auch angeborener C4-, C3-Mangel und C1-Esterase-Inhibitor-Mangel)
  • Glomerulonephritis auch kombiniert mit Autoimmunerkrankungen
  • Autoimmunhämolytische Anämie (dabei sollte die folgende Parameterkombination gewählt werden: C3, C4, CH-50, zirkulierende Immunkomplexe und CRP)
  • Alternative Komplementaktivierung bei Churg-Strauss-Vaskulitis (C3 erniedrigt und C4 normal)
  • Verdacht auf hereditären Komplementdefekt (z. B. bei hämolytisch urämischen Syndrom [HUS] bei Makuladegeneration)
  • Rezidivierende Infektionen (dabei CH-50 bestimmen sowie C3/C4-Komplement; falls nicht vermindert, dann C6, C9 und C5 eventuell im Speziallabor bestimmen lassen)
  • C1-Inaktivator-Mangel (dabei auch Bestimmung von C4 sowie CRP; C4 ist vermindert, C3 liegt im Referenzbereich; mit CRP wird der Einfluss einer Akute-Phase-Reaktion erkannt)
  • Verminderung oder Fehlen der β2-Fraktion in der Elektrophorese (Elektrophoreseverfahren mit β2-Globulin-Abtrennung durchführen, um damit ein Screening auf C3-Mangel zu ermöglichen).
Literatur
Töpfer G, Hornig F, Sauer K, Zawta B (2000) Untersuchungen zur Stabilität von 11 Serumproteinen bei Bestimmung mittels Immunturbidimetrie. J Lab Med 24(3):118–125
Whicher JT, Chir B (1996) Komplement component C3 in serum proteins in clinical medicine. In: Ritchie RF, Navolotskaia O (Hrsg) Serum proteins in clinical medicine. Laboratory section, Bd I, 1. Aufl, Kap. 10.01. Foundation for Blood Research, Scarborough, S 1–7
Zegers I, Keller T, Schreiber W et al (2010) Characterization of the new serum protein reference material ERM-DA 470 k/IFCC: value assignment by immunoassay. Clin Chem 56(12):1880–1888CrossRefPubMed