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Carcinoembryonales Antigen

Verfasst von: S. Holdenrieder und P. Stieber
Carcinoembryonales Antigen
Synonym(e)
CEA
Englischer Begriff
carcino-embryonic antigen
Definition
Das carcinoembryonale Antigen ist ein 180 kDa schweres Glykoprotein mit 50–70 % Kohlenhydratanteil und einer Sedimentationskonstanten von 7–8 S.
Struktur
Das carcinoembryonale Antigen besteht vermutlich aus einer einzelnen Polypeptidkette mit 668 Aminosäuren, an die eine größere Anzahl von komplexen, verzweigten Oligosaccharidketten über N-Acetylglukosamin-Asparagin-Bindungen verknüpft ist.
Molmasse
180 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Physiologisch kommt das CEA im fetalen Gastrointestinaltrakt sowie im fetalen Serum ab der 8. Schwangerschaftswoche (mit einem Maximum um die 22. Schwangerschaftswoche) vor. Beim erwachsenen Menschen werden geringe Mengen von Zellen des Gastrointestinaltrakts, des Pankreas und der Leber produziert.
Halbwertszeit
2–8 Tage.
Funktion – Pathophysiologie
Die wesentliche klinische Bedeutung der CEA-Bestimmung liegt in der Entdeckung und Verlaufsbeobachtung des Kolonkarzinoms, in der Differenzialdiagnose von Leberrundherden sowie Therapiemonitoring und frühzeitiger Rezidiverkennung beim Mammakarzinom.
Die gesteigerte CEA-Synthese und die Freisetzung werden durch die Derepression von für die CEA-Bildung verantwortlichen Genen erklärt, die bei der Geburt reprimiert wurden. Das CEA-kodierende Gen ist Mitglied einer Familie von mindestens 17 transkriptionell aktiven Genen mit hoher struktureller Homologie. Aufgrund der Ähnlichkeit von Produkten der CEA-Genfamilie können mono- und polyklonale Antikörper mit CEA-ähnlichen Antigenen kreuzreagieren (z. B. Non cross reacting antigen [NCA] 1 und 2, biliäres Glykoprotein [Glykoprotein, biliäres, BGP] u. a.).
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Plasma, Pleurapunktat, Aszites, Liquor.
Analytik
Enzymimmunoassay (EIA), Radioimmunoassay (RIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA), Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA), insbesondere unter Verwendung von monoklonalen Antikörpern.
Konventionelle Einheit
μg/L.
Referenzbereich – Erwachsene
Serum: Median 1,0 μg/L; 95 %-Perzentile 2,3 μg/L (methodenabhängig).
Indikation
  • Verdacht auf primäres kolorektales Karzinom
  • Differenzialdiagnose von Leberrundherden (mit α1-Fetoprotein [AFP])
  • Therapiekontrolle und Nachsorge von kolorektalem Karzinom und Mammakarzinom (mit Carbohydrate antigen 15-3)
Interpretation
Die meisten CEA-Assays sind für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet und können auch für die CEA-Bestimmung in anderen Körperflüssigkeiten eingesetzt werden.
Das carcinoembryonale Antigen wird in sehr hohen Konzentrationen (>1000 μg/L) insbesondere vom (hepatisch metastasierten) kolorektalen Karzinom, aber auch vom Bronchial-, Magen- und Ovarialkarzinom freigesetzt. Werte bis 1000 μg/L wurden außerdem beim Pankreas-, Mamma- und Leberzellkarzinom beobachtet.
Niedrig pathologische CEA-Werte (bis 10 μg/L) werden auch bei benignen Erkrankungen, vor allem des Darms, des Pankreas, der Leber und der Lunge, so bei Leberzirrhose, chronischer Hepatitis, Pankreatitis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Pneumonie, Bronchitis, Tuberkulose, Emphysem, Mukoviszidose sowie bei Autoimmunerkrankungen beobachtet. Bei einigen Assays können Raucher eine permanent erhöhte CEA-Konzentration (bis 10 μg/L) aufweisen.
Bei Vorliegen von Leberrundherden kann die gemeinsame Bestimmung von carcinoembryonalem Antigen und AFP differenzialdiagnostisch wegweisend sein:
  • Stark erhöhtes AFP bei niedrigem carcinoembryonalen Antigen spricht für ein primäres hepatozelluläres Karzinom
  • Stark erhöhtes carcinoembryonales Antigen bei niedrigem AFP spricht für eine Lebermetastase eines kolorektalen Karzinoms oder eines anderen Adenokarzinoms, z. B. der Lunge oder der Brust
Für die Therapiekontrolle und die Rezidiverkennung in der Nachsorge des Mammakarzinoms hat sich CEA neben CA 15-3 als sensitiver und additiver Marker etabliert. Mit beiden Markern gelingt eine sichere Früherkennung einer Fernmetastase (>98 % Spezifität) (Spezifität, diagnostische) mit einer Sensitivität (Sensitivität, diagnostische) von 66 % ausgehend von den individuellen Basiswerten. Bei der Primärtherapie „negative“ Marker können im weiteren Verlauf ansteigen und hilfreich für die Erkennung einer Metastasierung sein. Deshalb empfiehlt sich in der Nachsorge des Mammakarzinoms eine kontinuierliche Bestimmung von carcinoembryonalem Antigen und CA 15-3.
Diagnostische Wertigkeit
  • Primäres kolorektales Karzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung
  • Leberrundherde: Differenzialdiagnose (mit AFP)
  • Mammakarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung (mit CA 15-3)
Literatur
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