Chitotriosidase ist ein Enzym und gehört zu den Glykosyl-Hydrolasen. Sie ist für den Abbau von Chitin zuständig.
Struktur
Die Chitotriosidase besteht aus einer N-terminalen katalytischen Domäne und einer C-terminalen Chitin-bindenen Domäne, die mit einer flexiblen Region miteinander verbunden sind. Die Chitin-bindende Domäne liegt als eine 3-dimensionale Faltung eines verdrillten β-Sandwiches vor. Die katalytische Domäne ist aus dem Sekundärstrukturmotiv „TIM barrel“ aufgebaut, das erstmals beim Enzym der Triosephosphat-Isomerase beobachtet worden ist. Hierbei sind 8 α-Helices und 8 β-Faltblätter alternierend gefaltet, sodass sie die Form eines Fasses ausbilden.
Molmasse
Es gibt 2 Isoformen: 50 kDa (466 Aminosäuren) großes Protein und 39 kDa (387 Aminosäuren) großes Protein.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Chitotriosidase ist sowohl als 50 kDa- als auch als 39 kDa-Enzym katalytisch aktiv. In Geweben und speziell dort in Lysosomen kommt überwiegend das 39 kDa-Enzym vor; wohingegen im Blutkreislauf (Serum) vorwiegend das 50 kDa-Protein vorkommt.
Die Synthese des 50 kDa-Proteins erfolgt überwiegend in Makrophagen und Monozyten. Ein Teil davon wird zu den Lysosomen weitergeleitet. Die Verteilung der Chitotriosidase zu den Lysosomen erfolgt nicht – wie sonst üblich für lysosomale Enzyme – über die Wechselwirkung zwischen den N-Glykanen mit den Mannose-6-Phosphat-Rezeptoren.
Pathophysiologie
Chitotriosidase war und ist evolutionär von Vorteil bei der Abwehr von Parasiten sowie Hefe- und anderen Pilzinfektionen. Die Aktivität der Chitotriosidase ist bei Patienten mit Infektionen, chronischen Entzündungen und degenerativen Erkrankungen erhöht. Welche Rolle sie dabei spielt, ist bislang noch nicht geklärt.
Serum/Plasma: bei Raumtemperatur 3–4 Wochen und bei ≤4 °C 3–4 Monate. Trockenblut: bei Raumtemperatur 1 Monat, bei 4 °C 1 Monat und bei −80 °C 3–4 Monate.
Präanalytik
Plasma/Serum: Vollblut sollte innerhalb von 24 Stunden (optimal innerhalb von 2 Stunden) zentrifugiert werden. Der Überstand (Plasma/Serum) sollte anschließend in ein frisches Probengefäß überführt werden. Versand bei Raumtemperatur; im Sommer optimalerweise gekühlt oder gefroren.
Trockenblut: Blut auf Trockenblutkarte austropfen, sodass das Filterpapier auf der Vorder- und Rückseite vollständig durchtränkt ist. Die Trockenblutkarte lichtgeschützt mind. 2–4 Stunden bei Raumtemperatur trocknen lassen. Versand bei Raumtemperatur.
Analytik
Fluorimetrische Ein-Schritt-Enzymatik mit dem künstlichen Substrat 4-Methylumbelliferyl-β-D-N,N′,N″-triacetyl-chitotriose.
Laborabhängig! In der Regel ist die Aktivität der Chitotriosidase bei Erwachsenen aufgrund inflammatorischer Prozesse im Mittel höher als bei Kindern.
Indikation
Erhöhte Aktivitäten finden sich z. B. bei M. Gaucher, M. Niemann-Pick Typ A/B oder Typ C, Sarkoidose, nephropatischer Cystinose, Atherosklerose, neurodegenerativen Erkrankungen, β-Thalassämie, Malaria.
Geeignet als Therapiekontrolle z. B. bei M. Gaucher, Sarkoidose, nephropatischer Cystinose.
Interpretation
Cave: Ca. 6 % der europäischen Bevölkerung haben eine sehr niedrige bis nicht nachweisbar niedrige Aktivität der Chitotriosidase. Dies ist durch eine Homozygotie für ein Null-Allel des CHIT1-Gens bedingt und kann zu falsch negativen Befunden führen.
Erhöhte Aktivität (>10-fach im Plasma/Serum) deuten im allgemeinen auf M. Gaucher oder M. Niemann-Pick Typ A/B hin.
Diagnostische Wertigkeit
Plasma/Serum ist gegenüber Trockenblut zu bevorzugen, da Trockenblut ein Mischwert aus Plasma/Serum und Blutzellen ist.
Literatur
Fadel F et al (2016) X-ray crystal structure of the full length human chitotriosidase (CHIT1) reveals features of its chitin binding domain. PLoS One 11(4):e0154190CrossRef
Hollak C et al (1994) Marked elevation of plasma chitotriosidase activity. J Clin Invest 93:1288–1292CrossRef
Stern R (2017) Go fly a chitin: the mystery of chitin and chitinases in vertebrate tissues. Front Biosci (Landmark) 22:580–595CrossRef