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CKD-EPI-Formel

Verfasst von: T. Arndt
CKD-EPI-Formel
Synonym(e)
Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration formula
Englischer Begriff
CKD-EPI formula
Definition
Formeln zur Berechnung der endogenen glomerulären Kreatinin-Clearance, der endogenen Cystatin-C-Clearance oder der endogenen Kreatinin- und Cystatin-C-Clearance entsprechend der Chronic-Kidney-Disease-Epidemiology-Collaboration-Gruppe.
Beschreibung
Zur Quantifizierung der glomerulären Filtration (GFR) der Niere (Filtration, glomeruläre) wurde eine Vielzahl von mathematischen Modellen beschrieben, die die individuelle glomeruläre Filtration möglichst exakt beschreiben und damit glomeruläre Nierenschäden möglichst frühzeitig aufdecken sollen. Hierzu werden verschiedene klinisch-chemische Laborparameter wie Kreatinin in Urin und/oder Serum oder Cystatin C im Serum, morphologische Kenngrößen wie Körpergröße, Körpermasse, aber auch Geschlecht und/oder Rasse ausgewertet.
Beispiele sind die Cockroft-Gault-Formel, die Kreatinin-Clearance, die MDRD-Formel (Kreatinin-Clearance) und die Schwartz-Formel. Weitere Beispiele sind die CKD-EPI-Formel(n), die in ihrer zuletzt publizierten Form der CKD-EPI-Kreatinin-Cystatin-C-Formel Kreatinin und Cystatin C im Serum sowie Alter, Geschlecht und Rasse des Patienten berücksichtigen. Die in den 3 Tabellen gelisteten Modelle gelten nicht für Patienten mit Nierentransplantat.
Die CKD-EPI Kreatinin-Gleichung (CKD-EPI 2009) basiert analytisch auf einer Messung des Kreatinins im Serum (Tab. 1).
Tab. 1
CKD-EPI-Kreatinin-Gleichungen (CKD-EPI 2009; nach: Inker et al. 2012)
Geschlecht
Serum-Kreatinin (Scr)
Formel
Weiblich
≤0,7 mg/dL (≤61,9 μmol/L)
GFR = 144 × (Scr/0,7)−0,329 × 0,993Alter
Weiblich
>0,7 mg/dL (>61,9 μmol/L)
GFR = 144 × (Scr/0,7)−1,209 × 0,993Alter
Männlich
≤0,9 mg/dL (≤79,6 μmol/L)
GFR = 141 × (Scr/0,9)−0,411 × 0,993Alter
Männlich
>0,9 mg/dL (>79,6 μmol/L)
GFR = 141 × (Scr/0,9)−1,209 × 0,993Alter
  
Für Patienten mit schwarzer Hautfarbe sind die Ergebnisse aus o. g. Formeln mit 1,159 zu multiplizieren.
Allgemeine Formel
GFR = 141 × min(Scr/κ, 1)α × max(Scr/κ, 1)−1,209 × 0,993Alter
Das Ergebnis ist für Frauen mit 1,018, für Patienten mit schwarzer Hautfarbe mit 1,159 zu multiplizieren, für Frauen mit schwarzer Hautfarbe also mit 1,018 und 1,159.
Scr = Serum-Kreatinin, κ = 0,7 für Frauen und 0,9 für Männer, α = −0,329 für Frauen und −0,411 für Männer, min = Minimum des Serum-Kreatinins/κ oder 1, max = Maximum des Serum-Kreatinins/κ oder 1
Die CKD-EPI-Cystatin C-Gleichung (CKD-EPI 2012) basiert analytisch auf einer auf einen internationalen Standard rückführbaren Messung des Cystatin C im Serum (Tab. 2).
Tab. 2
CKD-EPI-Cystatin-C-Gleichungen (CKD-EPI 2012; nach: Inker et al. 2012)
Geschlecht
Serum-Cystatin C (Scys)
Formel
Unisex
≤0,8 mg/L
GFR = 133 × (Scys/0,8)−0,499 × 0,996Alter
Unisex
>0,8 mg/L
GFR = 133 × (Scys/0,8)−1,328 × 0,996Alter
  
Für Frauen sind die Ergebnisse aus o. g. Formeln mit 0,932 zu multiplizieren.
Allgemeine Formel
GFR = 133 × min(Scys/0,8, 1)−0,499 × max(Scys/0,8, 1)−1,328 × 0,996Alter
Dass Ergebnis ist für Frauen mit 0,932 zu multiplizieren.
Scys = Serum-Cystatin C
Die CKD-EPI-Kreatinin-Cystatin-C-Gleichung basiert analytisch auf 2 auf internationale Standards rückführbare Messungen des Serum-Kreatinins und des Serum-Cystatin C (Tab. 3).
Tab. 3
CKD-EPI-Kreatinin-Cystatin-C-Gleichungen (CKD-EPI 2012: nach: Inker et al. 2012)
Geschlecht
Serum-Kreatinin (Scr)
Serum-Cystatin C (Scys)
Formel
Weiblich
≤0,7 mg/dL (≤61,9 μmol/L)
≤0,8 mg/L
GFR = 130 × (Scr/0,7)−0,248 × (Scys/0,8)−0,375 × 0,995Alter
Weiblich
≤0,7 mg/dL (≤61,9 μmol/L)
>0,8 mg/L
GFR = 130 × (Scr/0,7)−0,248 × (Scys/0,8)−0,711 × 0,995Alter
Weiblich
>0,7 mg/dL (>61,9 μmol/L)
≤0,8 mg/L
GFR = 130 × (Scr/0,7)−0,601 × (Scys/0,8)−0,375 × 0,995Alter
Weiblich
>0,7 mg/dL (>61,9 μmol/L)
>0,8 mg/L
GFR = 130 × (Scr/0,7)−0,601 × (Scys/0,8)−0,711 × 0,995Alter
Männlich
≤0,9 mg/dL (≤79,6 μmol/L)
≤0,8 mg/L
GFR = 135 × (Scr/0,9)−0,207 × (Scys/0,8)−0,375 × 0,995Alter
Männlich
≤0,9 mg/dL (≤79,6 μmol/L)
>0,8 mg/L
GFR = 135 × (Scr/0,9)−0,207 × (Scys/0,8)−0,711 × 0,995Alter
Männlich
>0,9 mg/dL (>79,6 μmol/L)
≤0,8 mg/L
GFR = 135 × (Scr/0,9)−0,601 × (Scys/0,8)−0,375 × 0,995Alter
Männlich
>0,9 mg/dL (>79,6 μmol/L)
>0,8 mg/L
GFR = 135 × (Scr/0,9)−0,601 × (Scys/0,8)−0,711 × 0,995Alter
   
Für Patienten mit schwarzer Hautfarbe sind die Ergebnisse aus o. g. Formeln mit 1,08 zu multiplizieren.
Allgemeine Formel
GFR = 135 × min(Scr/κ, 1)α × ma×(Scr/κ, 1)−0,601 × min(Scys/0,8, 1)−0,375 × max(Scys/0,8, 1)−0,711 × 0,995Alter
Dass Ergebnis ist für Frauen mit 0,969 und für Patienten mit schwarzer Hautfarbe mit 1,08 zu multiplizieren, für Frauen mit schwarzer Hautfarbe also mit 0,969 und 1,08.
Scr = Serum-Kreatinin, κ = 0,7 für Frauen und 0,9 für Männer, α = −0,248 für Frauen und −0,207 für Männer, min = Minimum des Serum-Kreatinins/κ oder 1, max = Maximum des Serum-Kreatinins/κ oder 1; Scys = Serum-Cystatin C
Formeln zur Abschätzung der glomerulären Filtration von Patienten mit chronischer Nierenerkrankung werden von Inker et al. im Supplementum 3 wiedergegeben. Diese Modelle beziehen sich ebenso auf internationalen Standards rückführbare Kreatinin- und Cystatin-C-Messergebnisse (Tab. 4).
Tab. 4
Formeln zur Berechnung der GFR für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (aus: Inker et al. 2012, Supplementum 3)
Modell
Formel
175 × standardisiertes Scr−1,154 × Alter−0,203 × 0,75 [wenn weiblich] × 1,210 [wenn schwarze Hautfarbe]
Cystatin-C-Formel
127,7 × (−0,105 + 1,13 × standardisiertes Scys)−1,17 × Alter−0,13 × 0,91 [wenn weiblich] × 1,06 [wenn schwarze Hautfarbe]
Kreatinin-Cystatin-C-Formel
177,6 × Scr−0,65 × (−0,105 + 1,13 × standardisiertes Scys)−0,57 × Alter−0,20 × 0,82 [wenn weiblich] × 1,11 [wenn schwarze Hautfarbe]
 
Scr = Serum-Kreatinin [mg/dL]; Scys = Serum-Cystatin C [mg/L], Alter [Jahre]
 
Anmerkung: Der bei Inker et al. in der MDRD-Formel ausgewiesene Exponent von -203 für das Alter ist falsch, richtig ist ein Exponent von −0,203.
Nach Inker et al. ist eine 3 Monate oder länger währende Reduktion der glomerulären Filtration auf <60 mL/min/1,73 m2 Körperoberfläche (= Schwellenwert zur chronischen Nierenerkrankung; normal ≥90 mL/min/1,73 m2) diagnostisches Kriterium für eine chronische Nierenerkrankung und assoziiert mit einer schlechten Prognose, einschließlich Tod.
Die GFR aus Serum-Kreatinin und Serum-Cystatin C zeigt nach Inker et al. von allen derzeit bekannten mathematischen Modellen die höchste Präzision und Richtigkeit zur labormedizinischen Erkennung einer chronischen Nierenerkrankung. Dies gilt auch für sehr schlanke Patienten mit einem Body-Mass-Index <20, bei denen aufgrund der geringen Muskelmasse und der damit verbundenen geringen Kreatininproduktion rein kreatininbasierte Modelle falsch-niedrige GFR ergeben.
Nach Inker et al. soll die Berechnung der glomerulären Filtration nach der CKD-EPI-Kreatinin-Gleichung nicht prinzipiell durch die CKD-EPI-Cystatin-C-Gleichung oder die hier auch vorgestellte Kombination ersetzt werden. Stattdessen soll z. B. bei einer kreatininbasierten GFR von 45–59 mL/min/1,73 m2 Cystatin C im Serum, sozusagen als Bestätigungstest, für die Diagnose einer chronischen Nierenerkrankung bestimmt und anschließend aus den nun verfügbaren Serum-Kreatinin- und Cystatin-C-Konzentrationen die GFR nach der CKD-EPI-Kreatinin-Cystatin-C-Gleichung berechnet werden.
Mit dieser Strategie kann ein nicht unerheblicher Anteil an Patienten mit einer kreatininbasierten GFR von 45–59 mL/min/1,73 m2 als nicht chronisch nierenkrank reklassifiziert werden. Diese stufenweise Labordiagnostik führt nicht nur zu einem optimalen Einsatz der Laborressourcen, sondern insbesondere auch zur Vermeidung unnötiger Nachfolgeuntersuchungen und ggf. Medikationen infolge von Falschklassifizierungen von (gesunden) Patienten als chronisch Nierenkranke.
Die CKD-EPI-Formeln stehen allerdings auch unter Kritik. So soll nach Selistre et al. (2016) die Schwartz-Formel z. B. für Kinder und Erwachsene im Alter von 18–40 Jahren mit milder oder moderater Nierenfunktionseinschränkung eine richtigere Aussage liefern.
Offenbar scheint das Problem der mathematischen Modellierung der endogenen glomerulären Filtrationsleistung zumindest für einige Subpopulationen von Patienten noch immer nicht abschließend gelöst zu sein, sodass mit weiteren Formeln zu rechnen ist.
Die Messung der glomerulären Filtration anhand der Elimination von exogenen Substanzen wie z. B. bei der Bestimmung der Inulin-Clearance oder der Iothalamat-Clearance gelten als Goldstandard, haben jedoch das Risiko anaphylaktischer Reaktionen und sind deshalb im klinischen Alltag weniger verbreitet.
Literatur
Inker LA, Schmid CH, Tighiouart H, Eckfeldt JH, Feldmann HI, Greene T, Kusek JW, Manzi J, van Lente F, Zhang YL, Coresh J, Levey AS for the CKD-EPI Investigators (2012) Estimating glomerular filtration rate from serum creatinine and cystatin c. New Eng J Med 367:20–29. http://​www.​nejm.​org/​doi/​suppl/​10.​1056/​NEJMoa1114248/​suppl_​file/​nejmoa1114248_​appendix.​pdf. Zugegriffen am 07.08.2017
Selistre L, Rabilloud M, Cochat P, de Souza V, Iwaz J, Lemoine S, Beyerle F, Poli-de-Figueiredo CE, Dubourg L (2016) Comparison of the Schwartz and CKD-EPI equations for estimating glomerular filtration rate in children, adolescents, and adults: a retrospective cross-sectional study. PLoS Med 13(3):e1001979. https://​doi.​org/​10.​1371/​journal.​pmed.​1001979. https://​www.​ncbi.​nlm.​nih.​gov/​pmc/​articles/​PMC4811544/​pdf/​pmed.​1001979.​pdf. Zugegriffen am 07.08.2017CrossRefPubMedPubMedCentral