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Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
T. Arndt
Publiziert am: 22.08.2017

Cyclisches Adenosinmonophosphat

Cyclisches Adenosinmonophosphat
Synonym(e)
cAMP
Englischer Begriff
cyclic adenosin monophosphate
Definition
Niedermolekularer Botenstoff („second messenger“) der zellulären Signaltransduktion, der u. a. zur Aktivierung von Proteinkinasen führt.
Molmasse
329,2 g.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Aktivierung eines G-Protein-gekoppelten Rezeptors (z. B. durch Parathormon) führt zur Aktivierung der zellmembranständigen Adenylatcyclase und Bildung von cAMP aus ATP. Abbau unter Wirkung der Phosphodiesterase zu AMP (Details s. Lehrbücher der Biochemie).
Funktion – Pathophysiologie
Durch cAMP stimulierte Aktivierung von Proteinkinasen werden z. B. Ca2+-Kanäle geöffnet, die glatte Muskulatur relaxiert sowie zahlreiche Stoffwechselfunktionen wie Glykogenolyse und Lipolyse reguliert.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Spontanurin, 24-Stunden-Sammelurin (unter Kühlung sammeln, ggf. Zusatz von Borsäure oder Thymol, Aliquot bis zur Analyse einfrieren). EDTA-Plasma (kein Heparin- und Citratplasma, Blutabnahmegefäß in Eiswasser, sofort gekühlt zentrifugieren, Plasma einfrieren).
Probenstabilität
Untersuchungsmaterialien sofort einfrieren.
Präanalytik
Geringfügige zirkadiane Rhythmik mit Maximum um 12:00 Uhr und niedrigsten Plasmakonzentrationen am späten Abend.
Analytik
Kompetitiver Immunoassay (z. B. mit 3H-markiertem cAMP).
Konventionelle Einheit
ng/mL (Plasma), mg/g Kreatinin, mg/Tag (Urin).
Internationale Einheit
nmol/L (Plasma), μmol/mol, μmol/Tag (Urin).
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
ng/mL × 3,04 = nmol/L, mg/g × 344 = μmol/mol, mg/Tag × 3,04 = μmol/Tag.
Referenzbereich – Erwachsene
EDTA-Plasma-cAMP: Frauen: 4,3–7,6 ng/mL, Männer: 4,6–8,6 ng/mL.
Urin-cAMP Frauen und Männer: 0,29–2,10 mg/g, 0,33–3,58 mg/Tag.
Glomerulär filtriertes cAMP (s. u.): 18,3–45,5 nmol/L.
Referenzbereich – Kinder
Keine Daten.
Indikation
  • Verdacht auf Pseudohyperparathyreoidismus Typ I und II
  • Differenzialdiagnose Hypoparathyreoidismus vs. Pseudohypoparathyreoidismus
  • Verdacht auf Hyperparathyreoidismus mit grenzwertigen Parathormon-Befunden
Interpretation
EDTA-Plasma-cAMP nur für Berechnung der glomerulären cAMP-Filtration wichtig.
Urin-cAMP erhöht bei
  • primärem Hyperparathyreoidismus (85 % der Patienten),
  • Pseudohypoparathyreoidismus Typ II und
  • humoraler Hyperkalziämie des Tumorpatienten (50 %), Calcium-Malabsorption, Manie, Familiärem Mittelmeerfieber.
Urin-cAMP erniedrigt bei
Diagnostische Wertigkeit
  • Etwa 50 % des Urin-cAMP resultiert aus der glomerulären Filtration des Plasma-cAMP, die anderen 50 % aus der Synthese in der Niere und tubularer Sezernierung (= nephrogenes cAMP). Letzteres steht unter direkter Kontrolle des Parathormons.
  • Da Parathormon in der Nierenrinde die Adenylatcyclase stimuliert, resultiert bei Hyperparathyreoidismus eine erhöhte, bei Hypoparathyreoidismus eine verminderte cAMP-Ausscheidung.
  • Pseudohypoparathyreoidismus Typ I entspricht einer Endorganresistenz gegen Parathormon durch einen Defekt des Parathormonrezeptors. Parathormon kann deshalb die Adenylatcyclase nicht aktivieren, woraus eine verminderte cAMP-Ausscheidung resultiert.
  • Bei Pseudohypoparathyreoidismus Typ II ist dagegen der Parathormonrezeptor intakt (nur die Weiterverarbeitung des chemischen Signals gestört), sodass hohe Parathormonkonzentrationen auch zu einer erhöhten Ausscheidung von cAMP führen.
Wegen schwankender cAMP-Konzentrationen und cAMP/Kreatinin-Quotienten im Urin in Abhängigkeit z. B. vom Wasserhaushalt und dem Geschlecht hat es sich bewährt, die cAMP-Ausscheidung in Bezug zur glomerulären Filtration anzugeben:
$$ \kern0.5em \mathrm{cAMP}-\mathrm{filtriert}\;\left(\mathrm{nmol}/\mathrm{dL}\right)=\frac{\mathrm{Urin}-\mathrm{cAMP}\;\left(\mathrm{nmol}/\mathrm{L}\right)\times \mathrm{Serum}-\mathrm{Kreatinin}\;\left(\mathrm{mg}/\mathrm{dL}\right)}{\mathrm{Urin}-\mathrm{Kreatinin}\;\left(\mathrm{mg}/\mathrm{L}\right)} $$
Urin-cAMP ist wertvoll für die Erkennung von Parathormon-Resistenzzuständen (Pseudohypoparathyreoidismus) und deren Differenzierung.
Literatur
Wu AHB (Hrsg) (2006) Tietz clinical guide to laboratory tests. Saunders Elesevier, St. Louis