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Diego-(DI-)Blutgruppensystem

Verfasst von: K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt
Diego-(DI-)Blutgruppensystem
Synonym(e)
SLC4A1; Band-3-Protein; AE1
Englischer Begriff
Diego blood group system
Definition
Die Diego-Antigene befinden sich auf dem erythrozytären Band-3-Protein (Anionaustauscher 1, AE1), das Produkt des SLC4A1-Gens („solute carrier family 4, anion exchanger member 1“). Dieses ist das vorherrschende, integrale Membranprotein der Erythrozyten und stellt ein erythrozytäres Blutgruppensystem (s. Blutgruppensysteme) dar.
Beschreibung
Das Band-3-Protein vermittelt den Chlorid-/Bicarbonataustausch während des CO2-Transports von Geweben in die Lunge. Daneben ist es in der Niere in die Säuresekretion involviert. Es ist ein Membranglykoprotein mit vielen Membrandurchgängen („multipass“) aus 911 Aminosäuren (Molmasse 95–105 kDa). Die aminoterminale, zytoplasmatische Domäne verbindet die Membran über die Brückenproteine Ankyrin und Protein 4.1 mit dem Spektrin-Aktin-Zytoskelett. Die carboxyterminale Membrandomäne ist für den Anionentransport durch die Plasmamembran verantwortlich.
Im Diego-Antigen gibt es 2 auf Chromosom 17q12-q21 lokalisierte Hauptallele:
  • Di(a) (ISBT-Symbol: DI1, 010.001)
  • Di(b) (ISBT-Symbol DI2, 010.002)
Die phänotypische Verteilung ist bei Kaukasiern und Menschen mit dunkler Hautfarbe gleich, wobei Di(a+b-) <0,01 %, Di(a-b+) >99,9 % und Di(a+b+) <0,1 % vorkommen. Das Di(a)-Allel in der mitteleuropäischen Population wird als Relikt des Mongolensturms im frühen 13. Jahrhundert angesehen. Ein Nullphänotyp Di(a-b-) ist bisher nicht nachgewiesen worden. Bei anderen Populationen kommt der Di(a+b-)-Phänotyp häufiger vor (Asiaten 10 %, südamerikanische Ureinwohner 36 %). Anti-Di-Antikörper sind stets vom IgG-Typ und können zu hämolytischen Transfusionsreaktionen oder zu einem Morbus haemolyticus neonatorum (Morbus haemolyticus fetalis/neonatorum) führen.
Daneben wird auch das Wright-(Wr-)Antigen zum Diego-Blutgruppensystem gezählt. Es sind die beiden antithetischen Antigene Wr(a) (ISBT-Symbol DI3, 010.003) und Wr(b) (ISBT-Symbol DI4, 010.004) beschrieben. Die Antigenfrequenz liegt für das Wr(a)-Antigen bei 0,01 %, für Wr(b) bei 100 %. Anti-Wr(a)-Antikörper kommen mit einer Frequenz von 2,5 % vor, sie werden allerdings in der Routinediagnostik selten erkannt, da die verwendeten Testerythrozyten vom Antikörpersuchtest meist Wr(a)-Antigen negativ sind. Sie können vom IgG- und IgM-Typ sein. Diese sind offensichtlich natürlich vorkommende Alloantikörper, wobei auch immune Anti-Wr(a) vorkommen. Unabhängig von der Antikörperklasse können sie milde bis schwere hämolytische Transfusionsreaktionen auslösen und zu einem Morbus haemolyticus neonatorum führen. Aufgrund der Seltenheit des Wr(a)-Antigens stellen diese Antikörper keine Probleme in der Transfusionsmedizin dar. Anti-Wr(b) ist ein seltener Alloantikörper und kommt häufiger als Autoantikörper vor. Die klinische Relevanz von Anti-Wr(b)-Antikörper ist aufgrund der Antigenverteilung nicht bekannt.
Literatur
Dean L (2005) Blood groups and red cell antigens. NCBI, Bethesda
Metaxas-Bühler M (1995) Blutgruppen und Transfusion, 2. Aufl. Verlag Hans Huber, Bern
Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The blood group antigen facts book, 2. Aufl. Elsevier, New York