Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
J. Arnemann
Publiziert am: 13.04.2018

Epigenetik

Epigenetik
Synonym(e)
erbliche Genmodifikationen
Englischer Begriff
epigenetic
Definition
Mit Epigenetik bezeichnet man vererbbare genetische Veränderungen, die nicht durch Änderungen in der Nukleotidabfolge verursacht werden, sondern beispielsweise durch Modifikationen der Nukleotide, der Histone oder der Chromosomen aufgrund externer Faktoren.
Beschreibung
Das wissenschaftliche Interesse am Gebiet der Epigenetik hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Im Vordergrund steht die Frage, welche Faktoren, die nicht eine Änderung der Nukleotidsequenz betreffen, die Aktivität und Expression eines Gens so verändern, dass es einem scheinbar erblichen Mechanismus folgt. Häufig genannte Beispiele sind z. B. die zelluläre Differenzierung von totipotenten Stammzellen über pluripotente Zelllinien hin zu ausdifferenzierten, organspezifischen Zellen. Die Modulation der Genaktivität, sowohl Inaktivierung als auch Aktivierung, wird erreicht durch eine Modifikation der Mikrostruktur der Gene oder der Chromatinproteine, wie z. B. DNA-Methylierung oder Histonmodifikation. Diese Prozesse können durch äußere Einflüsse wie Nahrung, Lifestyle oder Umwelt in einem gewissen Grad beeinflusst werden und führen zu einem individuenspezifischen Muster, das an die Nachkommen über die sog. epigenetische Transgenerationenvererbung weitergegeben werden kann.
Durch diese Mechanismen können auch Prozesse wie X-Inaktivierung oder veränderte Expressionsmuster als sog. Positionseffekte bei chromosomalen Translokalisationen erklärt werden.
Ein anderes Beispiel ist der genomische Imprint, bei dem Gene bereits in der elterlichen Keimbahn eine Modifikation, sog. Imprint, erhalten und gemäß der parentalen Herkunft ab dem Zygotenstadium entweder exprimiert oder inhibiert werden. Mutationen dieses Imprintmusters können beim Menschen zu genetischen Syndromen, wie z. B. Prader-Willi- oder Angelman-Syndrom führen.
Die wichtigsten epigenetischen Mechanismen sind somit die in Wechselwirkung stehenden Prozesse DNA-Methylierung, vor allem Cytosin zu Methylcytosin, und Histonmodifikation, die eine kompakte oder offene Chromatinkonstellation bedingen und u. U. zu einer veränderten Nukleosompositionierung mit daraus folgender veränderter Genexpression führen.
Literatur
Alberts et al (2015) Molecular biology of the cell, 6. Aufl. Garland Science, New York