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Estrogene

Verfasst von: M. Bidlingmaier
Estrogene
Synonym(e)
Follikelhormone; Östrogene; Weibliche Sexualhormone
Englischer Begriff
estrogens
Definition
Oberbegriff für die weiblichen Sexualhormone. Chemisch sind damit die natürlichen oder synthetischen C19-Steroide gemeint, deren Struktur sich vom Estran (auch: 13β-Methyl-gonan) ableitet. Die wichtigsten Estrogene beim Menschen sind Estradiol, Estron und Estriol.
Beschreibung.
Estrogene entstehen durch Aromatisierung von Testosteron. Dieser über das Enzym Aromatase vermittelte Schritt erfolgt bei der Frau hauptsächlich in den Granulosazellen der präovulatorischen Graaf-Follikel sowie später im Corpus luteum, zudem während der Schwangerschaft in der Plazenta. Beim Mann findet sich eine altersabhängig in unterschiedlichen Zelltypen lokalisierte Expression der Aromatase im Hoden. Präpubertär zeigt sie sich vor allem in den Sertoli-Zellen, postpubertär in Leydig-Zellen, ferner in Keimzellen und Spermien. Zudem findet sich die Aromatase bei beiden Geschlechtern in der Nebennierenrinde und im Fettgewebe. Wie die Androgene zirkulieren die Estrogene zum größten Teil gebunden an Proteine. Neben der relativ schwachen Bindung an Albumin und kortisolbindendes Globulin (CBG) erfolgt eine spezifische Bindung an Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG). Diese hat allerdings eine geringere Affinität als die von Dihydrotestosteron und Testosteron. Die Ausscheidung der Estrogene erfolgt nach Glucuronidierung renal.
Die Wirkung der Estrogene wird über nukleäre Estrogenrezeptoren vermittelt. Während des weiblichen Zyklus sind die Estrogene wesentlich an der Regulation der Follikereifung, der hypophysären Sekretion von luteinisierendem Hormon (LH, s. Luteinisierendes Hormon) und follikelstimulierendem Hormon (FSH; s. Follikelstimulierendes Hormon), dem Aufbau der Gebärmutterschleimhaut sowie der Konsistenz des Zervixschleims beteiligt. Neuere Untersuchungen belegen auch eine Wirkung in der Regulation der männlichen Fertilität. Darüber sind Estrogeneffekte auf nahezu alle Gewebe beschrieben. So regulieren sie den Knochenstoffwechsel, die renale Natrium- und Wasserretention, die Basaltemperatur, aber auch zentralnervöse Vorgänge und das Immunsystem.
Therapeutisch ist die Gabe von Estrogenen zentrales Wirkprinzip der meisten Kontrazeptiva. Reine oder partielle Estrogen-Rezeptorantagonisten oder auch Inhibitoren der Aromatase werden therapeutisch beim hormonsensitiven Mammakarzinom eingesetzt.
Literatur
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