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Fettsäureethylester

Verfasst von: T. Arndt
Fettsäureethylester
Synonym(e)
FAEE
Englischer Begriff
fatty acid ethyl esters
Definition
FAEE sind Ethylester gesättigter und ungesättigter langkettiger Fettsäuren, wie z. B. Myristin-, Palmitin-, Olein- und Stearinsäure.
Struktur
Abb. 1.
Molmasse
Myristinsäureethylester (C16H32O2, 256,430 g/mol), Palmitinsäureethylester (C18H36O2, 284,484 g/mol), Oleinsäureethylester (C20H38O2, 310,522 g/mol), Stearinsäureethylester (C20H40O2, 312,583 g/mol).
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
FAEE werden nach Ethanolkonsum aus freien und gebundenen Fettsäuren durch eine enzymkatalysierte Veresterung mit Ethanol gebildet. Sie sind bereits kurz nach Ethanolaufnahme und bis mindestens 24 Stunden nach Trinkende im Blut nachweisbar. Über die Talkdrüse (Sebum) und ggf. kleine, die Haarwurzel versorgende Blutkapillaren werden FAEE in die Haare eingelagert und dort weitgehend konserviert, während FAEE im Blut durch Esterasen abgebaut werden.
Halbwertszeit
Blut und Haare unbekannt.
Funktion – Pathophysiologie
Ob FAEE zellschädigende Wirkungen haben, ist nicht abschließend geklärt.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Haare, d. h. ein bleistiftstarkes 0–3 cm oder 0–6 cm langes, direkt über der Kopfhaut geschnittenes (proximales) Segment der am hinteren Scheitelpunkt wachsenden Haare. Zum Einfluss von Haarkosmetika (s. Interpretation).
Probenstabilität
In Haaren stabil bei trockener, lichtgeschützter Lagerung.
Präanalytik
Keine ethanolhaltige Haarkosmetik, Haare direkt über der Kopfhaut schneiden, jegliche Form der Haarbehandlung und -kosmetik notieren (z. B. Kolorierung, Bleichung, Haarwasser)
Analytik
Waschen der Haarprobe mit einem unpolaren Lösungsmittel (Waschflüssigkeit asservieren), Pulverisierung und Aufschluss einer exakt eingewogenen Haarmasse, z. B. Festphasen-Mikroextraktion mit anschließender massenspektrometrischer Analyse unter Verwendung deuterierter FAEE-Standards und Bestimmung der Zielanalyte Ethylpalmitat, Ethylmyristat, Ethyloleat und Ethylstearat.
Konventionelle und internationale Einheit
ng/mg.
Referenzbereich – Entscheidungsgrenzen
Entscheidungsgrenzen (Cut-offs) der Society of Hair Testing (SoHT 2016):
Palmitinsäureethylester (Ethylpalmitat) in Kopfhaar
0–3 cm-Segment
0–6 cm-Segment
Chronisch exzessiver Alkoholkonsum
<0,35 ng/mg
<0,45 ng/mg
Abstinenzbeleg (nur in Kombination mit Ethylglucuronid)
<0,12 ng/mg
<0,15 ng/mg
Indikation
Nachweis chronisch exzessiven Alkoholkonsums, Abstinenzbeleg (nicht als Alleinmarker, nur im Zusammenhang mit Ethylglukuronid).
Interpretation
  • Die Entscheidungsgrenzen basieren nach der jüngsten SoHT-Empfehlung aus analytischen Gründen auf der Konzentration des Palmitinsäureethylesters (Cut-offs s. Tabelle). Damit wird der schwierigere Umgang mit einer Analytgruppe vermieden. Die weiteren o. g. Zielanalyte dienen nur mehr der (qualitativen) Bestätigung der Diagnose. Für sie wurden von der SoHT keine Cut-offs definiert.
  • FAEE sind für einen Abstinenzbeleg nur Marker der 2. Wahl nach Ethylglukuronid in den Haaren (und Urin) und nur in Kombination mit diesen und bevorzugt nur bei unklaren EtG-Befunden.
  • Haarbehandlung und -pflege (s. Präanalytik) müssen bei der Beurteilung der Messergebnisse berücksichtigt werden, da Kosmetika falsch positive (z. B. Bildung von FAEE aus Fettsäuren und Ethanol im Sebum) und falsch negative (thermische oder chemische Zerstörung der FAEE) Befunde auslösen können.
  • Ein 0–3 cm langes Segment reflektiert ein diagnostisches Zeitfenster von ca. 3,5 Monaten (Haarwachstum ca. 0,5 Monate innerhalb der Kopfhaut + ca. 1 cm/Monat als Kopfhaar), ein 0–6 cm Segment 6,5 Monate. Durch sequenzielle Analyse von z. B. 1 cm Abschnitten lässt sich der Zeitpunkt einer Ethanolaufnahme entsprechend eingrenzen.
Diagnostische Wertigkeit
Mit den aktuellen Empfehlungen (SoHT 2016) zur Bewertung von FAEE-Konzentrationen im Kopfhaar weicht die SoHT erheblich von ihren früheren Konsensuspapieren ab. In diesen wurde die Summe der Konzentrationen der Zielanalyte zur Bewertung empfohlen (chronisch exzessiver Alkoholkonsum Summe >0,5 ng/mg im 0–3 cm- oder >1 ng/mg im 0–6 cm-Segment des proximalen Kopfhaars).
Die parallele Bestimmung von FAEE und Ethylglukuronid in Haaren soll eine verbesserte diagnostische Aussagekraft herbeiführen, insbesondere bei unklaren EtG-Befunden. Ob dies mit dem aus präanalytischer Sicht deutlich heikleren FAEE erreicht werden kann, bleibt ebenso wie eine abschließende Bewertung der diagnostischen Aussagekraft von FAEE in Haaren als Kenngröße einer Alkoholaufnahme offen.
Im Blut nachweisbare FAEE wurden als Kurzzeitmarker eines Alkoholkonsums beschrieben. Ob inhalative Exposition gegenüber ethanolhaltigen Dämpfen z. B. von Desinfektionsmitteln, zur Bildung von FAEE führen kann (wie für Ethylglukuronid beschrieben) ist nicht untersucht. FAEE in Blut haben derzeit in die Routinediagnostik keine Bedeutung.
FAEE in Meconium als Biomarker einer pränatalen Ethanolexposition befinden sich noch im Forschungsstadium.
Literatur
Auwärter V et al (2011) Fatty acid ethyl esters in hair as markers of alcohol consumption.Segmental hair analysis of alcoholics, social drinkers, and teetotalers. Clin Chem 47:2114–2123
Society of Hair Testing (SoHT) (2012) Society of hair testing guidelines for drug testing in hair. Forensic Sci Int 218:20–24CrossRef
Society of Hair Testing (SoHT) (2016) Consensus for the use of alcohol markers in hair for assessment of both abstinence and chronic excessive alcohol consumption. http://​www.​soht.​org/​images/​pdf/​Revision%20​2016_​Alcoholmarkers.​pdf. Zugegriffen am 20.01.2017