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Hämoglobin F

Verfasst von: H. Baum
Synonym(e)
HbF
Englischer Begriff
hemoglobin F
Definition
Hämoglobinmolekül, das aus 2 α-Ketten und 2 γ-Ketten besteht.
Funktion – Pathophysiologie
Das HbF wird physiologischerweise nur während der Fetalperiode synthetisiert. Im Vergleich zum HbA des Erwachsenen hat es eine höhere Bindungsaffinität zu Sauerstoff, sodass der Sauerstoff plazentar leichter auf das fetale HbF übertritt. Postpartal wird das HbF durch das HbA ersetzt. Bei verschiedenen Hämoglobinopathien und Thalässämiesyndromen wird das HbF im Sinne einer Reexprimierung vermehrt gebildet und kann somit zur Diagnostik herangezogen werden.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
  • EDTA-Blut; nach Blutentnahme sollte baldmöglichst ein Hämolysat hergestellt werden
  • Fixiertes Ausstrichpräparat
Probenstabilität
Hämolysat bei −20 °C mehrere Monate stabil.
Präanalytik
Keine besonderen Abnahmebedingungen erforderlich.
Präanalytik
Zur Bestimmung des HbF stehen mehrere Methoden zur Verfügung:
  • Elektrophoretische Auftrennung auf einer Celluloseacetatfolie im alkalischen Milieu
  • HPLC
  • Säuredilution eines fixiertem Ausstrichpräparat
Konventionelle Einheit
%.
Internationale Einheit
%.
Referenzbereich – Erwachsene
<0,5 %.
Referenzbereich – Kinder
Alter
Hämoglobin-F-Anteil (%)
Unreife Neugeborene
>95
Reife Neugeborene
77,5–87
<1 Jahr
Altersabhängiger Abfall
1–2 Jahre
0,5–2,0
>2 Jahre
<0,5
Indikation
V. a. das Vorliegen einer Hämoglobinopathie oder Thalassämie mit vermehrter Expression von HbF. In erster Linie bei:
  • V. a. familiäre Hämoglobin-F-Persistenz (HPFH)
  • V. a. Thalassämie-Syndrome
  • Andere seltene Hämoglobinvarianten
  • Differenzialdiagnose maternale oder fetale Erythrozyten bei vaginaler Blutung in der Schwangerschaft
Interpretation
Bei den einzelnen Hämoglobinopathien kann das HbF in unterschiedlicher Konzentration nachgewiesen werden.
In der folgenden Tabelle sind unterschiedliche Hämoglobin-F-Konzentrationen bei ausgewählten Hämoglobinopathien zusammengefasst:
Hämoglobin-F-Konzentration (%)
Hämoglobinopathie
0–1
Normal
1–5
In ca. 30 % der Fälle mit β-Thalassämien
Verschiedene hetero- und homozygote Hämoglobinvarianten
Sporadisch in der Normalbevölkerung
5–20
Bei einigen β-Thalassämievarianten
Einige homozygote Hämoglobinvarianten
Heterozygote Form familiärer HbF-Persistenz (HPFH)
β-Thalassämien
15–45
Heterozygote HPFH-Formen
β-Thalassämia intermedia
>45
β-Thalassämia major
Einige Formen der β-Thalassämia intermedia
Neugeborene
>95
Homozygote Form der HPFH
Neu- und Frühgeborene
Diagnostische Wertigkeit
Die Bestimmung des HbF erfolgt in der Regel simultan mit anderen Hämoglobinvarianten. Dabei werden die Art der nachweisbaren Hämoglobine und deren prozentuale Verteilung zur Differenzialdiagnose herangezogen.
Literatur
Wild BJ, Bain BJ (2001) Investigation of abnormal haemoglobins and thalassaemia. In: Lewis SM, Bain BJ, Bates I (Hrsg) Practical haematology, 9. Aufl. Churchill Livingstone, London, S 231–268