Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
W. Stöcker und C. Krüger
Publiziert am: 13.12.2017

Haemophilus influenzae

Haemophilus influenzae
Englischer Begriff
haemophilus influenzae
Beschreibung des Erregers
Bei den Bakterien der Gattung Haemophilus handelt es sich um gramnegative Bakterien der Familie Pasteurellaceae; Spezies: von Haemophilus influenzae sind sowohl bekapselte (Serotypen a bis f) als auch kapsellose Stämme bekannt.
Erkrankungen
Haemophilus influenzae lebt als Kommensale ausschließlich in den Schleimhäuten des Menschen, vor allem in denen des oberen Atmungssystems (Nase, Rachen, Luftröhre), und verursacht dort gelegentlich entzündliche Erkrankungen (Epiglottitis, Bronchitis, Pneumonie). Über 95 % der Infektionen mit Haemophilus influenzae lassen sich auf den Serotyp b zurückführen. Übertragen wird das Bakterium durch Kontakt- und Tröpfcheninfektion, begünstigt durch enge Lebensverhältnisse. Es existiert ein hohes Ansteckungsrisiko bei Kindern bis zum zweiten Lebensjahr, Patienten mit Virusinfektionen der Atemwege und einer defekten Selbstreinigung der Bronchien.
Bei Neugeborenen führen Infektionen mit Haemophilus influenzae zu Konjunktivitis und Otitis media, und vor allem bei Kleinkindern ist dieses Bakterium auch Erreger von Hirnhautentzündungen (Meningitis) und weiteren entzündlichen Erkrankungen. Bei Erwachsenen treten Infektionen durch Haemophilus influenzae seltener auf und manifestieren sich vor allem als Bronchitis.
Als Prophylaxe wird eine Schutzimpfung gegen Haemophilus influenzae Typ b für Kinder ab 2 Monaten und bis zum 4. Lebensjahr empfohlen. Die Therapie stützt sich im Wesentlichen auf Antibiotika.
Analytik
Kultur: Die Erregerdiagnose erfolgt durch Anzucht aus Körperflüssigkeiten und anschließende Differenzierung anhand des Wachstumsfaktorbedarfs. Haemophilus influenzae benötigt für die Anzucht besondere Wirkstoffe (X-Faktor: Hämin, V-Faktor: Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid). Anzüchtung unter erhöhter CO2-Konzentration auf Kochblut-Agar, zusätzlich ausgestrichener Staphylococcus aureus sorgt dabei für ideale Wachstumsbedingungen. Nach ein- bis zweitägiger Inkubation bei 37 °C lassen sich glatte, leicht durchsichtige Kolonien feststellen. Die Abgrenzung von Haemophilus influenzae gegenüber anderen Spezies erfolgt durch Prüfung von Stoffwechseleigenschaften (z. B. Porphyrinproduktion) oder Direktnachweis.
Direktnachweis: Identifizierung des Kapsel-Serovars mithilfe immunologischer Methoden wie Latexagglutination, Immunpräzipitation oder direkter Immunfluoreszenz.
Serologie: Für serologische Untersuchungen werden indirekte Immunfluoreszenz- (Immunfluoreszenz, indirekte) und Enzyme-linked Immunosorbent Assay-Testsysteme eingesetzt.
Untersuchungsmaterial – Probenstabilität
Kultur und Direktnachweis: Liquor, Blut, Sputum, Sekrete und Abstriche von Konjunktiva oder Rachen. Die Proben sollten gekühlt transportiert und innerhalb von 4 Stunden analysiert werden.
Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.
Diagnostische Wertigkeit.
Haemophilus influenzae b präsentiert im Wesentlichen 3 Kategorien antigener Determinanten: Kapselpolysaccharide, äußere Membranproteine und Lipooligosaccharide. Antikörper gegen Kapselpolysaccharide werden nur im Verlauf einer akuten Infektion gebildet, hingegen können Antikörper gegen äußere Membranproteine relativ hochtitrig auch bei gesunden Normalpersonen auftreten. Das sicherste Zeichen für eine akute Infektion ist daher nicht ein bestehender hoher Ausgangstiter, sondern ein deutlicher Titeranstieg innerhalb von 2 Wochen. Die Bestimmung der spezifischen Antikörper wird auch zur Kontrolle des Impferfolges durchgeführt.
Literatur
Gorbunov SG, Demina AA, Spirikhina LV, Gracheva AM, Samsonova IM (2002) Diagnostic value of different laboratory methods in the diagnosis of pneumonia caused by haemophilus influenzae type B. Zh Mikrobiol Epidemiol Immunobiol 4:51–54
Hahn H (2000) Haemophilus influenzae. In: Hahn H, Falke D, Kaufmann SHE, Ullmann U (Hrsg) Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin/Heidelberg/New York, S 314–317, 701–706