Die Ii-Blutgruppenkollektion besteht aus den beiden
Antigenen I und i und weist als Besonderheit auf, dass die bei anderen Blutgruppensystemen (s. Blutgruppensysteme) ausgeprägte Trennung zwischen 2 allelen Antigenen, wie z. B. C/c oder M/N, fehlt. Obwohl das I-Antigen bei Geburt nur sehr schwach ausgeprägt ist und erst ab dem zweiten Lebensjahr die Ausprägungsstärke wie bei
Erythrozyten von Erwachsenen aufweist, findet sich sowohl auf Erythrozyten Neugeborener in geringer Menge I-Antigen als auch etwas i-Antigen auf adulten Erythrozyten. Das Fehlen des I-Antigens, also der ii-Phänotyp, tritt bei Erwachsenen nur sehr selten auf. Ii-Antigen-heterozygote Träger können in blutgruppenserologischen Tests in der Regel nicht erfasst werden, da das i-Antigen nur bei fast vollständigem Fehlen des I-Antigens nachweisbar ist. Das i-Antigen scheint ein Kennzeichen unreifer Erythrozyten zu sein, das man bei vielen
Anämien und
Leukämien detektieren kann.
Die i- und I-Antigene sind Kohlenhydratstrukturen, die sich als O- oder N-verknüpfte Glykane auf den extrazellulären Domänen von erythrozytären Membranproteinen und Glykosphingolipiden finden. Sie bestehen aus linearen und verzweigten Zuckereinheiten (N-Acetyllactosamin, Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosamin-β1,3-Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosamin, Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosamin-β1,3-(Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosamin-β1,6)-Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosamin), die sich beim i-Antigen durchschnittlich 6-mal und beim I-Antigen 8- bis 25-mal wiederholen. Die Synthese dieser Kohlenhydratstrukturen erfolgt durch die enzymatische Addition von Monosacchariden, die durch unterschiedliche Glykosyltransferasen katalysiert werden. Das i-Antigen stellt eine Vorstufe des I-Antigens dar und wird durch die beiden Glykosyltransferasen β1,3-Acetylglukosaminyltransferase und β1,4-Galaktosyltransferase synthetisiert. Die Glykosyltransferase β-1,6-N-Acetylglukosamin-Transferase (Iβ-1,6-GlcNAcT, GCNT2) ist verantwortlich für die Umwandlung der linearen Kohlenhydratkette des i-Antigens in die verzweigte Zuckerstruktur des I-Antigens.
Das für diese Glykosyltransferase kodierende Gen konnte auf
Chromosom 6p24-p23 lokalisiert werden und Mutationen, die zu einem inaktiven
Enzym führen, bei adulten Personen mit ii-Phänotyp identifiziert werden.
Antikörper gegen die Ii-Antigene sind
Kälteagglutinine (s. Kälteagglutinin) vom IgM-Typ, wobei
Autoantikörper der Spezifität Anti-I bei vielen Personen beobachtet werden. Diese haben ein Optimum der Antigen-Antikörper-Bindung bei 4 °C und sind in der Regel ohne klinische Relevanz. Allerdings müssen sie in der Transfusionsmedizin bei bestimmten Situationen berücksichtigt werden, z. B. bei operativen Eingriffen in
Hypothermie, wie sie in der kardiovaskulären Chirurgie durchgeführt werden. Hierbei muss bei der Bereitstellung von kompatiblen Blutprodukten eine temperaturabhängige Kreuzprobe (
Serologische Verträglichkeitsprobe) durchgeführt werden, um die Wärmeamplitude des
Kälteantikörpers zu ermitteln. Im Rahmen der Hypothermie darf die Körpertemperatur des Patienten nicht niedriger sein, als die Reaktivitätsgrenze des Kälteantikörpers, um eine durch den Kälteantikörper ausgelöste
Agglutination der
Erythrozyten im Körper oder in der Herz-Lungen-Maschine zu verhindern. Die Transfusion körperwarmen Bluts ist bei Kälteantikörpern der Spezifität Anti-I und Anti-i in der Regel problemlos möglich. Eine Stimulierung von Anti-I-Antikörpern, die zu einer erweiterten Wärmeamplitude oder zu einem deutlichen Anstieg des Antikörpertiters führt, kann zu einer klinischen Manifestation in Form einer
autoimmunhämolytischen Anämie (s. Autoimmunhämolytische
Anämie) vom Kälteantikörpertyp führen. Autoantikörper der Spezifität Anti-i können aufgrund der unvollständigen Umwandlung des i-Antigens in das I-Antigen auch bei I-Antigen-positiven Personen auftreten und können vereinzelt ebenfalls zu
hämolytischen Anämien führen.