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Immunglobulin-κ-Leichtketten

Verfasst von: S. Holdenrieder und P. Stieber
Immunglobulin-κ-Leichtketten
Englischer Begriff
kappa light chains
Definition
Immunglobuline-Leichtketten kappa sind in gebundener Form Teil aller Immunglobulinklassen IgG, IgA, IgM, IgD und IgE und können in poly-, oligo- und monoklonaler Form synthetisiert werden. Als freie Leichtketten treten sie beim Leichtkettenmyelom oder als Begleiterscheinung beim multiplen Myelom auf.
Struktur
Die κ-Leichtketten (jeweils 25 kDa) bestehen aus einer variablen und einer konstanten Region und sind über eine Disulfidbrücke, die an 2 Cysteinmolekülen der Leicht- und Schwerkette ansetzen, mit dem aminoterminalen Ende der Schwerketten verbunden.
Molmasse
25 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Von den B-Zellen können nur Immunglobuline mit κ- oder mit λ-Leichtketten, jedoch keine gemischten Immunglobuline produziert werden. Das Verhältnis von κ zu λ ist dabei in etwa 2:1. Leichtketten, die aufgrund maligner Entartung der B-Zelle nicht an Schwerketten gebunden und dann frei sezerniert werden, werden als monoklonale freie Leichtketten oder Bence-Jones-Protein bezeichnet. Aufgrund der Cysteinmoleküle neigen sie zur Dimerisierung. Polyklonale freie Leichtketten sind vom Typ κ und λ und gemeinsam im Urin auch bei Infektionskrankheiten, Autoimmunerkrankungen, einer Hypogammaglobulinämie oder einer Niereninsuffizienz nachweisbar.
Funktion – Pathophysiologie
Die Leichtketten sind wesentlicher Bestandteil der Immunglobuline und tragen durch ihren variablen Teil zur Flexibilität der Anpassung der Immunantwort bei Infektionen bei. Sie dienen insbesondere zur Erkennung und Opsonierung der Antigene. Die κ-Leichtkette wird dabei etwa doppelt so häufig gebildet wie λ-Leichtkette.
Freie Leichtketten treten physiologisch polyklonal und gemeinsam als κ und λ u. a. im Rahmen von Infektionserkrankungen auf. Monoklonale Leichtketten sind hingegen nur von einem Typ und werden von entarteten B-Zellen synthetisiert. Sie sind ein ungünstiger Prognoseindikator, da sie eine bereits fortschreitende Entartung des Plasmazellklons anzeigen. Aufgrund ihrer geringen Größe sind freie Leichtketten vor allem im Urin nachweisbar; sie können quantitativ im Serum und Urin bestimmt werden.
Halbwertszeit
2–6 Stunden.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Plasma, Urin, Körperflüssigkeiten.
Analytik
Quantitativ: Immunnephelometrie.
Qualitativ: Immunfixationselektrophorese im Serum und Urin; zusätzlich Elektrophorese im Urin.
Konventionelle Einheit
mg/L.
Referenzbereich – Erwachsene
Serum: freie κ-Leichtketten 3,3–19,3 mg/L; freie λ-Leichtketten 5,7–26,3 mg/L; κ/λ-Quotient 0,26–1,65 (methodenabhängig).
Urin: freie κ-Leichtketten 1,35–24,2 mg/L; freie λ-Leichtketten 0,24–6,66 mg/L; κ/λ-Quotient 2,04–10,37 (methodenabhängig).
Indikation
Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge bei:
  • Plasmozytom, monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS)
  • Leichtketten-Myelom, nicht sekretorisches Myelom, primäre Amyloidose, „light chain deposition disease“
Interpretation
Zur qualitativen Charakterisierung der monoklonalen Immunglobuline einschließlich der Leichtketten ist die Durchführung einer Elektrophorese (M-Gradient) sowie einer Immunfixationselektrophorese vorzunehmen. Durch Einsatz von monovalenten Antiseren gegen die Schwer- und Leichtketten kann die Art des Plasmozytoms eindeutig bestimmt werden.
Bei Verdacht oder Nachweis auf freie Leichtketten im Serum sollte eine elektrophoretische und immunfixationselektrophoretische Untersuchung des Urins durchgeführt werden, um eine Bence-Jones-Proteinurie und/oder eine Schädigung der Niere (Bence-Jones-Tubulopathie, Myelomniere) nachzuweisen.
Die quantitative Charakterisierung erfolgt über die nephelometrische Bestimmung der Leichtkettenkonzentration im Serum oder Urin und Quotientenbildung der Anteile beider Leichtkettentypen. Die Verschiebung des κ/λ-Quotienten ist für die Beurteilung des Ausmaßes der monoklonalen Erkrankung und den weiteren Verlauf maßgebend. Die quantitative Bestimmung der Leichtketten im Serum bietet dabei den Vorteil, dass sie unabhängig von der Nierenschädigung gemessen werden kann und unabhängig von Matrixeffekten im Urin ist.
Neben dem Leichtketten-Myelom ist der Nachweis von erhöhten Serumwerten einer Leichtkette sowie eines verschobenen κ/λ-Quotienten für die Diagnosestellung und die Verlaufsbeobachtung eines nicht sekretorischen Myeloms, einer primären Amyloidose sowie einer „light chain deposition disease“ relevant.
Diagnostische Wertigkeit
  • Plasmozytom, MGUS: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge
  • Leichtketten-Myelom, nicht sekretorisches Myelom, primäre Amyloidose, „light chain deposition disease“: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge
Literatur
Thomas L (2008a) Angeborene und erworbene Immunantwort. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main, S 1052–1065
Thomas L (2008b) Monoklonale Immunglobuline. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main, S 1085–1105
Thomas L (2008c) Freie monoklonale Leichtketten. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main, S 1105–1110