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Ionenmobilitätsspektrometrie

Verfasst von: T. Arndt
Ionenmobilitätsspektrometrie
Synonym(e)
Plasmachromatographie; IMS
Englischer Begriff
ion mobility spectrometry; IMS
Definition
Analysenmethode bei der chemische Verbindungen aufgrund ihrer Mobilität in der Gasphase und einem elektrischen Feld charakterisiert und quantifiziert werden können.
Physikalisch-chemisches Prinzip
Ein Ionenmobilitätsspektrometer besteht stark vereinfacht aus einem Probenträger, einer Ionisierungsquelle, einem elektronischen Gitter, einer Driftröhre mit einer definierten Driftstrecke und einem Detektor.
Zunächst wird das zu untersuchende Probenmaterial durch Abwischen des entsprechenden Objekts aufgenommen und auf eine Membran überführt oder mithilfe eines hierfür entwickelten Staubsaugers auf einem Membranfilter aus Teflon gesammelt. Nach Einbringen des Filters in das Analysensystem werden die adsorbierten Substanzen thermisch desorbiert und in die Gasphase überführt. Mit einem Strom eines Drift- oder Trägergases (gefilterte, trockene Umgebungsluft) werden die Gasmoleküle in die Reaktionskammer transportiert und durch Beschuss mit hochenergetischen Elektronen (63Ni-Quelle als β-Strahler) ionisiert. Dabei entstehen positiv und negativ geladene Ionen. Zur Detektion positiver Ionen werden dem Driftgas Spuren von Nicotinamid beigemischt, das als Reaktant in der Reaktionskammer fungiert. Dort überträgt das protonierte Nicotinamid ein Proton auf Analytmoleküle mit einer vergleichsweise höheren Protonenaffinität (z. B. die meisten Alkaloide). Alle 20 ms gelangen die Ionen über ein elektronisch angesteuertes und nur 200 μs offenes Gitter in die beheizte Driftstrecke. Unter dem Einfluss des elektrischen Feldes und entgegen dem Driftgasstrom werden die Ionen in Richtung der Kollektorelektrode beschleunigt. Unter definierten Bedingungen (Driftstrecke, Druck, Feldstärke, Temperatur etc.) wird die Driftgeschwindigkeit und damit die Driftzeit jedes Ions u. a. von dessen Masse und Ionengeometrie bestimmt. Die Driftzeit ist somit substanzspezifisch. Sie kann zur Identifizierung von Probenbestandteilen genutzt werden. Die Höhe des Messsignals ist dabei der Menge der vom Detektor registrierten Ionen und damit der Analytmenge proportional.
Zur Detektion von unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Substanzen wird im positiven Ionenmodus gearbeitet. Im negativen Modus werden z. B. organische Sprengstoffe detektiert.
Einsatzgebiet
Zivile und militärische Umweltüberwachung. Es handelt sich hierbei um die ursprüngliche Anwendung der Ionenmobilitätsspektrometrie mit sog. „Schnüffeldetektoren“, d. h. tragbaren Ionenmobilitätsspektrometern, die z. B. gasförmige Kampfstoffe direkt in der Umgebungsluft nachweisen (Spürpanzer „Fuchs“). Später wurde das Einsatzgebiet um die Detektion von Rauschmitteln und Sprengstoffen in forensisch-chemischen und kriminalistischen Laboratorien erweitert.
Untersuchungsmaterial
Fingernagelschmutz, Nasenabstriche, Pulver und Tabletten, Aufnahme von geringsten Drogenspuren von Oberflächen von Geräten und Instrumenten zur Drogenherstellung und -verteilung, Kleidungsstücken, Brief- und Paketsendungen durch Wischen oder Saugen (ohne Öffnung der Sendung).
Instrumentierung
Ionenmobilitätsspektrometer sind als Handgeräte für Vorortuntersuchungen und als Tischgeräte für das Labor verfügbar.
Spezifität
Die Spezifität ist hoch. Ein positives Analysenergebnis wird dennoch im Rahmen der Beweiskette aus Screening- und Bestätigungsanalyse durch eine zweite, von der IMS unabhängige Analysenmethode, wie GC-MS, aber auch DC sowie FT/IR-Spektroskopie überprüft.
Sensitivität
Die Sensitivität ist außerordentlich hoch. Substanzmengen im ng- bis pg-Bereich sind nachweisbar.
Praktikabilität – Automatisierung – Kosten
Die Anschaffungskosten für ein Ionenmobilitätsspektrometer betragen 50.000–100.000 Euro. Die Kosten für Verbrauchsmaterialien sind gering (<1 Euro). Der hohe Stellenwert der Methode bei der Verhinderung und Aufdeckung von Verbrechen rechtfertigen die insgesamt relativ hohen Analysenkosten (Apparat und Personal).
Bewertung – Methodenhierarchie (allg.)
Die IMS ist eine sehr schnelle, präzise und spezifische forensisch-chemische und kriminalistische Analysenmethode, die aus forensischer Sicht auf gleicher Ebene mit HPLC, GC, GC-MS oder LC-MS gesehen wird.
Literatur
Keller T, Binz R, Regenscheit P et al (1996) Ionenmobilitätsspektrometrie. Kriminalistik 1(67–70):137–141