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Kollagene

Verfasst von: H.-D. Haubeck
Kollagene
Englischer Begriff
collagens
Definition
Quantitativ die wichtigste Proteinfamilie des Körpers. Sie bilden nicht nur den Hauptbestandteil der Binde- und Stützgewebe, sondern sind auch für die mechanische Stabilität und Integrität der meisten Organe von entscheidender Bedeutung.
Beschreibung
Die Extrazellulär-Matrix aller Gewebe und Organe wird im Wesentlichen von Proteinen aus drei Großfamilien gebildet. Neben der Kollagenfamilie gehören hierzu die Familie der Proteoglykane und eine heterogene Gruppe von Strukturglykoproteinen. Die Familie der Kollagene umfasst aktuell 27 Mitglieder, die von mindestens 41 Genen kodiert werden. Die Kollagene lassen sich anhand ihrer Struktur und der von ihnen gebildeten supramolekularen Strukturen in verschiedene Unterfamilien einteilen. Neben den Fibrillen-bildenden Kollagenen (z. B. Kollagen Typ I) gibt es eine Familie von Fibrillen-assoziierten Kollagenen („fibril-associated collagens with interrupted triple helices“, FACIT; z. B. Kollagen Typ IX) und die heterogene Gruppe der nicht fibrillären Kollagene (z. B. Kollagen Typ IV). Charakteristisches Merkmal aller Kollagene ist, dass zumindest ein Teil des Moleküls aus einer Tripelhelix besteht, die aus 3 (identischen oder nicht identischen) Polypeptidketten gebildet wird. Die Polypeptidketten der tripelhelikalen Bereiche bestehen aus der charakteristischen, sich wiederholenden Tripeptidsequenz Gly-X-Y, wobei X und Y häufig die Aminosäuren Prolin und Hydroxyprolin bilden. Der hohe Anteil von Glycin, aber auch von Prolin und Hydroxyprolin, der die Ausbildung der engen Helix und über zahlreiche Wechselwirkungen die Stabilität der Helix ermöglicht, unterscheidet die Kollagene von fast allen anderen Proteinen.
Zur Familie der Fibrillen-bildenden Kollagene gehören die Kollagene Typ I, II, III, V und XI. Kollagen Typ I ist der wichtigste Bestandteil des Knochens (ca. 90 % der organischen Matrix), der Haut, Sehnen und Bändern, während Kollagen Typ II das Hauptkollagen des Knorpels bildet. Die Kollagenfasern des Kollagen Typ I, die z. B. den Sehnen ihre extreme Zugfestigkeit verleihen, werden aus zahlreichen parallelen Fibrillen und diese wiederum aus Mikrofibrillen aufgebaut. Die Mikrofibrillen werden durch eine versetzte Anordnung der Tropokollagenmoleküle gebildet und durch intra- und intermolekulare Quervernetzungen (Cross-Links) stabilisiert.
Zu den Fibrillen-assoziierten Kollagenen (FACIT) gehören Kollagen Typ IX, XII, XIV, XVI, XIX, XX und XXI. Die Funktion der FACIT ist bisher erst teilweise bekannt. Die bisher vorliegenden Daten sprechen für eine wichtige Funktion der FACIT bei der Bildung der Kollagenfibrillen und bei zahlreichen Interaktionen mit weiteren Komponenten der Extrazellulärmatrix.
Zu den nicht fibrillären Kollagenen gehören u. a. Kollagen Typ IV, von dem zahlreiche Isoformen existieren, die in den verschiedenen Basalmembranen des Körpers zweidimensionale Netzwerke bilden und damit den Basalmembranen u. a. die mechanische Stabilität verleihen. Sie sind darüber hinaus, gemeinsam mit den Heparansulfat-Proteoglykanen, u. a. auch an der Kontrolle der Zellmigration, z. B. von Entzündungs- und Tumorzellen, und in der Niere an der Kontrolle der ladungs- und größenabhängigen glomerulären Filtration beteiligt. Kollagen Typ VII ist ein weiteres nicht fibrilläres Kollagen, das an der Grenze von Dermis und Epidermis die Basalmembran in dem darunterliegenden Gewebe verankert.
Zu den Transmembrankollagenen („membrane-associated collagens with interrupted triple helices“, MACIT) gehören u. a. Kollagene vom Typ XIII, XVII, XXIII und XXV.
Die Biosynthese (Abb. 1) von Kollagen Typ I erfolgt zunächst als Präprokollagen, aus dem nach Abspaltung des Signalpeptids Prokollagen entsteht. Während der Synthese bildet sich die helikale Struktur aus, wobei zunächst ein Teil der Prolin- und Lysinreste durch Prolin- und Lysin-Hydroxylasen hydroxyliert werden müssen. Die Hydroxylierung von Prolin ist nicht nur Voraussetzung der Helixbildung, sondern auch für die Sekretion des Prokollagens. Nach der Sekretion werden vom Prokollagen durch spezifische Enzyme, die Prokollagen-Peptidasen, die amino- und carboxyterminalen Propeptide abgespalten. Nur hierdurch ist, analog zur Polymerisierung des Fibrins während der Gerinnung, eine Zusammenlagerung der Prokollagen-Tripelhelices zu Mikrofibrillen möglich. Die Stabilisierung der Mikrofibrillen erfolgt durch intra- und intermolekulare Quervernetzung zwischen Lysinresten in den Telopeptiden, d. h. den nicht helikalen Bereichen der Kollagenmoleküle, und Lysinresten im tripelhelikalen Bereich des Kollagens. Hierbei werden die (Hydroxylysyl-)Pyridinolin-(PYD-) und (Lysyl-)Desoxypyridinolin-(PYR-)Quervernetzungen (s. a. Desoxypyridinolin) bzw. Crosslinks gebildet.
Kollagene besitzen in der Regel sehr lange Halbwertszeiten (Monate bis Jahre) und werden im Rahmen des normalen Turnover, aber auch bei zahlreichen Krankheitsprozessen durch verschiedene Enzyme aus der Familie der Metalloproteinasen (MMP) abgebaut. Neben Hydroxyprolin (frei und peptidgebunden) werden hierbei die amino- und carboxyterminalen Telopeptide, Aminoterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid, Carboxyterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid Pyridinolin und Desoxypyridinolin und das helikale Peptid freigesetzt und können als Marker des Kollagenstoffwechsels in den verschiedenen Organen eingesetzt werden.
Literatur
Bateman JF, Lamande SR, Ramshaw JAM (1996) Collagen superfamily. In: Comper WD (Hrsg) Extracellular matrix, vol 2. Molecular compounds and interactions. Harwood Publishers, Amsterdam
Koch M, Schulze J, Hansen U, Ashwodt T, Keene DR, Brunken WJ, Burgeson RE, Bruckner P, Bruckner-Tuderman L (2004) A novel marker of tissue junctions, collagen XXII. J Biol Chem 279:22.514–22.521CrossRef
Tuckwell D (2002) Identification and analysis of collagen alpha 1 (XXI), a novel member of the FACIT collagen family. Matrix Biol 21:63–66CrossRef