Skip to main content

Liquor, basisches Myeloprotein

Verfasst von: T. O. Kleine
Liquor, basisches Myeloprotein
Synonym(e)
MBP im Liquor cerebrospinalis (CSF)
Englischer Begriff
myelin basic protein (MBP) in CSF
Definition
Kenngröße für die Destruktion von Nervenscheiden der Oligodendrozyten im Zentralnervensystem (ZNS-MBP in CSF) und der Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem (PNS-MBP in Blutplasma).
Struktur
Entfaltetes Protein ohne Tertiärstruktur mit großer Mikroheterogenität durch posttranslationale Modifikationen (Phosphorylierungen, Verlust von C-terminalem Arginin, Deamidation, Methylierung von Arg106).
Molmasse
ZNS-MBP: 17,2 kDa, 18,5 kDa, (21,5 kDa); PNS-MBP: ca. 15 kDa (P2), 17,2 kDa, 18,5 kDa (P1), 21,5 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination.
Schneller Turnover von MBP in Myelin bzw. in weißer Substanz; MBP lokalisiert an zytoplasmatischer Seite der Myelinmembranen; Anteil ca. 30 % vom Gesamtprotein im ZNS, 5–18 % im PNS in langen Nerven mehr als in kurzen; mögliches Transportprotein für Lipide und Retinoide.
Funktion – Pathophysiologie
MBP ist Antigen für experimentelle allergische Enzephalomyelitis (EAE), P2-Antigen für experimentelle allergische Neuritis (EAN).
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
0,5–1 mL Ventrikel-, Subokzipital-, Lumbal-Liquor.
Probenstabilität
Entzellte Proben müssen verschlossen bei –20 °C lagern; nur einmal auftauen.
Präanalytik
Sterile Plastikröhrchen mit Verschluss.
Analytik
Doppel-Antikörper-Radioimmunoassay (RIA): Antigen: gesamtes MBP-Molekül von 18 kDa, Antikörper: Anti-human-MBP von Kaninchen, Anti-Kaninchen-Gamma-Globulin von der Ziege; unspezifische Bindung 2–8 %, Nachweisgrenze 0,1–0,2 μg/L; VK interseriell <8 %. Enzymimmunoassays sind weniger empfindlich.
Einflussgröße: Anti-MBP-Autoantikörper.
Referenzbereich – Erwachsene
Altersabhängig mit 0,5–1,9 μg/L Anstieg pro Lebensjahr (s. Tabelle).
Referenzbereich – Kinder
MBP im Lumballiquor (μg/L):
Alter (Jahre)
Median
5.–95. Perzentile
1
0,30
0,12–0,72
20
0,40
0,17–0,95
40
0,52
0,22–1,21
60
0,70
0,30–1,57
Interpretation
BMP-Gehalt in CSF wird bestimmt durch Entfernung des Krankheitsprozesses in ZNS von inneren und äußeren Liquorräumen, Ausmaß und Schweregrad des ZNS-Schadens, möglichen endogenen proteolytischen MBP-Abbau. Erhöhte CSF-Werte bei ZNS-Entzündungen, ZNS-Trauma, aktiver Multipler Sklerose (MS): MBP > S100B > NSE. Bei ischämischen ZNS-Prozessen korrelieren MBP mit S100B und Liquor-Neuronenspezifische Enolase (NSE) in CSF (Liquor-S100-Proteine).
Diagnostische Wertigkeit
Einflussgrößen: endogener proteolytischer Abbau von MBP, Auto-MBP-Antikörper.
CSF-BMP-Kenngröße zur Kontrolle der MS-Therapie z. B. mit Methylprednisolon.
Literatur
Lamers KJB, van Engelen BGM, Gabtreels FJM, Hommes OR, Borm GF, Wevers RA (1995) Cerebrospinal neuron-specific enolase, S100 and myelin basic protein in neurological disorders. Acta Neurol Scand 92:247–251CrossRefPubMed